Spruch:
Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben. Der Revision der erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird, soweit es nicht als unangefochten unberührt bleibt, dahin abgeändert, daß die erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei zur ungeteilten Hand schuldig sind, der klagenden Partei statt S 249.556,-- den Betrag von S 238.584,-- samt 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1986 binnen vierzehn Tagen zu bezahlen, und ein weiteres Mehrbegehren der klagenden Partei, die erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei seien zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei S 10.972,-
- samt 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1986 zu bezahlen, abgewiesen wird, und im übrigen bestätigt.
Der Betrag der von der erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei an die klagende Partei zu ersetzenden Prozeßkosten erster Instanz wird statt mit S 34.620,-- mit S 32.954,45 und der Kosten zweiter Instanz statt mit S 15.227,-- mit S 12.775,26 unter Aufrechterhaltung der im Berufungsurteil ausgesprochenen Leistungsverpflichtung bestimmt.
Die klagende Partei ist schuldig, der drittbeklagten Partei die mit S 11.901,45 (darin S 1.081,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen. Die erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 8.495,85 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 27. Juli 1983 starb Eva M***. Sie hatte sich aus einem Personenkraftwagen, der der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte auf einer Böschung zum Badesee in Mühlheim am Inn geschoben hatten, nicht retten können, als das Fahrzeug ins Wasser gerollt und versunken war, und war ertrunken.
Die beiden Täter wurden rechtskräftig strafgerichtlich wegen des Vergehens der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB schuldig erkannt.
Die am 29. November 1947 geborene Eva M*** hatte den Haushalt ihres Ehemannes Eckhart M*** geführt und die vier gemeinsamen Kinder Uwe, geboren am 17. September 1969, Ester, geboren am 13. Jänner 1973, Ulf, geboren am 31. August 1974, und Eckhart, geboren am 2. Juni 1981, betreut.
Auf Antrag des Witwers gewährte das Landesinvalidenamt für Oberösterreich Leistungen nach dem Bundesgesetz vom 9. Juli 1972, BGBl. 288, über die Gewährung von Hilfeleistungen an Opfer von Verbrechen (VerbrOHG). Es wurden der Bestattungskostenbeitrag von S 10.692,-- und für die vier ehelichen Kinder der Unterhaltsentgang für die Zeit vom 1. Feber 1984 bis zum 31. Juli 1986 geleistet. Einen Teilbetrag von S 21.600,-- ersetzte der drittbeklagte Personenhaftpflichtversicherer des Erstbeklagten.
Am 17. Juli 1986 erhob die klagende R*** Ö*** gegen die beklagten Parteien die Klage auf Feststellung ihrer gesamtschuldnerischen Haftung für alle künftig auf Grund des VerbrOHG an die Halbwaisen zu erbringenden Leistungen, soweit sie in den Direktansprüchen der Geschädigten gegen die Schädiger Deckung finden, mit der Haftungsbeschränkung der drittbeklagten Partei auf die vertragliche Versicherungssumme, und auf Zahlung von S 249.556,-- sA zur ungeteilten Hand. Die Schadenersatzansprüche der Kinder wegen des Ausfalls der sie betreuenden Mutter seien nach § 12 VerbrOHG mit 22. November 1984 auf die klagende Partei übergegangen. Alle Ansprüche aus dem Schadensfall seien überdies vom gesetzlichen Vertreter der Kinder der klagenden Partei zediert worden. Die drittbeklagte Partei habe ihre Haftung am 14. Jänner 1985 anerkannt.
Die beklagten Parteien beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren im wesentlichen, nämlich unter Ausschaltung des Leistungsgrundes VerbrOHG statt, verhielt die beklagten Parteien als Gesamtschuldner zur Zahlung des Betrages von S 3.219,-- sA an die klagende Partei und wies das Mehrbegehren auf Zahlung von S 246.337,-- sA ab.
