Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die beiden gefährdeten Parteien sowie der Gegner der gefährdeten Parteien sind Geschwister. Sie sind zu je einem Drittel Erben nach ihrer am 18. Dezember 1994 verstorbenen Mutter, die Anteile an einer Liegenschaft in Budapest besaß. Der Antragsgegner verzichtete am 13. Mai 1995 auf seinen Anteil zu Gunsten seiner Tante. Diese (im Folgenden: Geschenkgeberin) schenkte ihm mit Notariatsakt vom 27. März 2001 ihren Anteil an einer Liegenschaft samt Zinshaus in Wien. Sie verstarb am 8. Juni 2008. Am 18. Mai 2009 widerriefen die gefährdeten Parteien als Erben der Geschenkgeberin diese Schenkung wegen groben Undanks und brachten die Klage auf Rückstellung der Liegenschaftsanteile im Verhältnis ihrer Erbteile ein. Mit der Begründung, dass der Gegner der gefährdeten Parteien beabsichtige, die Liegenschaftsanteile an einen Dritten zu verkaufen, beantragten die gefährdeten Parteien unter einem die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, es möge ihm verboten werden, die Anteile an der Liegenschaft zu veräußern, zu belasten oder zu verpfänden. Sie bringen im Wesentlichen vor, das Verhalten des Gegners der gefährdeten Parteien in dem nach dem Tod der Mutter der Streitteile vor einem ungarischen Gericht abgeführten Verlassenschaftsverfahren sei als grober Undank gegenüber der Geschenkgeberin zu verstehen. Obwohl er in einer schriftlichen Erklärung gegenüber der Geschenkgeberin zu deren Gunsten einen Erbverzicht in Ansehung des ihm von seiner Mutter letztwillig zugedachten Anteils an einer in Budapest gelegenen Eigentumswohnung abgegeben habe, habe er gegenüber dem ungarischen Verlassenschaftsgericht diese Verzichtserklärung verschwiegen und 2007 seine eigene Einverleibung im dortigen Grundbuch erreicht. Die - zuletzt demenzkranke - Geschenkgeberin habe in der irrigen Meinung, sie sei nunmehr Eigentümerin, bis zu ihrem Tod die auf den Anteil entfallenden Zahlungen bzw Betriebskosten geleistet.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung ab. Das Erstgericht nahm als bescheinigt an, dass die Geschenkgeberin zweimal erklärt habe, den Erbverzicht nicht anzunehmen. Dass die Geschenkgeberin Zahlungen für den Anteil an der in Budapest gelegenen Eigentumswohnung erbracht hätte, wurde nicht als bescheinigt angesehen.
Rechtliche Beurteilung
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs zeigen die gefährdeten Parteien keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 528 Abs 1 ZPO auf.
1. Im Sicherungsverfahren ist die Überprüfung der Beweiswürdigung durch das Rekursgericht insoweit ausgeschlossen, als dieses den Sachverhalt aufgrund vor ihm abgelegter Zeugen- oder Parteienaussagen als bescheinigt angenommen hat (verst. Senat 6 Ob 650/93 = SZ 66/164; RIS-Justiz RS0012391). Es begründet daher keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, wenn das Rekursgericht nicht auf die Beweisrüge eingegangen ist. Da auch im Sicherungsverfahren das Neuerungsverbot gilt (RIS-Justiz RS0041965), liegt keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin, dass das Rekursgericht die mit dem Rekurs zur Widerlegung des als bescheinigt angesehenen Sachverhalts vorgelegten Urkunden unbeachtet ließ.
2. Ob die Anhörung des Gegners der gefährdeten Partei stattfinden soll, hängt von dem durch die Umstände geleiteten Ermessen des Gerichts ab (Kodek in Angst, EO3 § 389 Rz 20). Wird der Gegner zur Äußerung aufgefordert, steht ihm der Versuch frei, den von der gefährdeten Partei behaupteten Anspruch durch geeignete Bescheinigungsmittel zu entkräften (RIS-Justiz RS0005418; Kodek aaO Rz 22). Die unbeeidete Parteienvernehmung ist ein taugliches Bescheinigungsmittel (1 Ob 530/77 = SZ 50/25; Kodek aaO Rz 11 mwN).
