Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 447,98 EUR (darin 74,66 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Mit seiner am 18. September 2012 eingebrachten Titelergänzungsklage begehrt der Kläger den Ausspruch, dass der ihm aus dem Vergleich des Bezirksgerichts M***** vom 22. September 1994, AZ 4 C 1860/92v, zustehende Anspruch auf Zahlung von insgesamt 5.356 EUR vollstreckbar ist.
In dem Verfahren 4 C 1860/92v hatte der Kläger vom Beklagten einen Betrag von 4.957,55 EUR sA an Werklohn für Errichtung eines Teichs im Verlauf eines Wildbachs und eines Staudamms auf dem Grundstück des Beklagten verlangt. Der Beklagte wandte Mängel ein. Insbesondere sei es dem Kläger nicht gelungen, den Staudamm abzudichten sowie einen am Staudamm befindlichen Schuber in seinen bestimmungsgemäßen Gebrauch zu versetzen. In dem Verfahren wurde als Sachverständiger DI E***** R***** beigezogen, der in seinem Gutachten drei mögliche Sanierungsvarianten darstellte.
In der Verhandlung vom 22. September 1994 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
„1. Der Kläger verpflichtet sich zur Durchführung der Arbeiten entsprechend Variante I. des im gegenständlichen Verfahren eingeholten SV‑GA (ON 29) bis spätestens 31.07.1995, wobei sich der Kläger auch zur zügigen Durchführung, d.h. zur Durchführung binnen drei Wochen, verpflichtet.
Der Beklagte verpflichtet sich, zumindest 14 Tage vor Arbeitsbeginn durch den Kläger das Wasser aus dem Teich abzulassen und den Teich von Schlamm zu reinigen.
2. Die Bauaufsicht während der Arbeiten des Klägers wird von SV Dipl.‑Ing. E***** R***** auf Kosten des Beklagten geführt, wobei diese Kosten vom SV nach ... abgerechnet werden.
3. Der Beklagte verpflichtet sich, binnen 14 Tagen nach Bekanntgabe durch Dipl.‑Ing. E***** R*****, dass die Arbeiten des Klägers fertiggestellt sind, dem Kläger den Betrag von S 68.217,38 sowie den Materialaufwand von S 5.620,-- zu Handen des KV zu bezahlen.
4. Mit der Fertigstellung der Arbeiten wird seitens der Beklagten der Kläger aus der Haftung für diese Arbeiten entlassen und die Haftung von Dipl.‑Ing. E***** R***** für diese in Punkt 1. genannten Arbeiten begründet, wobei diese Gewährleistung auf zwei Jahre beschränkt ist. ...“
In der Folge gab es im Zusammenhang mit der Durchsetzung des Anspruchs des Klägers aus dem Vergleich mehrere Verfahren zwischen den Parteien sowie zwischen dem nunmehrigen Beklagten und DI E***** R*****. Zu 4 Ob 189/00y, 2 Ob 4/02f, 3 Ob 231/03x, 3 Ob 223/04x und 3 Ob 159/09t war auch der Oberste Gerichtshof mit der Sache befasst.
Mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 gab DI E***** R***** (neuerlich) die Fertigstellung der Arbeiten des Klägers bekannt. In dem Schreiben ging er auch auf die divergierenden Standpunkte der Parteien ein und endete mit folgenden Ausführungen:
„Über den Vergleichsinhalt hinausgehend wünschte der Beklagte im Rahmen der Sanierungsarbeiten eine Verlängerung der Fischleiter als nachträglichen Zusatzauftrag. Von den eingeklagten € 4.275,48 (ATS 58.831,82) entfielen € 699,41 auf diesen Zusatzauftrag.
Gegen diese Forderung des Klägers hat der Beklagte die erforderlichen Reparaturkosten für die bei den Sanierungsarbeiten beschädigten Betonsteine und die Abflussrinne (Rigol) eingewandt. Dieser Anspruch wurde dem Beklagten vom Bezirksgericht M***** in 4 C 1746/98p im Ausmaß von € 392,44 zuerkannt. Diese fiktiven Reparaturkosten wurden daher mit dem Werklohn für den Zusatzauftrag 'Fischleiter' urteilsmäßig saldiert. Aufgrund dieses Geldersatzes besteht kein weiterer Anspruch des Beklagten auf Reparatur der von mir festgestellten Beschädigungen einiger Betonsteine und der Wasserabflussrinne.
