OGH 3Ob257/03w

OGH3Ob257/03w26.8.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Bundesbahnen, ***** vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wider die beklagte Partei Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband für Niederösterreich, Tulln, Franz Zant-Allee 3-5, vertreten durch Mag. Thomas Lechner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 162.436,10 EUR sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Juli. 2003, GZ 11 R 21/03v-43, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 16. Oktober 2002, GZ 1 Cg 116/99h-38, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.095,28 EUR (darin 349,21 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Das nun beklagte Rote Kreuz Niederösterreich, Bezirksstelle Gmünd, führte am 17. und 18. April 1998 eine Altkleidersammlung durch und vereinbarte mit einem näher genannten Dritten (im Folgenden nur Käufer), dass dieser die gesammelten Altkleider kauft und für deren (Ab)Transport einen Waggon der nun klagenden ÖBB zur Verfügung stellt. In Ausführung dieser Vereinbarung mietete der Käufer bei der klagenden Partei drei Abroll-Container (ACTS = Abroll-Container-Transportsystem; im Folgenden nur Container), die in Drehrahmen auf einem vierachsigen Waggon (im Folgenden nur Containerwaggon) stehen. Die klagende Partei stellte einen Containerwaggon samt drei Containern am Bahnhof Gmünd auf dem Beladegleis bereit. Die Beladung der drei Container mit Altkleidern erfolgte am 17. und 18. April 1998 durch Mitarbeiter der beklagten Partei ohne Mitwirkung von Bediensteten der klagenden Partei und war am 18. April 1998 zu Mittag beendet. Danach schwenkten die Mitarbeiter der beklagten Partei die je auf einem Drehrahmen auf dem Containerwaggon befestigten Container zurück, sodass diese nun wagenlängsachsig standen. Die Mitarbeiter der beklagten Partei betätigten nach der Zentrierung durch die beidseitigen Schnappverschlüsse mit einem Handhebel die Mittenverriegelung, stellten danach die Schutzrungen auf, verständigten aber nach Beendigung der Beladung davon nicht das Bahnhofspersonal und übergaben diesem auch nicht den Frachtbrief; letzteres deshalb nicht, weil der Käufer den Frachtbrief bereits einige Tage vor der Beladung direkt dem Bahnhof Gmünd übermittelt hatte, wo er dann auflag. Der Frachtbrief enthielt folgende Eintragungen: Absender: Beklagte Partei, Empfänger: ... [Käufer] Erklärungen: bahnamtliche Abwaage wird beantragt. Handschriftlich wurde die Wagennummer eingetragen. Als Bestimmungsbahnhof und Ablieferungsstelle wurde Klein Wolkersdorf eingesetzt. Unter der Rubrik "Zeichen, Zahl, Art der Verpackung, Bezeichnung des Gutes" war vermerkt: 3 ACTS Taramasse, 1 Waggon Textilabfälle - Lumpen zur Verspinnung nicht geeignet; Verladetermin: 15. - 18. April 1998. Links unten schien unter "Tagesstempel des Versandbahnhofes" die Stampiglie des Bahnhofs Gmünd mit Datum 20. April 1998, 10.00 Uhr auf; auch ein Wiegestempel des Bahnhofs Gmünd war angebracht. Es konnte nicht festgestellt werden, dass Mitarbeiter der beklagten Partei am 20. April 1998 im Zusammenhang mit dem Transport der gesammelten Altkleider am Bahnhof Gmünd anwesend waren. Eine Beladung der Container durch Mitarbeiter der beklagten Partei fand an diesem Tag jedenfalls nicht mehr statt.

