European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0030OB00230.15T.1216.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Obsorgeentscheidung hat ausschließlich nach Maßgabe des Kindeswohls zu erfolgen, dieses geht dem Elternrecht vor (RIS‑Justiz
RS0118080). Es ist die derzeitige Lebenssituation zu berücksichtigen und eine Zukunftsprognose zu treffen (RIS‑Justiz
RS0106312). Bei einer Kollision mehrerer obsorgerechtlicher Leitgedanken ist stets eine Gesamtschau maßgeblich (RIS‑Justiz
RS0047832 [T7, T12]).
Obsorgeentscheidungen sind jeweils solche des Einzelfalls und begründen nur bei Verletzung leitender Rechtsprechungsgrundsätze erhebliche Rechtsfragen (RIS‑Justiz
RS0097114). Wurde auf das Kindeswohl ausreichend Bedacht genommen, kommt der Entscheidung keine grundsätzliche Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG zu (RIS‑Justiz
In der Rechtsansicht der Vorinstanzen, die es aufgrund der gesamten Umstände insgesamt als für das Wohl des Minderjährigen günstiger ansahen, dass er sich (bei gemeinsamer Obsorge der Eltern) hauptsächlich bei seinem Vater aufhält, liegt jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Der Minderjährige lebt dort seit mehr als eineinhalb Jahren ‑ nach der wegen der damals äußerst problematischen Situation im Haushalt der Mutter notwendig gewordenen vorübergehenden Unterbringung in einem Krisenzentrum ‑, wird vom Vater und dessen Familie betreut und ist offensichtlich mit seiner Lebenssituation sehr zufrieden, ohne jemals den Wunsch nach einer Rückkehr in den Haushalt der Mutter geäußert zu haben.
Daran kann auch die im außerordentlichen Revisionsrekurs dargelegte ‑ im Hinblick auf die im Obsorgeverfahren beachtliche (RIS‑Justiz RS0106313) ‑ Änderung der Sachlage gegenüber jener zum Zeitpunkt der Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis nichts ändern:
Mittlerweile halten sich die vier bzw fünf Jahre alten Halbschwestern des Minderjährigen, mit denen er bis zur Krisenunterbringung aller drei Kinder im Februar 2014 aufgewachsen ist, wieder hauptsächlich (acht statt bisher fünf Tage in zwei Wochen) bei der Mutter auf, sodass ein engerer Kontakt zwischen den Geschwistern möglich wäre, wenn auch der Minderjährige wieder hauptsächlich bei seiner Mutter wohnte. Ein regelmäßiger Kontakt der Geschwister ist hier allerdings ohnehin dadurch sichergestellt, dass sich nach den von der Mutter mit den Vätern der Kinder geschlossenen Vergleichen an den Wochenenden der ungeraden Wochen (zumindest im Regelfall) alle drei Kinder in ihrem Haushalt aufhalten. Auch unter Berücksichtigung der geänderten Umstände für die zukunftsbezogene Rechtsgestaltung (RIS‑Justiz RS0106312) entspricht es dem Kindeswohl daher mehr, wenn der Minderjährige weiterhin hauptsächlich bei seinem Vater lebt.
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