OGH 3Ob22/01h

OGH3Ob22/01h11.7.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G*****, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian Partnerschaft in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Margarete H*****, und 2.) Martina H*****, beide vertreten durch Rechtsanwälte Hopmeier, Sauerzopf & Partner in Wien, wegen S 1,676.332,82 sA, über die Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 23. Oktober 2000, GZ 14 R 97/00p-20, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 8. März 2000, GZ 6 Cg 257/97a-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit S 27.006,18 (darin enthalten S 4.501,03 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen einem Hauseigentümer und einer Bau GmbH wurde auf Grund des Anbots vom 24. 2. 1992 im Jahr 1994 eine Fundamentsanierung mittels Hochdruckbodenvermörtelung vereinbart. Die Nettoauftragsvergabesumme betrug S 2,513.360,-- zuzüglich 20 % USt. Die Vereinbarung enthielt ua folgende Klausel:

"Eine Erhöhung des Angebotspreises kann nur akzeptiert werden, wenn eine solche Erhöhung im Rahmen des § 18 - Verfahrens, das bei der Magistratsabteilung 50 anhängig ist, akzeptiert wird. Gemäß der Besprechung mit Baumeister P***** ist anzunehmen, dass die Erhöhung der Preise gemäß der Indexsteigerung von 4,57 % für das Jahr 1992 und 5,1 % für das Jahr 1993 akzeptiert werden ((gemeint wohl: wird)). Der Auftraggeber übernimmt keine Verantwortung für die Akzeptanz von weiteren Erhöhungen."

Der Auftrag wurde für den Hauseigentümer durch eine Hausverwaltungs-GmbH erteilt. Die Auftragnehmerin verschmolz in der Folge mit einer anderen GmbH zur nunmehr klagenden GmbH.

In einem Schreiben an die Hausverwaltungs-GmbH, das von deren Geschäftsführer übernommen, gelesen und abgelegt wurde, schrieb die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei unter anderem:

"... ((Rechtsvorgängerin der klagenden Partei)) wird im Zuge der Arbeiten laufend eine Soll-Ist-Kontrolle der Massen vornehmen. Bei Erkennen einer Massenmehrung wird umgehend an Sie Meldung erstattet und die Bestätigung durch die MA 25 der Mehrkosten erwirkt. Im Falle einer negativen Auskunft seitens der MA 25 ist die weitere Vorgangsweise noch gesondert zu vereinbaren."

Die klagende Partei legte entsprechend des Baufortschrittes mehrmals Teilrechnungen und die Schlussrechnung Nr. 4/S/4670 vom 29. 12. 1994 über S 4,189.692,82. Alle Rechnungen sind an die Hausverwalter-GmbH gerichtet. In der Schlussrechnung ist ein Mehrwertsteuerbetrag von S 696.282,14 ausgewiesen.

Den beklagten Parteien wurde auf Grund einer unbedingten Erbserklärung die Verlassenschaft nach dem Hauseigentümer eingeantwortet. Von ihrer Seite wurde lediglich der im Anbot enthaltene Nettobetrag in der Höhe von S 2,513.360,-- bezahlt. Der restliche Betrag von S 1,676.332,82 haftet unberichtigt aus.

Neben den Teilrechnungen wurde auch die Schlussrechnung der klagenden Partei von dem von der Hausverwaltung mit der Bauaufsicht beauftragten Techniker freigegeben. Er hielt aber auf Grund einer Mitteilung der Hausverwaltungs-GmbH in einem Schreiben vom 6. 4. 1995 an die klagenden Partei fest, dass die Schlussrechnung nicht freigegeben werden könne, bis die Indexsteigerung von der MA 50 (§ 18 - Verfahren) anerkannt werde.

