Spruch:
Der Revisionsrekurs wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 erster Satz ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die betreibende Partei (erkennbar eine kollektif Þirket = Kollektivgesellschaft) mit Sitz in der Türkei begehrte, das Urteil des Landgerichts Ankara, 5. Handelskammer, vom 18. Juli 2002, GZ 1999/604-1999/677, Urteilsnummer 2002/401, für Österreich für vollstreckbar zu erklären und weiters zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderungen von 28.787,34 EUR und 11.248,42 EUR je sA sowie 1.375,13 EUR an Prozesskosten die Fahrnis- und Forderungsexekution, gegen die verpflichtete Partei, eine GmbH mit Sitz in Österreich, zu bewilligen.
Die Anträge blieben in beiden Vorinstanzen erfolglos. Das Gericht zweiter Instanz sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach seiner schon vom Erstgericht vertretenen Ansicht ergebe sich aus dem in beglaubigter Übersetzung vorgelegten Urteil nicht, dass sich die verpflichtete Partei iSd Art 14 Abs 1 Z 3 des Abkommens vom 23. Mai 1989 zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen in Zivil- und Handelssachen BGBl 1992/571 idgF (in der Folge kurz: Abkommen) in das Titelverfahren eingelassen habe. Es fehle daher eine Urkunde über die ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks. Zusätzlich verwies das Gericht zweiter Instanz auf den (nach § 86 Abs 1 EO nicht anwendbaren) § 81 Z 1 EO und den diesem vergleichbaren Art 4 Abs 2 des Abkommens, wonach die Anerkennung von Entscheidungen auch dann verweigert werden könne, wenn der Beklagte nicht rechtzeitig Kenntnis erhalten habe, um sich zu verteidigen, wenn er sich nicht in das Verfahren eingelassen habe.
Als erheblich sah die zweite Instanz die Frage an, ob im Fall eines kontradiktorisch geführten Titelverfahrens, in dem die Vertretung der beklagten Partei erörtert und bejaht wurde, die Problematik deren tatsächlichen Einlassung in das Verfahren im Vollstreckbarerklärungsverfahren noch geprüft werden könne. Dazu fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung.
Die betreibende Partei schloss sich dem an und befasste sich in ihrem Rechtsmittel - ausgehend von der Prämisse, ein weiterer im Titelverfahren Beklagter sei als Bevollmächtigter der verpflichteten Partei auch in deren Namen aufgetreten - im Wesentlichen mit § 81 Z 1 EO und deren möglicher Verfahrensbeteiligung.
Der Revisionsrekurs ist ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs der zweiten Instanz nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Auch die betreibende Partei macht keine Rechtsfragen der in § 528 Abs 1 ZPO genannten Qualität geltend. Ihr ist schon zu erwidern, dass schon das Gericht zweite Instanz - ohne dass sie dem entgegenträte - zutreffend erläuterte, dass die Versagungsgründe des § 81 EO wegen des Vorrangs der vergleichbaren Bestimmung des Abkommens nach § 86 EO nicht anzuwenden ist (vgl zum Vollstreckungsvertrag Österreich - Bundesrepublik Deutschland RIS-Justiz RS0002377).
Die zentrale Frage, ob die Anträge der betreibenden Partei wegen Fehlens eines Zustellnachweises iSd Art 14 Abs 1 Z 3 des Abkommens zu Recht abgewiesen wurden, hängt - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - von der Beurteilung ab, ob sich die verpflichtete Partei in das Titelverfahren eingelassen hat. Ist dies der Fall, käme noch die Verweigerung der Anerkennung und damit der Vollstreckbarerklärung nach § 79 Abs 2 EO mangels Zuständigkeit des Gerichts im Entscheidungsstaat nach Art 3 Z 2 des Abkommens und nach Art 4 Abs 1 desselben in Betracht. Hiezu ist zu bemerken, dass nach dem Titelurteil offenbar die verpflichtete Partei in der Türkei keine Niederlassung, somit wohl auch keine „geschäftliche" iSd Art 6 Z 2 des Abkommens hatte, was allerdings wegen Z 4 dieses Art wieder nur mangels Einlassung zur Versagung der Anerkennung führen könnte, ist doch von einer Bestreitung der Zuständigkeit im Titel keine Rede. Die Versagung nach Art 4 Abs 2 des Abkommens kommt aber (wie auch in Fällen seiner Anwendbarkeit) nach § 81 Z 1 EO im Fall der Einlassung nie in Betracht.
