Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Am 23. 4. 1994 zog sich der Kläger bei einem Sportunfall durch einen Sturz auf das linke Handgelenk eine Kahnbeinfraktur zu. Er suchte am 24. 4. 1994 wegen Schmerzen im Bereich der linken Hand die unfallchirurgische Abteilung einer Krankenanstalt, deren Träger die beklagte Partei ist, auf. Im Aufnahmebefund wurden Schmerzen, eine leichte Schwellung sowie ein leichter Durckschmerz im Bereich des Handgelenkspaltes über dem Kahnbein bei ungestörter Durchblutung und Sensibilität festgestellt, weiters aufgrund der Röntgenkontrolle des linken Handgelenkes eine suspekte Aufhellungslinie im Bereich des körpernahen Drittels des Handkahnbeines. Die Diagnose am Aufnahmetag lautete: "Suspekter Sprung des Handkahnbeines links". Die Behandlung erfolgte ambulant durch Ruhigstellung mit einer streckseitig angelegten Unterarmgipsschiene mit Daumenabstützung links.
Der Kläger wurde zur nächsten Untersuchung für den 2. 5. 1994 wiederbestellt. An diesem Tag wurde der Gipsverband abgenommen. Über dem Handkahnbein streckseitig im Handgelenksbereich links bestand noch immer ein lokaler Druckschmerz. Neuerlich wurde eine Spezialröntgenaufnahme (Kahnbeinserie) angefertigt. Eine Aufhellungslinie im Bereich des Handkahnbeines war auf den Röntgenbildern nicht sichtbar. Wegen des noch bestehenden lokalen Druckschmerzes im Handgelenksbereich wurde der Kläger zur ambulanten Kontrolle neuerlich für den 10. 5. 1994 vorgeladen. An diesem Tag wurde nur mehr eine geringe Schmerzsymptomatik im Handgelenksbereich links festgestellt; Druckschmerz war nicht mehr vorhanden. Die Beweglichkeit am linken Handgelenk war uneingeschränkt gegeben. Die Entlassung erfolgte mit dem Hinweis, daß der Kläger im Fall des Auftretens von Beschwerden die Ambulanz aufsuchen solle.
Am 1. 6. 1994 wurde der Kläger wegen Schmerzen im Bereich des linken Handgelenkes vorstellig. An diesem Tag bestand ein lokaler Druckschmerz über dem Handkahnbein links. Im Kahnbeinspezialröntgen zeigte sich eine Aufhellung im körpernahen Drittel entsprechend einer Falschgelenksbildung des Handkahnbeines.
Am 15. 6. 1994 wurde der Kläger stationär aufgenommen; es erfolgte eine Operation nach Matti-Russe. Im Zuge dieser Operation wurde ein sehr kleines körpernahes Fragment des Handkahnbeines links wegen fehlender Heilungstendenz mit dem Zahnarztbohrer ausgehöhlt und ein Knochenspan sowie spingiöses Knochengewebe in die Höhle eingebracht. Zur Fixation legte man dem Kläger einen Unterarmgipsverband mit Daumeneinschluß für die Dauer von acht Wochen an.
Am 17. 6. 1994 wurde die Operationswunde kontrolliert. Diese war bland. Der Kläger wurde entlassen. Der postoperative Verlauf war komplikationslos. Am 20. 6. 1994 und 24. 6. 1994 wurden ambulante Kontrollen durchgeführt. Am 24. 6. 1994 wurden die Nähte entfernt und der Gipsverband gewechselt. Nach der Gipsabnahme am 7. 9. 1994 zeigte die Röntgenkontrolle ein etwas kalkdichteres zentrales Fragment. Deshalb wurde neuerlich ein Unterarmgipsverband mit Daumeneinschluß angelegt. Am 21. 9. 1994 zeigte sich bei einer erneuten Röntgenkontrolle kein sicherer Durchbau der Falschgelenksbildung im Bereich des linken Handkahnbeines. Es wurde eine erneute Kontrolle nach vier Wochen vereinbart. Am 19. 10. 1994 wurde bei Schmerzfreiheit des Patienten noch eine Bewegungseinschränkung der Handgelenksfunktion festgestellt. Die Röntgenkontrolle ergab eine befriedigende Durchbauungstendenz im Falschgelenksbereich. Am 19. 12. 1994 war der Kläger praktisch schmerzfrei. Die Handgelenksfunktion war jedoch noch deutlich eingeschränkt. Die ehemalige Falschgelenksbildung des Kahnbeines war knöchern durchgebaut.