Bei der Fundamentsanierung kam es auf Grund der besonderen geologischen Verhältnisse an Ort und Stelle zu einer Massenmehrung, die nur mit erheblichem Aufwand vorweg abzuklären gewesen wäre. Darüber wurde der Auftraggeber schriftlich zu Handen der Hausverwaltung verständigt. Zu einer Rückmeldung kam es nicht. Die Massenmehrung wurde dadurch verursacht, dass die Fundamentunterkante von der tragfähigen Bodenschicht weiter entfernt war, als ursprünglich angenommen. Der Auftraggeber verständigte die MA 25 über die Massenmehrung nur insofern, als ein Beamter davon verständigt und ihm die Telefonnummer eines Angestellten der klagenden Partei bekannt gegeben wurde. Die MA 25 erteilte eine dem ursprünglichen Nettoauftragsvolumen entsprechende Genehmigung. Eine Entscheidung über die erforderlichen Massenmehrungen liegt bislang nicht vor. Der Schlussrechnung ist ein "Nachweis/Preiserhöhung MA 25" angeschlossen.

Mit Antrag vom 21. 11. 1996 begehrte der Hauseigentümer im Hinblick auf eine rechtskräftige vorläufige Entscheidung gemäß § 18 Abs 4 MRG vom 9. 3. 1995 die Neuberechnung der Erhöhungsbeträge gemäß § 19 Abs 3 MRG.

Im Antrag vom 29. 11. 1996 begehrte er mit der Begründung, dass trotz 4-jähriger Verfahrensdauer lediglich eine vorläufige Entscheidung vorliege und über die endgültigen Erhöhungsbeträge bislang noch nicht entschieden worden sei, die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 40 MRG. Dem kam die MA 50 am 24. 2. 1997 nach. Die Bestätigung wurde dem Vertreter des Antragstellers am 17. 3. 1997 zugestellt.

Es steht nicht fest, ob mittlerweile beim zuständigen Bezirksgericht ein Msch-Verfahren eingeleitet wurde; weiters, dass erst Ende April 1999 die Endabrechnung für alle Erhaltungsarbeiten, die Gegenstand des Verfahrens gemäß § 19 Abs 3 MRG waren, den Beklagten vorgelegt worden wären, sowie, dass die Beklagten ihrem Vertreter "erst kürzlich" die Hauptmietzinsabrechnungen 1996 bis 1999 mit Stichtag April 1999 samt allen dazugehörigen Rechnungen zu Verfügung gestellt hätten. Es stehen keine Umstände fest, die die Preisangemessenheit der Rechnungen der klagenden Partei in Zweifel zu ziehen geeignet erscheinen ließen.

Die klagende Partei begehrte zuletzt die Zahlung von S 1,676.332,82 sA für ordnungsgemäß verrichtete Arbeiten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wendeten im Wesentlichen ein:

Der Anspruch sei nicht fällig, weil die Mehrkosten in einem § 18 - MRG-Verfahren noch nicht festgestellt worden seien und der vereinbarungsgemäß zwischengeschaltete Zivilingenieur die Schlussrechnung noch nicht freigegeben habe. Im Übrigen sei der Umfang der in Rechnung gestellten Massenmehrungen unrichtig und die Preise nicht angemessen. Weiters seien die Voraussetzungen für ein § 19 MRG-Verfahren bzw sinngemäß für ein daran anschließendes § 18 Abs 3 MRG - Verfahren "erst Ende April 1999" eingetreten, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Endabrechnung für alle Erhaltungsarbeiten vorgelegen seien. Es sei daher noch keine Entscheidung der Schlichtungsstelle ergangen. Auf Grund einer entsprechenden Bestätigung der Schlichtungsstelle sei das Verfahren zum zuständigen Bezirksgericht abgezogen worden.

Im Übrigen sei die Klagsforderung verjährt. Das Klagebegehren werde im Umfang der in den Rechnungen enthaltenen Umsatzsteuer auch deshalb bestritten, weil ihnen eine Rechnung nicht übermittelt worden sei, die sie zum Vorsteuerabzug berechtige. Insoweit sei die klagende Partei ihren Verpflichtungen aus dem Vertragsverhältnis nicht nachgekommen und es werde der begehrte Umsatzsteuerbetrag auch kompensando aus dem Titel des Schadenersatzes eingewendet.