Ob sich aber in einem konkreten Verfahren die beklagte Partei auf dieses iSd Abkommens eingelassen hat, kann stets nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden, was idR das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage ausschließt. Irgendwelche allgemeineren Rechtsfragen zeigen weder die zweite Instanz noch die betreibende Parteien auf. Die von ersterer angesprochene Frage, ob die Einlassung noch im Vollstreckbarerklärungsverfahren geprüft werden kann, wenn die Frage der Vertretung der beklagten Partei schon im Titelverfahren bejaht wurde, ändert daran nichts, weil es eben zusätzlich zur Vertretungsbefugnis noch darauf ankommt, ob eine Einlassung stattfand. In der Verneinung dieser Frage im vorliegenden Fall durch die Vorinstanzen liegt jedenfalls keine wahrzunehmende erhebliche Fehlbeurteilung.
Der Drittbeklagte im führenden Titelverfahren, der dort durch einen türkischen Rechtsanwalt vertreten war, wurde zwar im Exekutionstitel als für die nunmehr verpflichtete Partei vertretungsberechtigt erkannt. Dass er sich auf den Streit in irgendeiner Weise auch für diese im Prozess betätigt hätte, ist dem Titelurteil aber nicht zu entnehmen. Aus dessen nicht immer leicht verständlichen - aber iSd Entscheidung 3 Ob 160/98w = ZfRV 1999, 75 allein maßgeblichen - Übersetzung in die deutsche Sprache geht nur hervor, dass dieser Rechtsanwalt vor allem die Passivlegitimation seines Mandanten (persönlich) bestritt („Daher betreffe die Sache sein [sic!] Mandant nicht."). Es ergibt sich aber aus dem Titelurteil nicht, dass dieser Rechtsanwalt auch als Vertreter der verpflichteten Gesellschaft mit Sitz in Österreich tatsächlich eingeschritten wäre. Aber auch ein Einschreiten des im Prozess siegreichen Drittbeklagten persönlich als Vertreter für diese - soweit dies nach dem Prozessrecht des Entscheidungsstaats zulässig wäre - ist nicht erkennbar, auch wenn ihm - wie offenbar bereits die Klage - das Urteil für sie dann zugestellt wurde. Soweit in den Urteilsgründen auch von einer „Verteidigung des beklagten Verkäufers, wer sei hinsichtlich des Verkaufs einer mangelhaften Ware nicht fehlerhaft" die Rede ist, vermag das an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil offenbar der Drittbeklagte selbst durch seinen Anwalt zumindest rudimentär auch gegen die Behauptung einer mangelhaften Lieferung argumentierte („Andererseits habe der Antragsteller aufgrund der unsachgemäßen Verwendung von den Anlagen keine Leistung bekommen können."), womit zumindest indirekt ein Mangel bestritten wurde. Nichts anderes gilt für die Bezeichnung im Urteilskopf, wo der Drittbeklagte als „i.A. Türkischer Vertreter" angeführt ist und - wenn auch nur für das verbundene Verfahren - dessen Anwalt als Vertreter der verpflichteten Partei. Auch im Rechtsmittel werden keine konkreten Argumente angeführt, aus denen sich das behauptete Auftreten des Drittbeklagten für die verpflichtete Partei im Prozess ableiten ließe. Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 83 Abs 2, iVm § 78 EO und §§ 50, 40 ZPO. Die Revisionsrekursbeantwortung der verpflichtete Partei war mangels Hinweises auf die Unzulässigkeit des gegnerischen Revisionsrekurses nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig.
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