Spruch:
Auf den Umstand, daß die Klagsforderung nur Zug um Zug gegen eine vom Kläger zu erbringende Gegenleistung zu erfüllen ist, ist von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen.
Entscheidung vom 14. Juni 1951, 3 Ob 333/51.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Nach den Feststellungen des Erstgerichtes hat die beklagte Partei im Jahre 1947 dem Kläger den Auftrag erteilt, zwei Kunststeingrabeinfassungen und Deckel hiezu für die ihr gehörigen Gräber auf dem Friedhof in M. zu errichten. Der Kläger hat diesen Auftrag zur Zufriedenheit ausgeführt. Über den Auftrag hat der Kläger einen Bestellschein ausgefertigt, der von der Beklagten nicht unterschrieben wurde. Am 13. April 1948 wurde nach mehrmaligen vorhergegangenen Verhandlungen vom Kläger der Beklagten eine Skizze über ein definitives Grabmal auf den der Klägerin gehörigen Gräbern überreicht und diese Skizze von der Beklagten genehmigt. Gleichzeitig mit der Skizze wurde ein Bestellschein an die Beklagte ausgefolgt. Er enthält die Detailierung des Auftrages sowie die Zahlungsmodalitäten, betreffend die Zahlung eines Entgeltes in der Höhe von 70.000 S in drei Teilbeträgen. Die Skizze wurde von der Beklagten bei der Bestellung mit ihrem Namen gezeichnet. Nach Fertigstellung des Grabmales weigerte sich die Beklagte, es zu besichtigen, sie verweigerte ebenso die Bezahlung des Entgeltes.
Das Erstgericht hat im Sinne des Klagebegehrens die Beklagte zur Zahlung von 70.000 S samt stufenweisen Zinsen verurteilt.
Die Berufung der beklagten Partei blieb erfolglos, das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Zustandekommen eines Werk- oder besser eines Werklieferungsvertrages hängt nicht davon ab, daß der Besteller den Stoff, aus dem das Werk hergestellt werden soll, möglichst weitgehend spezifiziert. Es ist durchaus Sache der Vereinbarung im einzelnen Fall, wie weit der Besteller die Wahl des Stoffes dem Unternehmer überläßt. Es wird da das Zutrauen des Bestellers zum Geschmack und zur Sachkenntnis des Unternehmers von Bedeutung sein. Es würde durchaus nicht die Rechtsnatur eines Vertrages als eines Werklieferungsvertrages beeinträchtigen, wenn der Besteller nur das Werk als solches bezeichnet, die Wahl des Stoffes aber ganz dem Unternehmer anheim gibt. Im übrigen hat aber das Berufungsgericht mit Recht darauf hingewiesen, daß im vorliegenden Fall durch die Bezeichnung des Steinmaterials in Verbindung mit der der beklagten Partei vorgelegten Skizze das Werk auf jeden Fall genau bestimmt wurde. Das gleiche gilt von der Preisvereinbarung. Ein Mißverständnis über die Ablöse des alten Grabsteines könnte keineswegs die Ungültigkeit des ganzen Preisübereinkommens herbeiführen. Die Feststellung der Vorinstanzen, daß auf Grund des Bestellscheines eine Preisvereinbarung in der Höhe von 70.000 S mit den im Bestellschein festgehaltenen Zahlungsterminen erwiesen sei, ist für das Revisionsgericht nicht mehr überprüfbar.
Unter dem Gesichtspunkt der Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung beschwert sich die beklagte Partei weiter darüber, daß das Berufungsgericht auf den in der Berufung erhobenen Einwand, es sei das Entgelt noch nicht ganz fällig geworden, als eine Neuerung nicht eingegangen sei. Die Revision behauptet, sie hätte bereits in der Klagebeantwortung die Fälligkeit bestritten. Diese Behauptung ist aber unzutreffend, es sei denn, daß man in dem summarischen Satz "die Klagsangaben werden bestritten" den Einwand des Mangels der Fälligkeit erblicken wollte. Jedenfalls konnte aber nach dem Inhalt des als Vertragsgrundlage festgestellten Bestellscheines kein Zweifel an der Fälligkeit der Zahlungsverpflichtung bestehen. Nunmehr versucht die beklagte Partei in der Revision denselben Einwand in ein neues Gewand zu kleiden, nämlich zu behaupten, daß mangels eines auf eine Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klagebegehrens der klägerische Anspruch derzeit abzuweisen wäre. Diese Einrede ist aber in dieser Form bisher überhaupt noch nicht aufgetaucht und daher im Revisionsstadium nicht mehr beachtlich. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgeführt hat, ist aber auf die bei einem Werklieferungsvertrag anzuwendende Bestimmung des § 1052 ABGB. von Amts wegen nicht Bedacht zu nehmen.
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