Normen
ABGB §828
ABGB §830
ABGB §833
ABGB §834
ABGB §835
ABGB §843
Grundbuchsgesetz §3
ABGB §828
ABGB §830
ABGB §833
ABGB §834
ABGB §835
ABGB §843
Grundbuchsgesetz §3
Spruch:
Um den Verkauf eines Teiles der gemeinschaftlichen Sache herbeizuführen, muß eine Teilungsklage erhoben werden, die auch darauf gerichtet werden kann, die Gemeinschaft nur an einem Teil der gemeinschaftlichen Sache aufzuheben.
Entscheidung vom 14. Feber 1951, 3 Ob 494/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Scheibbs; II. Instanz: Kreisgericht St. Pölten.
Text
Die Antragsteller, die zusammen zu zwei Dritteln Eigentümer der Liegenschaft sind, begehren unter Berufung auf § 835 ABGB. die Wirksamerklärung des Verkaufes eines Teiles der Liegenschaft (Längstrakt Wassergasse, Erlauftrakt und Pferdestall) an Erika L. gegenüber den Antragsgegnern.
Das Erstgericht gab dem Antrag statt. Es handle sich beim Verkauf eines Teiles einer gemeinschaftlichen Sache um eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB., deren Genehmigung durch den Außerstreitrichter erteilt werden könne. Das Kaufanbot der Erika L. sei einmalig und verlockend, besonders mit Rücksicht auf den behördlichen Auftrag zur Demolierung des baufälligen Erlauftraktes und die in Aussicht stehende Enteignung des Längstraktes für Straßenzwecke. Stichhaltige Einwendungen seien von den Antragsgegnern nicht vorgebracht worden.
Infolge Rekurses der Antragsgegner änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß in dem Sinne ab, daß der Antrag abgewiesen wurde. Die Veräußerung eines Teiles der gemeinsamen Sache gehöre nicht zu den wichtigen Veränderungen im Sinne des § 834 ABGB. Hiezu seien nur Verwaltungshandlungen zu zählen. Andernfalls ergäbe sich ein unzulässiger Eingriff in das Eigentum, der nur auf dem Wege der Teilungsklage oder einer Enteignung möglich wäre. Im übrigen bestunden Bedenken gegen die behauptete Vorteilhaftigkeit des geplanten Verkaufes, besonders, wenn das Vorhandensein radizierter Gewerbeberechtigungen und die Aussicht auf eine erhebliche Enteignungsentschädigung seitens der Straßenbauverwaltung bedacht werde.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet in den Bestimmungen über die Gemeinschaft des Eigentums scharf zwischen der gemeinsamen Sache, dem "Hauptstamm", und den daran bestehenden Eigentumsrechten einerseits und der Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache anderseits. Für den Bestand des Miteigentums gilt der Grundsatz des § 828 ABGB., daß im Falle der Uneinigkeit der Teilhaber keiner von ihnen eine Veränderung vornehmen darf, wodurch über den Anteil des anderen verfügt würde. In Fragen, die die Teilhaberschaft an sich berühren, entscheidet daher nicht die Mehrheit der Stimmen der Teilhaber, sondern zur Veräußerung der gemeinschaftlichen Sache ist grundsätzlich die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich (Ehrenzweig, Sachenrecht 1923, S. 152; Klang, 1. Aufl., zu § 828, S. 861). Jedem Teilhaber, also auch dem, der nicht über die Mehrheit der Anteile verfügt, steht aber nach § 830 ABGB. in der Regel das Recht zu, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, also die Teilungsklage zu erheben. Dieses Recht kann freilich nicht zur Unzeit oder zum Nachteil der übrigen Teilhaber geltend gemacht werden. Kein Teilhaber ist daher befugt, den anderen eine für diese unvorteilhafte Veräußerung der gemeinschaftlichen Sache aufzuzwingen. Die Teilungsklage kann auf Realteilung oder gerichtliche Feilbietung gerichtet sein.
