Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin wurde als Erbin des Auftraggebers mit Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. März 1992 schuldig erkannt, dem Beklagten 57.940,55 S sA an Werklohn zu bezahlen. Diese Entscheidung ist rechtskräftig und vollstreckbar. Die ihr zugrundeliegende Klage wurde noch zu Lebzeiten des Erblassers eingebracht. Im Verlassenschaftsverfahren war ein Nachlaßkurator bestellt, der am 11. März 1987 enthoben wurde. Am selben Tag erließ das Gericht auch die Einantwortungsurkunde. Darin wurde der Nachlaß unter anderem der Klägerin - aufgrund deren bedingten Erbserklärung - zur Hälfte eingeantwortet. Die Beschlußfassung war ohne Ermittlung aller Nachlaßpassiva erfolgt, weil diese wegen ihres Umfanges und ihrer "Weitläufigkeit" nicht ohne weiteres erfaßbar waren. Der Nachlaßkurator hatte zuvor weder die Eröffnung des Verlassenschaftskonkurses beantragt noch die "quotenmäßige Verteilung der Nachlaßaktiva auf die Nachlaßgläubiger vorgenommen". Derzeit sind "zumindest noch drei Prozesse mit einem Streitwert von ca. 1,7 Mio S" zur Klärung des Umfangs des Nachlaßvermögens anhängig. Demzufolge sind derzeit die (gesamten) Nachlaßpassiva nicht feststellbar.
Dem Beklagten wurde zur Hereinbringung seiner Forderung aufgrund des Urteils vom 20. März 1992 und eines im Titelprozeß später erlassenen Kostenbestimmungsbeschlusses mit Beschluß des Bezirksgerichtes Neulengbach vom 7. Juni 1995 die Zwangsversteigerung einer bestimmten Liegenschafthälfte der Klägerin und mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 30. August 1996 die Fahrnisexekution gegen die Klägerin bewilligt.
Die Klägerin begehrte den Ausspruch, daß der vollstreckbare Anspruch des Beklagten (gänzlich) erloschen sei. Sie brachte vor, im hier maßgebenden Titelprozeß die Nachlaßüberschuldung erfolglos eingewendet zu haben. Der Oberste Gerichtshof habe dort im Revisionsurteil vom 10. November 1994 (2 Ob 563/93) ausgesprochen, die Haftungsbeschränkung eines Erben, dem der Nachlaß aufgrund einer bedingten Erbserklärung eingeantwortet worden sei, sei als Minderung der materiellrechtlichen Verpflichtung anzusehen. Eine solche sei daher bereits im Titelprozeß geltend zu machen. Dabei habe der Erbe als Schuldner die Unzulänglichkeit des Nachlasses konkret zu behaupten und zu beweisen. Nur wenn eine solche Einwendung im Titelprozeß nicht möglich sei, könne sie mittels Oppositionsklage erhoben werden. Den übernommenen Aktiva von 627.589,04 S stünden "vorläufig bestehende Passiva von ungefähr 4,672.939,41 S gegenüber". Eine Gläubigerkonvokation habe stattgefunden. Dem Beklagten stehe nicht einmal eine Quotenforderung zu.
Der Beklagte wendete ein, die Verlassenschaftsaktiva seien im Nachlaßverfahren unter ihrem Marktwert angesetzt worden. Außerdem sei die Klägerin, wie sich aus ihrem Prozeßvorbringen ergebe, nach wie vor außerstande, eine bestimmte Nachlaßüberschuldung zu behaupten und zu beweisen. "Diverse Prozesse" seien noch anhängig. Erst nach deren Abschluß werde der "tatsächliche Status des Nachlaßvermögens" als inhaltliche Voraussetzung einer allfälligen Quotierung des betriebenen Anspruchs aus Anlaß einer Oppositionsklage bekannt sein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Ansicht ist die Klägerin hier an sich zwar berechtigt, die quotenmäßige Kürzung des betriebenen Anspruchs erst mittels Oppositionsklage geltend zu machen. Sie hätte jedoch den "tatsächlichen Status des Nachlaßvermögens" zu behaupten und zu beweisen gehabt. Der bloße Verweis auf ihre bedingte Erbserklärung, die Nachlaßüberschuldung und die Gläubigerkonvokation genüge nicht. Weil die Verlassenschaftspassiva infolge noch immer anhängiger Prozesse derzeit nicht klärbar seien, sei auch eine allfällige Quotierung des betriebenen Anspruches unmöglich.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes und führte ferner aus, daß sich die rechtlichen Voraussetzungen für die Schlüssigkeit der Quotierungseinwendung der Klägerin aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes im Titelprozeß (2 Ob 563/93) ergäben. Danach reichten die Klagebehauptungen nicht aus, um - wie begehrt - aussprechen zu können, daß der betriebene Anspruch erloschen sei.
