Normen
ABGB §366
ABGB §870
ABGB §871
ABGB §901
ABGB §1090
ABGB §1118
ABGB §1431
ABGB §1435
JN §42
JN §45
Wohnungsanforderungsgesetz §17
ZPO §228
ZPO §411
ABGB §366
ABGB §870
ABGB §871
ABGB §901
ABGB §1090
ABGB §1118
ABGB §1431
ABGB §1435
JN §42
JN §45
Wohnungsanforderungsgesetz §17
ZPO §228
ZPO §411
Spruch:
§ 45 JN. schließt auch eine Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen aus.
Kein Nachweis des Interesses für Klagen notwendig, womit die Ungültigkeit eines Vertrages wegen Irrtums, Zwanges oder Wegfalles der Geschäftsgrundlage festgestellt werden soll.
Mit der auf Aufhebung des Vertrages abzielenden Rechtsgestaltungsklage kann eine Räumungsklage verbunden werden. Wenn der einzige Grund für den Abschluß eines Mietvertrages ein behördlicher Auftrag ist und dieser Auftrag im Instanzenzug beseitigt wird, wird damit auch der Mietvertrag hinfällig.
Ein über die Zuständigkeit ergangener Beschluß der höheren Instanz bindet nur für den Bereich der Zuständigkeit, nicht aber der Sachentscheidung.
Entscheidung vom 26. Mai 1954, 3 Ob 325/54.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht hat mit dem gemäß § 398 ZPO. gefällten Versäumungsurteil den zwischen der klagenden Partei und der beklagten Partei abgeschlossenen Vertrag "beinhaltend die Vergebung einer Wohnung in Wien an die beklagte Partei als Hauptmieter derselben" für unwirksam erklärt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung nicht Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Erstgericht hat die von der beklagten Partei bei der ersten Tagsatzung erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit mit Beschluß vom 2. Dezember 1953, zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien hat diesen Beschluß - trotz der Bestimmung des § 45 Abs. 1 JN.
- mit Beschluß vom 30. Dezember 1953 bestätigt. Dennoch wirft die beklagte Partei in ihrer Revision neuerdings die Frage der Zuständigkeit auf. § 45 JN. schließt aber auch eine Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen aus (vgl. SZ. XI/221, SZ. XVIII/231).
Der Mangel der Behauptung eines Feststellungsinteresses im Sinne des § 228 ZPO. steht dem Klagebegehren nicht entgegen. Denn die Klage, über die mit Versäumungsurteil entschieden wurde, zielt nicht auf die Feststellung der Nichtigkeit des Vertrages, sondern auf Rechtsgestaltung, nämlich auf Aufhebung des Vertrages wegen Beseitigung des den einzigen Grund für den Vertragsabschluß bildenden behördlichen Auftrages. Für das Erfordernis des Interesses im Sinne des § 228 ZPO. kommt es nicht darauf an, ob man die Anfechtbarkeit des Vertrages auf Irrtum, auf Zwang oder auf Wegfall der Geschäftsgrundlage stützen wollte. Worauf bereits das Oberlandesgericht Wien hingewiesen hat, vertritt übrigens auch die Rechtslehre, soweit sie die Geltendmachung der Ungültigkeit eines Vertrages aus einem der vorgenannten Gründe als eine Feststellung ansieht, die Auffassung, daß es für eine solche Feststellungsklage nicht des Nachweises eines. Interesses nach § 228 ZPO. bedarf. Es ist auch die Auffassung, daß es an einem Rechtsschutzinteresse fehle, weil diesem nur eine Räumungsklage entspräche, abzulehnen. Mit der auf Aufhebung des Vertrages abzielenden Rechtsgestaltungsklage kann eine Räumungsklage verbunden werden, es muß dies aber nicht geschehen. Die Ansicht der Revision ist darum abzulehnen, weil mit der im Wege einer Leistungsklage erreichbaren Räumung der Wohnung die rechtlichen Auswirkungen des Vertrages für den Kläger nicht erschöpfend beseitigt werden (vgl. 2 Ob 388/50).
Der Oberste Gerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, daß dann, wenn der einzige Grund für den Abschluß eines Mietvertrages ein behördlicher Auftrag ist und dieser Auftrag, wie es hier der Fall ist, im Instanzenzug beseitigt wird, damit auch der Mietvertrag hinfällig wird (vgl. 1 Ob 618/50, 1 Ob 611/51, 1 Ob725/51).
Die Revision wird nur auf Unrichtigkeit der rechtlichen Beurteilung gegrundet. In den Ausführungen zu diesem Revisionsgrund wird aber auch eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens behauptet. Sie soll darin gelegen sein, daß das Berufungsgericht in seinem Beschluß vom 30. Dezember 1953 ausgesprochen habe, daß es sich bei dem Klagebegehren um ein Feststellungsbegehren handle, wobei § 228 ZPO. mit Literaturangaben zitiert worden sei. Von dieser in dem Beschluß über die Bestätigung der Zurückweisung der Unzuständigkeitseinrede vertretenen Rechtsansicht sei das Rekursgericht, als es über die Berufung als Berufungsgericht zu entscheiden hatte, abgegangen. Nun ist zunächst die Behauptung unrichtig, daß das Oberlandesgericht Wien in seinem Beschluß vom 30. Dezember 1953 die Ansicht von der Notwendigkeit eines Feststellungsinteresses geäußert hätte; § 228 ZPO. wird in dem Beschluß überhaupt nicht zitiert. Aber ganz abgesehen davon, bindet ein über die Zuständigkeit ergehender Formalbeschluß das Gericht nur für den Bereich der Zuständigkeit, nicht aber für den Bereich der Sachentscheidung. Wie bereits erwähnt, wäre aber selbst wenn die Klage als Feststellungsklage aufzufassen wäre, für sie kein Feststellungsinteresse nach § 228 ZPO. erforderlich.
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