Es stellte im wesentlichen noch fest:
Eva M*** hatte sich ausschließlich der Versorgung des Haushaltes und der Erziehung der Kinder gewidmet. Ihr Ehemann bezog als Fernfahrer ein Monatseinkommen von S 25.000,--. Er wendete für seine Verpflegung S 1.000,-- wöchentlich auf und stellte die verbleibenden Einkünfte der Familie zur Verfügung.
Der Witwer hatte Unterstützung nach dem VerbrOHG beantragt. Es wurde ihm aus Bundesmitteln der Bestattungskostenbeitrag von S 10.692,-- und für jedes der vier Kinder in der Zeit vom 1. Feber 1984 bis zum 31. Juli 1986 an monatlichem Unterhaltsentgang für Feber 1984 S 2.010,--, für die Monate März bis Mai 1984 je S 1.902,--, für Juni 1984 S 1.212,--, für Juli 1984 S 1.831,--, für die Monate August bis Dezember 1984 je S 2.077,--, für die Monate Jänner bis Dezember 1985 je S 2.146,-- und für die Monate Jänner bis Juli 1986 je S 2.211,--, insgesamt also S 62.373,-- je Kind bezahlt.
Am 15. Oktober 1984 trat Eckhart M*** die Ansprüche auf Ersatz des Bestattungskostenbeitrages und des Unterhaltsentganges der Kinder bis zur Höhe allfälliger vom Bund geleisteter Ersatzleistungen an den Bund ab.
Am 9. November 1984 forderte das Landesinvalidenamt den Zweitbeklagten unter Hinweis auf den Rechtsübergang nach § 12 VerbrOHG und die bisher an Unterhaltsentgang für die Kinder bezahlten Beträge von S 21.600,-- zur Äußerung auf, ob er die Ersatzansprüche des Bundes anerkenne.
Der drittbeklagte Haftpflichtversicherer antwortete auf das an den Erstbeklagten gerichtete Regreßschreiben des Landesinvalidenamtes am 14. Jänner 1985, sie könne auf das ihr als Haftpflichtversicherer zugeleitete, an ihren Versicherungsnehmer gerichtete Schreiben erst jetzt antworten, und führte aus:
"In Anerkennug unserer Leistungspflicht haben wir Ihre nach dem Verbrechensopfergesetz erbrachten Hilfeleistungen in der Höhe von S 21.600,-- auf das von Ihnen gewünschte Konto überwiesen. Damit sind sämtliche in der Vergangenheit liegenden Regreßforderungen nach dem Verbrechensopfergesetz bereinigt. Was Ihre Forderungen für die Zukunft betrifft, können wir diese nur insoferne akzeptieren, als sie im Deckungsfonds, der mit S 2,000.000,-- für das Einzelereignis limitierten Versicherungssumme aus der Privathaftpflichtversicherung gedeckt sind. Diesen Forderungen, welche von Ihnen nachzuweisen sind, werden wir, sollten diese auch nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht werden, nicht den Einwand der Verjährung entgegenhalten." Am 7. November 1984 brachte Eckhart M*** gegen den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten zu AZ 1 Cg 428/84 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis die Schadenersatzklage ein und verlangte unter anderem Verdienstentgang, Reisekosten und Auslagenersatz, aber auch Kosten für die Ersatzkraft Dorothy C***, die er zur Betreuung des Haushalts und der Kinder nach dem Tod der Eva M*** angestellt hatte, bis er am 14. Feber 1985 mit ihr die Ehe schloß.
Am 30. Mai 1985 traten die Minderjährigen ihre in dem Prozeß AZ 1 Cg 428/84 geltend gemachten Ansprüche an Unterhaltsentgang, Pflegeperson, Fahrtspesen, Zimmereinrichtung, Auslagen und Unterrichtskosten an den Vater ab. Ausgenommen wurden Ansprüche, soweit sie durch Gewährung von Hilfeleistungen nach dem VerbrOHG auf den Bund übergegangen sind. Das Pflegschaftsgericht genehmigte diese Abtretung zum Inkasso am 3. Juni 1985.