Es besteht kein gesetzliches Hindernis, auf Grund einer Teilungsklage die Eigentumsgemeinschaft auch nur an einer von mehreren gemeinschaftlichen Sachen oder an einem Teil der gemeinschaftlichen Sache aufzuheben. § 830 ABGB., der vom Verlangen nach "Aufhebung der Gemeinschaft" spricht, schließt nicht aus, daß die Aufhebung auf einen wirtschaftlich trennbaren Teil der gemeinschaftlichen Sache oder auf einzelne von mehreren solchen Sachen beschränkt wird. Davon, daß der Teilhaber nur das Recht hätte, die Aufhebung jeglicher Gemeinschaft zu fordern, ist im Gesetz nicht die Rede. Mit Recht verweist Klang a. a. O., S. 871, darauf, daß die Aufhebung der Gemeinschaft etwa an einer Liegenschaft zweckmäßig sein kann, ohne daß deshalb die Gemeinschaft an anderen Grundstücken für den Gegner unzumutbar wäre und deshalb gleichfalls aufgelöst werden müßte. Auch § 3 GBG. hindert die Teilung eines Grundbuchskörpers in der angegebenen Weise deshalb nicht, weil trotz der Behandlung des Grundbuchskörpers als ein Ganzes sein Umfang durch Abschreibung von Grundstücken geändert werden kann. Diese können ihrerseits ein selbständiges Schicksal haben, indem die Eigentumsgemeinschaft an ihnen aufgehoben, an den restlichen Grundstücken aber aufrechterhalten wird. Die gegenteilige Begründung mehrerer, besonders älterer Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (SZ. XIII/130, SZ. IX/65, GlUNF. 5273, 1959, 991, GlU. 12176 und früherer) kann nicht aufrechterhalten werden. Das Argument vieler dieser Entscheidungen, es könne einem Teilhaber durch teilweise Aufhebung und teilweises Aufrechterhalten der Eigentumsgemeinschaft eine Änderung ihres Inhaltes nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden, erledigt sich damit, daß es diesem Teilhaber jederzeit freisteht, seinerseits die völlige Aufhebung der Gemeinschaft zu begehren. Überhaupt sorgt das Gesetz (§ 830 ABGB.) durch die in der angeführten Gesetzesstelle vorgeschriebene Interessenabwägung (NotZ. 1933, S. 278, RZ. 1933, S. 230) ausreichend für den Schutz der Teilhaber, die mit einer von den anderen vorgeschlagenen Veräußerung nicht einverstanden sind.
Es geht jedoch nicht an, auf dem Wege zur erleichterten Möglichkeit einer Veräußerung von Teilen der gemeinschaftlichen Sache gegen den Widerspruch einzelner Teilhaber zu kommen, daß die Veräußerung als wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB. aufgefaßt wird. Mit dieser Bezeichnung sind außerordentliche Maßregeln zur Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache zum Unterschied von der ordentlichen Verwaltung gemeint. Solche Maßregeln dienen der Erhaltung und Benützung des Hauptstammes (§§ 833, 834 ABGB.), können also grundsätzlich nicht den Zweck haben, das gemeinsame Vermögen zu schmälern. Sicherlich kann es im Rahmen der ordentlichen oder außerordentlichen Verwaltung vorkommen, daß etwa das Zubehör einer Liegenschaft veräußert und durch anderes ersetzt oder im Verhältnis zum Ganzen unbedeutende Stücke der gemeinschaftlichen Sache aufgegeben oder vertauscht werden müssen. Solche Fälle hat offensichtlich Stubenrauch, 8. Aufl., I, S. 1029, Note 1, und ihm folgend Klang a. a. O., S. 880, im Auge, wenn sie die Veräußerung einer gemeinsamen Sache als wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB. bezeichnen, freilich, ohne hiefür eine Begründung zu geben. Die von Stubenrauch angeführte Entscheidung GZ. 1862, S. 218 und die Entscheidung vom 25. April 1851, GZ. 1852, S. 258 f., beziehen sich auf § 843 und nicht auf § 834 ABGB.
Im vorliegenden Fall handelt es sich nicht um derartige geringfügige Veräußerungen. Es soll ein erheblicher Teil eines Anwesens gegen den Willen der Minderheitseigentümer freihändig veräußert und die Sanktion dazu vom Außerstreitrichter auf Grund des § 835 ABGB. erteilt werden. Ein solches Verlangen kann jedoch nur mit einer Teilungsklage im Prozeßweg durchgesetzt werden. Wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat, war der im Sinne des § 835 ABGB. gestellte Antrag abzuweisen, ohne daß in eine Prüfung der Zweckmäßigkeit und Zumutbarkeit der geplanten Veräußerung einzugehen war.
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