Das Erstgericht stellte fest, dass die eingeklagte Forderung mit S 1,676.332,82 zu Recht und dass die eingewendete Gegenforderung von S 698.282,14 nicht zu Recht besteht, und verurteilte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Bezahlung von S 1,676.332,82 sA. Es traf im Wesentlichen die oben wiedergegebenen Feststellungen.

In rechtlicher Hinsicht verneinte es das Vorliegen einer Pauschalvereinbarung. Vielmehr liege ein "Ausmaßvertrag" vor. Berücksichtige man, dass es sich bei der MA 25 um jene Landesstelle handle, die auch als technisch-wirtschaftliche Prüfstelle für Wohnhäuser eingerichtet und auch für besondere Angelegenheiten der Stadterneuerung zuständig sei, könne die entsprechende Vereinbarung nur bedeuten, dass die Beklagten im Hinblick auf besondere Förderungsbestimmungen des Landes gezwungen sein mögen, Kostenvoranschläge (Rechnungen) überprüfen und genehmigen zu lassen, nicht jedoch, dass die klagende Partei verpflichtet sei, die Einleitung eines Prüfungsverfahrens "zu beantragen". Die Vereinbarung sei dahin auszulegen, dass Massenmehrungen auch dann von den Beklagten zu begleichen seien, wenn überhaupt keine Stellungnahme der MA 25 eingeholt wurde. Da ein § 18 MRG-Verfahren bloß für die Erhöhung des Angebotspreises im Umfang einer allfälligen Indexsteigerung relevant sei, nicht jedoch im Fall einer Massenmehrung, könne aus der betreffenden Vertragsbestimmung auch nicht die mangelnde Fälligkeit des Mehrpreises abgeleitet werden. Im Übrigen könnten sich die Beklagten auf die Voraussetzungen einer Akzeptanz der Erhöhung des Angebotspreises durch eine Indexsteigerung im Rahmen des § 18 - Verfahrens nur dann berufen, wenn ein solches Verfahren ordentlich eingeleitet und gehörig fortgesetzt werde. Es stehe aber nicht fest, ob überhaupt ein Msch-Verfahren eingeleitet wurde. Die Verjährung sei zu verneinen, seien doch die Arbeiten im Mai 1994 geleistet und die Klage am 24. 4. 1997 bei Gericht angebracht worden. Die klagende Partei sei auch allen formellen Prüferfordernissen bei Legung der Rechnungen nachgekommen, weshalb sich die Beklagten diesbezüglich auf eine mangelnde Fälligkeit nicht berufen könnten.

Es sei allerdings richtig, dass offenkundig eine "umsatzsteuerfähige" Rechnung tatsächlich nicht gelegt worden sei. Eine Rechnung habe jedenfalls auch den Namen und die Anschrift des Leistungsempfängers zu enthalten. Da Auftraggeber der Hauseigentümer und nicht die Hausverwaltung sei, bestehe insofern ein vertraglicher Anspruch der Beklagten gegenüber der klagenden Partei auf ordnungsgemäße Rechnungslegung. Eine Berichtigung, welche allerdings nicht zurück wirke, wäre angebracht. Es sei der behauptete Schaden zu verneinen, da durch eine Rechnung im Sinn des § 11 UStG unabhängig vom Zeitpunkt der entsprechenden Zahlung an die klagende Partei die Beklagten zwar berechtigt seien, den in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag als Vorsteuer beim Finanzamt geltend zu machen und somit eine entsprechende Gutschrift zu bewirken. Gleichzeitig seien aber die Beklagten wiederum verpflichtet, der klagenden Partei den ausgewiesenen Rechnungsbetrag einschließlich des Umsatzsteuerbetrages zu zahlen, weshalb jedenfalls ein ausdrücklich (aufrechnungsweise) geltend gemachter Schaden des Umsatzsteuerbetrages selbst nicht vorliege. Ein möglicherweise anderer dadurch entstandener Vermögensnachteil sei weder behauptet worden noch durch von den Beklagten angebotenen Beweismitteln erweisbar.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung der beklagten Parteien nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil insbesondere zur Frage eines schlüssigen Verzichts auf eine Rechnungsadressierung im Sinn des § 11 Abs 1 Z 2 UStG keine höchstgerichtliche Rechtsprechung gefunden worden sei.

