OGH 3Ob2135/96h

OGH3Ob2135/96h11.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Henriette S*****, vertreten durch Dr.Franz J.Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter N*****, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wegen Abgabe einer Erklärung (Streitwert S 100.000), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21.März 1996, GZ 1 R 20/96k-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13.Oktober 1995, GZ 21 Cg 545/94x-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

5.706 (darin enthalten S 951 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Gesellschaftsvertrag vom 3.3.1945 gründeten der Vater der Klägerin, KR Franz D*****, und Dr.Heinrich N***** die Firma G***** & Co. Aufgrund des Eintrittes von KR Hans N*****, dem Vater des Beklagten, am 24.3.1948 in die Gesellschaft, wurde der Gesellschaftsvertrag geändert. Letztmalig erfolgte eine einvernehmliche Änderung des Gesellschaftsvertrages per 1.1.1952, wobei die Geschäftsanteile so verändert wurden, daß per 31.12.1965 jeder der drei Gesellschafter 33 1/3 % Anteile innehaben sollte. Alle drei persönlich haftenden Gesellschafter waren im Unternehmen mittätig. Die Gesellschaft sollte zumindest bis 31.12.1959 dauern. Sollte jedoch keine Aufkündigung durch einen der Gesellschafter, und zwar bis 15.1.1959 erfolgen, sollte sich die Gesellschaft jeweils um weitere fünf Jahre verlängern.

Eine derartige Aufkündigung der Gesellschaft ist bisher nicht erfolgt.

§ 17 des Gesellschaftsvertrages lautet wie folgt:

"Die Gesellschaft wird durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst.

a) Stirbt einer der Gesellschafter während der Vertragsdauer, so sind seine Witwe oder ein eheliches Kind, wenn sie durch Gesetz oder letztwillige Verfügung zur Erbschaft berufen sind oder den Gesellschaftsanteil des Verstorbenen als Vermächtnis erwerben, berechtigt, anstelle des verstorbenen Gesellschafters als öffentliche Gesellschafter oder Kommanditisten in diesen Gesellschaftsvertrag einzutreten und die Fortsetzung der Gesellschaft unter den bisherigen Bedingungen zu verlangen. Die Erklärung, von diesem Rechte Gebrauch zu machen, hat die berechtigte Person längstens binnen drei Monaten von dem Tage an abzugeben, an dem sie von dem Ableben des Gesellschafters und von dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrages Kenntnis erhält. Die Erklärung erfolgt mit eingeschriebenem Briefe an die Gesellschaftsfirma.

Die Witwe (das eheliche Kind) eines Gesellschafters, die an seiner Stelle in die Gesellschaft als öffentliche Gesellschafterin oder Kommanditistin eintritt, ist berechtigt, die ihr nach Gesetz und Vertrag zustehenden Kontrollrechte durch einen Stellvertreter auszuüben.

Wenn der in die Gesellschaft eintretende Rechtsnachfolger eines verstorbenen Gesellschafters nicht fähig oder nicht bereit ist, sich an der Geschäftsführung mit seiner vollen Arbeitskraft zu beteiligen, so sind die überlebenden Gesellschafter berechtigt, zu Lasten des Privatkontos des Gesellschafters eine Vergütung in Anspruch zu nehmen in der Höhe eines kollektivvertraglichen Brutto-Höchstgehaltes eines Buchhandlungsgehilfen der höchsten Qualifikation und Dienstaltersstufe.

b) Eheliche Kinder eines verstorbenen Gesellschafters, die innerhalb der im Abs.a) festgelegten Frist die Erklärung abgegeben haben, daß sie als Kommanditisten in die Gesellschaft eintreten, haben später das Recht, persönlich haftende Gesellschafter zu werden. Die Befugnis zur Geschäftsführung und zur Vertretung und Zeichnung der Gesellschaftsfirma können sie in diesem Falle nur erlangen, wenn sie die hiefür vorgeschriebenen Voraussetzungen (Befähigungsnachweis; theoretische und praktische Ausbildung) erfüllen.