Als Folge des Unfalls war beim Kläger am 3. 5. 1996 die Handgelenksfunktion links im Vergleich zu rechts deutlich eingeschränkt. Im Bereich des Daumenballens links sowie im Endgliedbereich des Zeige- und Mittelfingers links besteht beugeseitig ein gering vermindertes Hautgefühl. Die Hohlhandbeschwielung und die grobe Kraft der linken Hand beim Grobgriff sind links gegenüber rechts herabgesetzt. Weiters bestehen unter anderem noch glaubhafte subjektive Beschwerden bei manuellen Arbeiten im Bereich des linken Handgelenks durch teilweises unfallbedingtes Absterben des zentralen Anteils des linken Handkahnbeines.
Der Kläger begehrt von der beklagten Partei die Zahlung von S 175.000,-- sA und ferner die Feststellung, daß sie ihm für zukünftige Schäden aus dem Vorfall vom 24. 4. 1994 zu haften habe. Er brachte hiezu vor, bei Beschwerden im linken Handgelenk, insbesondere über dem Handkahnbein, müsse ein Arzt immer mit einem Handkahnbeinbruch rechnen. Zur genauen Abklärung der Verletzungsfolgen wären lege artis bereits bei der ersten Behandlung am 23. 4. 1994 Schichtaufnahmen notwendig gewesen. Dies sei verabsäumt worden; erst am 1. 6. 1994 habe man eine Röntgenaufnahme gemacht, bei der der Handkahnbeinbruch festgestellt worden sei. Da die primäre Heilung bzw eine Frühoperation verabsäumt worden sei, habe dieser Kunstfehler des Arztes zu einer langwierigen Behandlung mit entsprechend länger andauernden Beschwerden geführt; auch wäre eine größere Operation, so wie sie am 15. 6. 1994 stattgefunden habe, nicht notwendig gewesen. Die erlittenen Beschwerden rechtfertigten die Geltendmachung eines Schmerzengeldes von S 150.000,--. Unfallsbedingt sei sein besseres Fortkommen behindert, weshalb eine Verunstaltungsentschädigung von S 20.000,-- angemessen sei. Weiters seien unfallkausale Spesen (zB Fahrten in das Krankenhaus zur Nachkontrolle und zu Bewegungstherapien sowie Telefonate) in Höhe von S 5.000,-- entstanden. Da unfallkausale Spät- und Dauerfolgen nicht auszuschließen seien, werde auch ein Feststellungsbegehren erhoben.