Das Berufungsgericht verneinte die behauptete Aktenwidrigkeit und "unvollständige Sachverhaltsfeststellung" im Hinblick auf die Anrufung des Bezirksgerichtes. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes. Die Rechtsrüge sei, soweit sie nicht von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehe, nicht zu behandeln. Zu prüfen sei jedoch die Fälligkeit des eingeklagten restlichen Werklohnes samt der gesamten Umsatzsteuer. Die Beklagten hätten zwar ein Verfahren nach § 19 Abs 3 MRG bei der Zentralen Schlichtungsstelle eingeleitet, dann jedoch eine Bestätigung gemäß § 40 Abs 3 MRG veranlasst, wonach und wodurch das Verfahren bei der Schlichtungsstelle nicht fortgeführt wurde, habe diese doch mit einem "Abziehen" der Streitsache zum Bezirksgericht rechnen müssen. Andererseits hätten es aber die Beklagten mindestens während 2 1/2 Jahren unterlassen, beim Bezirksgericht einen solchen Antrag zu stellen. Es dürfe jedoch niemand einen Vorteil daraus ziehen, dass er treuwidrig den Ablauf der Ereignisse zu seinen Gunsten beeinflusst. Wenn also jener, dem der Eintritt der Bedingung zum Nachteil gereicht, diesen gegen Treu und Glauben vereitelt, gelte die Bedingung als eingetreten (Koziol/Welser I11, 173 mwN). Dass der Beklagtenvertreter erst im April 1999 die Urkunden für die Hauptmietzinsabrechnung bis zu diesem Zeitpunkt erhalten habe, sei kein Grund für die Unterlassung einer solchen Antragstellung. Für diese brauche auch nicht die Fertigstellung aller Arbeiten abgewartet werden, weil schon Teilarbeiten eine Erhöhung der Mietzinse rechtfertigen könnten. Es sei auch nicht der vereinbarte Fall eingetreten, dass die MA 25 Bedenken gegen die Massenmehrung geäußert hätte. Nur für diesen Fall sei eine neue vertragliche Regelung vorgesehen gewesen.

Zuzustimmen sei der Ansicht der Beklagten, die vorliegenden Rechnungen seien für sie zum Vorsteuerabzug nicht geeignet. Gemäß § 11 Abs 1 Z 1 und 2 UStG müsse die Rechnung eine eindeutige Feststellung (Bestimmung) des Namens und der Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers ermöglichen (für viele: VwGH vom 24. 2. 2000, 97/15/0151). Diese Voraussetzungen erfüllten die Rechnungen nicht, da sie ohne Hinweis auf das Vertretungsverhältnis an die Hausverwaltungs-GmbH gerichtet seien. Die klagende Partei habe aber alle Rechnungen ebenso wie das Schreiben, mit dem der Vertrag zustandegekommen sei, an die Hausverwaltungs-GmbH gerichtet, die Beklagten hätten die außer Streit stehenden Teilzahlungen geleistet. Aus diesem Verhalten habe die klagende Partei nur schließen können, dass für die Bezahlung der Rechnungen die gewählte Adressierung ausreichend sei. Die Beklagten hätten niemals bekanntgegeben, dass eine falsche Adressierung der Rechnungen erfolgt sei oder deren Korrektur verlangt werde. Die Zahlungsverweigerung sei auch nicht mit diesem Hinweis erfolgt. Ein Vorbringen, dass nunmehr den Beklagten ein Vorsteuerabzug auch dann nicht möglich sei, wenn sie jetzt eine an sie adressierte, den Voraussetzungen des § 11 Abs 1 Z 1 und 2 UStG genügende Rechnungen erhielten, sei erstmals in der Berufung, also verspätet erstattet worden. Es brauche daher nicht überprüft zu werden, ob den Beklagten noch eine Geltendmachung eines Vorsteuerabzuges in Höhe der von der klagenden Partei verrechneten Umsatzsteuer möglich sei. Daher könne ein Schaden der Beklagten aus der Unterlassung einer ausreichenden Adressierung in diesem Verfahren zu keinen Ersatzansprüchen führen, weshalb die Gegenforderung zu verneinen sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Parteien, mit der sie die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dahin begehren, dass die Klage abgewiesen werde. Hilfsweise stellen sie einen Aufhebungsantrag.