c) Wenn die nach Abs.a) hiezu berechtigten Erben eines verstorbenen Gesellschafters innerhalb der dort festgesetzten Frist nicht erklären, daß sie in die Gesellschaft eintreten, scheiden sie aus der Gesellschaft aus. In diesem Falle haben die überlebenden Gesellschafter das Recht, binnen weiteren zwei Monaten entweder das Unternehmen ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven zu übernehmen und unter derselben Firma fortzuführen oder die Liquidation der Gesellschaft durchzuführen.

Wenn die überlebenden Gesellschafter das Unternehmen fortführen, erfolgt die Auseinandersetzung mit den Erben des verstorbenen Gesellschafters auf Grund einer für den Todestag aufzustellenden Auseinandersetzungsbilanz. Die Bestimmungen der §§ 15 und 16 sind anzuwenden. ..."

Die Klägerin, die einzige eheliche Tochter des Gesellschafters KR Franz D***** und seiner Ehegattin Pauline D*****, trat nach Absolvierung einer Buchhändlerlehre in das Unternehmen mit Dienstvertrag als Buchhändlerin ein und arbeitete dort auch noch nach ihrer Verehelichung mit Dr.Karl S***** bis Ende 1955. Der Austritt erfolgte wegen der Geburt ihrer Tochter Birgit, die sie fortan betreute. Die Klägerin blieb sodann im Haushalt tätig. Die Klägerin verfügt aufgrund ihrer Berufsausbildung und der entsprechenden Berufspraxis über die benötigten Befähigungsnachweise, um im Unternehmen der Fa. G***** & Co die Geschäftsführung ausüben zu können.

KR Franz D***** hatte jedoch ein Testament verfaßt, wonach er seine Ehegattin Pauline zur Alleinerbin einsetzte, sodaß seine Tochter, die Klägerin, auf den Pflichtteil gesetzt war. Eine Verfügung über seinen Geschäftsanteil nahm er nicht vor. Pauline D***** nahm aufgrund des Testamentes nach Ableben von KR Franz D***** die Erbschaft an und trat nach längerem Rechtsstreit in die Gesellschaft ein, wobei sie jedoch im Sinne der Bestimmung des § 17 lit a) nicht als offene Handelsgesellschafterin, sondern als Kommanditistin eintrat.

Pauline D***** hatte in ihrem Testament ihre einzige Tochter, die Klägerin, zur Universalerbin eingesetzt, lediglich ihrer Enkelin, der Tochter der Klägerin, ihre Wohnung in Wien 8, L*****straße 66-68 samt Inventar vermacht. Als in der Folge eingeantwortete Erbin nach Pauline D***** erklärte sodann die Klägerin mit Schreiben vom 16.6.1986, daß sie in die Fa. G***** & Co unter Bezug auf die Bestimmung des § 17 lit. a) und b) des Gesellschaftsvertrages als persönlich haftende Gesellschafterin eintreten werde. Der damalige geschäftsführende Gesellschafter KR Hans N***** sprach sich jedoch dagegen aus.

