OGH 3Ob189/83

OGH3Ob189/8322.2.1984

SZ 57/43

Normen

EO §239 Abs3
JN §54 Abs2
ZPO §528
EO §239 Abs3
JN §54 Abs2
ZPO §528

 

Spruch:

Bei der Beurteilung, ob der Beschwerdegegenstand 15 000 S übersteigt, sind Nebengebühren auch bei der Anfechtung der Entscheidung des Rekursgerichtes im Meistbotsverteilungsverfahren nicht zu berücksichtigen

OGH 22. 2. 1984, 3 Ob 189/83 (KG Wels R 140/83; BG Vöcklabruck E 8021/80) = JBl. 1985, 242 (Hoyer)

Text

Das Erstgericht verteilte das Meistbot von 9.2 Mio. S für die am 23. 6. 1982 der Sparkasse B zugeschlagene Liegenschaft EZ 263 KG S wie folgt: A) Vorzugsposten: 1.) Marktgemeinde S 46 386.10 S; 2.) Wassergenossenschaft S 4 068.41 S; 3.) Spezialmassekosten des Masseverwalters 373 777.88 S; B) in der bücherlichen Rangordnung:

1.) Der H-Bank Vöcklabruck a) im Pfandrange COZ 7 2 743 831.59 S; b) im Pfandrange COZ 10 541 673 S; c) im Pfandrange COZ 13 740 330 S;

d) im Pfandrange COZ 18 1 000 000 S; 2.) Der Republik Österreich im Pfandrange COZ 20 548 790.50 S; 3.) Der H-Bank Vöcklabruck a) im Pfandrange COZ 39 395 520 S; b) im Pfandrange COZ 41 939 658 S; 4.)

Der Spar-Casse W im Pfandrange COZ 46 800 000 S; 5.) Der Sparkasse B im Pfandrange COZ 47 den Meistbotsrest von 1 065 964.52 S.

Infolge von Rekursen der verpflichteten Partei und der Sparkasse B änderte das Rekursgericht den Verteilungsbeschluß dahin ab, daß der H-Bank Vöcklabruck zu B 1 a nur 2 352 117.08 S (Differenz 391 714.51 S), zu B 1 b nur 523 300 S (Differenz 18 373 S), zu B 1 c nur 683 923 S (Differenz 56 407 S), zu B 1 d nur 998 859.88 S (Differenz 1 140.12 S), zu B 3 a nur 386 103.72 (Differenz 426 658 S) und zu B 3 b nur 513 000 S (Differenz 426 658 S), mithin zusammen 5 457 303.68 S (also um 903 708.91 S weniger als im Beschluß des Erstgerichtes) zugewiesen wurden, was zur Folge hatte, daß der Sparkasse B um 903 708.91 S mehr, zusammen 1 969 673.43 S statt nur 1 065 964.52 S zur teilweisen Berichtigung ihrer Kapitalsforderung zugewiesen wurden. Die Abänderung erfolgte zu B 1 a ausschließlich wegen einer geringeren Zuweiseung an "Nebengebühren" (Erstgericht) bzw. "Prozeß- und Exekutionskosten" (Gericht zweiter Instanz), zu B 1 b, B 1 c, B 3 a und B 3 b wegen einer geringeren Zuweisung von Zinsen, Verzugs- oder Zinsenszinsen und zu B 1 d wegen einer um 1 140.12 S geringeren Zuweisung an Kapital.

Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der von der Abänderung betroffenen betreibenden Partei H-Bank zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 78 EO, § 528 Abs. 1 Z 2 und 5 ZPO kann gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über den Kostenpunkt oder über einen 15 000 S an Geld- oder Geldeswert nicht übersteigenden Beschwerdegegenstand oder Teil des Beschwerdegegenstandes kein Rekurs an den OGH erhoben werden. Ersteres trifft für die Änderung der Zuweisung zu B 1 a zu, letzteres gilt für die Abänderung aller übrigen Zuweisungen. Diese beinhalten nämlich hinsichtlich der Zuweisung an Kapitalsbeträgen nur eine Änderung im Ausmaß von 1 140.12 S und hinsichtlich von Nebengebühren, die bei der Berechnung des Beschwerdegegenstandes gemäß § 54 Abs. 2 JN unberücksichtigt bleiben (vgl. SZ 20/202; EvBl. 1970/24; ExRpflSlg. 1973/157 ua.; zuletzt JBl. 1984, 94).