Da bereits am 24. 4. 1994 der Verdacht eines Bruches des Handkahnbeines bestanden habe, hätte bereits am vierten Tag (Idealfall) nach dem Unfall eine szintigraphische Abklärung erfolgen müssen, allenfalls auch eine Kernspintomographie. Auch Röntgenschichtaufnahmen wären zielführend gewesen. Bei rechtzeitiger Diagnoseerstellung wäre es bei entsprechender Behandlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Operation gekommen. Darüber hinaus sei die operative Behandlung am 15. 6. 1994 durch Einfalzen eines korticospongiösen Spanes nicht mehr lege artis. Das als Matti-Russe-Technik bezeichnete altbewährte Verfahren sei in den letzten Jahren aufgrund schlechter Ergebnisse zugunsten anderer Verfahrenstechniken, insbesondere der Schraubenosteosynthese, verlassen worden. Auch bei einer sechswöchigen Verzögerung wäre eine minimalinvasive percutane Zugschraubenosteosynthese durchzuführen gewesen, zumal das Matti-Russe-Verfahren eine zusätzliche Durchblutungsstörung des ohnehin gefährdeten proximalen Fragmentes bewirke. Zudem sei mittels einer Zugschraubenosteosynthese eine bessere Stabilisierung der Fragmente durch die sogenannte interfragmentäre Kompression gegeben. Eine zusätzliche lange postoperative Ruhigstellung (hier vier Monate mit allen Nachteilen: Einsteifung, lange Funktionsbehinderung, längere Krankenstandsdauer) könne durch eine technisch korrekte Schraubenfixation wesentlich verringert werden (bis zu 10 Wochen). Auch die Beschwerden infolge der Bewegungstherapie und der Elektrotherapie wären entfallen. Zumindest hätte der Kläger darüber aufgeklärt werden müssen, daß auch eine Zugschraubenosteosynthese vorgenommen werden könne. Er sei überhaupt nicht über die Nachteile des Matti-Russe-Verfahrens informiert worden, geschweige denn, daß eine andere Verfahrenstechnik in Frage käme. Angesichts der Vorteile der Schraubenosteosynthese hätte er sich aller Voraussicht nach für letztere entschieden. Dadurch wäre ein wesentlich besseres Ausheilungsergebnis erreicht worden.
Die beklagte Partei wendete ein, dem ärztlichen Personal könne ein schuldhafter Behandlungsfehler nicht vorgeworfen werden.
Das Erstgericht wies die Klage ab; neben dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es fest, daß der Kläger, nachdem sich am 1. 6. 1994 im Kahnbeinspezialröntgen eine Aufhellung im körpernahen Drittel entsprechend einer Falschgelenksbildung des Handkahnbeines gezeigt hätte, dem ärztlichen Leiter der Krankenanstalt vorgestellt worden sei. Dieser habe ihn aufgeklärt, daß eine operative Stabilisierung angezeigt sei.
Beim Verdacht einer Kahnbeinfraktur sei es aus medizinischer Sicht durchaus üblich und gerechtfertigt, das Handgelenk vorerst mit einer dorsalen Gipsschiene ruhigzustellen, weil kleine Fissuren im Handkahnbein links diagnostisch nur sehr schwer zugänglich seien. Im Laufe von 10 bis 14 Tagen komme es im Rahmen der Frakturreparation zur Resorption der Bruchenden im Millimeterbereich. Aus diesem Grund seien Handkahnbeinbrüche oft erst nach 1 bis 2 Wochen erkennbar. Dementsprechend seien in der Krankenanstalt die Verletzungsfolgen ausreichend abgeklärt worden. An den exakt durchgeführten Röntgenaufnahmen (Kahnbeinserie) des linken Handgelenkes vom 2. 5. 1994 sei bei guter Bildqualität keine Fraktur erkennbar.
Eine szintographische oder kernspintomographische Abklärung am vierten Tag sei in der Standarddiagnostik wegen der erwähnten verzögerten Erkennbarkeit des Handkahnbeinbruches unüblich. Beim Kläger sei es beim Unfall vom 23. 4. 1994 zu einer ungünstigen Bruchform mit Abbruch eines kleinen zentralen Fragmentes gekommen. Bei diesem Bruchtyp sei die Heilung aufgrund einer unfallbedingten Durchblutungsstörung des kleinen zentralen Fragmentes erschwert. Die Operation vom 15. 6. 1994 wäre also rein bezogen auf die Bruchform nicht vermeidbar gewesen.
