Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben; die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Beklagte beauftragte den Kläger auf Grund eines Anbots mit Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten für den Neubau seiner Tischlerei. Die Gesamtauftragssumme laut Anbot betrug S 319.060,80. An Zahlungskonditionen wurden dem Beklagten "5 % Skonto bei Zahlung innerhalb von acht Tagen nach Rechnungserhalt, nach 30 Tagen netto" eingeräumt.
Der Kläger legte dem Beklagten Schlußrechnung vom 24. 6. 1994 über S 271.635,36. Außerdem legte er dem Beklagten für die Änderung eines Kompressorenanschlusses Rechnung vom 23. 11. 1994 über S 2.425,80.
Nach Klagseinschränkung infolge Korrektur von überhöhten Rechnungspositionen begehrt der Kläger restliche S 47.980,37 aus der Rechnung vom 24. 6. 1994 und S 2.425,80 aus der Rechnung vom 23. 11. 1994, insgesamt S 50.406,17 sA. Er habe die vom Beklagten geltend gemachten Mängel behoben; nunmehr lägen keine Mängel vor. Weiters habe er dem Beklagen die Verbesserung allfälliger Mängel bis zum 7. 10. 1996 angeboten. Der Beklagte habe dieses Verbesserungsangebot nicht fristgerecht angenommen. Die Klagsforderung sei daher schon aus diesem Grund fällig.
Der Beklagte wendete ein, anstelle eines angebotenen Heizungsverteilers für fünf Heizgruppen habe der Kläger nur einen viergruppigen Heizungsverteiler eingebaut. Es sei nicht möglich, die Heizung vollständig zu entleeren, weil der Kläger die Heizungsauslaßventile nicht im niedrigsten Bereich, sondern am höchsten Punkt angebracht habe. Beim Heizungsgebläse werde die Luftgeschwindigkeit von 0,2 m/sec bei der 1. und 2. Stufe überschritten. Bei Abkühlung der Heizung seien die sogenannten Holländerverschraubungen nicht dicht. Alle Leitungen seien nicht dem Stand der Technik entsprechend verlegt, das Überdruckventil sei falsch montiert, bei Überdruck würden alle elektrischen Anlagen durchnäßt. Auf Grund dieser Mängel schulde er dem Kläger nichts mehr bzw. sei ein allfälliger, dem Kläger noch zu zahlender Werklohn nicht fällig. Mit Schreiben vom 11. 10. 1996 sei der Kläger ersucht worden, einen Termin für die Mängelbehebung direkt mit ihm zu vereinbaren. Auf dieses Schreiben sei jedoch nicht geantwortet worden.
Das Erstgericht gab der Klage mit einem Teilbetrag von S 37.246,-- sA statt und wies das Mehrbegehren von S 13.160,-- sA ab; es stellte folgenden Sachverhalt fest: Zur Anboterstellung legte der Beklagte dem Kläger eine Kopie eines bereits von einem anderen Unternehmen erstellten Anbots vor, bei dem die Preise abgedeckt waren. Der Kläger verwendete diese Kopie und bot u.a. einen fünfgruppigen Heizungsverteiler mit vier Reduktionsstücken an.
Der mit der Planung und Bauleitung der Heizungsanlage betraute Mitarbeiter des Klägers erklärte dem Beklagten, er benötige für den Betrieb nur drei Heizkreise; unter Berücksichtigung eines Reserveheizkreises genüge daher ein viergruppiger Heizungsverteiler.
Der Kläger legte dem Beklagten Teilrechnung vom 3. 3. 1994 über S 222.095,20. Der Beklagte bemängelte diese Teilrechnung insbesondere deshalb, weil anstelle eines fünfgruppigen nur ein viergruppiger Heizungsverteiler eingebaut worden sei, bei dem der Kesselanschluß als fünfter Kreis verwendet werden kann. Am 14. 3. 1994 einigten sich der Beklagte und der zuständige Mitarbeiter des Klägers, daß 24 Stunden Montageaufwand von der Teilrechnung in Abzug gebracht werden, dafür aber alle Arbeiten als erledigt und durchgeführt gelten. Derzeit ist für den Betrieb des Beklagten ein Heizungsverteiler mit vier Gruppen ausreichend; es sind nur drei angeschlossen, eine Gruppe ist in Reserve. Dementsprechend erstellte der Kläger eine neue Teilrechnung vom 15. 3. 1994 über S 198.740,30.
In der Schlußrechnung vom 24. 6. 1994 über S 271.635,36 war wiederum ein fünfgruppiger Heizungsverteiler enthalten. Der Beklagte bemängelte den Endbetrag mit Fax vom 27. 7. 1994, zog vom korrigierten Endbetrag von S 220.032,80 fünf Prozent Skonto in Höhe von S 11.001,64 ab und behielt S 30.000,-- zuzüglich 20 % USt für Fertigstellungsarbeiten ein.
Die Luftstromgeschwindigkeit der Luftheizer überschreitet weder bei Stufe 1 noch bei Stufe 2 0,2 m/sec. Die Einstellung der Lamellen wurde vom Beklagten oder seinen Mitarbeitern geändert.