Die Klägerin begehrte mit ihrer am 2.8.1988 beim Erstgericht eingelangten und ursprünglich gegen KR Hans N*****, den Vater des nunmehrigen Beklagten, gerichteten Klage, den Beklagten schuldig zu erkennen, gegenüber dem Handelsgericht Wien im Verfahren zu HRA 7664 alle Erklärungen in der hiezu vorgeschriebenen Form abzugeben, wie diese gesetzlich erforderlich sind, damit der Eintritt der Klägerin in die Firma "G***** & Co" als vollhaftende (persönlich haftende) Gesellschafterin in das Handelsregister eingetragen werden kann. Gleichzeitig stellte die Klägerin auch ein Eventualbegehren des Inhalts, es werde den Beklagten gegenüber festgestellt, daß die Klägerin als persönlich haftende Gesellschafterin an der unter der Firma "G***** & Co" zu HRA 7664 des Handelsgerichtes Wien protokollierten Personengesellschaft des Handelsrechtes teilnehme. An der Gesellschaft habe ursprünglich KR Franz D*****, der Vater der Klägerin, teilgenommen. Nach seinem Ableben sei im Sinne des Gesellschaftsvertrages seine Witwe, Pauline D*****, die Mutter der Klägerin, eingetreten. Nach dem Ableben von Pauline D***** am 4.6.1986 habe die Klägerin gemäß dem § 17 lit a und b des Gesellschaftsvertrages ihren Anspruch auf Eintritt in die Personengesellschaft als persönlich haftende Gesellschafterin angemeldet, weil sie Alleinerbin nach ihrer Mutter sei. Der Beklagte weigere sich jedoch rechtswidrig, diesen Anspruch anzuerkennen, weil die Klägerin lediglich das Anrecht habe, als Kommanditistin in das Unternehmen einzutreten. Die bereits vorbereitete Registereingabe sei von ihr und dem weiteren Gesellschafter Dr.Heinrich N***** ordnungsgemäß unterfertigt worden, lediglich der Beklagte lehne es ab, diese Eingabe zu fertigen.

Der Beklagte wendete ein, die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages seien so auszulegen, daß ein eheliches Kind, wie die Klägerin, nur in die Position des verstorbenen Gesellschafters eintreten könne, die dieser innegehabt habe. Demnach könne die Klägerin nach ihrer verstorbenen Mutter nur als Kommanditistin eintreten. Die Textierung dieses § 17 lit a des Gesellschaftsvertrages entspreche in weiten Teilen wörtlich dem § 139 HGB. § 17 lit b des Gesellschaftsvertrages räume nur den ehelichen Kindern nach einem verstorbenen offenen Handelsgesellschafter das Recht ein, ihre Rechtsstellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters umwandeln zu können, nicht aber den ehelichen Kindern nach einem Kommandisten. Diese Bestimmung sei daher auf die Klägerin nicht anwendbar.