Mit gerichtlichem Vergleich vom 17. Juni 1985 verpflichteten sich die dort Beklagten im Prozeß AZ 1 Cg 428/84, dem klagenden Witwer S 100.000,-- zur Abgeltung aller Leistungsansprüche für die Vergangenheit zu bezahlen. Rückgriffsansprüche des Bundes waren von diesem Vergleich nicht betroffen.
Am 19. Juli 1986 gab Eckhart M*** gegenüber dem Landesinvalidenamt für Oberösterreich (neuerlich) im eigenen und im Namen seiner Kinder die Erklärung ab, daß er "sämtliche aus dem Anlaß des am 27. Juli 1983 resultierenden, bestehenden und zukünftigen Ansprüche gegen die Schädiger" auf Grund der Leistungen des Landesinvalidenamtes an den Bund abtrete.
Im Verlassenschaftsverfahren nach Eva M*** kam es zu einem Pflichtteilsübereinkommen, womit der Witwer als Alleinerbe seinen vier Kindern eine in zum Nachlaß gehörende Liegenschaft zur Abdeckung ihrer Pflichtteilsansprüche mit der Belastung durch ein Wohnungsrecht zugunsten seiner nunmehrigen Ehefrau und einem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu je einem Viertelanteil überließ.
Die nunmehrige Ehefrau des Vaters Dorothy M*** sorgt ordnungsgemäß und in vollem Umfang für die vier Kinder aus seiner Ehe mit der Getöteten.
In seiner rechtlichen Beurteilung ging das Erstgericht davon aus, eine Legalzession nach dem VerbrOHG komme nicht in Betracht, weil dieses Gesetz nur bei Vorsatzdelikten anzuwenden sei, den Tätern aber eine fahrlässige Tötung zur Last falle. Die vom Landesinvalidenamt erbrachten Leistungen seien freiwillig aus sozialen Erwägungen gewährt worden, die klagende Partei habe aber die Forderungen der Leistungsempfänger durch die Forderungsabtretung erworben. Die Leistungen für das Jahr 1984 seien schon ersetzt, in den Unterhaltsentgangsansprüchen der Kinder fänden nur die Leistungen bis zum 14. Feber 1985 Deckung, weil seither die neue Ehefrau des Vaters Dorothy M*** zur Versorgung und Erziehung der Stiefkinder verpflichtet sei. Es stehe der klagenden Partei daher nur mehr ein Betrag von S 3.219,-- (offenbar 1,5 x Monatsleistung von S 2.146,-- = S 3.219,--) zu. Das Feststellungsbegehren sei berechtigt, weil nicht abzusehen sei, ob die Betreuung der Kinder durch die Stiefmutter auch in Zukunft gesichert sei. Die in dem Schreiben des drittbeklagten Versicherers vom 14. Jänner 1985 enthaltene Erklärung stelle ein bloß deklaratorisches und kein konstitutives Anerkenntnis dar. Die "Streitteile" hätten für den von ihnen zu verantwortenden Schaden solidarisch zu haften. Dem drittbeklagten Versicherer werde aber ein Regreß gegenüber dem Mitschädiger zustehen.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes, das in seinem dem Feststellungsbegehren gegen den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten stattgebenden Teil als unangefochten in Teilrechtskraft erwachsen ist, über die Berufung aller Parteien teilweise ab und entschied, daß der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte zur ungeteilten Hand an die klagende Partei S 249.556,-- samt 4 % Zinsen seit dem 18. Juli 1986 zu bezahlen haben und ihnen gegenüber festgestellt wird, daß sie als Gesamtschuldner der klagenden Partei alle zukünftigen Leistungen zu ersetzen haben, welche die klagende Partei auf Grund der schuldhaften Tötung der Eva M*** am 27. Juli 1983 an deren vier Kinder erbringt oder zu erbringen haben wird, soweit die Leistungen in Direktansprüchen der Kinder gegen den Erst- und Zweitbeklagten ohne Berücksichtigung einer Legalzession Deckung finden; das Mehrbegehren der klagenden Partei (Feststellungs- und Leistungsbegehren gegen die drittbeklagte Partei, Zinsenbegehren für die Zeit vom 22. November 1984 bis 17. Juni 1986 gegen den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten) aber abgewiesen werde.
