OGH 3Ob195/59

OGH3Ob195/5916.6.1959

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Heller als Vorsitzenden und durch die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Liedermann, Dr. Berger, Dr. Überreiter und Dr. Greissinger als Richter in der Rechtssache der gefährdeten Partei Anna J*****, Holz- und Baustoffhändlerin, ***** vertreten durch Dr. Ernst Lepolt, Rechtsanwalt in Leoben, wider die Gegner der gefährdeten Partei 1. Konrad B*****, Hilfsarbeiter, 2. Adolf S*****, Hilfsarbeiter, beide in *****, vertreten durch Dr. Hans Pirker, Rechtsanwalt in Irdning, wegen Erlassung einer einstweiligen Verfügung infolge Revisionsrekurses der Gegner der gefährdeten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 6. April 1959, GZ R 193/59-13, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Irdning vom 10. März 1959, GZ Nc 3/59-10, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses der erstgerichtliche Beschluß wiederhergestellt.

Text

Begründung

Die gefährdete Partei behauptet, den Antragsgegnern, ihren früheren Arbeitern, zum Ankauf eines LKWs ein Darlehen von S 21.750,-- gegeben zu haben. Der Wagen hätte bis Mai 1960 im Betrieb der gefährdeten Partei verwendet werden und die Rückzahlung des Darlehens hätte durch die Gutschrift einer monatlichen Benützungsgebühr von je S 1.885,40 erfolgen sollen. Die Antragsgegner seien im Dezember 1958 eigenmächtig aus den Diensten der gefährdeten Partei getreten, hätten den Wagen nicht mehr zur Verfügung gestellt und es unternommen, ihn durch die Autohändler Karl Hermann B***** und Dr. Hans S***** zu verkaufen. Die Antragsgegner hätten an Abnützungsgebühr nur ein Guthaben von S 5.656,20, sodaß die restliche Darlehensforderung der gefährdeten Partei S 15.993,80 betrage. Die Antragsgegner hätten außer dem LKW kein anderes Vermögen. Nach einer Äußerung des Zweitantragsgegners Adolf S***** hätten beide Gegner der gefährdeten Partei nicht die Absicht, den Verkaufserlös zur Befriedigung der gefährdeten Partei zu verwenden. Die gefährdete Partei beantragt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch Drittverbot an die beiden Autohändler auf Nichtleistung eines Verkaufserlöses bis S 15.993,80 an die Antragsgegner oder im Falle des Nichtverkaufes des LKWs auf Nichtherausgabe des Wagens an die Antragsgegner. Ferner wurde ein entsprechendes Verfügungsverbot an die Antragsgegner und ein entsprechender Sicherungsbetrag nach § 391 EO beantragt. Das Erstgericht erließ nach umfangreichen Erhebungen, zum Teil durch den ersuchten Richter, zur Sicherung des Anspruches, den die gefährdete Partei auf Grund der Zahlung von S 21.750 für den Ankauf eines LKW durch die Antragsgegner behauptet, die beantragte einstweilige Verfügung, nahm aber nur eine Anspruchsbescheinigung in der Höhe von S 4.678,-- an, weil es Gegenforderungen der Antragsgegner auf die bescheinigte Darlehensrestforderung der gefährdeten Partei von S 15.993,80 als glaubhaft gemacht ansah. Im einzelnen wurde als bescheinigt angenommen, daß auf die unbestrittene Darlehensforderung der gefährdeten Partei von S 21.750 den Antragsgegnern als Gegenforderung aus der Vereinbarung vom 6.10.1958, Beilage B, nicht nur die von der Antragstellerin für die Zeit von Oktober bis Dezember 1958 zugestandene Abnützungsgebühr von monatlich S 1.885,40, zusammen S 5.656,20 zustehe, sondern darüber hinaus auch für die Monate Juni bis September 1958 also in der Gesamthöhe von S 13.197,80, ferner für Reparaturen, Versicherung, Schmieren und Waschen und Dieselöl ein weiterer Betrag von S 3.874,20, insgesamt ein Betrag von S 17.072. Es wurde daher der bescheinigte Anspruch der gefährdeten Partei nur mit dem Differenzbetrag von S 4.678,-- angenommen. Im Drittverbot wurde hinsichtlich der Geldleistung der Drittschuldner an die Antragsgegner nur der Betrag von S 4.678,-- aufgenommen, ebenso beim Verfügungsverbot und beim Sicherungsbetrag nach § 391 EO.

Bezüglich der Gefährdung verwies das Erstgericht darauf, daß die Antragsgegner nicht bestritten, den LKW zum Weiterverkauf an die Drittschuldner gegeben zu haben.

