Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.
Dem Berufungsgericht wird aufgetragen, über die Berufung der beklagten Partei unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden.
Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die dem Beklagtenvertreter am 24.9.1984 zugestellte, durch Ablichtung der Urschrift hergestellte Ausfertigung des erstgerichtlichen Urteils vom 28.8.1984 war lückenhaft, weil die
7. Seite, die die gesamte Beweiswürdigung und einen Teil der rechtlichen Beurteilung enthielt, vollständig fehlte. Diese Seite langte erst am 15.10.1984 beim Beklagtenvertreter ein. Am 22.10.1984 gab der Beklagtenvertreter eine Berufung zur Post, die jedoch nicht an das Erstgericht, sondern direkt an das Berufungsgericht adressiert war, und von diesem an das Erstgericht weitergeleitet wurde, wo sie erst am 24.10.1984 einlangte. Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht, dem die damals noch nicht aktenkundigen, im ersten Absatz dargestellten Umstände nicht bekannt waren, die Berufung als verspätet zurück. Dagegen richtet sich der Rekurs der beklagten Partei. Das Rechtsmittel ist nach § 519 Abs.1 Z 1 ZPO statthaft (JBl.1984, 617 ua); es ist auch aufgrund der vom Obersten Gerichtshof erhobenen, im ersten Absatz genannten Umstände berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Aus dem ersten Absatz dieser Begründung ergibt sich,daß die beklagte Partei vor dem 15.10.1984 wegen der Mängel der ihr zugestellten Ausfertigung wesentliche Teile der Entscheidungsgründe des erstgerichtlichen Urteils nicht kannte, so daß ihr deren Prüfung und Bekämpfung erheblich erschwert war.
Deshalb begann die Berufungsfrist für die beklagte Partei nicht schon mit der Zustellung der unvollständigen Urteilsausfertigung an den Beklagtenvertreter am 24.9.1984, sondern erst am 15.10.1984, als ihm erstmals eine vollständige Ausfertigung zur Verfügung stand (ähnlich 3 Ob 93/76 und 4 Ob 19/81).
Die am 24.10.1984 beim Erstgericht eingelangte Berufung wurde daher nicht verspätet erhoben.
Deshalb war der von Amts wegen gefaßte Zurückweisungsbeschluß des Berufungsgerichtes ersatzlos aufzuheben und dem genannten Gericht eine neuerliche Entscheidung unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
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