OGH 3Ob21/54

OGH3Ob21/543.2.1954

SZ 27/25

Normen

ZPO §228
ZPO §236
ZPO §259
ZPO §228
ZPO §236
ZPO §259

 

Spruch:

Die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage und für einen Zwischenantrag auf Feststellung sind nicht die gleichen. Der Zwischenantrag setzt einen prozeßökonomischen Zweck voraus.

Entscheidung vom 3. Feber 1954, 3 Ob 21/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Wolfsberg; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Zur Förderung des Baues von Eigenheimen verpachtete die Stadtgemeinde W. dem Beklagten einen Teil des Grundstückes 143/1 der Katastralgemeinde R. mit der Verpflichtung, daß er binnen zwei Jahren auf dem Grundstück ein Wohngebäude errichte und dann das Grundstück käuflich erwerbe. Der Kläger und dessen Frau, die außereheliche Tochter des Beklagten, übermittelte diesem über dessen Anregung zunächst einen Betrag von 3000 S und beteiligte sich am Bau des Hauses, das der Beklagte inzwischen im ebenerdigen Teil im Rohbau ausgeführt hatte, durch Materialbeistellung und persönliche Mitarbeit. In dem gemeinsam erbauten Haus bezog der Kläger die im ersten Stock gelegene Wohnung und der Beklagte die zu ebener Erde. Da der Kläger Besorgnisse für den Fall des Todes des Beklagten, der einen ehelichen Sohn hat, hegte, schlossen die Streitteile unter Zuziehung der Gattin des Klägers am 1. Juni 1952 einen Vertrag, in welchem der Kläger und seine Gattin erklärten, daß sie ihre Leistungen an Geld, Material und Arbeit nicht zurückverlangen würden, wenn ihnen "die obige Wohnung" sowie zur Hälfte Keller, Dachboden, Wirtschaftsgebäude, Hausgarten, ein Hühnerhof und ein Anteil des Hausackers als "Benützungsrecht und zinsfrei" bleiben. Als zwischen den Beteiligten in der Folge Mißtrauen entstand, errichteten am 20. Jänner 1953 der Kläger und seine Gattin einerseits und der Beklagte und seine Lebensgefährtin anderseits eine Vereinbarung, nach der der Kläger und seine Frau zu je einem Viertel Eigentümer der Liegenschaft werden und mit ihrem Eigentumsrecht der Gebrauch der im ersten Stock gelegenen Wohnung samt bestimmten Nebenräumen verbunden sein sollte. Der Gebrauch der übrigen Räume und Flächen sollte dem Beklagten und seiner Lebensgefährtin zustehen, die ebenfalls zu je einem Viertel Eigentümer der Liegenschaft werden sollten. In der Vereinbarung wurde noch folgendes festgelegt: Sollte nach der derzeitigen Rechtslage der Erwerb von Wohnungseigentum nur für Einzelpersonen, nicht aber Personengemeinschaften möglich sein, ist als Wohnungseigentümer jeweils der Mann einzuschreiben und festzuhalten, daß er nur nach außenhin alleiniger Träger des Wohnungseigentumsrechtes ist, im Innenverhältnis aber seine Ehefrau bzw. Lebensgefährtin die gleichen Rechte hat.

Der Kläger begehrt nun in der Klage vom Beklagten auf Grund der Vereinbarung vom 20. Jänner 1953 die Gestattung der Einfahrt in den Hofraum, der uneingeschränkten Hühnerhaltung und der Benützung des Schweinestalles. Im Zuge des Rechtsstreites stellte der Kläger den Zwischenantrag, es werde dem Beklagten gegenüber festgestellt, daß das Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen in der Weise zu Recht bestehe, daß der Beklagte verpflichtet sei, nach Einverleibung seines Eigentums an der Liegenschaft R. mit dem Haus R. Nr. 177 das Miteigentum dem Kläger zur Hälfte zu übergeben und mit ihm einen Wohnungseigentumsvertrag im Sinne des Vertrages vom 20. Jänner 1953 abzuschließen, bis dorthin aber dem Kläger die im Vertrag vom 20. Jänner 1953 genannten Benützungsrechte als obligatorische Rechte zu gewährleisten.

Das Prozeßgericht gab mit Zwischenurteil dem Feststellungsantrag statt.

Das Zwischenurteil wurde vom Berufungsgerichte dahin abgeändert, daß das Begehren auf Feststellung der Verpflichtung zur Übertragung eines weiteren Viertelanteiles an der Liegenschaft und zur Abschließung eines Wohnungseigentumsvertrages abgewiesen wurde. Im übrigen wurde das Zwischenurteil bestätigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers keine, hingegen der des Beklagten Folge und änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß der Zwischenantrag des Klägers auf Feststellung, das Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Beklagten bestehe in der Weise zu Recht, daß der Beklagte verpflichtet sei, nach Einverleibung des Eigentums zu seinen Gunsten hinsichtlich der Liegenschaft in R. mit dem Hause R. Nr. 177 das Miteigentum des Klägers zur Hälfte zu übergeben und mit ihm einen Wohnungseigentumsvertrag im Sinne des Vertrages vom 10. Jänner 1953 abzuschließen, bis dahin aber dem Kläger die im Vertrage vom 10. Jänner 1953 genannten Benützungsrechte als obligatorische Rechte zu gewährleisten, abgewiesen wird.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Voraussetzungen für die Feststellungsklage und für den Zwischenantrag auf Feststellung sind nicht die gleichen.