Der Containerwaggon wurde am 20. April 1998 um 09.35 Uhr, vor Anbringung des Tagesstempels des Versandbahnhofs auf dem Frachtbrief, von einer "Verschubpartie" der klagenden Partei vom Verladegleis auf das Wiegegleis gebracht, dort gewogen, anschließend auf das Hauptgleis geschoben und einem aus mehreren Güterwaggons bestehenden Güterzug eingegliedert. Durch die klagende Partei sind grundsätzlich vier Kontrollen vorgesehen: Der "Annahmebedienstete" macht den Frachtbrief fertig, bringt die Wiegekarte an, kontrolliert noch auf dem Verladegleis die Waggons, ob die Beladung fertig und die Waggontüren geschlossen sind. Ebenfalls auf dem Verladegleis kontrollieren "Verschuborgane", ob die Türen geschlossen und die Container gerade gestellt sind. Auf dem Abfahrtsgleis (Hauptgleis) prüft der "Transiteur" teilweise die Verladung und notiert die den Zug bildenden einzelnen Waggons, der "Wagenmeister" kontrolliert Waggons, Verladung, Luft und Bremsen. Im vorliegenden Fall fand die Kontrolle durch den "Annahmebediensteten" nicht statt, die übrigen drei Überprüfungen wurden aber durchgeführt. Am 20. April 1998 schwenkte während der Fahrt des Güterzuges zwischen den Bahnhöfen Vitis und Schwarzenau der erste der drei auf dem Güterwaggon befindlichen, von Mitarbeitern der beklagten Partei beladenen Container (in Fahrtrichtung gesehen) nach links aus und stieß gegen einen Fahrleitungsmast, der zwischen dem Streckengleis und dem nächsten Fahrleitungsmast abgeknickt zu liegen kam. Dadurch entgleisten der Containerwaggon und sechs nachgereihte Güterwaggons, von denen auch einer umstürzte. Zum Unfall führte kein technisches Gebrechen, sondern gab es für das Ausschwenken eines Containers eine andere - nach der Auffassung des Erstrichters - hier aber nicht zu untersuchende Ursache.

Durch die Schutzeinrichtungen Zentriereinrichtung, Mittenverriegelung und Schutzrungen wird bei derartigen Waggon- und Containertypen eine Verdrehung der Container auf dem Drehrahmen und eine Bewegung in vertikaler Richtung verhindert. Die Zentriereinrichtung mit Schnappverschluss, die für das Ausdrehen eines Drehrahmens händisch geöffnet werden muss, reicht nicht aus, um einen Drehrahmen in der Mittelstellung zu halten, sondern ist nur Hilfsmittel beim Beladevorgang und stellt keine Sicherung dar. Die Mittenverriegelung ist das eigentliche Element zum Fixieren des Drehrahmens und stellt eine Sicherung für den Container dar und wird mit einem Hebel auf jeder Wagenlängsseite bedient. Die beiden Hebel auf jeder Wagenlängsseite sind mit einer gemeinsamen Welle verbunden; letztere betätigt zwei Klauen, die den Drehrahmen von innen so umfassen, dass sich dieser weder ausdrehen noch nach oben bewegen kann. Die Drehrahmen besitzen seitliche Anschläge, die bereits bei einer kleinen Drehbewegung an die aufgestellte Runge stoßen. Vor einem gewollten Ausdrehen der Container muss daher die Runge umgelegt werden - als zweite unabhängige Sicherung gegen ein Ausdrehen des Drehrahmens. Die aufgestellte Runge ist mit einer Klaue gegen ein unbeabsichtigtes Umlegen gesichert. Beim Umlegen einer Runge muss vorher diese Klaue gedreht werden. Sowohl die Mittenverrriegelung als auch die seitlichen Rungen sind jeweils für sich allein ausreichend, um ein Verdrehen der Drehrahmen zu verhindern. Sie stellen daher zwei unabhängige Sicherungen dar. An den Wagenlängsseiten sind bei Containerwaggons dieser Bauart Aufschriften "Wagen nur mit aufgestellten Verriegelungen bewegen" angebracht; sie beziehen sich auf jegliches Bewegen, also auch auf Verschubbewegungen.

Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der klagenden Partei gelten für die durchgehende Beförderung von als Wagenladung aufgegebenen Gütern mit Eisenbahnen der klagenden Partei von Bahnhöfen dieser Eisenbahnen auf Strecken der Österreichischen Eisenbahnen und auch innerhalb eines Bahnhofs der Österreichischen Eisenbahnen. Eine "Unterfertigung des Frachtbriefs" sehen die AGB nicht vor. Nach deren Punkt 8.11. haftet der Absender für alle Folgen, die aus unrichtigen, ungenauen, unvollständigen oder nicht im dafür vorgesehenen Feld eingetragenen Angaben entstanden sind. Nach Punkt 16.1. ist der Frachtvertrag abgeschlossen, sobald die Eisenbahn das Gut mit dem Frachtbrief zur Beförderung angenommen hat. Nach Punkt 13.4. haftet der Absender, wenn er die Güter verladen hat, für alle Folgen des mangelhaften Verladens. Er hat insbesondere der klagenden Partei den ihr daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die klagende Partei hat das mangelhafte Verladen nachzuweisen. Aus den AGB ergibt sich explizit keine Verpflichtung des Verladers, Bedienstete der klagenden Partei von der Beendigung des Ladevorgangs zu verständigen.