Das Berufungsgericht stellte durch Beweisergänzung noch fest, daß im Verfahren AZ 1 Cg 428/84 des Kreisgerichtes Ried im Innkreis den Parteien klar war, daß das Landesinvalidenamt Leistungen erbracht hatte und daß Rückgriffsansprüche nicht verglichen werden sollten, und weiters, daß die Abtretungserklärungen des Eckhart M*** vom 15. Oktober 1984 und vom 19. Juli 1986 vom Pflegschaftsgericht der Kinder nicht genehmigt wurden.
In rechtlicher Hinsicht teilte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstrichters, daß ein Forderungsübergang nach § 12 VerbrOHG deshalb nicht stattgefunden habe, weil danach der Anspruch auf Ersatz eines durch eine Handlung im Sinne des § 1 Abs. 2 VerbrOHG entstandenen Schadens auf den Bund insoweit übergehe, als dieser Leistungen nach diesem Bundesgesetz erbringt, nach § 1 Abs. 2 VerbrOHG eine Leistung nach diesem Gesetz aber die Schädigung der Gesundheit oder der körperlichen Integrität durch eine mit mehr als sechs Monaten Freiheitsstrafe bedrohte, rechtswidrige und vorsätzliche Handlung voraussetze. Die Handlung des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten sei aber nur fahrlässig erfolgt und könnte auch nicht deshalb einem Vorsatzdelikt gleichgestellt werden, wenn sie unter besonders gefährlichen Verhältnissen (§ 81 Z 1 StGB) gesetzt worden wäre, weil auch dafür Fahrlässigkeit ausreiche. Es könne dahingestellt bleiben, ob Leistungen nach dem VerbrOHG bei "Vorsatz-Fahrlässigkeitskombinationen" zu erbringen seien (Marschall, Grenzfragen der Anwendung des Verbrechensopferhilfegesetzes, ZAS 1976, 8), weil die Tötung nicht vorsätzlich erfolgte. Auch durch die Möglichkeit des Härteausgleiches nach § 14 a VerbrOHG sei die Geltung dieses Gesetzes nicht auf bloße Fahrlässigkeitsdelikte ausgedehnt worden. Die klagende Partei habe daher die Leistungen ohne gesetzliche Grundlage gewährt.
Nach § 12 VerbrOHG habe die klagende Partei die den Geschädigten gegen die Schädiger zustehenden Schadenersatzansprüche nicht erworben. Die rechtsgeschäftliche Abtretung sei nur wirksam, soweit der Witwer seinen Anspruch auf Ersatz der Bestattungskosten bis zur Höhe der ihm gewährten Leistung von S 10.692,-- zediert habe, mangels pflegschaftsgerichtlicher Genehmigung fehle der vom Vater als gesetzlicher Vertreter für die Kinder erklärten Abtretung die rechtliche Wirksamkeit. Die genehmigte Abtretung vom 30. Mai 1985 nehme ausdrücklich Ansprüche aus, denen kongruente Hilfeleistungen des Bundes entsprechen und die daher auf den Bund übergegangen seien.
