Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 11.218,52 (darin S 1.019,87 Umsatzsteuer (bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Liegenschaft EZ 17 II KG Ischgl, auf deren Grundstück 72 ein altes, unterkellertes Wohnhaus mit zwei Geschoßen steht, ist materiell geteilt. Der Kläger ist Eigentümer des das Erdgeschoß des Hauses, die nördliche Hälfte des Kellers und das zweite Grundstück 70 umfassenden ersten materiellen Anteils ("Stockwerkseigentum"). Die Zweitbeklagte ist zu einem Viertel Eigentümerin des zweiten materiellen Anteils, der das Obergeschoß des Hauses, den südlichen Teil des Kellers und einen durch einen drei Meter breiten Hofraum vom Haupthaus getrennten Schuppen auf dem Grundstück 72 umfaßt. Der das Haupthaus im Norden, Westen und Süden umschließende Hofraum steht im gemeinschaftlichen Eigentum der Eigentümer der beiden materiellen Anteile. Nach Westen fällt das Gelände ab, der Hofraum liegt dort auf Höhe des Kellerbodens. In diesem Bereich war auf einem gemauerten kellerhohen Sockel in beiden Stockwerken ein Anbau aus Holz für je ein Fallklosett vorhanden. Der Kläger benützte den Hofraum als Durchgang zum öffentlichen Wegenetz. Er erreichte den Hofraum über eine von einer Türe in der Westwand des Hauses hinabführende Stiege. Der Zweitbeklagte und ihre Rechtsvorgänger lagerten im Hofraum Holz.
Der Kläger erhob gegen die beklagten Eheleute die Klage wegen Eingriffes in sein Eigentum mit dem Begehren, die Beklagten binnen einer richterlich zu bestimmenden Frist zur Entfernung jener genau beschriebener Teile eines von ihnen aufgeführten Bauwerks auf der Liegenschaft zu entfernen, die sie ohne seine Zustimmung auf den in seinem Miteigentum stehenden Flächen errichtet hätten. Die Beklagten hätten nämlich nach der Erteilung der Genehmigung durch die Baubehörde am 23.Februar 1982 Tekturpläne vorgelegt und dafür die Baubewilligung vom 20.Juli 1982 erwirkt, obwohl der Kläger dem danach zu schaffenden Bauwerk nie zugestimmt habe.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Der Erstbeklagte sei nicht Miteigentümer der Liegenschaft, die Zweitbeklagte nur zu einem Viertel Teilhaberin am zweiten materiellen Anteil. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen, daß der Kellerboden tiefer gelegt und die Sanitäranlage im Obergeschoß geschaffen wird. Er habe der vom Gemeinderat bewilligten Gruppenbauweise zugestimmt und verfolge seinen Anspruch nur, um die Beklagten deren Vergleichsvorschläge er ablehne, zu schädigen. Der Bau nach den Tekturplänen bilde keine Erweiterung des vom Kläger gebilligten Vorhabens und sei notwendig, um den Verfall des Hauses abzuwenden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Den Entscheidungen der Vorinstanzen wurde der folgende Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Beklagten suchten am 23.Dezember 1981 um baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines Stiegenhauses an der Westseite des Hauses, Sanierung der Wohnung im Obergeschoß durch Einbau eines Bades und von Klosetten, Vertiefung der Kellerräume, Abbruch des auf dem zweiten materiellen Anteil stehenden Schuppens und Errichtung eines Lagerraumes im Keller und eines Büroraumes im Erdgeschoß anstelle des Schuppens an. Sie legten hiezu Pläne vor. Betroffen war der gemeinsame, im Westen gelegene Hofraum. Der Lagerraum sollte den Ausgang vom Haus nach Westen unterbinden, doch war über eine Stiege ein neuer Abgang zum öffentlichen Wegenetz vorgesehen. Der Kläger nahm an der Verhandlung der Baubehörde am 2.Februar 1982 teil und erklärte sich mit den Baumaßnahmen einverstanden. Der Gemeinderat genehmigte das Ansuchen der Zweitbeklagten um Nachsicht vom Bauabstand und Bewilligung der Gruppenbauweise. Am 17.April 1982 unterschrieb der Kläger eine Vereinbarung, daß er sich mit diesem Gemeinderatsbeschluß über die Bewilligung der geschlossenen Bauweise und der Gruppenbauweise einverstanden erkläre und ihr zustimme. Am 20. Juli 1982 unterschrieb der Kläger eine Vereinbarung, nach der sich die Beklagten als Bauwerber ihm gegenüber verpflichteten, die an der Nord-West-Seite des Hauses bestehende Klosettanlage auf ihre Kosten abzubrechen und wieder wie im bisherigen Zustand neu zu errichten.
