European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00025.17Y.0329.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Vorinstanzen haben die auf den angeblich mündlich von den Streitteilen geschlossenen, in der Folge aber nicht ausgeführten Generalunternehmervertrag gestützte Werklohnklage mangels wirksamen Abschlusses dieses Vertrags abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Die Klägerin, die ihre um die Eigenersparnis infolge unterbliebener Ausführung des Werks geminderte Werklohnforderung weiter verfolgt, zeigt keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO auf.
1. Ein Mangel des Berufungsverfahrens liegt nur dann vor, wenn sich das Berufungsgericht mit der Beweiswürdigungsrüge nicht oder nur so mangelhaft befasst hat, dass keine nachvollziehbaren Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt und im Urteil festgehalten sind (RIS‑Justiz RS0043371, insbesondere T4, T13). Ob die auf die Beweisrüge bezügliche Begründung des Berufungsgerichts richtig oder fehlerhaft ist, fällt in den Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043371 [T12]). Entgegen den Behauptungen in der Revision hat sich das Berufungsgericht nicht nur mit der Rüge der erstgerichtlichen Feststellung auseinandergesetzt, dass die Streitteile vor hatten, den Generalunternehmervertrag schriftlich abzuschließen, sondern auch mit der weiters bekämpften Feststellung, dass anlässlich einer Besprechung im Mai 2012 noch keine endgültige Einigung über den Vertragsinhalt erzielt wurde.
2. Die von der Klägerin behauptete Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes, weil das Berufungsgericht ohne Verfahrensergänzung zusätzliche oder vom Erstgericht abweichende Feststellungen getroffen hätte, ist nicht zu erkennen. Die vom Erstgericht getroffene und von der Klägerin in der Berufung bekämpfte Feststellung zum behaupteten Vertragsabschluss ist eindeutig dahin zu verstehen, dass bei der Besprechung im Mai 2012 zum einen keine mündliche Einigung über den Abschluss des Vertrags zustande kam und zum anderen sich die Parteien erst mit dem schriftlichen Vertragsabschluss binden wollten. Von diesen Feststellungen ging das Berufungsgericht nicht ab.
3. Die erforderlichen Feststellungen für die Beurteilung der hier allein entscheidenden Frage (ob der als Grundlage für den geltend gemachten Werklohnanspruch herangezogene Vertrag wirksam zustande kam) sind entgegen der in der Revision vertretenen Auffassung auch nicht widersprüchlich:
Ist doch die (offenbar unzutreffende) rechtliche Beurteilung des Erstgerichts, die Streitteile hätten einen Vorvertrag abgeschlossen, nicht als dislozierte Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen eines Vorvertrags anzusehen. Unwidersprochen fest steht vielmehr, dass keine mündliche Einigung zustande kam und sich die Parteien erst mit einem schriftlichen Vertragsabschluss binden wollten.
Widersprüchlich sind lediglich die Feststellungen des Erstgerichts dazu, ob anlässlich der Besprechung im Mai 2012 eine Einigung über den in Aussicht genommenen Baubeginn erzielt wurde. Da die Festlegung dieses Termins jedoch kein unabdingbarer Bestandteil des Werkvertrags ist, kommt diesem Umstand keine entscheidende Bedeutung zu. Zur Gültigkeit des Werkvertrags hätte zwar die Einigung mit Bindungswillen über das vom Kläger herzustellende Werk genügt; demgegenüber bedeutet die Einigung über einen in Aussicht genommenen Beginn der Werkleistung aber noch keine Auftragserteilung an sich.
Gleiches gilt für die behauptetermaßen getroffene Vereinbarung über den Quadratmeterpreis von 4.500 EUR (angenommene Herstellungskosten pro errichteter Nutzfläche): Dass Einigung über verschiedene Vertragspunkte erzielt wird, bedeutet nämlich noch nicht die Einigung über den Vertrag an sich (Auftragserteilung).
4. Die Klägerin beruft sich für die von ihr erhobene Werklohnforderung letztlich auf eine mündliche Auftragserteilung im Mai 2012. Die Beklagte bestreitet das Zustandekommen des von der Klägerin behaupteten Generalunternehmervertrags. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass ein solcher Vertrag nicht wirksam zustande gekommen sei bzw die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Tatsachenfeststellungen (mangelnder Abschlusswille, Vorbehalt der Schriftform) halten sich daher im Rahmen des erstinstanzlichen Bestreitungsvorbringens der Beklagten. Dass die Vorinstanzen aus dem festgestellten Sachverhalt, insbesondere auch den von der Klägerin ins Treffen geführten Urkunden, auf den fehlenden Abschlusswillen geschlossen haben, verstößt nicht gegen die Denkgesetze und bildet auch sonst keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Die mehrfache Übersendung eines Vertragsentwurfs, der kein Datum, aber die Formulierung enthält, dass die Parteien „am unten bezeichneten Tag“ bzw „nunmehr“ einen Vertrag abschließen, weist vielmehr eindeutig darauf hin, dass der bindende Vertragsabschluss der Unterzeichnung des Vertrags vorbehalten sein soll. Weder im Vertragsentwurf noch in den Begleitschreiben ist davon die Rede, dass eine verbindliche Einigung bereits erzielt worden wäre und der Vertrag lediglich Beweiszwecken hätte dienen sollen. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Klägerin im Schreiben nach der Besprechung, in der (nach dem von ihr eingenommenen Standpunkt) angeblich bereits die endgültige vertragliche Einigung erzielt worden sein soll, lediglich „für das konstruktive Gespräch“ dankt, nicht etwa für die Auftragserteilung oder den Vertragsabschluss.
Entgegen dem Standpunkt der Klägerin in ihrer Revision haben die Vorinstanzen den Formvorbehalt gar nicht aus dem Umstand abgeleitet, dass in der Vertragsurkunde ausdrücklich ein Formvorbehalt für nachträgliche Vertragsänderungen vorgesehen gewesen sei, sondern aus dem Gesamtverhalten der Parteien im Zusammenhang mit den erörterten, aber nicht unterfertigten schriftlichen Vertragsentwürfen. Ein Widerspruch zu der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung (vgl 9 Ob 2104/96v) besteht daher nicht.
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