Es bleibe daher als Anspruchsgrundlage der Verwendungsanspruch nach dem § 1042 ABGB, weil der Bund die Schadenersatzansprüche der geschädigten Kinder gegenüber dem Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten erfüllt habe, ohne daß dieser Anspruch durch den gerichtlichen Vergleich vom 17. Juni 1985 berührt werde, denn für die bis dahin erbrachten Leistungen habe kein Forderungsrecht der Kinder mehr bestanden, weil der Ersatzanspruch schon dem Bund zustand. Die klagende Partei habe daher Anspruch auf Ersatz der an die Kinder geleisteten Zahlungen, die unter dem Aufwand blieben, den die Kinder wegen des Ausfalls der Betreuung durch ihre Mutter an Kosten einer Pflegeperson ersetzt bekommen müßten. Dieser Schadenersatzanspruch bestehe auch für den Zeitraum nach der Wiederverehelichung ihres Vaters. Der vom Obersten Gerichtshof in ZVR 1972/173 vertretenen Ansicht, die Erziehung der vom Ehemann in die Ehe gebrachten Kinder falle in die Beistandspflicht der Ehefrau, Ansprüche der Kinder auf Ersatz des Pflege- und Erziehungsentganges nach § 1327 ABGB seien daher auf die Zeit bis zur Wiederverehelichung begrenzt, könne nach der umfassenden Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe nicht mehr gefolgt werden. Der Anspruch auf Unterhaltsentgang könne vom Schädiger, dem die Tötung zur Last falle, auch dann verlangt werden, wenn der subsidiär Unterhaltspflichtige nach dem Ausfall zu leisten habe. Nach EFSlg.
43.542 dürfe die Berücksichtigung der vom Vater und seiner Lebensgefährtin erbrachten Pflegeleistungen nicht erfolgen, weil dies eine ungerechtfertigte Entlastung des Schädigers, dem der Tod der Mutter zuzurechnen sei, führte. In RZ 1982/52 habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, der Haftpflichtige dürfe sich nicht auf die Unterhalts- und Sorgepflicht der Großeltern berufen, die das hinterbliebene Kind an Kindesstatt angenommen hatten. Die numehrige Ehefrau des Vaters der Kinder sei diesen gegenüber nach dem Gesetz nicht zur Betreuung und Versorgung verpflichtet. Wenn sie diese Leistungen tatsächlich erbringe, so erfolge dies im Rahmen der einvernehmlichen Gestaltung der Lebensgemeinschaft der Ehegatten und nicht zu einer Entlastung der Schädiger. Diese Leistungen dürften ihnen ebensowenig zugute kommen, als hätte der Vater die ausgefallenen Betreuungsleistungen der Mutter selbst übernommen oder sie durch einen Dritten erbringen lassen.
Dagegen seien die gegen den drittbeklagten Haftpflichtversicherer erhobenen Begehren abzuweisen, weil kein konstitutives Anerkenntnis erfolgt sei. Die Erklärung im Schreiben vom 14. Jänner 1985 enthaltene Erklärung habe von einem redlichen Empfänger nicht dahin verstanden werden können, daß sich der Haftpflichtversicherer zum Grunde nach rechtsgeschäftlich zu einer Leistung gegenüber der klagenden Partei verpflichte. Der (Privat-) Haftpflichtversicherer handle regelmäßig nur als Vertreter des Versicherungsnehmers, wenn er über die Schadensliquidierung verhandle.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß schon der Wert des Feststellungsstreitgegenstandes hinsichtlich der drittbeklagten Partei S 300.000,-- übersteigt, und erklärte die Revision gegen den abändernden Teil der Entscheidung über das gegen den Erstbeklagten und den Zweitbeklagten erhobene Leistungsbegehren für zulässig. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die klagende Partei mit ihrer Revision, soweit ihr gegen den drittbeklagten Versicherer erhobenes Feststellungs- und Leistungsbegehren abgewiesen wurde.
Der Erstbeklagte und der Zweitbeklagte bekämpfen das gegen sie ergangene Leistungsurteil.