Falls dem Kläger eine Feststellungsklage zustunde, folgte daraus nicht, daß er auch berechtigt sei, einen Zwischenantrag auf Feststellung zu stellen. Dieser setzt nicht nur Präjudizialität des festzustellenden Rechtsverhältnisses, sondern einen prozeßökonomischen Zweck des Feststellungsantrages voraus (SZ. VII/308). Ein solcher ist dann gegeben, wenn die Rechtskraftwirkung des Zwischenurteiles über den Rahmen des Prozesses hinausreicht und die neuerliche Aufrollung des Streites über ein strittiges Rechtsverhältnis in einem späteren Prozeß entbehrlich macht. Es sei auf den Fall hingewiesen, daß bei Einklagung eines Mietzinses die aktive oder passive Legitimation strittig sind. Hier erfordert es die Prozeßökonomie, diese Frage ein für allemal zu klären, damit sie nicht bei wiederholter Zinsverweigerung jedesmal aufs Neue entschieden werden muß.

In der vorliegenden Klage wird Verurteilung zur Gestattung der Benützung von Einfahrt, Hühnerstall und Schweinestall begehrt. Dieses Begehren grundet sich auf den Vertrag vom 20. Jänner 1953, der die Rechte der Parteien an einem Hause regelt, das auf einem erst zu kaufenden Gründe errichtet werden sollte, und der die Einräumung des Miteigentumes und eines Wohnungseigentums unter der Voraussetzung vorsieht, daß der Beklagte Eigentümer der Liegenschaft geworden ist. Das ist aber bisher nicht der Fall.

Die Frage, ob und in welchem Ausmaße dem Kläger, sobald er Eigentümer der Liegenschaft sein wird, der Anspruch auf Übertragung des Miteigentumes zustehen wird und ob er die Einräumung des Wohnungseigentums fordern wird dürfen, hat mit dem Klagebegehren, ihm schon jetzt die Benützung von Einfahrt, Hühnerstall und Schweinestall zu gestatten, nichts zu tun.

Das Klagebegehren kann begrundet sein, auch wenn die Voraussetzungen für die Übertragung des Miteigentumes nicht eintreten. Ein Zusammenhang zwischen dem Anspruche auf Einräumung des Wohnungseigentumes und dem Klagsanspruches ist überhaupt nicht zu erkennen. Für den bedingungslos geltend gemachten Klagsanspruch können daher die aufschiebend bedingten Rechte, die den Gegenstand des Zwischenantrages bilden, nicht präjudiziell sein. Soweit der Zwischenantrag obligatorische Ansprüche betrifft, sind diese als Voraussetzung des Klagsanspruches zu prüfen, ohne daß es eines Zwischenurteiles bedarf. Ein solches wäre geradezu unökonomisch.

Falls der Kläger ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Klarstellung seiner aufschiebend bedingten Ansprüche haben sollte, könnten die Voraussetzungen für eine Feststellungsklage vorliegen. Diese kann aber mangels Präjudizialität im Sinne von § 236 ZPO. nicht durch den Zwischenantrag ersetzt werden. Der Zwischenantrag wäre daher zurückzuweisen gewesen. Daß die Untergerichte eine meritorische Entscheidung getroffen haben, zwingt das Revisionsgericht nicht, von der Bestimmung des § 236 ZPO. abzusehen, denn das Fehlen der Präjudizialität oder einer anderen grundlegenden Voraussetzung entzieht auch dem Anspruche auf eine Entscheidung in meritorischer Hinsicht den Boden. Angenommen, das Erstgericht hätte den unzulässigen Zwischenantrag auf Feststellung einer Tatsache rechtskräftig zugelassen, darüber meritorisch entschieden und etwa ausgesprochen, daß es an einem bestimmten Tage geregnet hat, dann wäre das Rechtsmittelgericht nicht gehalten, die Richtigkeit der Feststellung zu überprüfen und etwa eine Beweiswiederholung oder eine Beweisergänzung dahin vorzunehmen, ob es geregnet hat. Es hätte vielmehr, falls unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht wurde, das Feststellungsbegehren abzuweisen. Nicht anders ist die Rechtslage, wenn - wie im vorliegenden Verfahren - mangels Präjudizialität ein Anspruch auf Feststellung nicht gegeben ist. Es war daher der Revision des Beklagten Folge zu geben, weil der behauptete unbedingte Klagsanspruch von der Frage nicht abhängt, ob die im Zwischenantrage behaupteten über den Klagsanspruch hinausgehenden und aufschiebend bedingten Rechte dem Kläger in Zukunft zustehen werden.

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