Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluß des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird. Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten binnen 14 Tagen die mit S 16.500,45 bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens (darin S 1.390,95 Umsatzsteuer und S 1.200,-- Barauslagen) und die mit S 20.149,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.668,15 Umsatzsteuer und S 1.800,-- Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaft EZ 328 KG Pötzleinsdorf steht zu 1/4 im Eigentum des Klägers, zu 3/4 im Eigentum des Beklagten. Die Liegenschaft besteht aus einer zusammenhängenden rechteckigen Fläche von etwa 60 x 30 m, genau 1.899 m 2 , welche im Osten an die Khevenhüllerstraße angrenzt. Etwa in der Mitte des Rechtecks steht eine alte Villa. Auf den dem Beklagten gehörenden 3/4-Anteilen lastet ein Fruchtgenußrecht für den am 24. Februar 1894 geborenen Vater der beiden Streitteile, in dessen Rahmen diesem die ausschließliche Nutzung der Wohnung im Hochparterre der Villa zusteht.
Der Kläger begehrte die Realteilung in der Form, daß im Norden der gemeinsamen Liegenschaft eine unverbaute Fläche von 550 m 2 (Klagseinschränkung Seite 220) ihm und die restliche Fläche einschließlich des Hauses dem Beklagten zugeteilt werde, und stellte ein Eventualbegehren auf Zivilteilung.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Haupt- und Eventualbegehrens vor allem unter Hinweis auf das Fruchtgenußrecht und das hohe Alter des Vaters, dem auch das Wohnrecht an der Wohnung im ersten Stock zustehe.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren und das Eventualbegehren
ab.
Es ging von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:
In ihrem jetzigen bebauten Zustand hat die Gesamtliegenschaft einen Wert von 3,720.000,-- S. Würde man im Norden 600 m 2 für den Kläger abtrennen (diese Fläche bezieht sich noch auf das ursprüngliche Klagebegehren), so würde dieses kleinere Teilstück einen Wert von S 2,167.000,-- haben, während der Wert des größeren Reststückes samt dem Haus S 3,510.000,-- betrüge.
In rechtlicher Hinsicht war das Erstgericht der Auffassung, eine Naturalteilung scheide aus, weil ein Viertel der Gesamtfläche unter der für Wien geltenden Mindestfläche für einen Bauplatz von 500 m 2 liege. Die Zivilteilung sei derzeit wegen Unzeit unstatthaft, weil durch das Fruchtgenußrecht des Vaters der Streitteile eine Wertminderung gegeben sei, welche in absehbarer Zeit wegfallen werde. Das Berufungsgericht hob dieses Urteil mit Rechtskraftvorbehalt auf und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteige.
Das Berufungsgericht war der Auffassung, daß zwar eine Realteilung durch Abtrennung einer Fläche von 600 m 2 für den Kläger wegen einer zu hohen Ausgleichszahlung untunlich sei, daß aber geprüft werden müsse, wie die Wertverhältnisse bei Abtrennung einer Fläche von nur 500 m 2 seien. Nur relativ geringe Wertunterschiede könnten nämlich im Rahmen einer Naturalteilung durch eine Ausgleichszahlung ausgeglichen werden. Der Realteilung stehe das Fruchtgenußrecht des Vaters nicht entgegen. Wenn der Kläger bisher nicht eine Abtretung von nur 500 m 2 angeboten habe, so sei doch diese Möglichkeit zu erörtern. In diesem Zusammenhang müsse geklärt werden, welche Auswirkungen der Fortbestand des Fruchtgenußrechtes für die Relation der Teilstücke habe und ob die Notwendigkeit der Schaffung aller Anschlüsse bei den bisherigen Werten des Sachverständigen schon berücksichtigt sei. Zum Eventualbegehren nahm das Berufungsgericht dahin Stellung, daß dieses derzeit wegen des Fruchtgenußrechtes des schon betagten Vaters der Streitteile wegen Unzeit auf jeden Fall abzuweisen sei. Gegen diesen Aufhebungsbeschluß wendet sich der Rekurs des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag ihn aufzuheben und falls eine eigene sachliche Entscheidung nicht in Betracht komme, die Rechtssache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Beklagte beantragt, dem Rekurs keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist insofern begründet, als die Sache spruchreif ist, dies freilich nicht im Sinne des Rechtsstandpunktes des Klägers (vgl. hiezu Fasching ZPR RZ 1983).