Die klagende Partei begehrte von der beklagten Partei die Zahlung von 162.436,10 EUR sA als ein Drittel ihres Gesamtschadens. Die beklagte Partei habe mit EBG-Frachtbrief vom 20. April 1998 der klagenden Partei den Auftrag zur Beförderung einer Waggonladung von Altkleidern und Textilabfällen von Gmünd nach Klein Wolkersdorf erteilt. Mit Unterfertigung des Frachtbriefs würden die Bestimmungen des EBG sowie die AGB ausdrücklich als vereinbart gelten. Entgegen Punkt 8. der AGB habe die beklagte Partei auf dem Frachtbrief keinen Hinweis angebracht, dass die Beförderung durch ACTS-Container erfolge. Der Frachtvertrag sei am 20. April 1998 abgeschlossen worden, an diesem Tag sei auch das Gut mit dem Frachtbrief der klagenden Partei zur Beförderung übergeben worden. Die beklagte Partei habe es unterlassen, die zurückgeschwenkten Container ordnungsgemäß zu sichern, wodurch es während der Fahrt zum Ausschwenken des ersten Containers und in der Folge zum Unfall gekommen sei. Acht Güterwaggons und deren Ladegut, der Oberbau auf einer Länge von 200 m, eine Eisenbahnbrücke sowie die Fahrleitungsanlage auf einer Länge von 500 m seien schwer beschädigt worden; ebenso seien der Stromabnehmer des Triebfahrzeugs und ein Versorgungskabel des Geschäftsbereichs Telekom beschädigt worden, ein Container sei im Bereich der Eisenbahnbrücke auf die darunter befindliche Landesstraße gestürzt. In der Folge sei es auch zu umfangreichen Betriebsstörungen gekommen. Gemäß § 66 Abs 4 EBG hafte die beklagte Partei als Absender für alle Folgen einer mangelhaften Verladung und habe der klagenden Partei den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen. Die von der beklagten Partei unterlassenen Sicherungsmaßnahmen bewerte die klagende Partei mit 1/3 Mitverschulden am eingetretenen Schaden. Die unfallskausalen Kosten seien - wie von der Rsp anerkannt - in Form von angemessenen Pauschalsätzen ermittelt worden.

Die unterlassene Meldung über die Beendigung des Beladevorgangs habe die beklagte Partei als schuldhafte Vertragsverletzung zu verantworten, diene doch diese unbedingt erforderliche Meldung dazu, ein vorzeitiges Wegführen eines Waggons zu verhindern und eine Überprüfung der Beladung vorzunehmen; in Folge der unterlassenen Meldung durch die beklagte Partei sei die Verschubmannschaft der klagenden Partei irrtümlich von einer vorgenommenen Überprüfung des Containerwaggons einschließlich der Sicherheitseinrichtungen durch den damit beauftragten und mit den Sicherheitsvorkehrungen vertrauten "Transiteur" ausgegangen und der Containerwaggon daher in den Zugverband eingereiht worden.

