Normen
ABGB §1438
Arbeitsgerichtsgesetz §1
EO §35 Abs2
ZPO §391
ABGB §1438
Arbeitsgerichtsgesetz §1
EO §35 Abs2
ZPO §391
Spruch:
Gemäß § 35 Abs. 2 EO. kann die Tilgung der Schuld durch privatrechtliche Aufrechnung geltend gemacht werden, obwohl für die Entscheidung über die Gegenforderung das Arbeitsgericht sachlich zuständig wäre. Dies ist aber nicht möglich, wenn der Rechtsweg für die Gegenforderung ausgeschlossen ist.
Entscheidung vom 30. September 1958, 3 Ob 401/58.
I. Instanz: Landesgericht Innsbruck; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Die Klägerin hat beim Landesgericht Innsbruck zu 6 Cg 253/56 eine Klage gegen den Beklagten auf Rückzahlung von Provisionsvorschüssen und gewährten Krediten und Kosten in der Höhe von zusammen 31.106 S 22 g s. A. eingebracht.
Das Erstgericht hat die Verhandlung auf die Frage der Zuständigkeit eingeschränkt und die vom Beklagten erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit verworfen.
Das Oberlandesgericht Innsbruck als Rekursgericht hat mit Beschluß vom 19. November 1957, R 306/57, dem Rekurs Folge gegeben und den Beschluß dahin abgeändert, daß die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit des Prozeßgerichtes zurückgewiesen wurde. Es hat die Klägerin verurteilt, dem Beklagten die mit 4153 S 56 g bestimmten Kosten des Zuständigkeitsstreites der I. Instanz und die mit 711 S 07 g bestimmten Rekurskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluß vom 22. Jänner 1958, 1 Ob 14/55, dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs nicht Folge gegeben. Das Oberlandesgericht Innsbruck und der Oberste Gerichtshof vertraten die Rechtsansicht, daß für den geltend gemachten Klageanspruch das Arbeitsgericht zuständig sei.
Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 27. März 1958, 6 Cg 253/56-32, wurde der betreibenden Partei (dem nun Beklagten) wider die verpflichtete Partei (die nunmehrige Klägerin) auf Grund des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 19. November 1957 zur Hereinbringung der vollstreckbaren (Kosten-) Forderung von 4864 S 63 g und der mit 172 S 08 g bestimmten Exekutionsbewilligungskosten die Fahrnisexekution bewilligt.
Mit Schreiben an den Beklagtenvertreter Dr. M. vom 28. März 1958 teilte der Klagevertreter Dr. P. mit, daß die Klägerin auf Grund der rechtskräftigen Entscheidung des Oberlandesgerichtes Innsbruck verpflichtet wäre, die Kosten des Zuständigkeitsstreites I. Instanz von 4153 S 56 g und die Rekurskosten von 711 S 07 g an den Beklagten zu ersetzen, daß aber mit Rücksicht auf die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten von 31.106 S 22 g die angeführten Prozeßkosten von 4864 S 63 g mit dieser Forderung verrechnet würden, so daß sich die Forderung der Klägerin nur mehr auf 26.241 S 59 g belaufe. Der Beklagtenvertreter bestritt aus rechtlichen Gründen im Schreiben vom 31. März 1958, daß die Kostenforderung durch Aufrechnung getilgt sei.
Die Klägerin brachte darauf am 30. April 1958 beim Landesgericht Innsbruck die Klage mit dem Begehren ein, daß der Anspruch des Beklagten aus dem Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 19. November 1957, 6 Cg 253/56, zu dessen Hereinbringung das Landesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 27. März 1958, 6 Cg 253/56, die Exekution bewilligt habe, erloschen sei. Sie machte unter Schilderung des Sachverhaltes ihre Forderung von 31.106 S 22 g s. A. aufrechnungsweise bis zur Höhe der Forderung der beklagten Partei auf Grund der geführten Exekution im Betrage von 5036 S 71 g geltend. Der Beklagte wendete die sachliche Unzuständigkeit ein.
Das Erstgericht wies die Klage wegen sachlicher Unzuständigkeit zurück.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes dahin ab, daß die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Landesgerichtes Innsbruck zurückgewiesen wurde.
Der Oberste Gerichtshof hielt den Revisionsrekurs des Beklagten für zulässig, aber für unbegrundet.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Revisionsrekurs ist zulässig, da die Bestimmungen des § 45 JN. im Verhältnis zu den Arbeitsgerichten mangels ausdrücklicher Regelung nicht angewendet werden können.
Die vorliegende Klage ist eine Klage nach § 35 EO.; für die Klage ist nach § 35 Abs. 2 EO. das Gericht zuständig, bei dem die Bewilligung der Exekution in I. Instanz beantragt wurde, das ist hier das Landesgericht Innsbruck. Es wird zu prüfen sein, ob durch die privatrechtliche Aufrechnung der Klägerin, die einerseits im Schreiben vom 28. März 1958 enthalten und andererseits auch in der Klage zu erblicken ist, eine Tilgung der Schuld der Klägerin eingetreten ist. Es ist richtig, daß hiebei als Vorfrage geprüft werden muß, ob der Klägerin gegen den Beklagten eine Forderung zumindest in der Höhe von 5036 S 71 g in dem Zeitpunkt zustand, als sich Forderung und Gegenforderung aufrechenbar gegenüberstanden. Das Erstgericht dürfte über die Vorfrage, ob der Klägerin gegen den Beklagten eine Forderung zustand, nur dann nicht entscheiden, wenn diese Forderung nicht auf den Rechtsweg gehörte. Daß grundsätzlich zur Entscheidung über die Forderung der Klägerin gegen den Beklagten auf Zahlung von 31.106 S 22 g s. A. das Arbeitsgericht sachlich zuständig ist, hindert eine Entscheidung des Erstgerichtes als des nach § 35 Abs. 2 EO. zuständigen Prozeßgerichtes darüber, ob durch die privatrechtliche Aufrechnung eine schuldtilgende Wirkung eingetreten ist, nicht (vgl. GlUNF. 7459, 3 Ob 623/54 und JBl. 1955 S. 251; Gschnitzer in Klang 2. Aufl. VI 503).
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