Das Erstgericht gab dem Hauptklagebegehren statt; neben dem bereits eingangs wiedergegebenen Sachverhalt stellte es weiters fest, familienintern, das heißt im Bereich der Familie D***** sowie der Familie S***** sei man immer davon ausgegangen, daß aufgrund der Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag es der Klägerin durchaus jederzeit möglich sei, nach Ableben ihres Vaters als persönlich haftende Gesellschafterin in das Unternehmen eintreten zu können.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, die Bestimmungen im § 17 des Gesellschaftsvertrags ließen klar erkennen, daß es den damaligen Gesellschaftern im wesentlichen darum gegangen sei, daß bei Ableben eines dieser Gesellschafter dessen Gesellschaftsanteil nur von Personen aufgegriffen werden könnte, die zum allerengsten Familienkreis des verstorbenen Gesellschafters gehören. Ausdrücklich zitiert seien die Witwe und die ehelichen Kinder. Weil der Text keinesfalls allgemein gehalten sei, beispielsweise nicht auf den Ehegatten, sondern ausdrücklich auf die Witwe abgestellt sei, sei wohl davon auszugehen, daß die Bestimmungen über die Eintrittsmöglichkeiten sich ausschließlich auf die zum Zeitpunkt des Gesellschaftsvertrags vorhandenen oder theoretisch vorhandenen, genau bezeichneten Personen beziehe. Ausgehend von dem Umstand, daß die damaligen drei Gesellschafter jeweils Männer waren, sei demnach davon auszugehen, daß ein Eintritt in den Gesellschaftsvertrag nur der Witwe oder eben einem ehelichen Kind zukomme. Durch die nicht vorgenommene Verallgemeinerung, nämlich "Ehegatten" erscheine demnach klar, daß bei Eintritt einer Witwe ein weiteres Eintrittsrecht für ihren allfällig späteren Ehegatten bzw ein allfällig späteres eheliches Kind, das nicht vom ursprünglichen Gesellschafter stamme, wohl nicht vorgesehen und sohin ausgeschlossen gewesen sei. Gehe man allerdings von dieser Auslegung aus, so erscheine wiederum klar, daß für die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrags bereits existenten ehelichen Kinder bzw allfällig nachkommenden ehelichen Kinder der drei Gesellschafter ein Eintritt in die Gesellschaft jedenfalls gesichert werden sollte, sofern die Voraussetzung der Erbeigenschaft gegeben ist. Dem ehelichen Kind sei darüber hinaus noch die Möglichkeit eingeräumt worden, auch nach Konsumation des Wahlrechtes bezüglich der Art der Gesellschaftereigenschaft zugunsten der Position eines Kommanditisten diese Position jederzeit, auch später noch, verändern zu können, was beispielsweise der Witwe nicht eingeräumt worden sei. Dies zeige wiederum die enge Begrenzung der Eintrittsansprüche auf die Deszendenz, vor allem jedoch auf den Bezug zu den zum Vertragsabschlußzeitpunkt existierenden Gesellschaftern. Wenn man nun davon ausgehe, daß der Klägerin ein grundsätzliches Recht auf Eintritt in die Gesellschaft zukomme, was von seiten der beklagten Partei letztlich nie in Zweifel gezogen und bestritten worden sei, so könne man die Bestimmung des § 17 lit b wohl nur so lesen, daß eben ihr jedenfalls mit dem Eintritt ein Wahlrecht zukomme, ihre Gesellschafterposition zu bestimmen, dies vor allem dann, wenn nach Formulierung der lit b einem eintretenden ehelichen Kind, das sich vorerst für die Kommanditistenfunktion entschieden hatte, es jederzeit freistehen sollte, durch einfache Erklärung auch persönlich haftender Gesellschafter zu werden. Da die Klägerin tatsächlich als offene Handelsgesellschafterin eingetreten sei, sei die Weigerung der beklagten Partei vertragswidrig.

Selbst wenn man die Argumentation der beklagten Partei folge, daß durch den Eintrittsakt der Mutter der Klägerin das vorerst auch der Klägerin selbst als eheliche Tochter des KR Franz D***** zustehende Eintrittsrecht konsumiert sei, diese sodann nur auf den Gesellschaftsanteil, wie er ihrer Mutter zukam, beschränkt bleibe, so wäre für den Standpunkt der Beklagten nichts gewonnen. Für die Klägerin als Tochter der Pauline D*****, die Gesellschafter geworden sei, gelte die Bestimmung des § 17 lit a. In dieser Formulierung werde nicht darauf Bezug genommen, ob das nunmehr eintretende eheliche Kind in einen Gesellschaftsanteil eines Kommanditisten oder Komplementärs oder persönlich haftenden Gesellschafters eintrete. Dies zeige, daß eben grundsätzlich daran gedacht sei, dem ehelichen Kind von vornherein das bereits geschilderte Wahlrecht einzuräumen. Die Bestimmung der lit b solle nur zusätzlich einem ehelichen Kind noch die Möglichkeit verschaffen, seine Gesellschafterposition, auch wenn es sich vorerst nur als Kommanditist in die Gesellschaft einließ, in die eines persönlich haftenden Gesellschafters umzuwandeln. Der beklagten Partei sei durchaus zuzugeben, daß die Formulierung des § 17 auslegungsbedürftig sei, weil der reine Text manchmal durchaus widersprüchlich erscheine. Bei der vom Gericht vorgenommenen Auslegung nach Recht und Billigkeit sowie vor allem der Absicht der vertragsschließenden Parteien erscheine jedoch das dargelegte Ergebnis des ungeschmälerten Eintrittsrechtes der Klägerin als klar erkennbar.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 50.000; die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht in den Grundsätzen seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei und der hier vorzunehmenden Vertragsauslegung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die Entscheidung hänge ausschließlich vom Inhalt des § 17 des Gesellschaftsvertrags bzw der Auslegung dieser Bestimmung ab. Die Urkundenauslegung gehöre grundsätzlich zur rechtlichen Beurteilung, es sei denn, daß zur Auslegung des Urkundeninhaltes auch die über die Absicht der Parteien durchgeführten Beweise herangezogen werden. Die Bedeutung einer Willenserklärung richte sich grundsätzlich nach dem objektiven Erklärungswert. Dieser verliere aber dann seine Bedeutung, wenn der natürliche Konsens der Parteien damit nicht übereinstimme, wobei es gleichgültig sei, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben. Das bedeute, daß in erster Linie der dem Vertragspartner zum Ausdruck gebrachte Parteiwille zu erforschen und dann der objektive Erklärungswert zu ermitteln sei. Erst wenn sich auf diese Weise kein eindeutiger Sinn ermitteln lasse, sei subsidiär die Willensäußerung so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspreche. Es sei dann zu fragen, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien unter Berücksichtigung der übrigen Gesellschaftsbedingungen und des von ihnen verfolgten Zwecks der Vereinbarung bei Auftreten des nicht bedachten Konfliktfalles vereinbart hätten.