Die Entleerung der Heizungsanlage wurde nicht an der tiefsten Stelle installiert. Anläßlich der Vorarbeiten zur Betonierung des Estrichs (Anbringen des Waagrisses) machte ein Mitarbeiter des ausführenden Unternehmens den Beklagten darauf aufmerksam, daß bei den Entleerungsleitungen ein Gegengefälle besteht. Der Beklagte teilte dies telefonisch dem Kläger mit. Der Mitarbeiter des Klägers konnte dies jedoch nicht mehr überprüfen, weil ein Teil des Estrichs bereits betoniert war.
Um eine einwandfreie Entleerung der Heizungsanlage durchführen zu können, müßte der Entleerungsschacht im eingerichteten Büro neu errichtet werden. Die Kosten betragen etwa S 20.000,-- (inklusive USt). Vor den Estricharbeiten hätte der Aufwand etwa S 10.000,-- (inklusive USt) betragen.
Eine gänzliche Entleerung der Heizungsanlage in den Entleerungsschacht ist nicht möglich; es muß hiefür Preßluft verwendet werden. Da die Heizungsanlage mit Frostschutz versehen ist, tritt durch die Nichtentleerung der Anlage kein Schaden auf. Nur bei einer Reparatur, die frühestens in 20 Jahren notwendig ist, muß die Anlage entleert werden. Der Aufwand für die Entleerung mittels Preßluft beträgt S 6.000,--.
Beim Sicherheitsventil fehlen Tropfbecher und Tropfleitung. Der Zeitaufwand für diese Installation beträgt etwa drei Stunden, der Materialaufwand S 1.000,--. Der Zeitaufwand für Nachdichtarbeiten beträgt eine Stunde. Der Stundensatz für eine Monteurstunde beträgt etwa S 450,-- zuzüglich USt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, das Leistungsverweigerungsrecht des Werkbestellers setze die Geltendmachung eines Verbesserungsanspruchs voraus. Der Beklagte habe mit dem Bestreiten der Fälligkeit des Werklohns zum Ausdruck gebracht, daß er weiterhin auf Behebung der Mängel bestehe. Das Leistungsverweigerungsrecht dürfe jedoch nicht mißbräuchlich ausgeübt werden; das sei schon dann der Fall, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen ein krasses Mißverhältnis bestehe. Ein derartiges Mißverhältnis zwischen den Interessen der Parteien bestehe beim vom Beklagten geforderten Austausch bzw. Umbau des Heizgruppenverteilers, weil ein fünfgruppiger Heizungsverteiler nicht benötigt werde. Dasselbe treffe auch auf die Behebung des Gegengefälles der Entleerungsleitungen zu, weil der Beklagte den Mangel nur gerügt, dem Kläger aber keine Gelegenheit zur Mängelbehebung gegeben habe. Der Aufwand für die Nachdichtarbeiten, die Verlegung des Sicherheitsventils und die Installation einer Tropfleitung sei gering; zwischen den Interessen der Parteien bestehe ein krasses Mißverhältnis. Der Kläger habe für den Fall des Vorliegens von Mängeln Preisminderungsansprüche des Beklagten für Nachdichtarbeiten, Verlegung des Sicherheitsventils und Installation von Tropftasse und Tropfleitung in Höhe von S 3.160,-- sowie für die Neuerrichtung des Entleerungsschachtes der Heizanlage im Büro in Höhe von S 10.000,-- anerkannt.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers gegen den klagsabweisenden Teil des Ersturteils nicht Folge, wohl aber der Berufung des Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil; es änderte das Ersturteil im zur Gänze klagsabweisenden Sinn ab. Ferner sprach es aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es sich bei seiner Entscheidung in allen wesentlichen Rechtsfragen an die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gehalten habe.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Frage Heizkreis und Heizungsverteiler sei zwischen den Parteien durch den Rechnungsabzug endgültig bereinigt worden. Ein Mangel an der Luftheizung liege nicht vor. Der Beklagte habe trotz Kenntnis des Gegengefälles die Estricharbeiten weiter durchführen lassen, obwohl ein weit geringerer Aufwand zur Verbesserung notwendig gewesen wäre, wenn die Arbeiten sofort gestoppt und die Leitungen noch rechtzeitig ordnungsgemäß verlegt worden wären. Es könne daher nur der damals erforderliche Behebungsaufwand von S 10.000,-- vom Entgelt abgezogen werden.
Der Aufwand für die Installation der fehlenden Tropfbecher und Tropfleitung beim Sicherheitsventil und für Nachdichtarbeiten betrage S 3.360,--; er sei in Relation zum einbehaltenen Werklohn von rund S 50.000,-- - knapp 7 Prozent - zu setzen. Diese Mängel könnten in ihrer Bedeutung auch nicht als geringfügig abgetan werden: Immerhin gehe es um Nachdichtarbeiten zum Schutz der Elektroinstallationen und um die Verlegung eines Sicherheitsventils. Der Kläger sei offensichtlich nicht bereit, diese Verbesserungsarbeiten vorzunehmen, obwohl der Beklagte noch mit seinem Schreiben vom 11. 10. 1996 darauf hingewiesen habe.