Die beklagte Partei wendete ein, die Container seien am 18. April 1998 ordnungsgemäß beladen und gesichert worden. Die Verladetermine seien aus dem Frachtbrief ersichtlich; ein Hinweis auf die Geltung der AGB sei in diesem nicht enthalten. Nach den Dienstvorschriften der klagenden Partei seien sämtliche Sicherungen vor Einreihung eines Güterwaggons in einen Zug durch das Personal der klagenden Partei zu überprüfen. Eine allfällige Manipulation zwischen dem 18. April 1998, an welchem Tag die Container durch die beklagte Partei entsprechend gesichert gewesen seien, und dem 20. April 1998 liege nicht im Einflussbereich der beklagten Partei. Die klagende Partei sei überdies durch Anbringen einer Stampiglie auf dem Frachtbrief selbst von der Beendigung der Beladung ausgegangen. Die beklagte Partei sei zudem nicht Vertragspartner der klagenden Partei, sondern nur Erfüllungsgehilfe des Käufers gewesen. Eine Verpflichtung der beklagten Partei, das Bahnhofspersonal von der Beendigung des Verladevorgangs zu benachrichtigen, habe nicht bestanden. Darüber hinaus habe es eine zweimalige Kontrollpflicht von Mitarbeitern der klagenden Partei unabhängig von allfälligen Benachrichtigungspflichten gegeben. Es liege daher ein derart gravierendes Verschulden von Bediensteten der klagenden Partei vor, dass ein allfälliges Verschulden von Mitarbeitern der beklagten Partei zu vernachlässigen sei. Die beklagte Partei bestritt ausdrücklich die Kausalität einer allenfalls ungenügenden Verriegelung für den Schaden sowie das Klagebegehren der Höhe nach.

Das Erstgericht wies im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Auf das vorliegende Ereignis seien die AGB der klagenden Partei in der ab 1. Jänner 1995 gültigen Fassung anzuwenden. Danach hafte der Absender, wenn er die Güter selbst verlade, für alle Folgen des mangelhaften Verladens und habe der Eisenbahn den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen, wobei die Eisenbahn das mangelhafte Verhalten nachzuweisen habe. Die beklagte Partei sei als Absender aufgetreten, scheine im Frachtbrief auf und habe die Verladung durchgeführt. Sie sei daher verpflichtet gewesen, nach Beendigung des Beladevorgangs für die ordnungsgemäße Aktivierung der Sicherheitseinrichtungen zu sorgen. Die klagende Partei habe den Nachweis der mangelhaften Verladung durch die beklagte Partei iSd Punkts 13.4. der AGB jedoch nicht erbracht; selbst wenn man jedoch zum Ergebnis komme, der beklagten Partei sei eine Verletzung von Verpflichtungen vorwerfbar, müsse dem Klagebegehren ein Erfolg versagt bleiben. Denn die klagende Partei habe vier Kontrollen vor Abfahrt des Zuges vorzunehmen, jedoch nur drei Kontrollen tatsächlich durchgeführt und dies offenbar so mangelhaft, dass die Abfahrt des Zuges trotz nicht aktivierter Sicherheitsvorkehrungen ermöglicht worden sei; es liege daher ein derart gravierendes Verschulden von Mitarbeitern der klagenden Partei vor, dass ein allfälliges Mitverschulden der beklagten Partei zu vernachlässigen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil, ausdrücklich, ohne die erstgerichtlichen Feststellungen zu übernehmen, die Mitarbeiter der beklagten Partei hätten nach Abschluss des Ladevorgangs und Rückschwenken der Container die Sicherheitseinrichtungen (Mittenverriegelung und Schutzrungen) ordnungsgemäß aktiviert und diese Sicherheitseinrichtungen seien im Zeitpunkt der Kontrollen durch den Verschubdienst, den Transiteur und den Wagenmeister sowie bei Abfahrt des Zuges ordnungsgemäß aktiviert gewesen.

In rechtlicher Hinsicht vertrat die zweite Instanz folgende Auffassung: Eine vertragliche Haftung der beklagten Partei scheitere daran, dass diese nur als Erfüllungsgehilfe des Absenders (= Käufers) tätig geworden sei. Auftraggeber der klagenden Partei sei der Käufer gewesen, der die Container bestellt habe und über dessen Auftrag Bedienstete der klagenden Partei die auf dem Waggon befindlichen Container bereitgestellt hätten. Überdies sei der Frachtbrief vom Käufer einige Tage vor der Beladung direkt dem Bahnhof Gmünd übermittelt worden. Die Eintragung im Frachtbrief biete nur ein widerlegbares Indiz für die Absenderstellung, durch die bloße Eintragung der beklagten Partei ohne deren Wissen als Absender im Frachtbrief werde diese nicht zum Vertragspartner des Frachtvertrags. Die Haftung der beklagten Partei als Verlader sei ebenfalls zu verneinen, selbst wenn ihre Mitarbeiter die entsprechenden Schutzvorrichtungen nicht ordnungsgemäß aktiviert hätten. § 66 Abs 4 EBG, der im Wesentlichen Punkt 13.4. der AGB entspreche, normiere die Haftung des Absenders bei Selbstverladung für alle Folgen des mangelhaften Verladens. Die Bestimmung könne ihrer ratio nach nur dazu dienen, aus einer unsachgemäßen Beladung resultierende Gefahrenquellen auszuschalten bzw. den Belader für diese haften zu lassen (wie etwa einseitige oder gupfige Beladung, mangelhafte Sicherung des verladenen Gutes gegen Hin- und Herschwanken), nicht aber die Sicherung der Container auf dem Eisenbahnwaggon selbst dem Belader zu überbinden. Schließlich sei der Ansicht des Erstgerichts beizupflichten, dass die Nichtaktivierung der Sicherung durch den Belader gegenüber der nicht (ordnungsgemäß) durchgeführten Kontrolle von Organen der klagenden Partei derart in den Hintergrund trete, dass dieses allfällige Verschulden zu vernachlässigen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.

a) Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Revisionsverfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

b) Zu einer allfälligen Haftung der beklagten Partei für den Schaden der klagenden ÖBB ex contractu: Eine Haftung der beklagten Partei unter diesem Rechtsgrund setzt voraus, dass sie Vertragspartner war. Am Frachtgeschäft sind regelmäßig drei Personen beteiligt: Als Vertragspartner der Absender, welcher im eigenen Namen und auf eigene oder fremde Rechnung mit dem Frachtführer den Frachtvertrag abschließt und der Frachtführer, der die Beförderung unternimmt. Der Empfänger, dem das Gut abgeliefert werden soll, ist nicht Vertragspartner, es sei denn, er ist zugleich auch Absender (Schütz in Straube, HGB3, § 425 HGB Rz 26). Die §§ 425 ff HGB nehmen subsidiär oder zumindest als Auslegungshilfe bei Anwendung der Sonderfrachtrechte eine wichtige Rolle ein. Zum hier anzuwendenden EisenbahnbeförderungsG BGBl 1988/180 idgF (EBG) - handelte es sich doch um eine Beförderung mit einer dem öffentlichen Verkehr dienenden Eisenbahn - als einem Sonderfrachtrecht sprach der Oberste Gerichtshof bereits aus, dass das Eisenbahnfrachtrecht als zwingend anzusehen sei (4 Ob 127/99a = RdW 1999, 659 = ZfRV 1999, 230).

§ 69 EBG regelt nun den Abschluss des Frachtvertrags und lautet:

(1) Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald die Eisenbahn das Gut mit dem Frachtbrief zur Beförderung angenommen hat. Die Eisenbahn hat die Annahme durch Anbringen des Tagesstempels des Versandbahnhofs oder des maschinellen Buchungsvermerks mit dem Annahmedatum auf dem Frachtbrief und gegebenenfalls auf jedem Zusatzblatt zu bestätigen; der Tagesstempel und der maschinelle Buchungsvermerk müssen auch die Stunde der Annahme enthalten.

(2) Die Behandlung nach Abs 1 hat sofort nach vollständiger Auflieferung des im Frachtbrief bezeichneten Gutes und, sofern die Fracht nicht nachträglich zentral berechnet und abgerechnet wird, nach Zahlung der vom Absender übernommenen Kosten oder nach Hinterlegung einer Sicherheit zu erfolgen. Diese Behandlung ist auf Verlangen des Absenders in seiner Gegenwart vorzunehmen.

(3) Der mit dem Tagesstempel oder dem maschinellen Buchungsvermerk versehene Frachtbrief dient als Beweis für den Abschluss und den Inhalt des Frachtvertrags.

(4) Für Güter, die vom Absender zu verladen sind, dient jedoch die Angabe der Masse des Gutes oder der Zahl der Stücke im Frachtbrief nur dann als Beweis gegen die Eisenbahn, sofern sie die Masse oder die Zahl geprüft und dies im Frachtbrief vermerkt hat. Diese Angaben können auch auf andere Weise bewiesen werden. Die Angabe der Masse des Gutes oder der Zahl der Stücke im Frachtbrief dient jedoch nicht als Beweis gegen die Eisenbahn, sofern der Unterschied zu dieser Angabe offensichtlich nicht auf einem Verlust beruht.