Soweit im § 17 lit a und lit b jeweils von einem verstorbenen Gesellschafter die Rede sein, so seien damit offensichtlich nur die letztlich drei Gesellschafter KR D*****, Dr.N***** und KR N***** gemeint. Unter diesen Umständen habe es daher einer ergänzenden Auslegung dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrags entsprechend den Intentionen der seinerzeitigen Vertragspartner bedurft. Im Hinblick darauf, daß § 17 lit a des Gesellschaftsvertrags nie abgeändert wurde, sei für die ergänzende Auslegung der Wille der beiden ursprünglichen Gründungsgesellschafter KR D***** und Dr.N***** maßgeblich. Es könne kein Zweifel daran bestehen, daß die beiden Gründungsgesellschafter auch für den nunmehrigen Konfliktsfall eine Regelung getroffen hätten, daß der Klägerin ungeachtet dessen, daß ihre Mutter als Alleinerbin nach ihrem Vater als Kommanditistin in die Gesellschaft eingetreten ist, das Wahlrecht gemäß § 17 lit a des Gesellschaftsvertrags, entweder als öffentliche Gesellschafterin oder als Kommanditistin einzutreten, gewahrt bleiben sollte. Für die Richtigkeit dieser Annahme spräche insbesondere auch der Umstand, daß KR D***** in seinem Testament seine Gattin als Alleinerbin eingesetzt und seine Tochter bloß auf den Pflichtteil gesetzt habe. Soweit die beklagte Partei unter Bezugnahme auf die mutmaßlichen Intentionen des seinerzeitigen Vertragsverfassers Dr.H***** die im § 17 lit a und b des Gesellschaftsvertrags verwendete Formulierung "Gesellschafter" ausschließlich im Sinn eines persönlich haftenden Gesellschafters verstanden wissen wolle, handle es sich um eine im Berufungsverfahren unzulässige Neuerung. Der beklagten Partei sei allerdings zuzugestehen, daß sich der Wortlaut des § 17 lit a und b des Gesellschaftsvertrages zweifellos am Gesetzestext des § 139 HGB orientiere, ohne daß aber deswegen auch der tatsächliche Parteiwille "auf dem Boden des rechtlichen Umfeldes des HGB" zu ermitteln sei. Der Beklagte negiere völlig die Geltung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit auch im Gesellschaftsrecht; der Gesellschaftsvertrag räume, ohne gegen zwingendes Gesetz oder die guten Sitten zu verstoßen, der Witwe und einem ehelichen Kind eines Gesellschafters die Wahlmöglichkeit ein, entweder als persönlich haftender Gesellschafter oder als Kommanditistin in die Gesellschaft einzutreten bzw werde dem ehelichen Kind nach erklärtem Eintritt als Kommanditist auch noch später das Recht zugestanden, diese Rechtsstellung in die eines persönlich haftenden Gesellschafters umzuwandeln. Unter diesen Umständen habe aber der wahre Parteiwille nicht allein auf dem Boden des rechtlichen Umfeldes des HGB ermittelt werden können; vielmehr seien hier primär die Intentionen des seinerzeitigen Gründungsgesellschafters maßgebend. Unter diesen Umständen sei aber für die vom Beklagten gewünschte Interpretation im Sinn der Konsumation des Wahlrechtes durch den Eintritt der Mutter der Klägerin als Kommanditistin kein Platz.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Klägerin stützt ihren Anspruch auf Einräumung der Stellung als Komplementärin als Erbin nach ihrer Mutter, die Kommanditistin war, primär auf eine betreffende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag.