An dieser Rechtsprechung hat kürzlich Hoyer in seiner Besprechung der Entscheidung JBl. 1984, 94 Kritik geübt. Die von ihm behandelten Problemkreise über das Wesen einer Nebengebührenkaution und über die unterschiedliche Behandlung der Rechtsmittelzulässigkeit nach § 78 EO, § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO je nachdem, ob der Rechtsmittelwerber geltend macht, ihm seien zu wenig Nebengebühren zugewiesen worden, oder, ihm sei deshalb zu wenig Kapital zugewiesen worden, weil einem anderen zu viel Nebengebühren zugewiesen worden seien, tauchen im vorliegenden Fall nicht auf. Im übrigen ist den Ansichten von Hoyer folgendes entgegenzuhalten:

Was eine Entscheidung "im Kostenpunkt" ist, ist dem Gesetz nicht klar entnehmbar. Die Rechtsprechung hat diesen Begriff aber immer eher weit verstanden und nicht nur Kostenbestimmungsbeschlüsse und Kostenauferlegungsbeschlüsse als Entscheidungen im Kostenpunkt aufgefaßt. Ob überhaupt ein Anspruch auf Kostenersatz besteht (EvBl. 1967/459), welchen Rang Kosten haben (SZ 19/114; EvBl. 1969/358), aus welcher Masse sie abzudecken sind (SZ 13/245; SZ 53/90) uam., wurde mit Billigung der Lehre (Heller-Berger-Stix 666 f.) immer als Entscheidung im Kostenpunkt behandelt. Das Argument Hoyers, es könnten im Verteilungsverfahren keine Kostenentscheidungen ergehen, trifft nicht einmal dann zu, wenn man von der engsten Auslegung des Begriffes "Kostenpunkt" ausgeht; denn wenn ein Beteiligter ungeachtet der Rechtsansicht der Judikates 201 Kosten ansprechen sollte und hierüber Kostenbestimmungsbeschlüsse der Vorinstanzen ergingen, oder, wenn Kosten zu bestimmen sind, weil sie im Rahmen einer Nebengebührenkaution zugesprochen werden können, dann gibt es sehr wohl auch im Verteilungsverfahren Kostenentscheidungen. Ein wertungsmäßiger Unterschied zwischen der Aberkennung von Kosten im Rechtsstreit oder der Nichtzuweisung bestimmter Kosten im Verteilungsverfahren ist nicht erkennbar. Vor allem im Hinblick auf die Intentionen der Zivilverfahrens-Nov. 1983 besteht nicht der geringste Anlaß zu einer einschränkenderen Auslegung, da im Interesse der notwendigen Entlastung des Höchstgerichtes nicht zusätzliche Möglichkeiten der Eröffnung eines Rechtszuges an den OGH gesucht werden müssen.