Rechtliche Beurteilung
Zur Revision der klagenden Partei:
Die nach § 502 Abs. 4 Z 2 ZPO zulässige Revision ist nicht berechtigt. Der Rechtsansicht der Vorinstanzen, es liege kein anspruchsbegründendes Anerkenntnis des Versicherers vor, dem Grunde nach selbst zu Leistungen an die klagende Partei verpflichtet zu sein, wird beigepflichtet. Nach der auch für ein Anerkenntnis als zweiseitiges, einen neuen selbständigen Verpflichtungsgrund schaffendes Rechtsgeschäft geltenden Vertrauenstheorie kommt es darauf an, welchen Eindruck der Vertragspartner aus dem Verhalten des Erklärenden als redlicher Erklärungsempfänger haben konnte (EvBl. 1981/122; Arb. 10.448 ua). Das echte (konstitutive) Anerkenntnis ist ein Feststellungsvertrag, in dem eine Partei durch ein einseitiges Nachgeben das von ihr bezweifelte Recht in vollem Umfang zugesteht. Die anerkannte Forderung ist davon unabhängig, ob das früher zweifelhafte oder bestrittene Recht bestanden hat (Koziol-Welser8 I 274; Ertl in Rummel, ABGB, Rz 6 zu § 1380; EvBl. 1982/144 uva). Da der Privathaftpflichtversicherer weder dem Geschädigten noch einem Dritten, der anstelle des Geschädigten dessen Rechte geltend macht, unmittelbar haftet (nur für den Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer gilt die Sonderregelung nach § 63 Abs. 1 KFG bzw. § 22 Abs. 1 KHVG), konnte die klagende Partei den drittbeklagten Versicherer nicht auf Leistung in Anspruch nehmen und hat dies auch zunächst nicht getan, sondern den Erstbeklagten zur Äußerung aufgefordert, der sich an seinen Versicherer wandte und diesem die Regulierung in seinem Namen überließ. Der Inhalt des Schreibens der drittbeklagten Partei vom 14. Jänner 1985 durfte bei dieser Sachlage nur so verstanden werden, daß der Versicherer seine Leistungspflicht aus dem Versicherungsvertrag anerkennen und deshalb für seinen Versicherungsnehmer Ersatzleistungen erbringen und künftige Ersatzleistung in Aussicht stellen wollte, nicht aber dahin, daß der Versicherer ein schuldrechtliches Vertragsverhältnis zur klagenden Partei, etwa durch Schuldbeitritt neu begründen wollte. Dies verkennt die klagende Partei in ihren Revisionsausführungen, denn sie hatte zunächst keinen Rechtsanspruch gegen den Versicherer behauptet oder behaupten können, der zum Gegenstand eines Anerkenntnisses werden konnte.
Zur Revision des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten:
Nach Eintritt der Teilrechtskraft des über das Feststellungsbegehren gegen den Erst- und den Zweitbeklagten ergangenen Feststellungsurteiles ist nur mehr strittig, inwieweit diese der klagenden Partei den unbestritten für die Kinder in der Zeit vom 1. Feber 1984 bis zum 31. Juli 1986 geleisteten Aufwand an Unterhaltsentgangsentschädigung zu ersetzen haben.
Zu Unrecht berufen sich die Revisionswerber darauf, die klagende Partei habe ihr Ersatzverlangen nicht auf § 1042 ABGB gestützt. Die Klage hat nach § 226 Abs. 1 ZPO ein bestimmtes Begehren zu enthalten und die Tatsachen, auf welche sich der Anspruch stützt, im einzelnen kurz und vollständig anzugeben. Da zur Begründung des Begehrens nur die Tatsachen vorgetragen werden müssen, ist im Sinne der Substantiierungstheorie die Behauptung und Bezeichnung des materiellen Rechtsverhältnisses nicht gefordert (Fasching, ZPR, Rz 1040). Die klagende Partei war der im Revisionsverfahren nicht mehr aufrecht gehaltenen Ansicht, sie habe Leistungen nach dem VerbrOHG zu erbringen gehabt und erbracht und sei daher kraft Legalzession forderungsberechtigt. Da aber zur Frage der Erbringung von Leistungen nach dem VerbrOHG bei Tötungsdelikten keine einhellige Meinung besteht, sorgte sie vorsorglich für eine vertragliche