(5) Die Eisenbahn hat die Übernahme des Gutes und den Tag der Annahme zur Beförderung durch Anbringen des Tagesstempels oder des maschinellen Buchungsvermerks auf dem Frachtbriefdoppel zu bestätigen, bevor es dem Absender zurückgegeben wird. Dieses Frachtbriefdoppel hat nicht die Bedeutung des das Gut begleitenden Frachtbriefes, eines Konnossements oder eines Ladescheins.

(6) Die Eisenbahn kann mit dem Absender besondere Vereinbarungen über die Annahme des Gutes treffen oder besondere Bestimmungen darüber im Tarif festsetzen.

Der Eisenbahnfrachtvertrag kommt danach im Gegensatz zu sonstigen Frachtrechten erst durch Annahme des Gutes und des Frachtbriefs durch die Eisenbahn zu Stande; er ist nach herrschender Auffassung Real- und Formalvertrag (§ 69 Abs 1 EBG; Schütz aaO § 425 HGB Rz 28 und § 453 HGB Anh § 69 EBG Rz 2, je mwN). Nach § 57 Abs 1 EBG hat der Absender dem Gut bei der Aufgabe einen ordnungsgemäß ausgefüllten Frachtbrief mitzugeben. Die gesetzlichen Regelungen des Frachtvertrags nach §§ 425 ff HGB gelten, soweit das Sonderfrachtgesetz EBG keine besonderen Bestimmungen enthält. Mindesterfordernis eines Frachtbriefes nach § 426 Abs 2 HGB ist die Ausstellung durch den Absender und die aus der Urkunde festzustellende Tatsache, dass der Absender dem Frachtführer den Auftrag zur Beförderung eines bestimmten Gutes von einem bestimmten Ort nach einem anderen bestimmten Ort erteilt hat. Auch im Eisenbahnfrachtrecht ist der Frachtbrief kein Wertpapier, es kommt ihm jedoch im Hinblick auf den Vertragstyp (Formalvertrag) erhöhte Bedeutung zu (Schütz aaO § 57 EBG Rz 2). In welchem Umfang dem Frachtbrief Beweiskraft über den Frachtvertrag (in casu: über die Person des Absenders, entweder die im Frachtbrief genannte [beklagte Partei] oder eine andere Person [Käufer]) zukommt, ist nach den Bestimmungen der §§ 292 ff ZPO zu beurteilen. Frachtbriefe über Frachtverträge nach dem EBG unterliegen allerdings kraft der ausdrücklichen Beweisregel des § 69 Abs 3 EBG nur eingeschränkt (§ 69 Abs 4 EBG) der freien Beweiswürdigung durch den Richter. Der Gegenbeweis der darin beurkundeten Tatsachen ist jedoch zulässig (Schütz aaO § 426 HGB Rz 3). Im vorliegenden Fall liegt eine Einschränkung der richterlichen Beweiswürdigung nach § 69 Abs 4 EBG nicht vor, bezieht sich doch die strittige Tatsache allein auf den Umstand, wer - Käufer oder beklagte Partei - den Frachtvertrag abgeschlossen hat. Wer Absender ist, ergibt sich im Allgemeinen aus der Eintragung im Frachtbrief. Doch kann die - wie hier - durch die Eintragung begründete Vermutung durch andere Umstände (im Prozess) widerlegt werden.

Von einer solchen Widerlegung ist hier auszugehen. Denn im vorliegenden Fall stellte der Käufer, der auch Empfänger der zu befördernden Güter war und bereits den Containerwaggon für die Beförderung der gesammelten Altkleider bei der klagenden Partei bestellt hatte (§ 62 EBG), den für den Vertragsabschluss notwendigen Frachtbrief aus und übermittelte diesen - freilich unter Nennung der beklagten Partei im Frachtbrief als Absender - zu einem Zeitpunkt an die klagende Partei, zu dem die Mitarbeiter der beklagten Partei noch nicht mit dem Verladevorgang begonnen hatten und auch sonst noch nicht mit der klagenden Partei in Kontakt getreten waren. Die beklagte Partei hatte demnach von der Ausstellung und dem Inhalt des Frachtbriefs keine Kenntnis und mangels Vorlage an sie (weder durch den Käufer noch durch Bedienstete der klagenden Partei) auch keine Einflussmöglichkeit auf dessen Inhalt, im Besonderen, wer Absender sei.