Für den Arbeiten an einem Haus betreffenden Werkvertrag bestehe keine Rügepflicht nach § 377 HGB.
Das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten bestehe wegen der nicht vorgenommenen Dichtarbeiten. Der Kläger habe nicht einmal schikanöse Rechtsausübung eingewendet.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht - ausgehend von einer unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachengrundlage - bei der Beurteilung, welche Auswirkungen die Bereitschaft des Werkunternehmers zur Verbesserung von Mängeln auf das Recht des Werkbestellers zur Zurückbehaltung der Zahlung hat, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; sie ist auch berechtigt.
Es entspricht ständiger, von der überwiegenden Lehre gebilligter Rechtsprechung, daß der Besteller, selbst wenn er das mangelhafte Werk als Erfüllung angenommen hat, berechtigt ist, die ganze Gegenleistung bis zur Verbesserung des mangelhaften Werkes durch den Unternehmer zu verweigern (SZ 39/27; SZ 53/7; SZ 54/35; SZ 56/59; SZ 56/106; EvBl 1987/49 uva; Aicher in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 1052; Krejci in Rummel2 Rz 7 zu § 1170; Binder in Schwimann, ABGB**2 Rz 25 zu § 1052; Rebhahn in Schwimann2 Rz 11 zu § 1167, Rz 6 zu § 1170; ggt Koziol in ÖJZ 1985, 737; Angst in RZ 1992, 2).
Die Rechtsprechung läßt gegen die Behauptung des Bestellers, der Werklohn sei wegen nicht gehöriger Erfüllung noch nicht fällig, nur die Replik der Schikane zu. Rechtsmißbrauch liegt nicht nur dann vor, wenn mit der Handlung überhaupt keine eigenen Interessen verfolgt werden, sondern auch dann, wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den berechtigten Interessen des anderen ein ganz krasses Mißverhältnis besteht (EvBl 1987/49; EvBl 1993/10; SZ 68/47 ua). Der Kläger ist hier selbst von dieser Rechtsprechung ausgegangen und hat sich nie darauf berufen, daß die Zurückbehaltung des Werklohnes durch den Beklagten Rechtsmißbrauch bedeute. Vor allem hat er auch in der Revision hiezu nichts ausgeführt. Der erkennende Senat sieht sich unter diesen Umständen nicht veranlaßt, zu den Bedenken, die zuletzt von Angst (Das Zurückbehaltungsrecht beim Werkvertrag, RZ 1992, 2) geäußert wurden, Stellung zu nehmen.
Das Schwergewicht der Revisionsausführungen betrifft das Vorbringen des Klägers, er habe die begehrte Verbesserung angeboten, diese sei vom Beklagten jedoch verweigert worden. Dieses Vorbringen ist rechtlich relevant: Läßt nämlich der Besteller die Behebung der Mängel durch den Unternehmer nicht mehr zu und zieht er auch keine sonstigen gesetzlichen Konsequenzen aus der bisherigen Nichtbehebung der Mängel, kann er die Bezahlung des mängelbedingt geminderten Werklohnes nicht mit der Begründung verweigern, das Werk sei noch nicht vollendet (SZ 49/9; Krejci aaO Rz 6 zu § 1170; Rebhahn aaO Rz 6 zu § 1170).
Während das Erstgericht auf diese Replik nicht einging und auch den Inhalt der diesbezüglichen Schreiben der Parteienvertreter (Beilagen ./P und ./6) nicht feststellte, ging das Berufungsgericht in seiner Entscheidung ausdrücklich davon aus, der Kläger sei offensichtlich nicht bereit, diese Verbesserungsarbeiten vorzunehmen, obwohl der Beklagte noch mit seinem Schreiben vom 11. 10. 1996 (Beilage ./6) darauf hingewiesen habe. Für eine derartige Annahme, die von einem offensichtlichen Verhalten des Klägers ausgeht, fehlen derzeit jegliche nachvollziehbare Grundlagen. Das Berufungsgericht wird vielmehr im fortgesetzten Verfahren nach Erörterung mit den Parteien und einem danach erforderlichen Beweisverfahren die erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen haben, auf deren Grundlage eine abschließende Beurteilung der Berechtigung dieser Replik des Klägers möglich ist.
Die von den Vorinstanzen festgestellte einvernehmliche Korrektur der Teilrechnung umfaßte auch die Nichtmontage eines weiteren (tatsächlich nicht benötigten) Stromkreises, die durch eine entsprechende Reduktion der Rechnungssumme abgedeckt werden sollte. Damit bleibt aber für die Annahme, diesbezüglich seien die Arbeiten des Klägers mangelhaft, kein Raum.
Einen Preisminderungsanspruch wegen der geltendgemachten Mängel hat der Beklagte nie geltend gemacht. Das Vorbringen des Klägers in der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung zur Höhe allfälliger, von ihm bestrittener Preisminderungsansprüche ersetzt nicht die Geltendmachung eines solchen Anspruchs durch den Beklagten.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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