Die klagende Partei erstattet eine Revisionsbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegen, wovon sich der erkennende Senat überzeugt hat, nicht vor. Dies bedarf gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung.

Soweit in der Rechtsrüge von den beklagten Parteien die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes im Zusammenhang mit der Fortsetzung der Verfahren nach §§ 18, 19 MRG vor der Schlichtungsstelle bekämpft, ist auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Dem Einwand mangelnder Fälligkeit des (gesamten) Entgeltes wegen mangelnder Rechnungslegung ist entgegenzuhalten, dass die Beklagten nicht nur in erster Instanz derartiges nicht geltend gemacht haben, sondern auch in der Berufung eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch das Erstgericht in diesem Punkt nicht behauptet haben.

Da das Erstgericht die Fälligkeit des Entgeltes ausdrücklich bejaht hat, bedeutet die fehlende Anfechtung dieses Urteiles in diesem Punkt, dass die rechtsvernichtende Einwendung der mangelnden Fälligkeit nicht mehr aufrecht erhalten wurde (vgl Kodek in Rechberger, ZPO2 § 503 Rz 5 mN).

Mit Recht wenden sich allerdings die beklagten Parteien gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, durch die Bezahlung der gelegten Teilrechnungen ohne Hinweis auf deren unrichtige Adressierung hätten sie schlüssig auf das Legen einer § 11 UStG entsprechenden Umsatzsteuerrechnung verzichtet. Abgesehen davon, dass die klagende Partei auf das Vorbringen der Beklagten zur fraglichen Kompensandoeinwendung mit keinem Wort repliziert hat, fehlt es jedenfalls sowohl an Behauptungen als auch an Feststellungen, aus denen der vom Berufungsgericht angenommene schlüssige Verzicht abgeleitet werden könnte. Zu Recht weisen die Revisionswerberinnen darauf hin, dass nach § 863 ABGB bei einer stillschweigenden Willenserklärung kein vernünftiger Grund übrig sein darf daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in bestimmter Richtung vorliegt, wobei besonders beim unentgeltlichen Verzicht ein besonders strenger Maßstab anzulegen ist (Koziol in Koziol/Welser11 I 92 mN; Rummel in Rummel, ABGB3 § 863 Rz 14). Berücksichtigt man die noch darzustellenden Rechtsfolgen einer § 11 UStG widersprechenden Rechnungslegung, fehlt es an jeglicher Voraussetzung für die Annahme, die Beklagten hätten auf eine korrekte Rechnungslegung verzichten wollen.