Die Operationsmethode der sogenannten Matti-Russe-Technik sei bei der beim Kläger vorgelegenen Bruchform sachgerecht, weil durch Einbringung von Knochengewebe versucht werde, das kleine zentrale durchblutungsgestörte Bruchfragment zur Ausheilung zu bringen. Der Nachteil für den Patienten sei, daß Knochengewebe zusätzlich zur Transplantation entnommen werden müsse. Eine Schraubenosteosynthese wäre beim Kläger nicht sinnvoll gewesen, weil das kleine zentrale Bruchfragment unfallbedingt in der Durchblutung stark gestört gewesen sei. Durch die eingebrachte Spongiosaplastik habe die berechtigte Chance auf eine Heilung bestanden. Tatsächlich sei das unfallbedingt stark durchblutungsgestörte zentrale Fragment des Handkahnbeines links auch nach der Spongiosaplastik geheilt.
Die Röntgenaufnahmen vom 2. 5. 1994 (Handkhanbeinserie) ließen auch bei exakter Durchsicht aller Projektionsebenen keinen Frakturnachweis erbringen.
Eine kernspintomographische Untersuchung wäre bei der Verletzung des Klägers nicht aussagekräftig gewesen und sei daher in einem solchen Fall nicht üblich. Bei einer solchen Untersuchung sei die morphologische Situation des Bruches und damit das therapeutische Vorgehen nicht abklärbar. Das Unterlassen einer szintigraphischen Untersuchung (innerhalb der ersten 14 Tage) sei daher kunstgerecht gewesen. Empfehlenswert wäre gewesen, 14 Tage nach dem Unfall eine Röntgenaufnahme des Kahnbeines zu machen. Die Unterlassung dieser Maßnahme am 10. 5. 1994 sei jedoch für den Verlauf der Behandlung und der Heilung nicht kausal geworden. Der hypothetische Verlauf, wenn statt der Matti-Russe-Technik eine Verschraubtechnik angewendet worden wäre, sei ungewiß. Ebensowenig sei feststellbar, was im Fall einer zeitlichen früher durchgeführten Operation geschehen wäre. Die Frage, ob es zu einer Wiederversorgung des Knochenfragmentes mit Blutgefäßen gekommen wäre, könne nicht beantwortet werden. Im Hinblick auf das am 10. 5. 1994 vorgelegene Beschwerdebild sei die Aufforderung, der Kläger solle sich beim Auftreten von Beschwerden einer erneuten Behandlung unterziehen, ausreichend gewesen.
Zusammenfassend führte das Erstgericht aus, sowohl die Diagnostik als auch die Behandlung seien nach den geltenden medizinischen Regeln erfolgt. Ein Kunstfehler liege also nicht vor. Vielmehr seien die geschilderten Verletzungsfolgen aufgrund der ungünstigen Bruchform mit Abbruch eines kleinen durchblutungsgestörten Knochenfragments vom Handkahnbein links als schicksalshaft anzusehen.
Weiters führte das Erstgericht aus, der behandelnde Arzt habe mit dem Kläger ein Gespräch über die Notwendigkeit der Operation geführt. Es sei davon auszugehen, daß dabei nicht darüber gesprochen wurde, daß auch die Möglichkeit der Vornahme einer Zugschraubenosteosynthese besteht bzw welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Matti-Russe-Methode hat. Daß sich der Kläger im Fall einer derartigen Aufklärung für eine Verschraubung entschieden hätte, sei nicht anzunehmen.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, nach dem festgestellten Sachverhalt liege weder ein Kunstfehler des behandelnden Arztes noch eine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht, die geeignet gewesen wäre, die Entscheidung des Patienten zu beeinflussen, vor.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sah die ordentliche Revision nicht als zulässig an, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO im Hinblick auf die zitierte höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht gegeben seien.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, der Arzt schulde dem Patienten den Einsatz seines fachlichen Wissens und Könnens nach den Regeln der ärztlichen Kunst. Er schulde freilich nicht die Wiederherstellung der Gesundheit, sondern nur eine Behandlung nach den Regeln des ärztlichen Berufes. Ein Verstoß gegen die Regeln medizinischer Kunst liege dann vor, wenn die gewählte Maßnahme hinter dem in Fachkreisen anerkannten Standard zurückgeblieben ist. Eine in dem betreffenden Krankenhaus übliche, aber objektiv betrachtet unzureichende oder nicht zeitgemäße Praxis entlaste nicht.
