OGH 3Ob241/14h

OGH3Ob241/14h18.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. A. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. A*****, vertreten durch Dr. Martin Drahos, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei G*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Wiedner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 29. Oktober 2014, GZ 38 R 113/14w‑33, womit das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 18. Februar 2014, GZ 20 C 148/13k‑29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00241.14H.0318.000

 

Spruch:

 

Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 744,43 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 124,07 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Bis zu seinem Tod am 28. Juli 1979 war der Vater des Beklagten alleiniger Hauptmieter der im Haus der Klägerin gelegenen aufgekündigten Wohnung. Zu diesem Zeitpunkt wohnten dort jedenfalls auch der damals schon volljährige Bruder des Beklagten und die gemeinsame Mutter, die Ehefrau des Hauptmieters, im gemeinsamen Haushalt.

Am 24. Februar 1992 verstarb die Mutter, die bis zu ihrem Tod in der aufgekündigten Wohnung gewohnt hat. Eine Einantwortung ihrer Verlassenschaft fand nicht statt.

Die am 29. März 2013 eingebrachte Aufkündigung der Klägerin ist ausschließlich gegen die Verlassenschaft nach dem Bruder gerichtet, dem die Verlassenschaft in weiterer Folge eingeantwortet wurde, und stützt sich auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 5 und 6 MRG. Mieter der Wohnung sei ausschließlich der am 3. Februar 2013 verstorbene Bruder des Beklagten gewesen. Dieser sei niemals Mitmieter der Wohnung geworden, er verfüge über eine andere Wohnung. Zum Zeitpunkt des Todes der Mutter habe der Bruder des Beklagten die Voraussetzungen für den Eintritt in die Mietrechte im Sinn des § 14 Abs 2 MRG erfüllt, weil er mit Vater und Mutter bis zu deren Tod (im Gegensatz zum Beklagten) ununterbrochen seit dem Einzug der Familie in der aufgekündigten Wohnung in einem Haushalt gewohnt habe.

Der Beklagte wendete ein, sein verstorbener Bruder sei lediglich Mitmieter der Wohnung gewesen. Nach dem Tod des Vaters seien die Mutter und beide Söhne in den Mietvertrag eingetreten und ab diesem Zeitpunkt Mitmieter gewesen.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtsunwirksam und wies das Räumungsbegehren ab. Alle Voraussetzungen des Eintritts in die Mietrechte des Verstorbenen nach § 14 Abs 2 und 3 MRG seien sowohl hinsichtlich der Mutter als auch des Bruders des Beklagten im Zeitpunkt des Todes des gemeinsamen Vaters verwirklicht gewesen. Das Mietverhältnis habe daher nach dem Tod des Vaters jedenfalls mit der Mutter und dem Bruder des Beklagten als Mitmieter fortbestanden. Mangels Aufkündigung bestehe es mit dem ruhenden Nachlass nach der verstorbenen Mutter fort. Ein Mitmieter allein sei passiv nicht legitimiert; die Klägerin habe unterlassen, den ruhenden Nachlass nach der verstorbenen Mutter in die Kündigung miteinzubeziehen.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung und sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei. Auch Mitmietrechte gingen auf die Erben über und fielen nicht etwa den anderen Mitmietern zu. Der Bruder des Beklagten habe zum Zeitpunkt des Todes der Mutter die Voraussetzungen für den gesetzlichen Eintritt in deren Mitmietrechte an der aufgekündigten Wohnung nicht erfüllt. Er sei bereits Mithauptmieter der Wohnung gewesen und habe daher bereits ein gesichertes Recht an der aufgekündigten Wohnung gehabt. Sollte der Beklagte selbst ebenfalls zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters eintrittsberechtigt gewesen und schon damals Mitmieter geworden sein, ändere dies nichts daran, dass die Aufkündigung schon deshalb scheitern müsse, weil die nach wie vor bestehende Verlassenschaft nach der Mutter des Beklagten nicht in die Aufkündigung miteinbezogen worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Klägerin, mit der sie ihren aus der Aufkündigung abgeleiteten Räumungsanspruch weiterverfolgt, ist mangels Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem gleichartigen Sachverhalt zulässig, aber nicht berechtigt.

Sowohl nach dem Mietengesetz als auch nach dem Mietrechtsgesetz kommt es mit dem Tod des (Mit‑)Mieters ex lege zu einer Sonderrechtsnachfolge in das Mietrecht; das Mietrecht wächst nicht dem(n) anderen (Mit‑)Mieter(n) zu (4 Ob 537/95 SZ 68/169 mwN; Würth/Zingher/Kovanyi , Miet‑ und Wohnrecht 22 § 14 Rz 1 mwN zur zweitinstanzlichen Rechtsprechung).

Das Eintrittsrecht setzt ein Hauptmietverhältnis, das Vorhandensein naher Angehöriger im gemeinsamen Haushalt, und deren dringendes Wohnbedürfnis voraus ( Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 12 ff mwN).

Unabhängig davon, ob auch der nunmehr beklagte Sohn seinerzeit nach dem Vater eintrittsberechtigt war und damit allenfalls auch (weiterer) Mitmieter ist, war nach dem festgestellten Sachverhalt jedenfalls die Mutter des Beklagten nach dem Tod des Vaters eintrittsberechtigt und wurde daher Mitmieterin. Sie hat mit ihrem Ehemann, dem damaligen Hauptmieter der Wohnung bis zu seinem Tod im gemeinsamen Haushalt gewohnt und war auf die fortdauernde Benützung der aufgekündigten Wohnung angewiesen. Ebenso ist zwischen den Parteien unstrittig, dass der zum Zeitpunkt des Todes des Vaters im gemeinsamen Haushalt in der aufgekündigten Wohnung wohnende Bruder des Beklagten als gleichfalls eintrittsberechtigter Mitmieter wurde. Daran änderte auch der Tod der Mutter am 24. Februar 1992 nichts.

Nach dem Klage‑/Kündigungsvorbringen war der Beklagte nicht eintrittsberechtigt, sodass die Verlassenschaft nach der Mutter ‑ sie wurde nie durch Einantwortung beendet ‑ weiter Mitmieterin blieb. Rechtsnachfolge nach § 14 Abs 2 und 3 MRG zugunsten des jedenfalls in der Wohnung verbliebenen Sohnes trat nicht ein, weil dieser bereits Mitmieter war. Eine Anwachsung von Mitmietrechten findet ‑ wie schon ausgeführt ‑ nicht statt.

Dass Mitmieter im Kündigungsprozess eine einheitliche Streitpartei bilden, sodass eine Aufkündigung gegenüber allen Mitmietern zu erfolgen hat, entspricht ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0013160, RS0020369). Die alleine gegen die Verlassenschaft nach dem Bruder des Beklagten gerichtete Aufkündigung musste daher scheitern (RIS‑Justiz RS0013160 [T15]).

Wäre der Beklagte nach dem Tod seiner Mutter ebenfalls in das Mietverhältnis eingetreten, hätte ihn die Klägerin gemeinsam mit der Verlassenschaft nach dem jedenfalls eingetretenen Sohn kündigen müssen, was sie ebenso unterlassen hat. Die Vorinstanzen sahen daher zu Recht davon ab, die Frage eines allfälligen Eintrittsrechts des Beklagten selbst zum Zeitpunkt des Todes seines Vaters zu untersuchen.

Der Revision der Klägerin musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41 und 50 ZPO. Für die Revisionsbeantwortung gebührt nur der einfache Einheitssatz gemäß § 23 Abs 3 RATG.

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