3. Anspruchsgrundlage ist die Rechtmäßigkeit des von den gefährdeten Parteien als Erben nach ihrer Tante erklärten Schenkungswiderrufs. Zu klären ist, nach welchem materiellen Recht der behauptete sowie der als bescheinigt festgestellte Sachverhalt zu beurteilen, ob hier also - wie die Revisionsrekurswerber anstreben - ungarisches Recht oder doch österreichisches Recht (§ 948 ABGB) anzuwenden ist. Diese kollisionsrechtliche Frage kann aber offen bleiben, wenn die in Betracht kommenden Rechtsordnungen meritorisch zum gleichen Ergebnis führen (RIS-Justiz RS0045093). Dieser Fall liegt hier vor:
a) Grober Undank iSd § 948 ABGB setzt strafbares, den Schenker kränkendes, verschuldetes Verhalten des Beschenkten voraus (Bollenberger in KBB² § 948 Rz 1 f mwN); RIS-Justiz RS0079367; RS0079468; RS0079373). Es liegt auf der Hand, dass der von den gefährdeten Parteien vorgetragene Sachverhalt keinen Widerrufsgrund abgibt, wenn die Geschenkgeberin selbst erklärte, den zu ihren Gunsten vom Neffen abgegebenen Erbverzicht nicht annehmen zu wollen.
b) Nicht anders ist der Sachverhalt nach ungarischem Recht zu beurteilen. Selbst wenn man also von dessen Anwendung ausginge, etwa deshalb, weil - wie die Revisionsrekurswerber meinen - hier ein außervertraglicher Schadenersatzanspruch zu beurteilen sei, für den nach der Grundsatzanknüpfung des § 48 Abs 1 erster Satz IPRG der Handlungsort (hier das Verhalten des Antragsgegners im ungarischen Abhandlungsverfahren) maßgeblich wäre, ist für den Standpunkt der Rechtsmittelwerber nichts gewonnen. Nach der jüngeren oberstgerichtlichen Judikatur ist das ausländische Recht auch im Provisorialverfahren trotz der grundsätzlich bestehenden Bescheinigungslast des Sicherungswerbers jedenfalls dann von Amts wegen zu ermitteln, wenn dies ohne weitwendige Nachforschungen möglich ist (4 Ob 67/03m = RIS-Justiz RS0005307 [T10]). Dies ist hier der Fall. § 582 Abs 2 des Zivilgesetzesbuches der ungarischen Republik bestimmt Folgendes:
Der Schenker kann auch dann das Geschenk zurückfordern oder den an die Stelle des Geschenkes getretenen Wert fordern, wenn jene Annahme, unter der er das Geschenk gegeben hatte, später endgültig vereitelt wurde, wobei es ohne diese Annahme zu keiner Schenkung gekommen wäre. Auch nach dieser Bestimmung kann das dem Gegner der gefährdeten Parteien vorgeworfene Verhalten keinen Rückforderungsanspruch rechtfertigen. Die unterlassene Information des Verlassenschaftsgerichts über den Erbverzicht ist keine auf Kosten der Geschenkgeberin begangene grobe Rechtsverletzung, wenn die Annahme des Erbverzichts verweigert wurde. An dieser Beurteilung kann auch der behauptete, hier nicht näher zu prüfende Umstand etwas ändern, dass nach ungarischem Recht der Erbantritt unmittelbar mit dem Tod des Erblassers eintrete und der gesetzliche Erbe demnach zur Teilnahme an der Verlassenschaftsabhandlung verpflichtet wäre, wenn er das Erbe nicht antreten könne oder wolle.
Die Vorinstanzen haben zutreffend wegen völligen Misslingens der Anspruchsbescheinigung durch die gefährdeten Parteien den Sicherungsantrag abgewiesen. Dies kann auch nicht durch Sicherheitsleistung (§ 390 Abs 1 EO) ausgeglichen werden (Kodek aaO § 389 Rz 3 mwN). Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 508a Abs 2 Satz 2und 521a Abs 2 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs 4 EO.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht.
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