Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S
9.900 (darin enthalten S 1.650 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 6. 12. 1995, 10 E 6422/95i, wurde dem Beklagten wider die Klägerin aufgrund des vollstreckbaren Notariatsaktes vom 26. 6. 1995 die Gehaltsexekution zur Hereinbringung einer Kaufpreisforderung von S 200.000 sA bewilligt.
Die Klägerin brachte in ihren Einwendungen gegen den Anspruch gemäß § 35 EO vor, sie habe mit diesem Notariatsakt einen PKW um S 200.000 vom Beklagten erworben. Der Kaufpreis in 120 Monatsraten zu je S
2.511 zu bezahlen. Das Fahrzeug sei am 5. 7. 1995 übergeben worden. Die Klägerin habe bereits unmittelbar nach der Übergabe schwere Schäden am Fahrzeug festgestellt, sodaß sie mit Schreiben vom 14. 9. 1995 vom Kaufvertrag zurückgetreten sei und Wandlung des Vertrages begehrt habe. Der Beklagte habe die Klägerin bei Vertragsabschluß über den Zustand des Fahrzeugs getäuscht und somit in Irrtum geführt. So sei das tatsächliche Baujahr 1989, nicht wie vom Beklagten behauptet 1991.
Der Beklagte wendete ein, er habe das Fahrzeug ausreichend gewartet; der Schaden am Motor hätte auch durch unzureichende Wartung entstehen können. Er habe der Klägerin gesagt, daß es sich um ein Fahrzeug mit Baujahr 1989 handle. Am 10. 1. 1995 habe er die letzte Wartung vorgenommen; er habe beim Ölwechsel immer Markenöl verwendet.
Das Erstgericht gab der Klage statt und sprach aus, der Anspruch des Beklagten, zu dessen Hereinbringung zu 10 E 6422/95i des Erstgerichtes Gehaltsexekution bewilligt wurde, sei erloschen. Es stellte fest, das Fahrzeug habe bei Übergabe an die Klägerin einen Kilometerstand von etwa 110.000 km gehabt. Der Beklagte sei der fünfte Besitzer gewesen. Das Fahrzeug habe mehrere nicht fachgerecht durchgeführte Reparaturen aufgewiesen sowie großflächige Lackabblätterungen. Es seien vier verschiedene Reifenmarken montiert gewesen; der linke Vorderreifen sei deutlich abgefahren gewesen, der rechte Hinterreifen habe eine Restprofiltiefe von 0,5 mm bis zum Erreichen der Indikatoren aufgewiesen. Der rechte vordere und der linke hintere Reifen seien annähernd neuwertig gewesen. Der Wert des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin habe rund S 91.000 betragen.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Wandlungsanspruch der Klägerin nach § 934 ABGB bestehe zu Recht, weil das Fahrzeug nicht einmal die Hälfte des Kaufpreises wert gewesen sei. Die Klägerin habe daher zu Recht wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes vom Kaufvertrag zurücktreten können.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung des Beklagten im klagsabweisenden Sinn ab; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000, aber nicht S 260.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil der Frage, ob die gerichtliche Geltendmachung von Gewährleistungs- und laesio enormis-Ansprüchen nicht doch in der Oppositionsklage selbst erfolgen könne, für die Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme. Diese von Wilhelm in ecolex 1997, 919 vertretene Ansicht erscheine diskussionswürdig. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, im Sinn der neuesten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (3 Ob 20/97f) liege ein Oppositionsgrund (noch) nicht vor. Irrtumsanfechtung, Gewährleistung und laesio enormis müßten gerichtlich geltend gemacht werden. Die Rechtsgestaltung (Aufhebung oder Änderung des Vertrages) trete mit Rechtskraft des Urteils ein. Einen Oppositionsgrund bilde eine solche Rechtsgestaltung aber nur, wenn das rechtskräftige Urteil spätestens bei Schluß der Verhandlung erster Instanz über die Oppositionsklage vorliege. Auch bei Geltendmachung einer Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes (laesio enormis) komme es - bei Fehlen einer Parteienvereinbarung - erst durch die gerichtliche Entscheidung zur Aufhebung des Vertrags. Das heißt, die Gestaltungsrechte hätten früher in einem der Oppositionsklage vorausgehenden Verfahren geltend gemacht werden müssen, um einen tauglichen Oppositionsklagegrund darzustellen. Der Kaufvertrag (Notariatsakt) sei somit noch aufrecht; der Anspruch auf Bezahlung des Kaufpreises bestehe vorläufig noch.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unzulässig.
Nach ständiger Rechtsprechung kann sich der Verpflichtete zur Verteidigung gegen eine ungerechtfertigte Exekution aufgrund eines vollstreckbaren Notariatsakts der Rechtsbehelfe der Exekutionsordnung und damit auch der Oppositionsklage bedienen (3 Ob 20/97f = JBl 1997, 791 = ecolex 1997, 919 [Wilhelm]; 3 Ob 2044/96a = EvBl 1997/163 = NZ 1998, 122; SZ 7/305 = ZBl 1926/15). Weil der vollstreckbare Notariatsakt keine gerichtliche Entscheidung ist, müssen die den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen nach Entstehen des Exekutionstitels eingetreten sein (JBl 1997, 791 = ecolex 1997, 919 [Wilhelm]; EvBl 1955/91).