Ein ärztlicher Kunstfehler sowohl bei Anwendung der Diagnosemethode als auch bei der Wahl der Operationstechnik sei zu verneinen. Dem Kläger, den die Behauptungs- und Beweislast dafür treffe, daß dem Arzt ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, sei der entsprechende Nachweis nicht gelungen. Der nicht hundertprozentige Erfolg der ärztlichen Behandlung sei schicksalhaft durch die Verletzungsfolgen aufgrund der ungünstigen Bruchform bedingt und nicht auf einen ärztlichen Fehler zurückzuführen.
Der Beurteilung, ob die Aufklärung über eine alternative Operationsmethode erfolgt sei, sei die Feststellung zugrundezulegen, daß der Kläger auch bei vollständiger Aufklärung die Einwilligung zur vorgeschlagenen Operationsmethode erteilt hätte.
Fehle die erforderliche Einwilligung in die Behandlung, so werde der Behandelnde bzw der Träger einer Krankenanstalt trotz fachgerechter Behandlung ersatzpflichtig. Auch die lege artis vorgenommene Heilbehandlung, die zum Schaden führe, könne wegen Unterlassung der Aufklärung zur Ersatzpflicht führen, weshalb trotz kunstgerechter Behandlung Ersatz zustehen könne. Die Einwilligung eines Patienten sei grundsätzlich nur unter Zugrundelegung eines entsprechenden Patientenwissens relevant. Sie sei zivilrechtlich wirksam, wenn der Patient im gebotenen Ausmaß aufgeklärt wurde. Hinsichtlich der gewählten Matti-Russe-Operationstechnik sei der Kläger aufgeklärt worden, hinsichtlich einer alternativen Operationsmethode, nämlich der Verschraubungstechnik, sei die Aufklärung unterblieben. Eine Aufklärung über mögliche alternative Behandlungsmethoden sei dann notwendig, wenn diese weniger gefährlich sind oder besseren Erfolg versprechen oder doch eine andere zielführende Methode weniger belastet. Diese Voraussetzungen seien hier grundsätzlich nicht gegeben. Der Umstand, daß die Ruhigstellung der linken Hand durch einen Gipsverband bei einer alternativen Behandlungsmethode entfiele, könne in diesem Fall, wo es um die Wiederherstellung der linken Hand gehe, nicht als wirklich ins Gewicht fallende gesundheitliche Belastung qualifiziert werden. Daß die Verschraubungstechnik besseren Erfolg versprochen hätte und daß die gewählte Behandlungsmethode gefährlicher gewesen sei, stehe nicht fest. Eine Aufklärungspflicht gegenüber dem Kläger über die alternative Behandlungsmethode der Verschraubungstechnik sei hier zu verneinen, weil diese gegenüber der gewählten keinerlei Vorteil oder günstigere Prognose aufweise.
Weiters müsse die Nichtaufklärung bzw deren Fehlerhaftigkeit für die Einwilligung auch kausal sein. Hätte der Behandelte die erforderliche Einwilligung gegeben, so entfalle bei kunstgerechtem Eingriff die Ersatzpflicht, weil es an der Kausalität der Rechtswidrigkeit des Nichteinholens der Einwilligung fehle. Die Beweislast dafür, daß der Patient die Einwilligung erteilt hätte, trage der Belangte, weil ein Haftungsbefreiungsgrund geltend gemacht werde. Im weitestens sei in der Bestreitung des Anspruchsgrundes der unterlassenen Aufklärung die vom Erstgericht getroffene Feststellung gedeckt.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung entgegen dem - gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichtes im Interesse der Rechtssicherheit von einer ungenügenden Tatsachengrundlage ausgegangen ist; sie ist auch berechtigt.