Eine ausdrückliche Erklärung der beklagten Partei, den Frachtvertrag mit der klagenden Partei schließen zu wollen, liegt nicht vor. Selbst wenn man auch im Eisenbahnfrachtrecht ungeachtet der Bestimmungen des § 69 EBG von der Zulässigkeit eines schlüssigen Abschlusses eines Frachtvertrags ausgehen wollte, fehlt nach der maßgeblichen Vertrauenstheorie ein entsprechendes Verhalten dazu, hat sie doch (nur) die Container mit den gesammelten Altkleidern beladen, aber sonst keinen Kontakt mit der klagenden Partei gepflogen. Die in der Beweiswürdigung des Erstrichters enthaltene Wendung, die beklagte Partei sei als Absender aufgetreten (US 24 = AS 389 Mitte), ist nicht durch entsprechende Feststellungen gedeckt.

Der Käufer übersandte dagegen den von ihm ausgefüllten Frachtbrief, legte darin auch bereits den Termin für die Auflieferung der Güter fest und organisierte mit der klagenden Partei die Beförderung der Fracht, sodass er mit der klagenden Partei nicht nur einen Wagenbestellungsvertrag iSd § 62 EBG, sondern einen Frachtvertrag abschloss. Dass der Käufer auf Grund einer Vereinbarung mit der beklagten Partei als Verkäuferin auch die Eisenbahnfracht zu bezahlen hatte, ist zwar nicht ausdrücklich von den Tatsacheninstanzen festgestellt, aber naheliegend, steht doch immerhin fest, dass die klagende Partei dem Käufer mit Rechnung vom 4. Mai 1998 ua auch die Vermietung der Container in Rechnung stellte und der Käufer diese Rechnung bezahlte.

Der von der klagenden Partei gezogene Schluss, der Belader sei schon deshalb Absender iSd Frachtvertrags, entspricht nicht nur nicht den Bestimmungen des EBG, sondern negiert auch den Umstand, dass im Güterverkehr Verladetätigkeiten häufig durch Dritte als Gehilfen des Absenders erfolgen.

Die Bestimmungen des ABGB über die Stellvertretung und die Gehilfenhaftung sind auf Grund des Fehlens entgegenstehender gesetzlicher oder vertraglicher Regelungen hier anwendbar; daher erweist sich infolge der Absendereigenschaft des Käufers die beklagte Partei, die mit seinem Wissen und Willen die Verladung übernahm, um seine vertraglichen Verbindlichkeiten als Absender zur Verladung des zu befördenden Gutes (Punkt 13.1. der AGB der klagenden Partei) zu erfüllen, als dessen Erfüllungsgehilfe iSd § 1313a ABGB. Die Behauptung der Revisionswerberin, es wäre Sache der beklagten Partei gewesen, sich zu vergewissern, ob der Frachtbrief korrekt ausgefüllt sei und allfällige Diskrepanzen aufzuklären, ist nicht zu billigen, weil die beklagte Partei als Erfüllungsgehilfe des Käufers keine Verpflichtung zu einer diesbezüglichen Überprüfung trifft, dies hier im Besondereren im Hinblick darauf, dass die beklagte Partei den bereits Tage vor ihrem Tätigwerden (Verladen) vom Käufer versandten Frachtbrief nie vorgelegt bekam und ein solcher ihr gegenüber von Bediensteten der klagenden Partei nie thematisiert wurde.

Zusammenfassend haftet die beklagte Partei mangels frachtvertraglicher Beziehungen zur klagenden Partei nicht für den dieser entstandenen Schaden.

c) Zu einer allfälligen Haftung der beklagten Partei für den Schaden der klagenden ÖBB ex delicto - der Erfüllungsgehilfe selbst haftet dem Geschädigten nach stRsp nur deliktisch, wobei der Geschädigte das Verschulden zu beweisen hat (SZ 51/97, SZ 51/176 ua) - enthält das Rechtsmittel keine konkreten Ausführungen, sodass sich eine Stellungnahme des Revisionsgerichtes dazu verbietet.

Dem Rechtsmittel ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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