Dennoch steht den Beklagten tatsächlich die geltend gemachte Gegenforderung nicht zu. Geht man zu ihren Gunsten davon aus, dass ihnen an sich ein Vorsteuerabzug im Sinn des § 12 UStG zustünde, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, dass sie nicht einmal konkrete Behauptungen aufgestellt haben, wodurch daraus, dass die klagende Partei ihnen bislang keine dem Gesetz entsprechende Rechnung gelegt habe, ein Schaden (in Höhe des begehrten Umsatzsteuerbetrages) entstanden sei. Ein Verspätungsschaden (vgl dazu Ruppe, UStG2 § 11 Rz 25) wird gerade nicht geltend gemacht, ebensowenig, dass aus sonstigen Gründen ein Vorsteuerabzug nicht möglich wäre. Selbst wenn man aber in dem knappen Vorbringen in erster Instanz die Behauptung enthalten sähe, der Schaden sei deshalb eingetreten, weil diese Rechnungslegung nun nicht mehr mit der Wirkung nachgeholt werden könne, dass die fragliche Vorsteuer gegenüber der Republik Österreich geltend gemacht werden könnte, kann ihnen keineswegs gefolgt werden.

Aus § 11 Abs 1 UStG ergibt sich zwar eine zivilrechtliche Verpflichtung des liefernden Unternehmers zur Ausstellung einer Rechnung (SZ 52/101 = AnwBl 1980, 79 = EvBl 1980/12; SZ 55/87 = MietSlg 34/21; SZ 59/140 ua E zu RIS-Justiz RS0045702). Die - im Übrigen durch nichts gerechtfertigte (vgl Ruppe aaO Rz 26) - Behauptung, der Rechnungslegungsanspruch wäre bereits verjährt, wurde nicht aufgestellt. Es lässt sich aber auf dem UStG 1994 auch sonst in keiner Weise ableiten, durch die unrichtige Rechnungslegung an den Hausverwalter anstatt an die Beklagten (bzw deren Rechtsvorgänger) als tatsächliche Leistungsempfänger sei bereits ein Schaden in Höhe des Vorsteuerabzuges entstanden, weil dieser von den Beklagten nunmehr endgültig nicht mehr geltend gemacht werden könnte.

Nach § 12 Abs 1 UStG kann der Unternehmer als Vorsteuerbeträge die von anderen Unternehmen in einer Rechnung nach § 11 UStG an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen. Demnach ist der Vorsteuerabzug erst möglich, wenn alle diese Voraussetzungen vorliegen. Frühester Zeitpunkt des Vorsteuerabzuges ist daher, sieht man von Anzahlungen ab, derjenige, in dem die Leistung ausgeführt worden ist und der Unternehmer über die Leistung eine Rechnung im Sinn des § 11 UStG erhalten hat (Ruppe, UStG2 § 12 Rz 51; Korntner, Leitfaden des österreichischen Umsatzsteuerrechtes 483; Kolacny/Mayer, UStG2, 432 f, 613 f). Solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, besteht auch keine Verpflichtung und im Übrigen auch keine Möglichkeit, den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Langt eine den Vorsteuerabzug ermöglichende Rechnung beim Leistungsempfänger erst nach dem Veranlagungszeitraum, in dem die Leistung erbracht wurde, ein, kann der Vorsteuerabzug daher noch im Verlagerungszeitraum des Einlangens der Rechnung geltend gemacht werden (Kolacny/Mayer aaO 433 unter Hinweis auf VwGH 86/15/0067). Solange die klagende Partei eine den Vorsteuerabzug ermöglichende Rechnung nicht gelegt hat, kann den Beklagten somit ein Schaden nicht dadurch entstanden sein, dass sie eine Vorsteuer nicht mehr geltend machen können. Es bedarf daher keines weiteren Eingehens auf die nach der Verwaltungspraxis zulässige Ausnahme für Unternehmer, die ihre Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuern und bei den auf den Zeitpunkt der Zahlung abgestellt wird (Kolacny/Mayer aaO).

Daraus folgt insgesamt, dass die Beklagten zumindest keinen Beweis dafür erbracht haben, dass sie dadurch, dass die klagende Partei eine § 11 UStG entsprechende Rechnung ihnen gegenüber noch nicht ausgestellt hat, ein Schaden in Höhe des Umsatzsteuerbetrages entstanden wäre. Die Vorinstanzen haben daher zu Recht die Kompensandoforderung als nicht bestehend erachtet.

Der Revision war somit nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO.

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