Auch in der Anwendung der Kriterien des 54 Abs. 2 JN bei Prüfung der Frage, wie hoch der Beschwerdegegenstand iS der § 78 EO, § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO ist, liegt kein Wertungswiderspruch vor. Daß durch Zinsen und sonstige Nebengebühren der Streitwert und der Wert des Beschwerdegegenstandes nicht "erhöht" wird, läßt sich mit den gleichen Gründen im Rechtsstreit wie auch im Verteilungsverfahren rechtfertigen. Einen Hinweis dafür, daß die Grundsätze des § 54 Abs. 2 JN auch im Exekutionsverfahren gelten, bietet die Bestimmung des § 54 Abs. 1 Z 2 EO, wonach der Anspruch, wegen dessen die Exekution stattfinden soll, bei Geldforderungen aus dem "Betrag", welcher im Exekutionswege eingebracht werden soll, und aus den beanspruchten "Nebengebühren" besteht. Nach § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO ist nicht der in erster Instanz zur Entscheidung gelangende Streitgegenstand, sondern der an die dritte Instanz herangetragene Beschwerdegegenstand maßgebend. Wenn daher in einem Rechtsstreit (oder Exekutionsverfahren) Hauptsache und Nebengebühren den Streitgegenstand (den betriebenen Anspruch) bilden - anders nur, wenn von vornherein nur Kosten oder Zinsen eingeklagt (betrieben) wurden und diese daher zu einem selbständigen Hauptanspruch werden (vgl. SZ 47/150 ua.) - dann wird auch in dem Fall, als nur mehr die Entscheidung über Nebengebühren an die dritte Instanz herangetragen wird, die Wertgrenze des § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO nicht erreicht; denn es ist nicht einzusehen, weshalb das Rechtsmittel bei Herantragung eines die Wertgrenze nicht erreichenden Kapitalbetrages zuzüglich Nebengebühren (in beliebiger Höhe) unzulässig, bei Herantragung nur mehr der Nebengebühren aber zulässig sein sollte (auch wenn diese für sich allein die Wertgrenze übersteigen). Daß sich die von Hoyer aaO in Anm. 30 angeführten Entscheidungen nicht mit dieser Problematik befassen, trifft zu, sie wurden aber nicht dazu, sondern zur Ansicht, die eben dargelegten Grundsätze hätten insgesamt auch im Verteilungsverfahren Geltung, zitiert. Es besteht daher auch bei den Nebengebühren kein Anlaß, von der bisher herrschenden Auffassung abzugehen, daß auch bei der Beurteilung, ob der Beschwerdegegenstand die in § 528 Abs. 1 Z 5 ZPO genannte Wertgrenze übersteigt, die Nebengebühren nicht zu berücksichtigen sind (Fasching IV 467; Heller-Berger-Stix, 668).