Forderungsabtretung, um einen allenfalls nicht eingetretenen gesetzlichen Übergang der Schadenersatzforderungen der Geschädigten zu ersetzen. Diese Abtretung ist wirksam, soweit sie Schadenersatzansprüche des Witwers betraf, nicht aber für die Unterhaltsentgangsforderungen der minderjährigen Kinder, denn in der einzigen pflegschaftsgerichtlich genehmigten Abtretungserklärung sind gerade die Ansprüche ausgenommen, denen kongruente Leistungen der klagenden Partei nach dem VerbrOHG entsprechen. Es bedurfte aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, keiner Abtretung der Schadenersatzforderungen der Kinder an die klagende Partei, um dieser den Anspruch zu verschaffen, von den Schädigern Ersatz zu verlangen. Soweit die klagende Partei durch Zahlung der Entschädigung an die Kinder deren gegen die Schädiger bestehende Forderung befriedigt hat, ist deren Schadenersatzforderung getilgt. Sie konnte gar nicht mehr abgetreten werden und ebensowenig Gegenstand des gerichtlichen Vergleiches sein, an welchem weder die Kinder noch die klagende Partei beteiligt waren. Das Tatsachenvorbringen läßt sich aber unschwer unter dem Gesichtspunkt des § 1042 ABGB beurteilen, denn die klagende Partei erbrachte in der Erwartung, dadurch den Forderungsübergang nach § 12 VerbrOHG zu bewirken, an die Geschädigten Leistungen, zu denen die solidarisch haftenden Schädiger nach Schadenersatzrecht verbunden waren. Nichts spricht dafür, daß die klagende Partei aus öffentlichen Geldern Zahlungen an die Geschädigten in Schenkungsabsicht leistete, also entweder den Geschädigten etwas zuwenden wollte, ohne vom Schädiger Ersatz fordern zu können, oder die Schädiger entlasten wollte. Sie hat daher nach § 1042 ABGB das Recht, von den Geschädigten den Ersatz des für sie getätigten Aufwandes zu fordern, den der Geschädigte nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen. Die Leistungen wurden in dieser Erwartung erbracht, eine fremde Schuld also erfüllt, um sich an den zu halten, der diesen Aufwand selbst zu tragen gehabt hätte. Insoweit sind die Bestimmungen des VerbrOHG eine Konkretisierung der im § 1042 ABGB verankerten Grundsätze, daß nämlich der Geschädigte einen Vorschuß auf seinen Schadenersatzanspruch erhält, der Bund sich aber beim Leistungspflichtigen Ersatz verschaffen kann.
An der grundsätzlichen Verpflichtung zur Zahlung besteht daher kein Zweifel, abgesehen davon, daß die Revisionswerber den Feststellungsspruch in Rechtskraft erwachsen ließen. Es ist aber auch der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, daß durch die Eheschließung des Vaters der Ersatzanspruch der Kinder nach § 1327 ABGB nicht berührt wird, weil nach der umfassenden Neuordnung des Familienrechts ein aus dem Gesetz zu begründender Rechtsanspruch der Kinder gegen die Stiefmutter auf Betreuung, Pflege und Erziehung nicht ableitbar ist. Nur ein solcher Anspruch könnte aber dazu führen, daß der Unterhaltsentgang durch den Ausfall der Mutter und damit ein weiterer Ersatzanspruch gegen die Schädiger wegfiele. Nach § 144 ABGB haben die Eltern das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen; sie sollen bei Ausübung der elterlichen Rechte und der Erfüllung ihrer Pflichten einvernehmlich vorgehen. Mangels eines Einvernehmens ist zur Pflege des Kindes vor allem der Elternteil berechtigt und verpflichtet, der den Haushalt führt, in dem das Kind betreut wird. Ist ein Elternteil gestorben, so stehen Pflege und Erziehung dem anderen Elternteil zu (§ 145 Abs. 1 ABGB). Schon daraus ergibt sich, daß der Gesetzgeber durch die elterlichen Rechte und Pflichten nur Eltern und Kinder verbindet und eine ausdehnende Anwendung auf die Beziehung zwischen