Dabei hielt der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 2044/96a an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, daß im Oppositionsstreit weder über die Gültigkeit noch über das rechtswirksame Zustandekommen eines Notariatsakts abgesprochen werden kann, sondern die Klärung solcher Themen eine der in § 39 Abs 1 Z 1 EO erwähnten Klagen voraussetzt.
Bei Gestaltungsrechten als Oppositionsgrund ist wesentlich, ob sie vor dem gemäß § 35 EO maßgeblichen Zeitpunkt hätten ausgeübt werden können, doch ist bei vollstreckbaren Notariatsakten (3 Ob 20/97f; 3 Ob 2044/96a) zu beachten, daß solchen Exekutionstiteln die Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft fehlt. Demgemäß ist jede nach Entstehen des Exekutionstitels bereits eingetretene Rechtsgestaltung, die eine Aufhebung bzw Hemmung des vollstreckbaren Anspruchs bewirkt, auch ein Oppositionsgrund. Fraglich mag sein, ob eine Rechtsgestaltung, falls sie einer gerichtlichen Geltendmachung bedarf, auch durch die Entscheidung über das Oppositionsklagebegehren herbeigeführt werden kann. Diese Rechtsfrage wurde jedoch von der Rechtsprechung schon beantwortet. Danach stellen gerichtlich erst durchzusetzende Gestaltungsrechte, wenn also die Rechtsgestaltung erst mit Rechtskraft des vom Anfechtenden bzw Gewährleistungsberechtigten angestrebten Urteils eintritt, keinen Oppositionsgrund dar (3 Ob 20/97f [hier zu Gewährleisung, List, Irrtum]), müssen doch diejenigen Tatsachen, auf die der Kläger seine Einwendungen stützt, auch im Oppositionsprozeß bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz enstanden sein. Das ist jedoch dann nicht der Fall, wenn der Rechtsgestaltungsanspruch nur als Oppositionsgrund geltend gemacht wird, weil die Rechtsgestaltung erst durch das Urteil über das Oppositionsbegehren zu spät käme. Deshalb ist zusammenfassend festzuhalten, daß gerichtlich erst geltend zu machende Gestaltungsrechte in keinem Fall taugliche Oppositionsgründe sind (3 Ob 20/97f).
Das Berufungsgericht hat somit zutreffend erkannt, das Gewährleistungs- und laesio enormis-Ansprüche nicht in der Oppositionsklage geltend gemacht werden können.
Zu den dagegen ins Treffen geführten Einwänden Wilhelms (ecolex 1997, 920) hat der erkennende Senat in der Entscheidung vom 20. 10. 1998, 3 Ob 205/98p, Stellung genommen. Die Argumente Wilhelms überzeugen nicht. Soweit er "den Advokaten einmal sehen" will, "der von sich aus (also von unserer E unbelehrt) auf die Idee kommt, daß einem Exekutionstitel in anderer als in den §§ 35 ff EO gewährter Weise entgegengetreten werden kann", fällt bei vollständiger Entscheidungslektüre auf, daß sich derjenige "Advokat", der neben dem Oppositionsklagebegehren auch noch ein Rechtsgestaltungsbegehren auf Vertragsanpassung erhebt, gerade im Anlaßfall fand, was sich allerdings dem glossierten Entscheidungsausschnitt nicht entnehmen läßt. Wenngleich dort die Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen über das Oppositionsklagebegehren nur zur Prüfung von Schadenersatzansprüchen, mit denen gegen den vollstreckbaren Anspruch aufgerechnet wurde, erfolgte, bestand im fortgesetzten Verfahren doch auch die prozessuale Möglichkeit, vorerst mittels Teilurteils rechtskräftig über das Rechtsgestaltungsbegehren und dann erst über das Oppositionsklagebegehren zu entscheiden. Wilhelm (aaO) verkennt mit dem Argument, die Oppositionsklage "als Form aufzufassen, in der die Gestaltungserklärung abgegeben wird", daß über die wirksame Ausübung eines der erörteren Gestaltungsrechte nicht bloß durch Lösung einer Vorfrage im Oppositionsprozeß abgesprochen werden kann.
Der erkennende Senat sieht sich daher auch nun nicht veranlaßt, von der in der Entscheidung 3 Ob 20/97f erörterten Rechtsansicht abzugehen.
Somit hängt die Entscheidung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab, worauf die beklagte Partei zutreffend hinweist. Das führt zur Zurückweisung der Revision des Klägers, ist doch der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht an den Ausspruch des Berufungsgerichts über die Zulässigkeit dieses Rechtsmittels gebunden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.
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