Im Juli 1982 legten die Beklagten der Baubehörde neue Pläne vor. Sie waren als Deckpläne bezeichnet, sahen jedoch eine zur Gänze andere Bauführung vor. Der Bürgermeister genehmigte die "auf dem eingebrachten Deckblatt intern vorgenommenen Änderungen gegenüber dem Einreichplan" mit Bescheid vom 20.Juli 1982, der dem Kläger nicht zugestellt wurde.
Die Beklagten begannen mit der Ausführung des abgeänderten Bauvorhabens und errichteten im Sinn der Deckpläne in den zum zweiten materiellen Anteil gehörigen südlichen Kellerräumen nach Tieferlegung des Bodens ein Kaffeehaus, ließen den Schuppen abreißen, dessen Grundfläche und den angrenzenden Hofraum bis zum Haus auseinanderschachten und ein unter dem Kellerniveau liegendes weiteres Kellergeschoß mit Lagerraum und Toilettenanlagen herstellen. Auf der Ebene des ursprünglichen Kellergeschosses wurde ein Kaffeehaus errichtet. Auf Erdgeschoßebene ließen sie an die Südseite des Hauses den Eingang zum Kaffeehaus anbauen und an der Stelle, an der sich früher das Fallklosett aus Holz befand, ein dem Kläger zur Verfügung gestelltes WC errichten. Die Bauwerke umfassen teilweise den gemeinschaftlichen Hofraum. Der Kläger gab zu dieser Bauführung nie seine Zustimmung und bekämpft die Bewilligung der geänderten Bauführung im Bauverfahren, das noch nicht abgeschlossen ist. In einem beim Bezirksgericht durch Antrag der Beklagten gegen den Kläger eingeleiteten Außerstreitverfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Klägers haben die Parteien "Ruhen des Verfahrens" vereinbart.
Das Erstgericht führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, die Eigentumsfreiheitsklage gegen beide Beklagte sei berechtigt, weil der Kläger in den unterfertigten Vereinbarungen nur den im ersten Einreichplan vorgesehenen Veränderungen zugestimmt habe, der eine wesentlich geringere Inanspruchnahme des gemeinschaftlichen Hofraumes vorsah. Statt der Errichtung von Lager- und Büroräumen laut Einreichplanung sei ohne Einwilligung des Klägers ein Kaffeehaus gebaut worden. Die Beklagten seien arglistig vorgegangen und hätten bei der Umplanung eine qualitativ und quantitativ abweichende Bauausführung vorgesehen. Die eigenmächtigen Veränderungen seien als Eingriff in das Eigentum des Klägers unzulässig. Es komme weder darauf an, ob die Baumaßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung der gemeinsamen Liegenschaft zweckmäßig oder notwendig seien, noch ob die Beeinträchtigung des sich aus dem Eigentumsrecht ergebenden Benützungsrechtes dem Kläger zumutbar sei. Das Berufungsgericht verwarf die von den Beklagten erhobenen Mängelrügen und billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichtes. Es erachtete die übernommenen Feststellungen für ausreichend, sah, weil die Beklagten die Störung des Eigentumsrechtes des Klägers veranlaßt hätten, beide Beklagten als zutreffend mit der Klage belangt an und meinte, daß von einer schikanösen Rechtsverfolgung nicht gesprochen werden könne, weil der Kläger jedenfalls durch die beim Betrieb des Kaffeehauses zu erwartenden Beeinträchtigungen berührt werde und daher auch eigene Interessen an der Abwehr des Eingriffs in sein Eigentum wahre. Eine konkludente Zustimmung des Klägers sei nicht erfolgt. Die Beklagten hätten dazu, daß einzelne Teile des ausgeführten Bauwerks der ursprünglichen vom Kläger genehmigten Planung entsprächen, kein konkretes Vorbringen erstattet. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wenden sich die Beklagten mit ihrer zulässigen Revision, in der sie Verfahrensmängel und eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache behaupten. Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Als Verfahrensmangel rügen die Beklagten, das Berufungsgericht habe zu Unrecht Feststellungen für entbehrlich gehalten, ob nicht einzelne Teile der Bauführung mit der Planung übereinstimmten, der der Kläger zugestimmt hatte. Damit wird in Wahrheit als Rechtsrüge geltend gemacht, es seien für die abschließende rechtliche Beurteilung bedeutsame Tatsachenfeststellungen unterblieben. Das Berufungsgericht hat aber ohne Rechtsirrtum angenommen, daß es dieser Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage nicht bedarf, weil die Beklagten dem auf Entfernung bestimmter Bauteile gerichteten Begehren nur entgegengehalten haben, der Kläger habe der Bauführung insgesamt zugestimmt, nicht aber vortrugen, daß einzelne und welche dieser - durch Umschreibung im Klagebegehren und Bezugnahme auf die Planunterlagen, die das Erstgericht in das Urteil einbezog -, genau bezeichneten Eingriffshandlungen wegen völliger Übereinstimmung mit dem auch vom Kläger genehmigten ersten Einreichplan bestehen bleiben könnten.
Die Beklagten können dem Begehren auch den Schikaneeinwand nicht mit Erfolg entgegensetzen. Verfehlt ist ihre Ansicht, eine nicht wesentliche Beeinträchtigung seiner Rechte müsse der Kläger hinnehmen. Es stellt auch keine Schikane dar, wenn der Kläger gegen eigenmächtig vorgenommene Veränderungen der gemeinschaftlichen Sache in Wahrung seines Eigentumsrechtes einschreitet, selbst wenn die bauliche Änderung im Interesse aller Teilhaber der gemeinschaftlichen Sache erfolgt wäre und die Liegenschaft dadurch an Wert gewonnen hätte. Rechtsausübung ist grundsätzlich nicht rechtswidrig, und gerade der Bewahrung des Eigentums vor jeder Störung durch dazu nicht Berechtigte kann eine sittliche Rechtfertigung nicht abgesprochen werden. Völlig richtig hat das Berufungsgericht erkannt, daß für die Klageführung keinesfalls die Schädigung der Beklagten ausschlaggebend ist, sondern das gerechtfertigte Anliegen des Klägers, es nicht hinnehmen zu müssen, daß hinter seinem Rücken nach Einholung seiner Einwilligung zu einer bestimmten Planung der Bauausführung Planunterlagen unterschoben werden, die zu einer erheblichen Veränderung der Ausführung führen. Dagegen einzuschreiten ist weder Schikane noch sonst sittenwidriger Rechtsmißbrauch, gleich ob man mit der herrschenden Rechtsprechung die Bestimmung des § 1295 Abs 2 Fall 2 ABGB den Schikaneeinwand nur gelten läßt, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen Grund der Rechtsausübung bildet (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 99; Koziol-Welser I8 437; SZ 28/133; SZ 44/86; MietSlg. 32.227 uva.), oder schon dann, wenn das unlautere Motiv eindeutig überwiegt (so Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 59 zu § 1295, der aber auch selbst zugesteht, daß schon relativ geringe Zweifel am Rechtsmißbrauch zugunsten des Rechtsausübenden den Ausschlag geben). Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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