Präsizierungsbedürftig sei schon die Aufstellung der Nachlaßaktiva laut "Mantelbeschluß". Zur Klärung des Umfanges der Nachlaßpassiva seien nach wie vor Prozesse anhängig. Die Aktiva und Passiva des Nachlasses stünden daher noch nicht endgültig fest. Den Klagebehautpungen sei im übrigen nicht zu entnehmen, wie weit "die aufgelisteten Passiven zur Gläubigerkonvokation angemeldet" bzw ob "und gegebenenfalls wann" solche bezahlt worden seien. Es mangle auch an einem schlüssigen Vorbringen, wonach "eine quotenmäßige Verteilung für den Beklagten ergebnislos verlaufen müsse". Aus den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu 3 Ob 183/97a und 3 Ob 2384/96a sei für den Prozeßstandpunkt der Klägerin gleichfalls nichts zu gewinnen. Nach den Gründen der Entscheidung 3 Ob 2384/96a wäre zwar die Klägerin in Erfüllung der materiellen Prozeßleitungspflicht gemäß § 182 Abs 1 ZPO dazu zu verhalten gewesen, "das Klagsvorbringen schlüssig zu stellen", der im Unterbleiben einer solchen Anleitung zu erblickende Mangel des Verfahrens erster Instanz hätte jedoch im Berufungsverfahren gerügt werden müssen, was unterblieben sei. Die Klageabweisung sei daher schon mangels Schlüssigkeit des Oppositionsbegehrens zu bestätigen. Weil aus den Gründen der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu 3 Ob 183/97a und 3 Ob 2384/96a "allenfalls geringere Anforderungen an die Schlüssigkeit" des Klagebegehrens abgeleitet werden könnten, sei die ordentliche Revision zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist unzulässig.
1. Der erkennende Senat sprach in Vorprozessen, an denen die Klägerin jeweils als Prozeßpartei beteiligt war, wiederholt aus, daß die Einwendung der Unzulänglichkeit des Nachlasses nicht wahlweise entweder im Titelprozeß oder erst mittels Oppositionsklage gegen den betriebenen Anspruch erfolgen könne. Erfolgsvoraussetzung einer Oppositionsklage sei vielmehr, daß die gänzliche oder teilweise Unzulänglichkeit des Nachlasses bzw das gänzliche oder teilweise Erlöschen der betriebenen Forderung nicht schon im selben Umfang im Titelverfahren hätte geltend gemacht werden können. Daher könne der Kläger im Oppositionsprozeß nur dann durchdringen, soweit ihm die exakte Angabe des für die Beurteilung des Unzulänglichkeitseinwandes maßgeblichen Vermögensstandes der Verlassenschaft bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im Titelprozeß nicht möglich gewesen sei. Eine solche Einwendung müsse - gleichviel, ob sie nach den Umständen des Einzelfalles schon im Titelprozeß erhebbar gewesen sei oder erst mittels Oppositionsklage habe geltend gemacht werden können - so konkret sein, daß sie das Prozeßgericht im Beweisverfahren endgültig klären könne (3 Ob 183/97a; 3 Ob 2384/96a = RZ 1998/7 je mwN).
In der Entscheidung 3 Ob 2384/96a wurde überdies unmißverständlich verdeutlicht, daß die Quotierungseinwendung eines Erben, dem der Nachlaß aufgrund einer bedingten Erbserklärung eingeantwortet wurde, im Oppositionsprozeß nur im Ausmaß der Differenz zwischen der schon im Titelprozeß möglichen Quotierung und der sich erst infolge einer späteren Verifizierung weiterer Verbindlichkeiten ergebenden zusätzlichen Schuldminderung erfolgreich sein könne.