Ich gebe daher bekannt, dass die vom Kläger laut Vergleich vom 22.09.1994 durchzuführenden Arbeiten somit bereits fertiggestellt sind.“
Gestützt auf diese Bekanntgabe gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Anders als die Bestätigung vom 10. Oktober 1995, die der in einem Exekutionsverfahren ergangenen Entscheidung 3 Ob 231/03x zugrunde gelegen sei, reiche die nunmehr vorgelegte Bekanntgabe aus, um die Vollstreckbarkeit des vergleichsweise festgelegten Anspruchs des Klägers zu begründen.
Das Berufungsgericht bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts. Der Sachverständige habe die in seiner Bestätigung vom 10. Oktober 1995 enthaltene Unschlüssigkeit mit dem Hinweis beseitigt, dass dem Kläger für die damals noch bestehenden Schäden an den Betonsteinen und der Abflussrinne Geldersatz geleistet worden sei. Eine allfällige Nichtfertigstellung der Arbeiten durch den Kläger bis 31. Juli 1995 sei für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs aus mehreren Gründen nicht relevant. Die bereits im Titelverfahren geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Schubers sei nach der Sanierungsvariante I nicht vom Kläger zu beheben gewesen. Das Erfordernis einer Endkontrolle und Dichtheitsprobe sei dem Vergleichstext nicht zu entnehmen. Die Frist für eine Anfechtung des Vergleichs wegen Irrtums sei längst abgelaufen; Hinweise auf Arglist gebe es nicht. Das im Verfahren 12 C 14/97i des Erstgerichts ergangene Impugnationsurteil, mit dem die zugrunde liegende Exekution für unzulässig erklärt wurde, entfalte keine Bindungswirkung für den nunmehrigen Rechtsstreit.
Die Revision, die vom Berufungsgericht mit der Begründung zugelassen wurde, die Interpretation des Vergleichs weiche möglicherweise von den Entscheidungen 3 Ob 231/13x und 3 Ob 159/09t ab, ist entgegen diesem Zulässigkeitsausspruch mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Zweck der Titelergänzungsklage (§ 10 EO) ist der Nachweis bestimmter Exekutionsvoraussetzungen. Klageziel der Titelergänzungsklage ist daher die Feststellung des Bestehens des Vollstreckungsanspruchs (vgl RIS‑Justiz RS0001384 [T5]). Der im Exekutionstitel niedergelegte materielle Anspruch ist im Rechtsstreit über eine Klage nach § 10 EO nicht neuerlich zu prüfen (RIS‑Justiz RS0000420 [T2]), weil kein neuer Titel geschaffen wird, sondern bestimmte Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen für einen bereits vorhandenen Exekutionstitel nachgewiesen werden (RIS‑Justiz RS0001384 [T4]).
2. Der Beklagte macht in seiner umfangreichen, mehrfach wiederholend die Spezifika des Einzelfalls mit seinen zahlreichen Gerichtsverfahren herausarbeitenden Revision ‑ hier sehr kurz zusammengefasst ‑ geltend, dass (auch im Sinne der Parteienabsicht bei Vergleichsabschluss) die Richtigkeit der Bekanntgabe des Sachverständigen vom 9. Dezember 2009 zu überprüfen gewesen wäre; er paktiere nunmehr mit dem Kläger und seine aktuelle Bekanntgabe der Fertigstellung sei wider besseres Wissen und tatsachenwidrig, vor allem ohne Endkontrolle und Dichtheitsprobe erfolgt. Wie in einem früheren Verfahren mit Bindungswirkung für das nunmehrige Verfahren festgestellt worden sei, sei der Teich entgegen den seinerzeitigen Annahmen bei Vergleichsabschluss unsanierbar, was dem Sachverständigen auch bekannt gewesen sei; seit zumindest 1998 sei der Teich vollkommen verlandet. Abgesehen davon, dass die Arbeiten bis 31. Juli 1995 fertigzustellen gewesen wären, sei die Urkunde vom 9. Dezember 2009 nach wie vor nicht ausreichend, um den nach dem Exekutionstitel gebotenen urkundlichen Nachweis der Fertigstellung der Arbeiten zu erbringen.
3. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, ob die in Punkt 3. des Vergleichs vom 22. September 1994 für das Entstehen der vollstreckbaren Zahlungsverpflichtung des Beklagten festgelegte Bedingung („Bekanntgabe durch Dipl.‑Ing. E***** R*****, dass die Arbeiten des Klägers fertiggestellt sind“) erfüllt ist. Für die ‑ einzelfallbezogene ‑ Auslegung des entsprechenden Vergleichspunktes sind auch die Vergleichspunkte 1. (Hinweis auf die Variante I. des Sachverständigengutachtens und zügige Durchführung bis spätestens 31. Juli 1995) und 4. (Entlassung des Beklagten aus der Haftung und Übernahme der Haftung/Gewährleistung durch Dipl.‑Ing. E***** R*****) mitzuberücksichtigen.
3.1. Die Ausführungen der Vorinstanzen zu ihrer Annahme, dass die genannte Bedingung nun erfüllt ist und daher die Vollstreckbarkeit des Titels zu bestätigen ist, sind auf dieser Grundlage nachvollziehbar und werden durch die Revisionsausführungen nicht erschüttert. Wie unter 1. erwähnt, geht es bei der Titelergänzung nicht um die Überprüfung oder Korrektur, sondern um die Feststellung der Vollstreckbarkeit des ‑ nach wie vor aufrechten ‑ Titels.
3.2. Der Umstand, dass auch eine andere Auslegung vertretbar wäre, ist begründet keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO, sofern nicht eine krasse Fehlbeurteilung zu erkennen ist (RIS‑Justiz RS0112106 [T4] uva). Letzteres ist hier nicht der Fall.
3.3. Die den Entscheidungen 3 Ob 231/13x und 3 Ob 159/09t zugrunde liegenden Situationen waren jeweils dadurch gekennzeichnet, dass aus der vom Sachverständigen abgegebenen Bestätigung jeweils die Nichtfertigstellung der Arbeiten hervorging. So wird ‑ auch ‑ der Entscheidung 3 Ob 159/09t zugrunde gelegt, „dass anlässlich der Arbeiten einige Betonsteine in der Zufahrt und die Wasserabflussrinne beschädigt und diese Schäden noch nicht behoben worden seien. Dass diese Schäden zum Zeitpunkt der Erklärung bereits behoben gewesen wären, gehe aus der betreffenden Urkunde nicht hervor“.
In der Zwischenzeit hat der Sachverständige auch bestätigt, dass sich die im Verfahren 4 C 1746/98p des Bezirksgerichts M***** als berechtigt erkannte Gegenforderung des Beklagten 392,44 EUR auf die Reparatur sowohl der beschädigten Betonsteine als auch der beschädigten Abflussrinne bezieht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich der Beklagte daher nicht mehr auf die fehlende Fertigstellung wegen des Vorhandenseins von Schäden berufen kann, begegnet keinen Bedenken.
Eine inhaltliche Überprüfung der Bekanntgabe des Sachverständigen ‑ einschließlich Endkontrolle und Dichtheitsprobe ‑ ist im Vergleich nicht vorgesehen; an ihre Stelle trat ganz offensichtlich die Übernahme der Haftung/Gewährleistung durch den Sachverständigen laut Punkt 4. des Vergleichs. Die vom Beklagten aufgeworfene Unsanierbarkeit des Teichs betrifft nicht die Ergänzung des Titels, sondern seinen Inhalt. Im nunmehrigen Verfahren ist allein zu entscheiden, ob die Bedingung der Fertigstellung der Arbeiten des Klägers eingetreten ist. Hinweise auf arglistiges Verhalten in Bezug auf den Vergleichsschluss gibt es nach wie vor nicht. Auch die Ansicht des Berufungsgerichts, dass für die Vollstreckbarkeit des Anspruchs des Klägers das genaue Datum der Fertigstellung der Arbeiten ohne Relevanz ist (Hinweise auf ein Fixgeschäft gibt es nicht), ist keineswegs unvertretbar. Die Ablehnung einer Bindungswirkung eines früheren Impugnationsurteils für den nunmehrigen Prozess steht in Einklang mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung; sie ergibt sich schon daraus, dass nunmehr eine neue Fertigstellungsbekanntgabe des Sachverständigen zur Beurteilung vorliegt.
4. Da die Entscheidung nur einzelfallbezogen getroffen werden kann und eine unvertretbare Rechtsposition des Berufungsgerichts nicht aufgezeigt wird, ist die Revision des Beklagten mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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