OGH 3Ob257/05y

OGH3Ob257/05y24.11.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Robert P*****, geboren am 19. September 1988, und des mj. Mario P*****, geboren am 26. April 1990, infolge Revisionsrekurses der Kinder, beide vertreten durch den Magistrat der Stadt Wien, wegen Herabsetzung der Unterhaltsvorschüsse, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. August 2005, GZ 44 R 405/05t-57, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 13. Juni 2005, GZ 14 P 128/00g-51, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht setzte die den Kindern gewährten Unterhaltsvorschüsse für den Zeitraum vom 1. April 2005 bis 31. Dezember 2005 auf monatlich 65 EUR je Kind herab, weil der Vater, den keine weiteren Sorgepflichten treffen, Krankengeld von monatlich rund 731,70 EUR beziehe und daher nur in der Lage sei, Unterhalt in der Höhe zwischen dem absoluten Existenzminimum von rund 600 EUR und dem tatsächlichen Einkommen zu bezahlen.

Das Rekursgericht bestätigte infolge Rekurses der Kinder diesen Beschluss und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil die Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Belastbarkeitsgrenze „noch nicht einheitlich" sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, der Grundbetrag des § 293 Abs 1 lit a sublit bb EO betrage für das Jahr 2005 662,99 EUR, die Belastbarkeitsgrenze von 95 % dieses Betrags mache daher rund 630 EUR im Monat aus. Zwischen dieser Belastbarkeitsgrenze und dem tatsächlichen Einkommen des Vaters an Krankengeld stehe nur ein Betrag von rund 100 EUR zur Deckung der Unterhaltsansprüche zur Verfügung, somit nur rund 50 EUR monatlich je Kind. Der Unterhaltsvorschuss werde daher ohnedies in einem höheren Ausmaß gewährt, als es der Belastbarkeitsgrenze nach der Rsp des Obersten Gerichtshofs entspreche. Es sei zwar zutreffend, dass für die Unterhaltsleistung des Unterhaltspflichtigen die Bedürfnisse der Kinder maßgeblich seien, doch könnten diese nur nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des geldunterhaltspflichtigen Vaters iSd § 140 ABGB befriedigt werden. Reiche diese Leistungsfähigkeit wie im vorliegenden Fall nicht aus, bestünden Bedenken gegen die Leistungsfähigkeit iSd § 7 Abs 1 UVG, sodass die Vorschüsse entsprechend herabzusetzen seien.

Der Revisionsrekurs der Kinder ist entgegen dem Ausspruch der zweiten Instanz, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 7 Abs 1 Z 1 UVG hat das Gericht Vorschüsse ganz oder teilweise zu versagen, soweit in Fällen der §§ 3, 4 Z 1 und 4 UVG begründete Bedenken bestehen, dass die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (noch) besteht oder der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend zu hoch festgesetzt ist. Der auf Grund eines Exekutionstitels gewährte Vorschuss soll damit der jeweiligen materiellen gesetzlichen Unterhaltspflicht entsprechen und darf außerdem den in § 6 Abs 1 UVG angeführten Betrag nicht überschreiten (SZ 65/114 ua, zuletzt 3 Ob 1/05a; Neumayr in Schwimann3 § 7 UVG Rz 1).

Zur Auslegung des § 7 Abs 1 Z 1 UVG hat der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen, die gänzliche oder teilweise Versagung der Vorschüsse sei an das Bestehen begründeter Bedenken gegen den aufrechten materiellen Bestand des zu bevorschussenden Unterhaltsanspruchs im titelmäßigen Ausmaß geknüpft, wobei objektiv gerechtfertigte Zweifel noch nicht ausreichten, es müsse vielmehr nach der Sachlage bei der Entscheidung über den Vorschussantrag mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die im Exekutionstitel festgesetzte Unterhaltspflicht (nicht mehr) besteht oder, der gesetzlichen Unterhaltspflicht nicht entsprechend, zu hoch festgesetzt ist. § 7 Abs 1 UVG soll vor allem einer missbräuchlichen Inanspruchnahme von Unterhaltsvorschüssen vorbeugen und es dem Gericht im Falle einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse ermöglichen, die Vorschüsse in der der gesetzlichen Unterhaltspflicht entsprechenden Höhe zu bemessen (3 Ob 1/05a mwN).

Der Umstand, dass der Unterhaltsschuldner Krankengeld bezieht, das unter dem unpfändbaren Freibetrag des § 291b EO liegt und bei dem es sich nicht um einen nur kurzfristigen Krankengeldbezug handelt, begründet Bedenken der oben dargestellten Art dahin, dass die Unterhaltspflicht nicht mehr in voller Höhe des Exekutionstitels besteht (Neumayr aaO § 7 UVG Rz 30 mwN).

Zur Belastbarkeitsgrenze liegt eine stRsp des Obersten Gerichtshofs vor (RIS-Justiz RS0013458, RS0047455); hiebei scheidet jedoch eine genaue Berechnung aus, es ist vielmehr im Einzelfall eine nach den gegebenen Umständen noch am ehesten tragbare Regelung zu treffen (10 Ob 83/00d).

Diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen gefolgt, weshalb der Revisionsrekurs der Kinder, der keine erheblichen Rechtsfragen aufzeigt, zurückzuweisen ist.

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