Der erstrichterliche Beschluß wurde von den Antragsgegnern nicht angefochten. Die Antragstellerin bekämpfte mit ihrem Rekurs den Beschluß nur insoweit, als ihre zu sichernde Forderung bloß mit S 4.678,--, nicht mit S 15.993,80 angenommen wurde. Sie führte aus, es sei aus verfahrensrechtlichen Gründen auf die Gegenforderungen der Antragsgegner nicht einzugehen gewesen, sodaß sich eine Anfechtung im einzelnen erübrige.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und änderte den erstrichterlichen Beschluß dahin ab, daß es im Drittverbot, Verfügungsverbot und Sicherungsbetrag nach § 391 EO den Betrag von S 4.678,-- auf S 15.993,80 erhöhte. Auf die Frage der Gefährdung ging das Rekursgericht nicht ein. Es vertrat bei der Begründung seiner Entscheidung den Standpunkt, daß im Provisorialverfahren nicht zu untersuchen sei, ob den Antragsgegnern Gegenforderungen zustehen. Außerdem habe das Erstgericht in unzulässiger Weise umfangreiche Beweiserhebungen über die Höhe des zu sichernden Anspruches durchgeführt.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag, den Beshcluß des Rekursgerichtes abzuändern und den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen, allenfalls den erstgerichtlichen Beschluß wiederherzustellen oder allenfalls der gefährdeten Partei eine Sicherstellung von S 2.000,-- aufzutragen. Im Revisionsrekurs wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Gegenforderungen auf Grund der vorliegenden Bescheinigungsmittel im Sinn der erstrichterlichen Beschlußfassung zu berücksichtigen seien.

Rechtliche Beurteilung

Bei der Erlassung einer einstweiligen Verfügung haben die Gerichte nur zu prüfen, ob der Anspruch auf Sicherung besteht, und nur gegen Glaubhaftmachung des zu sichernden Rechtes und einer Gefahr die einstweilige Verfügung zu bewilligen. Eine definitive, der Rechtskraft fähige Feststellung des dem Sicherungsanspruch zugrunde liegenden materiellen Rechtes ist dem Provisorialverfahren fremd (Rintelen, "Die einstweilige Verfügung", S 9, Pollak S 1038, Walker S 368, Neumann-Lichtblau S 1163).

Im vorliegenden Fall haben beide Unterinstanzen den Sicherungsanspruch der gefährdeten Partei bejaht und nur in der Frage der Höhe des bescheinigten Anspruches verschiedene Entscheidungen getroffen. Zwar kann, wie schon ausgeführt, im Provisorialverfahren über die Höhe des Anspruches keine der materiellen Rechtskraft fähige Entscheidung getroffen werden, doch berührt die Entscheidung über die Bescheinigung des Anspruches schon im Hinblick auf die Bestimmungen der §§ 390, 399 EO schutzwürdige Interessen der Parteien, sodaß ihnen bei einer für sie nachteiligen Entscheidung in diese Richtung das Rekursrecht grundsätzlich zusteht.

Das Rekursgericht ist zwar im Recht, wenn es bemängelt, daß der Erstrichter in der Frage der Anspruchsbescheinigung (§ 389 EO) nichtparate Beweismittel verwendete und umfangreiche Erhebungen, zum Teil durch den ersuchten Richter, über den Bestand der Gegenforderungen durchführte (GMA Be. 6 § 274 ZPO Nr 8). Es wurde dadurch der Grundsatz des Parteibetriebes im Bescheinigungsverfahren verletzt. Das Rekursgericht hat aber übersehen, daß diese Gesetzesverletzung unter keiner Sanktion steht und daß es dem Antragsgegner auch im Provisorialverfahren grundsätzlich gestattet ist, die vom Antragsteller behaupteten Tatsachen durch geeignete, allerdings sofort greifbare Bescheinigungsmittel zu widerlegen (1 Ob 299/51, 3 Ob 599/53).

Es sind daher die vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Tatsachen über den Bestand von Gegenforderungen der Antragsgegner über das von der gefährdeten Partei zugestandene Maß von S 5.656,20 hinaus, also in der Gesamthöhe von S 17.072 grundsätzlich zu beachten. Die gefährdete Partei hat, sofern sie nach § 526 ZPO, §§ 78, 402 EO überhaupt berechtigt gewesen wäre, die betreffenden Feststellungen zu bekämpfen (SZ XXII/40), eine Anfechtung im einzelnen unterlassen und sich, wie schon dargestellt, nur auf die im Ergebnis unzutreffenden verfahrensrechtlichen Einwendungen beschränkt. Es muß daher von der Bescheinigung der Gegenforderungen der Antragsgegner im Sinn der erstrichterlichen Beschlußfassung ausgegangen werden. Gegen den Bestand des Sicherungsanspruches der gefährdeten Partei haben die Antragsgegner in ihrem Revisionsrekurs im übrigen nichts weiter vorgebracht. Auch wenn die Antragsgegner in ihrem Revisionsrekurs zunächst die Abweisung des Antrages der gefährdeten Partei beantragt haben, gehen sie in der Ausführung des Revisionsrekurses selbst von der Richtigkeit des erstrichterlichen Beschlusses "im Endeffekt" aus, sodaß sich der Revisionsrekurs in Wahrheit in erster Linie auf die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses richtet. Nach den vorstehenden Ausführungen ist dieses Begehren berechtigt. Es war daher dem Revisionsrekurs in diesem Sinn Folge zu geben. Zu der allenfalls begehrten Auferlegung einer Sicherheit von S 2.000,-- nach § 390 EO bestand bei diesem Ergebnis kein Anlaß.

Kosten haben die Antragsgegner nicht verzeichnet.

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