Nach § 177 HGB hat der Tod eines Kommanditisten nicht die Auflösung der Gesellschaft zur Folge. § 177 HGB ist nicht zwingend; anstatt der dort vorgesehenen Rechtsfolgen kann ua auch ein bloßes Eintrittsrecht eines oder mehrerer Erben oder Dritter vereinbart werden (Koppensteiner in Straube, HGB2 Rz 3 zu § 177; Jabornegg in Jabornegg, HGB, Rz 6 zu § 177; Kastner/Doralt/Nowotny, Gesellschaftsrecht5 156; Schilling in Großkomm HGB4 Rz 6, 24 f zu § 177; K.Schmidt in Schlegelberger, HGB5 Rz 9 ff zu § 177; Horn in Heymann, HGB2, Rz 13 zu § 177; Baumbach/Hopt, HGB29, Rz 3 zu § 177; K.Schmidt, Gesellschaftsrecht3 1327 f, 1333; vgl JBl 1978, 426). Die Gesellschafter können nicht nur vereinbaren, ob die Erben eines Komplementärs persönlich haftende Gesellschafter oder Kommanditisten werden, sondern auch, ob die Erben eines Kommanditisten gemäß § 177 HGB diese Stellung behalten oder als persönlich haftende Gesellschafter eintreten sollen (Wiedemann, Die Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften 162).

§ 914 ABGB gilt auch für die Auslegung von Gesellschaftsverträgen (Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 914; Binder in Schwimann, ABGB2 Rz 72 ff zu § 914). Danach hat zunächst die wörtliche (grammatikalische) Auslegung eines schriftlichen Vertrages zu erfolgen, sofern dessen Inhalt klar und deutlich ist. Ziel der einfachen Auslegung ist die Ermittlung der Absicht der Parteien. Bei einem genügend deutlichen Vertragstext ist kein Raum für eine Vertragsergänzung. Erst wenn das Mittel der Wortauslegung (unter Berücksichtigung des Parteiwillens) versagt und damit eine Lücke vorliegt, greift die ergänzende Auslegung Platz, als deren Mittel insbesondere der hypothetische Parteiwillen herangezogen werden kann (SZ 60/216 mwN; JBl 1986, 38 ua; Rummel in Rummel2 Rz 4 zu § 914; Binder in Schwimann2 Rz 15 ff zu § 914).

Bei Auslegung der Bestimmung des § 17 des Gesellschaftsvertrages, der Regelungen über die Rechtslage bei Tod eines Gesellschafters enthält, sind dessen gesamter Text und nicht bloß einzelne Sätze heranzuziehen (vgl JBl 1978, 426); insbesondere ist der dem Gesellschaftsrecht eigene Treuegedanke unter Bedachtnahme auf die berechtigten Belange aller Beteiligten bei der Auslegung zu berücksichtigen (Torggler/Kucsko in Straube2 Rz 6a zu § 105 HGB).

