Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den beklagten Parteien die mit S 2.931,64 (darin S 266,51 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit Urteil des Erstgerichtes vom 3.September 1985 wurden die Kläger schuldig erkannt, die beiden an ihrem Haus in Pulkau angebrachten Regenabfallrohre, die das Regenwasser in das benachbarte, den Beklagten gehörige Anwesen ableiten, in den Ortskanal einzubinden.
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8.April 1986 wurde den Beklagten auf Grund dieses Urteiles die Exekution gemäß § 353 EO bewilligt.
Die Kläger begehren die Feststellung, der Anspruch der Beklagten aus dem Urteil vom 3.September 1985 sei erloschen, und die Aufhebung der Exekutionsbewilligung. Sie hätten die Arbeiten am 3.April 1985 begonnen und am 7.April 1985 beendet. Das Wasser aus dem östlichen Regenabfallrohr werde über den Hof des Anwesens der Kläger in den Ortskanal geleitet. Auch das westliche Abfallrohr sei zum Anwesen der Kläger weitergeführt worden; von dort fließe das Regenwasser in den Ortskanal, soweit es nicht auf dem eigenen Grund der Kläger versickere. Damit sei gewährleistet, daß kein Niederschlagswasser vom Haus der Kläger auf Grundstücke der Beklagten gelange. Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Es sei bisher nur eine Dachrinne in den Ortskanal eingebunden worden; bei der anderen rinne das Wasser oberflächlich ab. Dabei werde das Grundstück der Beklagten durch Sickerwasser geschädigt. Die Kläger bestritten dies. Den Beklagten fehle jedes Rechtsschutzinteresse; die Exekution stelle eine reine Schikane dar. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es traf über die westliche Regenabfallrinne folgende Feststellungen:
An der Rückseite des Hauses der Kläger ist an die Dachrinne ein Regenabfallrohr angeschlossen, das an der Garage der Kläger - westseitig - befestigt ist und durch eine an die Garage unmittelbar angrenzende Mauer zum Grundstück der Kläger geführt wird. Es verläuft auf diesem Grundstück etwa 5 m weit, mit leichtem Gefälle zum Ortskanal hin, und endet unmittelbar beim Gartentor der Kläger. Von dort kann das Regenwasser zum Kanal abrinnen; es besteht ein leichtes Gefälle vom Ende des Rohres zum Kanal. Es ist unmöglich, daß Niederschlagswasser aus dem Regenabfallrohr auf das Grundstück der Beklagten gelangt. Die Kläger beendeten die für die Wasserableitung erforderlichen Arbeiten am 7.April 1986. Die von den Klägern verlegten Regenabfallrohre wurden allerdings mit Fensterkitt abgedichtet. Dies ist unsachgemäß, weil für solche Dichtungsarbeiten Muffenkitt und Silikonkitt zu verwenden ist. Fensterkitt wird mit der Zeit brüchig und erfüllt in späterer Folge seinen Zweck nicht mehr, sodaß bei einem Querrohr Wasser austreten könnte.
In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, Sinn des Titelverfahrens sei es gewesen, zu verhindern, daß Regenablaufwasser vom Grundstück der Kläger auf das Grundstück der Beklagten fließe. Dies sei nun gewährleistet. Die Arbeiten seien durch die Kläger rechtzeitig und vollständig durchgeführt worden. Die Exekution sei daher unzulässig.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes betreffend das östliche Ablaufrohr; das Klagebegehren über das westliche Ablaufrohr wies es ab. Es sprach aus, daß der von der Berufung betroffene Wert des Streitgegenstandes S 60.000,-- nicht übersteige; der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes übersteige S 15.000,--, doch sei die Revision gegen das Berufungsurteil nicht zulässig. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und vertrat rechtlich die Ansicht, daß der titelmäßige Anspruch der Beklagten zum westlichen Regenabfallrohr nicht erfüllt worden sei. Zwar habe der wirtschaftliche Sinn des Titelverfahrens darin bestanden, den nachbarrechtlichen Anspruch der Beklagten zu sichern, daß kein Regenwasser über ihr Grundstück abgeleitet werde. Im vorliegenden Oppositionsstreit komme es aber primär nicht darauf an, daß diese Wasserableitung nicht mehr erfolge, sondern ausschließlich darauf, ob die Kläger beide Rohre in den Ortskanal eingebunden hätten oder nicht. Dies sei beim westlichen Rohr nicht geschehen, weil dieses beim Gartentor der Kläger ende, von wo das Wasser nur infolge des bestehenden Gefälles über das Grundstück der Kläger in den Kanal abrinne. Die Kläger hätten daher ihrer Verpflichtung nicht entsprochen. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO seien nicht gegeben.
Die Kläger bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes in seinem abweisenden Teil mit Revision aus dem Revisionsgrund des § 503 Abs 2 ZPO mit dem Antrag, diesen Teil im stattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revision sei zulässig, weil sich das Berufungsgericht mit der Behauptung der Kläger, der Exekution fehle jedes Rechtsschutzinteresse, sie stelle eine reine Schikane dar, nicht auseinandergesetzt habe. Der Frage der schikanösen Exekutionsführung, insbesondere nach § 353 EO, komme Bedeutung nicht nur für den konkreten Rechtsstreit zu. Die von den Klägern getroffenen Maßnahmen erfüllten den nachbarrechtlichen Anspruch der Beklagten; begehrten die Beklagten dennoch die Exekution, liege eine mißbräuchliche Rechtsausübung, eine Scheinrechtsausübung, vor, die dem Schikaneverbot des § 1295 Abs 2 und des § 1305 ABGB unterliege. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzuweisen, allenfalls, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig.