Unter der "Teilung" einer gemeinschaftlichen Liegenschaft im Sinne der §§ 841, 843 ABGB versteht man die Zerlegung in Teile von annähernd gleicher Beschaffenheit, wobei der Wert des Ganzen in den Teilen erhalten bleiben muß (Klang in Klang 2 III 1123, Entscheidungen wie MietSlg. 34.080, 34.083, 35.065, 35.066). Wenn man der Wertberechnung der Vorinstanzen folgt, ist die letztgenannte Voraussetzung erfüllt. Nach Auffassung des erkennenden Senates fehlt es aber an der erstgenannten Voraussetzung. Wenn der Kläger als bloßer 1/4-Miteigentümer ein sofort bebaubares Grundstück erhält, daß der Fläche nach mehr als 1/4 der Gesamtfläche ausmacht, der Beklagte als 3/4-Miteigentümer aber eine unter 3/4 der Gesamtfläche liegende Grundfläche erhält, auf der sich ein altes Haus befindet, das derzeit (wegen der Rechte des Vaters der Streitteile) nicht abgerissen werden kann, so entstehen nicht Teilstücke von annähernd gleicher Art sondern Teilstücke von grundsätzlich verschiedener Beschaffenheit. Eine solche Verschiedenheit würde nur dann nicht schaden, wenn die annähernd gleiche Beschaffenheit der beiden Teilstücke ohne weitere Schwierigkeiten herbeigeführt werden könnte. Die verschiedene Beschaffenheit zeigt sich vor allem in der Bewertung des der beklagten Partei zugedachten Teiles, wo zwischen "Freigrundwert" und "Wert des gebundenen Grundes" unterschieden wird, was dann dazu führt, daß eine mehr als doppelt so große Grundfläche mit dem Haus gegenüber dem unbebauten Rest weit weniger als den doppelten Wert hat (siehe dazu die von den Vorinstanzen festgestellten Wertansätze). Der Umstand, daß das Haus vom wirtschaftlichen Standpunkt her gesehen abbruchreif sein mag, kann daran nichts ändern, weil das alte Haus - wie schon ausgeführt - derzeit wegen des Fruchtgenußrechtes oder Wohnrechtes des betagten Vaters der Streitteile sicher nicht abgerissen werden kann. Dieser Zustand wurde vom Beklagten nicht etwa zwecks Vereitlung oder Erschwerung der Teilung herbeigeführt (vgl. dazu etwa den Fall von JBl 1985, 165), sondern war nur die Folge des Übergangs des Eigentumsrechtes vom Vater auf den Sohn. Hätte der Vater seine Anteile dem Beklagten nicht übertragen, so würde er selbst noch Miteigentümer und nicht nur Fruchtgenußberechtigter sein und eine Realteilung wäre genauso wenig möglich. Erst nach dem Tode des Vaters wäre eine Realteilung möglich; denn dann könnte der Beklagte den Umstand, daß auf dem ihm zugedachten Trennstück noch ein Haus steht, nicht mehr mit Erfolg ins Treffen führen, weil dieses Haus dann ja sofort abgerissen werden könnte und damit im Sinne des vorher Gesagten die annähernd gleiche Beschaffenheit der beiden Teilstücke hergestellt würde. Eine genaue Durchrechnung der Variante einer Abtrennung von nur 500 m 2 für den Kläger ist derzeit aber auch schon deshalb nicht nötig, weil es auf der Hand liegt, daß abgesehen von der ungleichen Beschaffenheit der beiden Teilstücke auch ein viel zu großer Wertausgleich stattfinden müßte, wenn man das dem Beklagten zugedachte Teilstück wie bisher teils als "freien" teils als "gebundenen" Grund bewerten müßte, um dem mehrfach erwähnten Fruchtgenußrecht Rechnung zu tragen. Demgegenüber kämen die vom Kläger in seinem Rekurs angestellten Berechnungen eben erst nach dem Tod des Vaters der Streitteile in Betracht. Erst dann kann nämlich wirklich das dem Beklagten zugedachte Teilstück in seinem Gesamtausmaß im wesentlichen gleich bewertet werden wie das dem Kläger zugedachte Teilstück (wobei kleinere Unterschiede wegen der unterschiedlichen Bebaubarkeit und wegen der beim einen Teil zu berücksichtigenden Abbruchkosten bestehen), sodaß dann (aber eben nur dann) bei Abtrennung von nur 500 m 2 der Wertausgleich als vertretbar angesehen werden könnte.
Ob es sich bei den Rechten des Vaters der Streitteile in Wahrheit nicht um ein Fruchtgenußrecht sondern um ein Wohnungsrecht handelt, spielt keine Rolle, weil in beiden Fällen nicht davon ausgegangen werden kann, daß das Haus schon vor dem Ableben des Vaters abgerissen werden kann.
Eine Realteilung ist damit derzeit nicht möglich, sodaß im Sinne des gestellten Eventualbegehrens die Berechtigung des Zivilteilungsbegehrens zu prüfen ist.
Mit Recht führt zwar der Kläger aus, daß der Teilungsanspruch ein unbedingter ist (MietSlg. 33.056, 34.068, 36.055). Dies bedeutet aber nicht, daß die Aufteilung der Gemeinschaft immer sofort möglich ist, sei es durch Realteilung oder, wenn diese nicht tunlich sein sollte, durch Zivilteilung, sondern dieser Grundsatz führt nur dazu, daß die Teilungshindernisse der "Unzeit" oder des "Nachteiles der Übrigen" im Sinne des § 830 ABGB nur angenommen werden können, wenn es sich dabei um bloß vorübergehende Zustände handelt (MietSlg. 34.068, 34.069, 35.059, 35.060). Als ein solcher nur vorübergehender Umstand, der einen angemessenen Aufschub der Aufhebung der Gemeinschaft rechtfertigt, wurde in der Rechtsprechung insbesondere ein besonders hohes Alter eines Ausgedingsberechtigten angesehen (MietSlg. 34.077, 34.078, 35.063, 36.043). Dieser Fall ist hier gegeben. Daß trotz des hohen Alters des Fruchtgenußberechtigten, dessen Fruchtgenußrecht (oder Wohnungsrecht) den Wert der Gesamtliegenschaft erheblich schmälert - wobei ja vor allem auch zu beachten ist, daß das alte Haus nicht sofort abgerissen werden kann -, liegt auf der Hand und wurde von den Vorinstanzen mit Recht zugrunde gelegt. Auch eine Zivilteilung scheidet damit derzeit aus.
Die Sache ist daher spruchreif im Sinne einer Wiederherstellung des Urteiles erster InstanZ
Bei diesem Prozeßausgang hat die klagende Partei der beklagten Partei gemäß §§ 50, 41 die Kosten des Verfahrens zweiter und dritter Instanz zu ersetzen. Die Eingabengebühr für die Rekursbeantwortung beträgt nicht S 3.600,-- sondern nur S 1.800,--.
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