Nach § 17a des Gesellschaftsvertrags sind dann, wenn "einer der Gesellschafter" während der Vertragsdauer stirbt, seine Witwe oder ein eheliches Kind, wenn sie durch Gesetz oder letztwillige Verfügung zur Erbschaft berufen sind oder den Gesellschaftsanteil des Verstorbenen als Vermächtnis erwerben, berechtigt, "anstelle des verstorbenen Gesellschafters als öffentliche Gesellschafter oder Kommanditisten in diesen Gesellschaftsvertrag einzutreten und die Fortsetzung der Gesellschaft unter den bisherigen Bedingungen zu verlangen". Eine Beschränkung dieser Vertragsbestimmung auf den Tod eines der Gründungsgesellschafter, wie dies die Vorinstanzen angenommen haben, ist schon deshalb nicht vorzunehmen, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die Vertragsparteien dies gewollt hätten. Vielmehr sollte jedenfalls das Eintrittsrecht ehelicher Kinder von Gründungsgesellschaftern geregelt werden, auch wenn diese nicht unmittelbar nach dem Gründungsgesellschafter, sondern erst nach dem Tod der Witwe, die von ihrem Eintrittsrecht Gebrauch gemacht hatte, zum Zug kommen.

Für eine Beschränkung dieser Vertragsbestimmung auf den Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters bietet selbst die wörtliche Auslegung des Gesellschaftsvertrages keine Grundlage. Gerade in der betreffenden Vertragsbestimmung werden nicht nur die Begriffe "Gesellschafter" und "Kommanditist", sondern auch diejenigen des "öffentlichen" bzw "persönlich haftenden" Gesellschafters verwendet. Da schon aufgrund der in dieser Vertragsbestimmung vorgesehenen Erklärung eines Erben, als Kommanditist einzutreten, die Änderung der offenen Handelsgesellschaft in eine Kommanditgesellschaft vorgesehen ist, ist für den Fall, daß nach der Witwe das eheliche Kind eintritt, unter dem Begriff "Gesellschafter" sowohl der Komplementär als auch der Kommanditist zu verstehen.

Führt schon einfache, die Absicht der Parteien und dem Treugedanken des Gesellschaftsrechts Rechnung tragende Auslegung zum Ergebnis, daß in Abänderung der gesetzlichen Regelung des § 177 HGB die eheliche Tochter eines Gründungsgesellschafters, die die Voraussetzungen nach § 17 lit b Schlußsatz des Gesellschaftsvertrages erfüllt, nach der Witwe des Gesellschafters, die die Rechtsstellung einer Kommanditistin wählte, als offene Gesellschafterin eintreten kann, erübrigt sich die Beurteilung, ob im Recht der Personengesellschaften ergänzende Vertragsauslegung auch dort zulässig wäre, wo gesetzliche Dispositivregeln zur Verfügung stehen (so aber Peter Ulmer in Staub4 Rz 203 zu § 105 HGB mwN in FN 424; Heymann/Emmerich, HGB2 Rz 17 zu § 105 und Mayer-Maly in MünchKomm3 Rz 26 zu § 157 BGB).

Wenn auch die Vorinstanzen deshalb unrichtig eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen haben, weil bereits mit den Mitteln der einfachen Vertragsauslegung ein eindeutiger Sinn der entsprechenden Vertragsbestimmung ermittelt werden konnte, hat es somit bei einer Stattgebung des auf Einräumung der Stellung als Komplementärin zielenden Klagebegehrens zu verbleiben. Da diese Änderung der Rechtsstellung des Gesellschafters bereits im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, liegt hierin keine Einstimmigkeit der Gesellschafter erfordernde Änderung des Gesellschaftsvertrags.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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