Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegben.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei, eine Agrargemeinschaft, ist Eigentümerin mehrerer Waldgrundstücke, die dem Eigenjagdgebiet der dort jagdausübungsberechtigten Beklagten angeschlossen sind.
Nachdem gemäß § 78 des Kärntner Jagdgesetzes (JG) 1978 LGBl 76 idF vor der JGNov 1991 LGBl 104 auf Grund eines am 25.4.1989 eingebrachten Antrages vor der Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten ein Verfahren durchgeführt worden war, begehrte die klagende Partei von der Beklagten in ihrer am 5.9.1989 beim Erstgericht eingelangten Klage zuletzt die Bezahlung des Betrages von 575.320 S sA. An den dem Eigenjagdgebiet der Beklagten angeschlossenen Grundstücken sei in den Jahren 1984 bis 1989 ein Wildschaden in der eingeklagten Höhe entstanden. Sie habe von solchen Schäden erstmals im Frühjahr 1987 Kenntnis erlangt. Die Beklagte habe 1987 dem Grunde nach die Ansprüche der klagenden Partei anerkannt.
Die Beklagte bestritt die Höhe des eingeklagten Schadens und wendete ein, daß die klagende Partei den Schadenersatzanspruch nicht innerhalb der im JG hiefür vorgesehenen Frist geltend gemacht habe. Ihre Mitglieder hätten die Schäden bei den jährlich von ihnen durchgeführten Forstpflegemaßnahmen feststellen müssen und können. Die klagende Partei wäre verpflichtet gewesen, sich vom Auftreten von Wildschäden zu überzeugen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren zur Gänze statt. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:
Die Grundstücke der klagenden Partei haben zusammen ein Ausmaß von 73 ha und liegen in 1300 bis 1500 m Seehöhe in leicht geneigter bis mäßig steiler Hanglage. Sie waren vorher als Almweide genutzt worden und wurden in den letzten drei Jahrzehnten großflächig mit Fichte aufgeforstet. Diese Aufforstungen sind insbesondere in den Jahren 1984 bis 1988 durch Rotwild geschält worden. Zur Vermeidung von Wildschäden, die auch schon vorher, so im Jahr 1962, aufgetreten waren, wurden in den Jahren 1980 bis 1987 auf den gefährdeten Kulturen von Mitgliedern der klagenden Partei Streichmittel angebracht, deren Kosten die Beklagte bezahlte. Durch das Aufbringen von Wildschadensverhütungsmitteln können Fege- und Schälschäden jedoch nicht verhindert werden. In den Jahren 1984 bis 1987 wurden von der klagenden Partei im Bereich der den Gegenstand der Klage bildenden Grundstücke keine Durchforstungs- oder Leuterungsarbeiten durchgeführt. Solche Arbeiten waren auch nicht erforderlich, weil sich der Großteil der geschälten Bestände in der Wachstumsperiode zwischen abgeschlossener Kultursicherung und beginnender Durchforstung oder Leuterung befand. Die von den Mitgliedern der klagenden Partei durchgeführten Arbeiten zur Anbringung von Wildschadensverhütungsmitteln wurden an anderen Kulturen als den von den Wildschäden befallenen durchgeführt. Der von den Mitgliedern benützte Weg führt an den geschädigten Waldbeständen vorbei. Nach den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen habe bei Befahren der Straße keine Möglichkeit der Einsicht auf die Wildschäden bestanden. Es kann nicht festgestellt werden, daß die mit den Streicharbeiten befaßten Mitglieder der klagenden Partei die in den Jahren 1984 bis 1987 aufgetretenen Wildschäden feststellen hätten können.
Im Winter 1986/1987 erzählte ein Gast dem Obmann der klagenden Partei erstmals davon, daß er im Herbst 1986 im Bereich der Grundstücke der klagenden Partei größere Wildschäden festgestellt habe. Bei der Besichtigung der Wildschadenstellen, die bei der nächsten Vollversammlung der klagenden Partei im Frühjahr 1987 beschlossen wurde, wurden dann erstmals Schälschäden im größeren Ausmaß festgestellt. Im Juni 1987 machten Mitglieder der klagenden Partei den Vater der Beklagten, der seit dem Jahr 1973 in allen das Jagdgebiet betreffenden Angelegenheiten ihr Bevollmächtigter war, von den Wildschäden Mitteilung. Der Vater der Beklagten erklärte, die mündliche Schadensmeldung zur Kenntnis zu nehmen. Außerdem setzte der Obmann der klagenden Partei den Vater der Beklagten mit einem Schreiben vom 20.6.1987 nochmals von den aufgetretenen Schälschäden in Kenntnis. Es kann nicht festgestellt werden, daß die klagende Partei schon zu einem früheren Zeitpunkt die Möglichkeit gehabt hätte, die in den Jahren 1984 bis 1987 aufgetretenen Wildschäden zu erkennen. In den Jahren 1984 bis 1989 entstanden an dem den Gegenstand der Klage bildenden Grundstücken Verbißschäden in der Höhe von 7.904 S und außerdem Schälschäden in der Höhe von 567.416 S.
