Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Der Beklagte ist schuldig, den Klägern die mit S 11,107,36 (darin S 1.594,56 Umsatzsteuer und S 1.500 Barauslagen) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger kündigten als Vermieter dem Beklagten das von diesem gemietete Geschäftslokal aus dem Kündigungsgrund des § 30 Abs. 2 Z 7 MRG auf und brachten dazu vor, daß das Bestandobjekt nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werde.
Der Beklagte wendete ein, daß sich der Umfang der Verwendung des Bestandobjekts seit Abschluß des Mietvertrages nicht geändert habe.
Das Erstgericht erklärte die Aufkündigung für rechtswirksam und trug dem Beklagten auf, den Klägern das Bestandobjekt binnen vierzehn Tagen von den nicht in Bestand gegebenen Gegenständen geräumt zu übergeben. Es stellte im wesentlichen folgendes fest:
Der Beklagte mietete mit einem am 22.4.1970 schriftlich abgeschlossenen Mietvertrag das den Gegenstand der Aufkündigung bildende Geschäftslokal. Das hiefür verwendete handelsübliche Formular enthielt unter anderem folgende Bestimmung:
"4. Der Mietgegenstand besteht aus zwei Räumen und darf nur zum Betrieb eines ........... verwendet werden". In dieser Bestimmung wurde der Verwendungszweck nicht eingefügt, wobei nicht festgestellt werden kann, aus welchen Gründen dies nicht geschah. Der Beklagte hatte den Vertretern der damaligen Eigentümer des Hauses schon vor Abschluß des Mietvertrages offengelegt, daß er vor habe, das Bestandobjekt nach den Adaptierungen einerseits als Verkaufsgeschäft für Kunstgegenstände, andererseits als Ausstellungsraum für seine Exponate und den hinteren Raum für die Abwicklung der Bürotätigkeit im Zusammenhang mit seiner künstlerischen Tätigkeit zu verwenden. Die Hausverwaltung nahm den vom Beklagten offengelegten Verwendungszweck zur Kenntnis, ohne irgendwelche Einwände zu erheben.
Der Beklagte war schon zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages Maler und Grafiker sowie Konsulent für Industriedesign. Er verwendete das Bestandobjekt von Beginn an zu dem Zweck, den er der Hausverwaltung genannt hatte. Bis zur Scheidung von seiner Ehefrau im Jahr 1986 führte er darin ein Verkaufsgeschäft, das an einem Wochentag geschlossen, im übrigen aber von 9 bis 18 Uhr geöffnet war. Die Tätigkeit in dem Geschäft wurde zunächst von einer Angestellten und bis zur Scheidung dann von der Ehefrau des Beklagten verrichtet, wobei der Beklagte auch selbst am Verkauf teilnahm. Nach der Scheidung beschäftigte der Beklagte für etwa sechs Monate eine Angestellte, die sowohl mit dem Verkauf als auch mit Büroarbeiten betraut war. In der Folge schränkte er die Öffnungszeiten mehr und mehr ein, spätestens ab Oktober 1990 war das Geschäft nicht mehr regelmäßig geöffnet und es wurde darin auch keine regelmäßige Verkaufstätigkeit mehr ausgeübt. Der Beklagte verwendete zumindest seit Oktober 1990 das Bestandobjekt nur noch als Schau- und Ausstellungsraum (großer Raum) und fallweise für Büroarbeiten (kleiner Raum). Als Anschrift für seine künstlerische Tätigkeit gibt er nach wie vor die Anschrift an, an der das Bestandobjekt gelegen ist, weshalb ihm dort auch regelmäßig Post zugestellt wird. Er kommt im Durchschnitt einmal in der Woche ins Lokal, um Post abzuholen, und darüber hinaus ein weiteres Mal, wobei er sich dann zwischen zwei und sechs Stunden im Bestandobjekt aufhält. Bei dieser Gelegenheit benützt er den Schreibtisch im hinteren kleinen Raum, führt Reinzeichnungen aus, erarbeitet schriftliche Konzepte oder erledigt Schreibarbeiten. Er ist zu vollkommen unterschiedlichen Zeiten, teilweise auch in der Nacht und am Wochenende, im Bestandobjekt anwesend.
Der Ausstellungsraum ist von der Straße aus durch ein großflächiges Schaufenster zur Gänze einzusehen. Die Auslage wird vom Beklagten regelmäßig verwendet; bloß die Skulpturen und großflächigen Gemälde bleiben seit fünf Jahren unverändert. Seit der Einstellung der regelmäßigen Verkaufstätigkeit führt der Beklagte noch fallweise Verkäufe im Bestandobjekt durch. Dazu kommt es, weil der Beklagte von potentiellen Kunden, die seine Werke entweder aus früheren Jahren kennen oder neuere Werke im Schaufenster gesehen haben, angerufen wird und ein Verkaufstermin im Bestandobjekt vereinbart wird.
Der Beklagte verfügt außer über das Bestandobjekt nur noch über ein Einfamilienhaus, in dem er wohnt und zum Teil auch seine berufliche (künstlerische) Tätigkeit ausübt.
Rechtlich war das Erstgericht der Meinung, daß der geltend gemachte Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 7 MRG vorliege, weil der Beklagte das Bestandobjekt nicht mehr als Verkaufslokal und damit nicht mehr zu der ursprünglich vereinbarten und auch jahrelang durchgeführten, oder für eine gleichwertige Betätigung verwende.
