OGH 3Ob218/75

OGH3Ob218/7530.9.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten den Obersten Gerichtshofes Dr. Wittmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fedra, Kinzel, Dr. Reithofer und Dr. Stix als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1.) * 2.) * O*, beide Hausbesitzer, *, vertreten durch Dr. Herbert Tax, Rechtsanwalt in Köflach, wider die verpflichteten Parteien 1.) F*, Bergarbeiter, 2.) P*, Hausbesitzerin, beide *, beide vertreten durch Dr. Franz Eisner, Rechtsanwalt in Köflach, wegen Unterlassung, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgerichtes 7. Juli 1975, GZ. 4 R 202/75‑5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 2. Mai 1975, E 2635/75‑1, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00218.75.0930.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden die Entscheidungen der Vorinstanzen in Ansehung der Zweitverpflichteten als nichtig aufgehoben und der Antrag der betreibenden Parteien, ihnen auf Grund des Urteiles des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 28. November 1974, 3 C 582/74, zweck Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung des Fahrens und Gehens über das Grundstück 653/6 der Kat.Gem. * in ost-südlicher Richtung zum Grundstück 653/17 die Exekution gegen die Zweitverpflichtete unter Androhung einer Geldstrafe von S 5.000 zu bewilligen, zurückgewiesen.

Die betreibenden Parteien und die zweitverpflichtete Partei haben die Kosten ihrer Rechtsmittel selbst zu tragen.

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte den betreibenden Parteien mit Beschluß vom 3. Februar 1975, GZ. E 946/75‑1, gegen die beiden Verpflichteten auf Grund des Urteiles des Bezirksgerichtes Voitsberg vom 28. November 1974, 3 C 582/74‑5, zwecks Durchsetzung des Anspruches auf Unterlassung des Fahrens und Gehens über das Grundstück 653/6 der Kat.Gem. * in öst-südlicher Richtung zum Grundstück 653/17 die Exekution unter Androhung einer Geldstrafe von S 1.000 für den Fall der Zuwiderhandlung gegen das genannte Urteil. Dieser Beschluß ist in Rechtskraft erwachsen. Am 7. März 1975 verhängte das Erstgericht gegen die Verpflichteten wegen Zuwiderhandelns gegen die Exekutionsbewilligung eine Geldstrafe von S 1.000, welche von den Verpflichteten bezahlt wurde. Dieses Exekutionsverfahren ist noch anhängig.

Am 8. April 1975 stellten die betreibenden Parteien wegen angeblichen neuerlichen Zuwiderhandelns der Verpflichteten den im Spruch angeführten Exekutionsantrag, wobei sie auch auf das Exekutionsverfahren E 946/75 hinwiesen. Das Erstgericht bewilligte diesen Exekutionsantrag mit Beschluß vom 2. Mai 1975 (in den Ausfertigungen unrichtig „30. April 1975“), ONr. 1.

Das Rekursgericht änderte diesen nur von der Zweitverpflichteten angefochtenen Exekutionsbewilligungsbeschluß dahin ab, daß es den Exekutionsantrag in Ansehung der Zweitverpflichteten abwies. Das Rekursgericht vertrat hiezu die Ansicht, bei dem gegenständlichen Antrag (ON. l) handle es sich ungeachtet der Bezeichnung „Exekutionsantrag“ um einen nach der Exekutionsbewilligung gestellten Vollzugsantrag. Das Fehlen von konkreten und schlüssigen Angaben in diesem Gesuch stelle einen Inhaltsmängel dar, der zur Abweisung des Antrages zu führen habe.

Diesen rekursgerichtlichen Beschluß bekämpfen die betreibenden Gläubiger; sie beantragen, den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Aus Anlaß des Revisionsrekurses waren die in Ansehung der Zweitverpflichteten ergangenen Entscheidungen der Vorinstanzen als nichtig aufzuheben.

Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes handelt es sich bei dem am 8. April 1975 eingebrachten Antrag der betreibenden Parteien um einen Antrag auf Bewilligung einer Exekution, nicht um einen zum Exekutionsverfahren E 946/75 gehörigen Fortsetzungs-(Vollzugs-)Antrags Dafür sprechen nicht nur die Bezeichnung „Exekutionsantrag“, sondern auch der Inhalt (vgl. § 54 EO) und die Formulierung (vgl. § 63 EO) der begehrten Entscheidung („die Exekution ... wird bewilligt“; „Als Exekutionsgericht schreitet das Bezirksgericht Voitsberg ein“). Ein zur Vorexekution E 946/75 gehöriger Vollzugsantrag ist in diesem Exekutionsantrag auch deshalb nicht zu erblicken, weil weder die Verhängung einer Geldstrafe oder Haft noch die Auflegung einer Sicherheit (vgl. § 355 Abs. 1 und 2 EO) beantragt wurde. Das Erstgericht hat den am 8. April 1975 eingelangten Antrag daher zutreffend als neuen Exekutionsantrag behandelt.

Der Exekutionsantrag der betreibenden Parteien hätte allerdings zurückgewiesen werden müssen. Wurde nämlich zur Durchsetzung eines Anspruches eine bestimmte Exekution (d.h. die Exekution unter Anführung eines bestimmten oder im Falle der Exekution zur Unterlassung einer Handlung oder zur Deckung der Vornahme einer Handlung die Bewilligung der Exekution nach § 355 Abs. 1 EO) bewilligt, so kann – solange das Exekutionsverfahren anhängig ist – nicht neuerlich eine völlig gleichartige Exekution zur Durchsetzung desselben Anspruches bewilligt werden. Dem steht die materielle Rechtskraft des ersten Exekutionsbewilligungsbeschlußes entgegen. Denn nach Lehre und Rechtsprechung gelten die Grundsätze über die materielle Rechtskraft (§ 411 ZPO) auch für Beschlüsse, die über Rechtsschutzansprüche entscheiden, also auch für derartige Entscheidungen im Exekutionsverfahren (also insbesondere Beschlüsse über den Vollstreckungsanspruch: Heller-Berger-Stix, 160, 163; Fasching III, 697 ff (Anm. 12), Pollak, System2, 531; JBl 1958 S 340, SZ 30/48, EvBl 1950/561, ZBl 1929 S 308 Nr. 121, GlUNF 7625). Ein formell rechtskräftiger Exekutionsbewi11igungsbeschluß ist daher nach dem in der materiellen Rechtskraft verankerten Grundsatz der Einmaligkeit der Entscheidung – bei sonstiger Nichtigkeit der neuerlichen Entscheidung – nicht wiederholbar, solange die erste Bewilligung fortwirkt. Letzteres trifft auf die beim Erstgericht zu E 946/75 bewilligte Exekution zu, wie oben dargelegt wurde.

Die sachlichen Erledigungen des neuerlichen Exekutionsantrages zu E 2635/75 durch die Entscheidungen der beiden Vorinstanzen waren daher – soweit sie die Zweitverpflichtete betreffen – aus Anlaß des Revisionsrekurses von Amts wegen als nichtig aufzuheben; gleichzeitig war der Exekutionsantrag in diesem Umfang zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.

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