Der Kläger stützt sein Leistungs- und Feststellungsbegehren im Revisionsverfahren nur mehr auf die Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht, während er das Vorbringen, die Wahl des Verfahrens nach Matti-Russe stelle einen Kunstfehler dar, nicht mehr aufrecht erhält. Konkret brachte der Kläger bereits im Verfahren erster Instanz vor, er hätte als Patient zumindest darüber aufgeklärt werden müssen, daß auch eine Zugschraubenosteosynthese vorgenommen werden kann; angesichts deren Vorteile hätte er sich aller Voraussicht nach für diese entschieden; darüber hinaus wäre ein wesentlich besseres Ausheilungsergebnis erreicht worden (vorbereitender Schriftsatz ON 3 AS 16).
Für den Fall der Verletzung der Aufklärungspflicht trifft den Arzt bzw den für das Fehlverhalten seiner Ärzte haftenden Krankenanstaltsträger die Beweislast dafür, ob der Patient auch bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte (SZ 69/199; SZ 63/152; SZ 62/154; SZ 57/207 ua; Harrer in Schwimann, ABGB2 Rz 50 zu § 1300; Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 23b zu § 1299; Hofmann in RZ 1998, 80 [82]; Reischauer in RZ 1998, 266 [270]). Die gegenteilige Rechtsansicht von Dullinger in JBl 1998, 2 (9 ff) hat jüngst der 4. Senat des Obersten Gerichtshofes in der E 4 Ob 335/98p mit eingehender Begründung, der sich auch der erkennende Senat anschließt, abgelehnt.
Das Erstgericht hat zum Inhalt des vom behandelnden Arzt mit dem Kläger über die Notwendigkeit der Operation geführten Gespräches festgestellt, es sei dabei nicht darüber gesprochen worden, daß auch die Möglichkeit der Vornahme einer Zugschraubenosteosynthese besteht bzw welche Vor- und Nachteile diese gegenüber der Matti-Russe-Methode hat, es sei "nicht anzunehmen", daß sich der Kläger im Fall einer derartigen Aufklärung für eine Verschraubung entschieden hätte. Diese Feststellung läßt jedoch nicht eindeutig erkennen, ob das Erstgericht es nur wenngleich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit, als möglich angesehen hat, daß der Kläger sich auch im Fall der Aufklärung über eine andere Behandlungsart nicht hiefür entschieden hätte, oder ob es dies mit der für die Erbringung des Beweises erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit als erwiesen annahm. In den Tatsachenfeststellungen eines Urteils muß aber eindeutig zum Ausdruck kommen, ob ein bestimmter, für die Entscheidung wesentlicher Umstand festgestellt wird oder daß eine solche Feststellung nicht möglich ist, weil der Umstand nicht mit dieser hohen Wahrscheinlichkeit als erwiesen angenommen werden kann (2 Ob 185/98i = JUSZ 2640, auch zur Frage des Regelbeweismaßes).
Entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen liegen somit für die Lösung der Frage, ob sich der Kläger bei ausreichender Aufklärung über die alternativen Behandlungsmethoden für eine andere Methode entschieden hätte, keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen vor. Der Hinweis auf eine allgemeine Lebenserfahrung reicht nicht aus, weil es nur auf den konkreten Fall ankommt. Selbst wenn man davon ausgeht, daß sich der vernünftige Patient nach der Empfehlung des Arztes richtet und daher in der großen Mehrzahl der Fälle der Operation auch dann zugestimmt hätte, wenn er über alle Risiken aufgeklärt worden wäre (Harrer in Schwimann ABGB2 Rz 50 zu § 1300 folgend Honsell in Schweizerische Versicherungszeitschrift 1995, 335), ist hiezu dennoch eine Feststellung zu treffen, aus der sich für den konkreten Patienten ergibt, ob er bei ausreichender Aufklärung die Zustimmung zur Operation erteilt hätte.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren konkrete Feststellungen in der dargestellten Richtung zu treffen haben. Erst nach Vorliegen dieser Tatsachenfeststellungen wird eine abschließende rechtliche Beurteilung möglich sein.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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