Gemäß § 1295 Abs 2 ABGB ist auch, wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, dafür verantwortlich, jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen.
Wer von einem Urteil Gebrauch macht, übt ein ihm zustehendes Recht aus. Aus der Exekutionsführung auf Grund eines rechtskräftigen Urteils kann deshalb nur soweit ein Schadenersatzanspruch abgeleitet werden, als ein Verstoß gegen das Schikaneverbot oder Arglist vorliegt (7 Ob 543/55).
Die Kläger behaupten, die Exekutionsführung geschehe schikanös, weil durch die von ihnen getroffenen Vorkehrungen dem Sinn des Titels entsprochen worden sei und Wasser nicht mehr über das Grundstück der Beklagten ablaufen könne. Die Beklagten machen demgegenüber geltend, ihr Grundstück werde mangels Einbindung der Regenwasserableitung in den Ortskanal bei der vorgenommenen Art der Wasserableitung durch Sickerwasser geschädigt.
Das Berufungsgericht hat sich mit der von den Klägern behaupteten mißbräuchlichen Exekutionsführung nicht befaßt. Darin liegt ein erheblicher Verfahrensmangel iS des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO. Eine gegen die guten Sitten verstoßende mißbräuchliche Rechtsausübung liegt nach überwiegender Rechtsprechung zwar nur vor, wenn von dem dadurch Betroffenen der unzweifelhafte Beweis erbracht ist, daß sie keinen anderen Zweck hatte, als den, ihm Schaden zuzufügen (ÖBA 1987, 413 mit Bespr. von Koziol). Nach einem Teil der Rechtsprechung (vgl. WBl. 1987, 37 und MietSlg 26.153) und herrschender Lehre (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht2 II 99 f, Reischauer in Rummel, ABGB, Rz 59 zu § 1295, je mit weiteren Nachweisen) setzt Rechtsmißbrauch jedoch nicht voraus, daß mit der Handlung keine eigenen, berechtigten Interessen verfolgt werden; entscheidend ist vielmehr, daß zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Mißverhältnis besteht. Verlangt § 1295 Abs 2 Abs ABGB, daß die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen, so bedeutet dies, daß der Schädigungszweck eindeutig, also evident ist. Das unlautere Motiv muß eindeutig überwiegen, denn prinzipiell muß derjenige, dem an sich ein Recht zusteht, dieses auch durchsetzen können. Es dürfen bei einer Beweiswürdigung keine Zweifel übrigbleiben; an die Überzeugungskraft von Beweismitteln sind strenge Anforderungen zu stellen.
Hier steht zwar fest, daß nach den von den Klägern durchgeführten Arbeiten Niederschlagswasser nicht mehr über das Grundstück der Beklagten abfließen und nicht mehr auf dieses Grundstück gelangen kann. Ob es aber ungeachtet der von den Klägern getroffenen Maßnahmen zu einer Schädigung des Grundstückes der Beklagten durch vom Grundstück der Kläger her eindringendes Sickerwasser kommen kann, wurde nicht geprüft oder festgestellt. Es erübrigt sich jedoch, auf die Frage, näher einzugehen, ob die Exekutionsführung deshalb, weil es derzeit unmöglich ist, daß Wasser auf das Grundstück der Beklagten abfließt, offenbar rechtsmißbräuchlich geschieht. Ein schützenswertes Interesse an der Exekutionsführung ist nämlich schon deshalb zu bejahen, weil die Verlegung der Regenabfallrohre durch die Kläger bisher nicht ordnungsgemäß erfolgt ist. Ein Exekutionstitel auf Durchführung von Arbeiten ist grundsätzlich erst dann erfüllt, wenn die Arbeiten ordnungsgemäß verrichtet worden sind. Es bedurfte auch keiner konkreten derartigen Einwendung, soweit jetzt noch das Vorliegen von Schikane zu prüfen ist.
Für die Dichtungsarbeiten wurde in unsachgemäßer Weise nicht Muffen- oder Silikonkitt, sondern Fensterkitt verwendet, der mit der Zeit brüchig wird und sodann seinen Zweck nicht mehr erfüllt. Da die Kläger die Feststellung begehren, der Anspruch der Beklagten aus dem Urteil vom 3.September 1985 sei erloschen, hätten die Beklagten nicht mehr die Möglichkeit, auf Grund des genannten Exekutionstitels die zwangsweise Vornahme ordnungsgemäßer Handlungen zu erwirken, wenn sich die unsachgemäße Durchführung der den Kläger aufgetragenen Arbeiten durch Wasseraustritt auszuwirken beginnt. Es kann deshalb schon aus diesem Grund nicht gesagt werden, daß die Exekutionsführung der Beklagten rechtsmißbräuchlich geschehe. Der Fall der Entscheidung SZ 46/1, in dem es um die Rückzahlung eines Kostenvorschusses ging und die betreibende Partei die Ersatzvornahme dann doch dem Verpflichteten überlassen hatte, ist mit dem vorliegenden nicht vergleichbar.
Das Berufungsgericht hat deshalb das Klagebegehren im angefochtenen Umfang im Ergebnis mit Recht abgewiesen. Die Kostenentscheidung erfolgte nach den §§ 41 und 50 ZPO.
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