Das Berufungsgericht erklärte die Aufkündigung infolge Berufung des Beklagten für rechtsunwirksam und wies das Räumungsbegehren der Kläger ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zur rechtlichen Beurteilung der Sache führte es aus, daß dahingestellt bleiben könne, ob die Vereinbarung eines bestimmten Verwendungszweckes schon daraus abzuleiten sei, daß der Mieter die in Aussicht genommene Verwendung des Bestandobjekts offenlegt und der Vermieter dies zur Kenntns nimmt. Der Beklagte verwende nämlich das Bestandobjekt seit Oktober 1990 weiter als Schau- und Ausstellungsraum und fallweise auch zu Büroarbeiten und somit nach wie vor zu einem Teil der in Aussicht genommenen geschäftlichen Betätigung. Das schutzwürdige Interesse des Beklagten an der Aufrechterhaltung des Mietvertrages ergebe sich daraus, daß ein Schauraum für seine künstlerische Tätigkeit von besonderer Bedeutung sei.
Rechtliche Beurteilung
Die von den Klägern gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache erhobene außerordentliche Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht von den in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zum Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 7 MRG entwickelten Grundsätzen abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 7 MRG ist es als ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Mietvertrages anzusehen, wenn die vermieteten Räumlichkeiten nicht zu der im Vertrag bedungenen oder einer gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet werden, es sei denn, daß der Mieter nur vorübergehend wegen Urlaubs, Krankheit oder Kuraufenthalts abwesend ist. Der Mieter hat somit die gemieteten Geschäftsräume grundsätzlich zu dem ausdrücklich oder stillschweigend bedungenen Vertragszweck zu verwenden. Verwendet er sie nicht zu diesem Zweck, so ist zu prüfen, ob eine der vertraglich bedungenen zumindest gleichwertige Verwendung vorliegt. Die Gleichwertigkeit der Verwendung ist unter Bedachtnahme auf das Wesen des Kündigungsgrunds des § 30 Abs. 2 Z 7 MRG, das im Wegfall eines schutzwürdigen Interesses des Mieters an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses besteht, zu beurteilen. Benützt der Mieter den Mietgegenstand nur noch für minderwertige Zwecke, zB als Archiv, Lager oder Abstellraum, dann ist die Gleichwertigkeit nicht gegeben (SZ 61/42 = Miet 40.465; Miet Bd 39/41).
Die geschäftliche Betätigung, zu welcher der Mietgegenstand verwendet werden oder der die tatsächlich ausgeübte geschäftliche Betätigung gleichwertig sein muß, kann sich also auch aus einer schlüssig zustandegekommenen Vereinbarung der Parteien des Mietvertrages ergeben. Bedenkt man hier, daß der Beklagte den Vertretern der Vermieter eine bestimmte Art der geschäftlichen Betätigung offengelegt und diese in der Folge auch durch viele Jahre ausgeführt hat, so besteht mit Überlegung aller Umstände kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln (§ 863 Abs 1 ABGB), daß es sich dabei um die zwischen den Parteien des Mietvertrages bedungene geschäftliche Betätigung gehandelt hat. Ohne Bedeutung ist dabei, daß in dem für den schriftlichen Abschluß des Mietvertrages verwendeten Vertragsformular der Verwendungszweck nicht eingefügt wurde. Dies ergibt sich schon aus der Überlegung, daß die entsprechende Bestimmung nach ihrem Wortlaut (arg "nur") bloß dazu bestimmt war, die Verwendung des Mietgegenstands auf eine bestimmte Art der Tätigkeit einzuschränken, nicht aber dazu, eine bestimmte Art der Verwendung auch dann anzuführen, wenn der Vermieter es dem Mieter überließ, die Art der Verwendung festzulegen. Überdies kann auch ein schriftlicher Vertrag durch eine schlüssige Vereinbarung geändert oder ergänzt werden.
Ist aber davon auszugehen, daß die geschäftliche Betätigung, die der Beklagte den Vermietern bekanntgab, als die im Vertrag bedungene anzusehen ist, so hat er die vermieteten Räumlichkeiten zur Zeit der Aufkündigung nicht mehr zu dieser oder zu einer ihr gleichwertigen geschäftlichen Betätigung regelmäßig verwendet. Wesentlich ist dabei einerseits, daß die Verkaufstätigkeit praktisch zur Gänze weggefallen ist. Die nur noch selten im Mietgegenstand ausgeübte Verkaufstätigkeit kann der nach dem Vertrag bedungenen nicht als gleichwertig angesehen werden (MietSlg 37.441; vgl auch SZ 61/42 = Miet 40.465). Dasselbe gilt aber für die vom Erstgericht festgestellte Verwendung als "Schau- und Ausstellungsraum". Hier trat eine wesentliche Änderung gegenüber früher ein, weil der Raum von Schaulustigen nicht mehr regelmäßig betreten werden kann. Diese Art der Verwendung ist der früheren Verwendung als Ausstellungsraum im herkömmlichen Sinn schon deshalb nicht gleichwertig, weil für den Betrachter der ausgestellten Gegenstände nicht die Möglichkeit besteht, sich über Einzelheiten zu erkundigen. Daß diese Art der Verwendung für den Beklagten keine größere Bedeutung hat, zeigt überdies, daß Skulpturen und großflächige Gemälde schon seit fünf Jahren unverändert geblieben sind. Stellt man dem die nur geringe Bürotätigkeit gegenüber, die der Beklagte in dem Mietgegenstand ausübt, so kann nicht mehr gesagt werden, daß die geschäftliche Betätigung, die zur Zeit der Aufkündigung im Mietgegenstand ausgeübt wurde, jener gleichwertig ist, die zwischen den Parteien des Mietvertrages bedungen wurde. Dem Beklagten fehlt also das schutzwürdige Interesse an der Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses.
Da somit der Kündigungsgrund nach § 30 Abs. 2 Z 7 MRG gegeben ist, hat das Erstgericht die Aufkündigung zutreffend für rechtswirksam erklärt. Sein Urteil war deshalb wiederherzustellen.
Der Ausspruch über die Rechtsmittelkosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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