Im Rahmen der Würdigung der aufgenommenen Beweise führte das Erstgericht noch aus, daß nach dem Gutachten des dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen 64 % aller geschälten Stämme ein Alter von 10 bis 25 Jahren, 35 % ein Alter von 26 bis 35 Jahren und nur 1 % ein Alter von mehr als 35 Jahren aufweisen und daß aufgrund der vorwiegend nutzungsbezogenen Tätigkeit bäuerlicher Waldwirtschaft nach den mit der Aufforstung und Kultursicherung verbundenen Arbeiten in den daran anschließenden Wachstumsperioden von 20 bis 30 Jahren keine forstlichen Aktivitäten entwickelt werden müssen und deshalb in den Jahren 1984 bis 1987 keine forstwirtschaftlichen Tätigkeiten angefallen sind, weil sich der Großteil der geschälten Bestände in dieser Zeit in der Wachstumsperiode zwischen abgeschlossener Kultursicherung und beginnender Durchforstung und Leuterung befand. Nach den glaubhaften Ausführungen des Sachverständigen seien auch keine Nutzungs- und Leuterungsarbeiten festgestellt worden.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß die eingeklagten Wildschäden der Beklagten mit dem Schreiben vom 20.6.1987 und damit rechtzeitig im Sinn des § 76 JG angezeigt worden seien. Da die Klage am 5.9.1989 eingebracht worden sei, seien alle vor dem 5.9.1986 eingetretenen Wildschäden an sich verjährt. Der Vater und Bevollmächtigte der Beklagten habe jedoch zumindest schlüssig deren Schadenersatzpflicht dem Grunde nach dadurch anerkannt, daß er der Meinung gewesen sei, es würden die Schäden ohnehin mit den an die klagende Partei jährlich bezahlten Beträgen abgegolten. Die grundsätzliche Verpflichtung zur Zahlung der in den Jahren 1984 bis 1989 eingetretenen Wildschäden sei von der Beklagten auch immer anerkannt worden. Durch das zumindest schlüssige Anerkenntnis sei die Verjährung aber unterbrochen worden. Die Parteien hätten überdies Vergleichsgespräche in der Weise geführt, daß verschiedene Gutachten eingeholt worden seien. Dadurch sei der Ablauf der Verjährungszeit gehemmt worden. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf Ersatz der in den Jahren 1984 bis 1989 entstandenen Schälschäden von 567.416 S und der in diesen Jahren entstandenen Verbißschäden von 7.904 S.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil des Erstgerichtes, das im Umfang von 96.097 S sA unangefochten blieb, infolge Berufung der Beklagten mit Ausnahme eines geringfügigen Zinsenmehrbegehrens, das es abwies. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, und erachtete die mit der Berufung bekämpften Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils für zutreffend.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Beklagten gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil zu den Bestimmungen des Kärntner Jagdgesetzes über den Ersatz des Wildschadens eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist jedoch nicht berechtigt.
