European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00212.16X.1123.000
Spruch:
Der Rekurs vom 11. Oktober 2016 und das Schreiben der Antragsteller vom 26. Oktober 2016 werden zurückgewiesen.
Begründung
Die Antragsteller stellten beim Oberlandesgericht Wien den Antrag, ihnen Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Nichtigkeitsklage in einem Verfahren des Landesgerichts St. Pölten zu bewilligen.
Das Oberlandesgericht Wien sprach mit dem nunmehr bekämpften Beschluss vom 12. Mai 2016 seine Unzuständigkeit aus und überwies den Antrag an das Landesgericht St. Pölten. Da gemäß § 532 Abs 1 iVm § 65 Abs 2 ZPO die Zuständigkeit des Landesgerichts St. Pölten gegeben sei, habe das angerufene Oberlandesgericht Wien in sinngemäßer Anwendung des § 44 Abs 1 JN seine Unzuständigkeit auszusprechen und die Eingabe an das Landesgericht St. Pölten zu überweisen. Der Rechtszug an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil keine Entscheidung inhaltlicher Art über die Verfahrenshilfe getroffen worden sei (ON 2).
In der Folge begehrten die Antragsteller (rechtzeitig) die Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen den Beschluss vom 12. Mai 2016; ein Rekurs gegen den Beschluss ON 2 war in diesem Antrag nicht enthalten (ON 4).
Das Erstgericht wies den Antrag ON 4 mit Beschluss vom 20. Juli 2016 ab und sprach aus, dass der weitere Rechtszug gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO jedenfalls unzulässig sei (ON 5). Die Zustellung dieses Beschlusses an die Antragsteller erfolgte am 25. Juli 2016.
Mit einem am 4. August 2016 eingelangten Schreiben der Antragsteller begehrten diese die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung eines Rekurses gegen den Beschluss ON 5 und erhoben zugleich gegen diesen Beschluss Rekurs, nicht jedoch gegen den Beschluss ON 2 (ON 6).
Mit Beschluss vom 19. September 2016 wies das Erstgericht auch diesen Verfahrenshilfeantrag ab und gleichzeitig den Rekurs zurück (ON 7).
Am 11. Oktober 2016 gaben die Antragsteller einen nunmehr dem Obersten Gerichtshof vorgelegten Rekurs gegen den Beschluss vom 12. Mai 2016, ON 2, zur Post (ON 8), den sie mit Schreiben vom 26. Oktober 2016 noch weiter ausführten.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Rekurs samt Ergänzung ist aus folgenden Gründen absolut unzulässig.
1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 4 ZPO ist der Revisionsrekurs gegen einen Beschluss des Rekursgerichts über die Verfahrenshilfe jedenfalls unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0044213; RS0012383) gilt dieser Rechtsmittelausschluss auch für die Bekämpfung einer Formalentscheidung der zweiten Instanz, mit der die meritorische Erledigung abgelehnt wird. Für die Geltung des Rechtsmittelausschlusses nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO ist es gleichgültig, ob das Gericht zweiter Instanz in der Angelegenheit der Verfahrenshilfe in erster oder zweiter Instanz entschieden hat (RIS‑Justiz RS0113116; RS0036078 [T1]; RS0044213 [T6]).
2. Auch der angefochtene Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Erstgericht, womit es eine Sachentscheidung über den Verfahrenshilfeantrag unterließ, sich für unzuständig erachtete und die Sache an das seines Erachtens zuständige Gericht überwies, ist eine solche vom Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 4 ZPO erfasste Formalentscheidung.
3. Demgegenüber vertritt das Erstgericht die Ansicht, der Rechtsmittelausschluss gelte hier nicht, übersieht dabei jedoch, dass die dazu von Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 ZPO Rz 171 zitierte Judikatur (RIS‑Justiz RS0105630; vgl auch RS0116349 und RS0106758) nicht einschlägig ist:
Sie erging nämlich zur Anfechtbarkeit von Entscheidungen eines Oberlandesgerichts als erste Instanz in Delegierungsfragen, die in selbständigen Zwischenverfahren „aus Anlass“ eines Hauptverfahrens (das auch in einem Verfahren auf Gewährung von Verfahrenshilfe für eine beabsichtigte Klage bestehen kann) zu klären sind. Die hier bekämpfte Entscheidung des Oberlandesgerichts betrifft aber keine aus Anlass eines Verfahrenshilfeantrags gelöste Delegierungsfrage (sei es nach § 9 Abs 4 AHG oder nach §§ 30 ff JN), sondern stellt eine im Hauptverfahren ergangene Zuständigkeitsentscheidung dar. Im Übrigen läge auch ein krasser Wertungswiderspruch vor, wäre zwar die Sachentscheidung über den Verfahrenshilfeantrag nicht bekämpfbar, wohl aber die vorausgehende im selben Verfahren einer Lösung zugeführte Zuständigkeitsfrage.
4. Der Rekurs der Antragsteller ist daher absolut unzulässig, sodass es einer Auseinandersetzung mit seiner Rechtzeitigkeit nicht bedarf.
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