An dieser Ansicht ist festzuhalten. Demgemäß bedarf es zur Schlüssigkeit einer solchen Oppositionsklage eines konkreten, die erläuterte Differenzierung beachtenden Prozeßvorbringens. Die Klägerin hätte daher im Verfahren erster Instanz im einzelnen jene - nunmehr verifizierten - Passiva aufzugliedern gehabt, die aus dem Nachlaßvermögen zu tilgen sind und nicht schon vor Schluß der Verhandlung im hier maßgebenden Titelprozeß ziffernmäßig festanden, weil ihre Quotierungseinwendung im Oppositionsprozeß - wie bereits erörtert - nur insoweit erfolgreich sein kann. Dagegen sind bereits geltend gemachte, aber noch nicht feststehende Verbindlichkeiten für eine solche Einwendung bedeutungslos, weil bloß vermutete weitere Schulden, die das der Klägerin als Erbin zugekommene Nachlaßvermögen künftig belasten könnten, jedenfalls noch keine Kürzung des betriebenen Anspruchs herbeiführen können.
2. Daß die Prozeßbehauptungen der Klägerin - zumindest zu den das Nachlaßvermögen belastenden Schulden - nicht den dargestellten Schlüssigkeitsanforderungen entsprichen, liegt auf der Hand. Soweit sich die Revisionswerberin dementgegen auf die Entscheidung 3 Ob 183/97a beruft, abstrahiert sie unzutreffend vom Entscheidungsgegenstand jenes Verfahrens, ging es doch dort, wie schon das Berufungsgericht darlegte, um die Befriedigung einer Legatsschuld, für die ein Erbe, dem der Nachlaß aufgrund einer bedingten Erbserklärung eingeantwortet wurde, schon dann nicht haftet, wenn die Summe der Nachlaßaktiva hinter der Summe der aus der Verlassenschaft zu tilgenden anderen Schulden zurückbleibt.
Die Klägerin fühlt sich überdies durch das Unterbleiben eines Beweisverfahrens zur Klärung ihrer Prozeßbehauptungen belastet, sie verkennt jedoch, daß jedes Beweisverfahren ein schlüssiges Vorbringen voraussetzt. Entgegen ihrer Ansicht wurde das Klagebegehren vom Erstgericht, wie dessen rechtliche Beurteilung inhaltlich belegt, mangels Schlüssigkeit des Vorbringens der Klägerin abgewiesen.
Im übrigen beruft sich die Klägerin jetzt darauf, das Berufungsgericht hätte eine erstgerichtliche Verletzung der materiellen Prozeßleitungspflicht in Ansehung der für ein schlüssiges Klagsvorbringens erforderlichen Tatsachenbehauptungen von Amts wegen wahrnehmen müssen, weil es "das Erstgericht im Rahmen seiner Überprüfungsfunktion an versäumte Pflichten bei der Ausübung seines Amtes zu erinnern" habe, ohne daß dafür eine Verfahrensrüge erforderlich sei. Dem ist unter Hinweis auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil nicht zu folgen, hätte doch das Berufungsgericht auf eine allfällige Verletzung der richterlichen Anleitungspflicht - jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden - nur aufgrund einer Verfahrensrüge Bedacht nehmen können (Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 2 zu § 182 mN). Zu dieser Frage ist überdies anzumerken, daß für die Klägerin jedenfalls schon aufgrund der Vorentscheidung 3 Ob 2384/96a klar sein mußte, welche Klagebehauptungen ein schlüssiges Oppositionsbegehren der hier bedeutsamen Art voraussetzt.
3. Aus den Ausführungen zu 1. und 2. folgt zusammenfassend, daß in dieser Rechtssache keine erst zu beantwortende erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgeworfen wird. Die Revision ist daher zurückzuweisen, wobei hervorzuheben ist, daß der Oberste Gerichtshof bei der Zulässigkeitsprüfung gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht an einen Ausspruch des Berufungsgerichtes nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO gebunden ist.
4. Die Revisionsbeantwortung des Beklagten diente - in Ermangelung eines Hinweises auf die Unzulässigkeit der Revision und eines Zurückweisungsantrages - nicht der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Demnach ist gemäß § 40, § 41 und § 50 Abs 1 ZPO auszusprechen, daß der Beklagte die Kosten seiner Rechtsmittelgegenschrift selbst zu tragen hat.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)