Gemäß § 76 JG erlischt der - im § 74 dieses Gesetzes näher geregelte - Anspruch auf Ersatz des Wild- und Jagdschadens, wenn der Berechtigte ihn nicht binnen 14 Tagen, bei Wildschäden an Wald nicht innerhalb von sechs Monaten, nachdem er von dem Schaden Kenntnis erhalten hat oder bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hätte erhalten können, dem Jagdausübungsberechtigten anzeigt oder bei der Gemeinde zur Weiterleitung an die Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten anmeldet, sofern er nicht nachzuweisen vermag, daß er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne sein Verschulden an der rechtzeitigen Anmeldung gehindert war. Der Beklagten ist zwar darin beizupflichten, daß es nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht allein darauf ankommt, wann der Geschädigte vom Schaden Kenntnis erhalten hat, sondern darauf, wann er bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hievon hätte Kenntnis erhalten können. Es kann ihr aber nicht darin gefolgt werden, daß die gehörige Sorgfalt es vom Grundeigentümer immer verlangt, daß er das Gebiet, in dem Wild- oder Jagdschäden entstanden sein könnten, regelmäßig selbst begeht oder durch andere begehen läßt, um festzustellen, ob ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist. Zur gehörigen Sorgfalt wird es vielmehr nur gehören, daß diese Feststellung geschieht, wenn das von den Schäden betroffene Gebiet aus anderem Anlaß, also insbesondere zum Zweck der Durchführung von land- oder forstwirtschaftlichen Arbeiten, begangen wird und sich dabei Anhaltspunkte für das Auftreten von Wild- oder Jagdschäden ergeben oder bei der von einem Durchschnittsmenschen zu erwartenden Aufmerksamkeit zu erkennen gewesen wären. Dabei wird zur Anwendung gehöriger Sorgfalt vor allem auch zu zählen sein, daß bei Feststellung von Schäden, die nicht eindeutig als Wild- oder Jagdschäden zu erkennen sind, diese Frage geklärt wird. Es hieße die Sorgfaltspflicht zumindest unter den hier gegebenen Verhältnissen, in dem ein großes, verhältnismäßig unzugängliches Gebiet in Betracht kam, überspannen, würde man verlangen, daß der Grundeigentümer die Grundstücke regelmäßig nur deshalb begeht, um festzustellen, ob ersatzfähige Wild- oder Jagdschäden entstanden sind. Auch wenn solche Schäden früher aufgetreten sind, gilt dies jedenfalls dann, wenn sie schon länger zurückliegen, was hier der Fall war. Entgegen den Revisionsausführungen hat das Erstgericht nämlich das Auftreten von Wildschäden nicht für das Jahr 1982, sondern nur für das Jahr 1962 festgestellt.
Aus den als Tatsachenfeststellungen zu wertenden Ausführungen des Erstgerichtes zur Beweiswürdigung ergibt sich, daß die von den Schäden betroffenen Grundstücke in dem hier maßgebenden Zeitraum von niemandem begangen wurden, dessen Verhalten der klagenden Partei zuzurechnen gewesen wäre. Da die klagende Partei nicht verpflichtet war, ohne besondere Anhaltspunkte Maßnahmen zur Schadensfeststellung zu ergreifen, und da der Zeitraum, der zwischen der Mitteilung über das Auftreten von Schäden an den Obmann der klagenden Partei und der Feststellung der Schäden lag, nicht unangemessen lang war, begann die Frist, innerhalb der die klagende Partei bei sonstigem Verlust des Ersatzanspruchs den Schaden dem Jagdausübungsberechtigten anzeigen oder bei der Gemeinde zur Weiterleitung an die Schlichtungsstelle für Wildschadensangelegenheiten anmelden mußte, erst vom Zeitpunkt der Kenntnis des Schadens an zu laufen. Dieser Zeitpunkt fällt hier in das Frühjahr 1987, weshalb die in Juni dieses Jahr erstattete Schadensanzeige rechtzeitig war und der Schadenersatzanspruch der klagenden Partei nicht gemäß § 76 JG erloschen ist.
Der Anspruch auf Ersatz des Wild- und Jagdschadens unterliegt zwar auch der dreijährigen Verjährung nach § 1489 ABGB (Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Kärntner Jagdgesetzes, zitiert bei Anderluh-Havranek, Kärntner Jagdgesetz Anm 1 zu § 76, unter Berufung auf Klang in Klang2 VI 634; Binder, Jagdrecht 107). Auch die Verjährungszeit nach dieser Bestimmung beginnt aber erst von der Kenntnis des Schadens an zu laufen (SZ 63/37 mwN). Sie endet hier daher erst im Frühjahr 1990, weshalb die klagende Partei den - gemäß § 1497 ABGB ebenfalls schon die Unterbrechung der Verjährung bewirkenden - Antrag auf Entscheidung durch die Schlichtungsstelle und überdies auch die Klage jedenfalls vor Ablauf der Verjährungszeit einbrachte. Auf die in der Revision als erheblich bezeichnete Lösung der Rechtsfrage, ob die Verjährung durch ein Anerkenntnis unterbrochen und durch Vergleichsverhandlungen gehemmt wurde, kommt es somit nicht an, weshalb hierauf nicht einzugehen ist.
Andere Einwände gegen den Grund und die Höhe des der klagenden Partei zuerkannten Schadenersatzanspruchs werden in der Revision nicht vorgebracht und sie sind auch bei der gebotenen Prüfung der von den Vorinstanzen vorgenommenen rechtlichen Beurteilung der Sache nicht zu finden, weshalb dem Klagebegehren zur Recht stattgegeben wurde.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)