Der in RZ 1937, 349 anders als in JBl. 1984, 94 behandelte Fall, daß ein in der Hauptsache verkürzter Gläubiger eine nicht ihn betreffende Entscheidung über Nebengebühren bekämpft, liegt - wie schon gesagt wurde - nicht vor, sodaß nicht zu untersuchen ist, ob die eher vereinzelt gebliebene Entscheidung RZ 1937, 349 iS der Auffassung von Hoyer "konsequenter" ist oder ob durch die in der Entscheidung JBl. 1984, 94 vertretene Rechtsansicht wirklich der Gleichheitsgrundsatz verletzt werden könnte. Die Bestimmung des § 239 Abs. 3 EO eröffnet entgegen der Regelung des § 528 Abs. 1 Z 1 ZPO nur einen Rekurs auch gegen eine Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz, mit der der angefochtene erstrichterliche Verteilungsbeschluß bestätigt wurde. Die übrigen Fälle des § 528 Abs. 1 ZPO werden dadurch nicht berührt (Heller-Berger-Stix 1602; SZ 24/30; JBl. 1962, 455; EvBl. 1969/358 ua.). Durch die Zivilverfahrens-Nov. 1983 hat sich an dieser Rechtslage nichts geändert.Daß im vorliegenden Fall die strittigen Zinsenbeträge insgesamt einen hohen Betrag ergeben, ändert nichts daran, daß der Beschwerdegegenstand ohne Zinsen - und diese sind unabhängig von ihrer Höhe eben nicht zu berücksichtigen - unter der maßgebenden Wertgrenze liegt. Es liegt auch nicht der schon oben erwähnte Fall vor, daß überhaupt nur Kostenbeträge oder kapitalisierte Zinsenbeträge sozusagen als Hauptsache selbständig geltend gemacht wurden, in welchem Fall die entsprechenden Kosten oder Zinsenbeträge selbst den Streitgegenstand bzw. den Beschwerdegegenstand bilden würden (Fasching I 341; SZ 47/107; SZ 47/150). Dies trifft auch für die beiden Zuweisungen B 3 a und 3 b nicht zu, auch wenn die Pfandrechte zu COZ 39 und 41 sich überhaupt nur auf Zinsen erstrecken. Das Pfandrecht wurde nämlich nicht für einen schon entstandenen bestimmten Zinsenbetrag einverleibt, sondern es wurde ein Pfandrecht zugunsten von Zinsen aus einem ganz bestimmten Hauptsachenbetrag einverleibt, für den jeweils auch mit einem besseren Rang ein anderes Pfandrecht haftete. Die zu COZ 39 sichergestellten Zinsen beziehen sich auf das Pfandrecht COZ 38 (Rang COZ 18) und die zu COZ 41 sichergestellten Zinsen beziehen sich auf das Pfandrecht COZ 40 (Rang COZ 7, 10 und 13).Daß die wegen der geänderten Zinsen und Kostenzuweisung und wegen der Änderung der Zuweisung am Kapital um 1 140.12 S freiwerdenden Beträge dann der Sparkasse B als zusätzliche Hauptsachenzuweisung zufallen, ändert nichts daran, daß von der Rechtsmittelwerberin in dritter Instanz nur hinsichtlich eines ihre eigenen Forderungen betreffenden Hauptsachenbetrages von 1 140.12 S sowie wegen Kosten und Zinsen eine Abänderung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz begehrt wird, was aus den angeführten Gründen unzulässig ist Zutreffend weist die Revisionsrekurswerberin zwar darauf hin, daß sie zu COZ 7 oder 18 im Rahmen der einverleibten Kredithöchstbetragshypotheken unter Umständen einen höheren Betrag an Kapital begehren hätte können. Tatsächlich wurden aber die strittigen Beträge (ausgenommen die schon mehrfach erwähnten 1 140.12 S) durchwegs als Nebengebühren angemeldet und zugewiesen, und nur dies und nicht irgendein hypothetischer Fall ist maßgebend.

Im Revisionsrekurs wird auch noch die Frage angeschnitten, ob es überhaupt richtig war, den freigewordenen Betrag von 903 708.91 S der Sparkasse B zuzuweisen, weil deren Anmeldung nicht entsprechend konkret gewesen sei. Der dabei erhobene Vorwurf, es werde sozusagen mit zweierlei Maß gemessen, ist schon deshalb unbegrundet, weil gegen die Anmeldung der Sparkasse B keine Widersprüche erhoben wurden. Im übrigen ist aber der Revisionsrekurs auch in diesem Umfange nicht zulässig, diesmal zwar nicht deshalb, weil es um Kosten oder einen 15 000 S nicht übersteigenden Gegenstand geht, wohl aber deshalb, weil die Revisionsrekurswerberin aus einer allfälligen Nichtzuweisung des strittigen Betrages an die Sparkasse B keinen Nutzen ziehen könnte; eine andere Entscheidung könnte nur den nachfolgenden Gläubigern oder im Fall einer Hyperocha der verpflichteten Partei zugute kommen. Die H-Bank erhielt ja nicht wegen Erschöpfung des Meistbotes nicht alle angemeldeten Beträge, sondern - vom OGH nicht überprüfbar (s. oben) - wegen fehlender Berechtigung. Sollte also die Zuweisung an die Sparkasse B unzutreffend sein, so könnte der dadurch freiwerdende Teil des Meistbotes niemals der Revisionrekurswerberin zugewiesen werden. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rekurses gegen eine bestimmte Zuweisung ist aber, daß der Rechtsmittelwerber beim Ausfall des von ihm bestrittenen Rechtes überhaupt oder zumindest mit einem größeren Betrag zum Zuge gelangen würde (EvBl. 1976/82; JBl. 1981, 93).

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