dem Kind und einem Stiefelternteil nicht stattfindet. Ob aus der ehelichen Beziehung im Rahmen der Verpflichtung zum Beistand (§ 90 ABGB), des Beitrages zur Deckung der den Lebensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Bedürfnisse (§ 94 Abs. 1 ABGB) oder der Mitwirkung an der Führung des gemeinsamen Haushalts (§ 95 ABGB) dem Ehemann gegenüber eine Pflicht zur Betreuung der Stiefkinder und aus einer Verletzung dieser Pflicht eine Eheverfehlung abgeleitet werden kann, betrifft nicht die Rechtsstellung der durch den Tod der Mutter geschädigten Kinder. Wenn es ihren Ersatzanspruch nicht mindert, daß der Vater die nun ihn treffenden elterlichen Pflichten selbst erfüllt oder durch einen Dritten besorgen läßt, dann kann dem Schädiger auch nicht zugute kommen, daß der Vater sich wieder verheiratet hat und die Stiefmutter die Kinder im Haushalt wohl betreut und versorgt. Die nicht zu rechtfertigende Entlastung des Schädigers ist daher nicht nur für die Dauer einer Lebensgemeinschaft des Vaters (EFSlg. 43.542), sondern auch im Fall einer neuen Ehe abzulehnen. Entscheidend ist, daß aus der Wiederverehelichung des Vaters ein Rechtsanspruch der Kinder, die sich weiter nur an ihren Vater halten können, auf Betreuung durch seine Ehefrau dieser gegenüber nicht besteht.
Ein Sachverhalt, der eine andere Beurteilung als die zur Frage der Vorteilsausgleichung vertretene Ansicht rechtfertigen könnte, daß in der Regel freiwillige Zuwendungen Dritter an den Geschädigten nicht anzurechnen sind (vgl. Koziol, Haftpflichtrecht I 206 ff;
Koziol-Welser8 I 429; EFSlg. 36.238/2; EFSlg. 43.548;
EFSlg. 48.682 f, uva), oder sonst dem ursprünglich bei den Kindern entstandenen Ersatzanspruch entgegensteht, wurde nicht behauptet. Die Verfahrensergebnisse haben dafür auch keinen Anhaltspunkt erbracht.
Damit hat das Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum auch die nach der Eheschließung des Vaters am 14. Feber 1985 erbrachten Leistungen als ersatzfähig angesehen.
Bei der Zusammenrechnung der festgestellten Leistungen ist der klagenden Partei allerdings ein Rechenfehler unterlaufen, denn die Summe ihrer Zahlungen ergibt nicht den angegebenen Betrag von S 271.156,-- wovon die vom drittbeklagten Versicherer getätigte Zahlung von S 21.600,-- in Abzug gebracht und damit die Geldforderung mit S 249.556,-- ermittelt wurde. Die Summe aus Bestattungskostenbeitrag von S 10.692,-- und den Unterhaltsentgangsleistungen für alle vier Kinder von S 187.584,-- und S 61.908,-- (S 2.211,-- für vier Kinder und sieben Monate ergibt nicht S 62.188,-- sondern S 61.908,--) beträgt S 260.184,--. Zieht man davon den erhaltenen Ersatz von S 21.600,-- ab, bleibt nur der vom Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten noch zur ungeteilten Hand zu ersetzende Betrag von S 238.584,--.
Insoweit ist ihrer Revision stattzugeben und das weitere Mehrbegehren in Abänderung des Urteils des Berufungsgerichtes abzuweisen.
Damit kommt es zur neuen Entscheidung über die Kostenersatzpflicht des Erstbeklagten und des Zweitbeklagten. Die klagende Partei ist nur mit einem verhältnismäßig geringfügigen Teil ihres Anspruchs, dessen auf Rechenfehler zurückzuführende Geltendmachung keine besonderen Kosten veranlaßt hat, unterlegen.
Sie behält daher den Anspruch auf Ersatz der gesamten Kosten (§ 43 Abs. 2 Fall 1 ZPO), wobei die Bemessungsgrundlage mit dem ersiegten Betrag zugrunde zu legen ist.
Gleiches gilt nach § 50 ZPO für die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens.
Die Entscheidung über die der drittbeklagten Partei entstandenen Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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