OGH 3Ob172/02v

OGH3Ob172/02v19.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei E***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Hilbert Aubauer, Dr. Peter Berethalmy, Dr. Karl Fritsche und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien, sowie weiterer beigetretener Parteien, wider die verpflichteten Parteien 1.) Verlassenschaft nach dem am 13. November 1996 verstorbenen Ernst T*****, vertreten durch die Verlassenschaftskuratorin Dr. Christiane Bobek, Rechtsanwältin in Wien, und 2.) Rosa T*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Josef Koller-Mitterweissacher, Rechtsanwalt in Perg, wegen Zwangsversteigerung einer Liegenschaft, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 17. Dezember 2001, GZ 14 R 175/01f, 272/01w-140, womit infolge Rekurses der Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Urbanek Lind Schied Reisch OEG, Rechtsanwälte in St. Pölten, der Beschluss des Bezirksgerichts Grein vom 12. März 2001, GZ E 339/96s-119, aufgehoben wurde und der Rekurswerber Haralan H*****, vertreten durch Münzker & Riehs Rechtsanwälte OEG in Wien, auf diese Entscheidung verwiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird dahin Folge gegeben, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Rekurswerber Ö***** AG und Haralan H***** haben die Kosten ihrer Rekurse selbst zu tragen.

Die Rekurswerberin Ö*****AG ist schuldig, der betreibenden Partei die mit 1.835,82 EUR (darin enthalten 305,97 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Rekurswerbers Haralan H***** wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht versteigerte die Liegenschaft EZ 510... der verpflichteten Parteien um das Meistbot von 4,7 Mio S. Ersteherin war die betreibende Partei. Im Meistbotsverteilungsbeschluss vom 22. Dezember 2000 (ON 115) sprach das Erstgericht, soweit für die vorliegende Entscheidung noch von Bedeutung, aus, dass dem Antrag der betreibenden Partei gemäß § 222 Abs 4 EO auf Einverleibung einer Ersatzhypothek im Betrag von 900.000 S ua auf der nicht versteigerten Liegenschaft EZ 918... - Hälfteeigentümer ist der Rekurswerber Haralan H***** (im Folgenden nur 2. Rekurswerber) - zu CLNr 4 (sinngemäß) im Rang der dort für die W***** Sparkasse eingetragenen Simultanhypothek stattgegeben werde. Der Meistbotsverteilungsbeschluss wurde auch den Hälfteeigentümern der Liegenschaft EZ 918 zugestellt. Eine Zustellung an die Rekurswerberin Ö*****AG (im Folgenden 1. Rekurswerberin) erfolgte vorerst nicht.

Zu deren Gunsten war zu TZ 135/01 auf Grund einer Pfandurkunde vom 9. Jänner 2001 ein Pfandrecht im Höchstbetrag von 57.000 EUR nachrangig zum simultan haftenden Pfand der W***** Sparkasse einverleibt. Mit Beschluss vom 12. März 2001 (ON 119) ordnete das Erstgericht die Verbücherung der bewilligten Ersatzhypotheken an, ua auch die Einverleibung des Pfandrechts im Betrag von 900.000 S für die betreibende Partei ob der Liegenschaft EZ 918 im Range des zu CLNr 4b für die W***** Sparkasse einverleibten Pfandrechts.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Rekursgericht infolge Rekurses der 1. Rekurswerberin diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung auf. Den 2. Rekurswerber verwies es mit seinem Rechtsmittel - unangefochten - auf diese Entscheidung.

Die zweite Instanz schloss sich der vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 289/97i = SZ 70/205 = ÖBA 1998, 403 im Anschluss an Hoyer (Simultanhypothek2 60 ff) in einem obiter dictum vertretenen Auffassung an, dass es nicht sachgerecht sei, dem Eigentümer der mit einem Simultanpfandrecht belasteten, aber nicht versteigerten Liegenschaft die Beteiligung am Meistbotsverteilungsverfahren und das Rechtsmittelrecht gegen den Meistbotsverteilungsbeschluss, in dem ein Ersatzanspruch gemäß § 222 Abs 4 EO festgestellt wurde, zu verwehren. Dasselbe müsse auch für einen von der Ersatzhypothek betroffenen nachrangigen Gläubiger der "Ersatzliegenschaft" gelten. Dieser habe wie der Eigentümer ein rechtliches Interesse, nicht zum Realschuldner einer unberechtigten Forderung zu werden.

Einwendungen des 2. Rekurswerbers, die dieser bereits im Meistbotsverteilungsverfahren hätte erheben können, stehe jetzt die Rechtskraft des Meistbotsverteilungsbeschlusses entgegen. Er sei daher mit seinem Rekurs auf die Entscheidung über den Rekurs der 1. Rekurswerberin zu verweisen. Mangels Rechtskraft ihr gegenüber sei aber der Meistbotsverteilungsbeschluss im Verhältnis zu ihr auch nicht bindend. Es fehle damit an einer Voraussetzung der Verbücherung, weshalb das Erstgericht den Meistbotsverteilungsbeschluss der 1. Rekurswerberin - aber erst nach Rechtskraft dieses Aufhebungsbeschlusses - zuzustellen haben werde. Auf die Frage, ob nicht auch gleichzeitig im angefochtenen Beschluss die Löschung der Simultanhypothek hätte angeordnet werden müssen, um Platz für das Ersatzpfand zu schaffen, sei nicht mehr einzugehen.

Die Bewertung des Entscheidungsgegenstands erscheine im Hinblick darauf entbehrlich, dass es um ein Ersatzpfand in Höhe von 900.000 S gehe. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen, weil zwar der in SZ 70/205 dargestellten Rsp gefolgt werde, diese Rsp aber in ihren Konsequenzen noch nicht gefestigt und es vor allem auch fraglich sei, wieweit sie auch für sonstige Buchberechtigte gelte.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist berechtigt. Wie sie in ihrem Revisionsrekurs zutreffend hervorhebt, kommt es auf die Frage, ob der Eigentümer und/oder die Buchberechtigten einer mit der versteigerten simultan haftenden, aber nicht versteigerten Liegenschaft Beteiligte im Zwangsversteigerungsverfahren sind, in dem eine Ersatzforderung nach § 222 Abs 4 EO gestellt wurde, im konkreten Fall nicht an.

Das Rekursgericht ließ nämlich außer Acht, dass im Zeitpunkt der Fassung des Meistbotsverteilungsbeschlusses, mit dem der betreibenden Partei auch die Einverleibung von Ersatzhypotheken zuerkannt wurde, die 1. Rekurswerberin noch gar nicht Pfandgläubigerin war. Wie sie selbst in ihrem Rekurs (ON 133) ausführt, beruht ihr Pfandrecht auf einer Pfandurkunde vom 9. Jänner 2001; dies stimmt auch mit dem Grundbuchsstand überein, wonach auf Grund dieser Urkunde zu TZ 135/2001 des Buchgerichts eine Höchstbetragshypothek über 57.000 EUR zu ihren Gunsten einverleibt wurde. Selbst wenn man nun in Fortführung der in der Entscheidung 3 Ob 289/97i = SZ 70/205 zur Beteiligtenstellung des (Mit-) Eigentümers der nicht versteigerten Liegenschaft angestellten Überlegungen eine solche Stellung auch denjenigen einräumen wollte, die Pfandrechte auf dieser Liegenschaft erworben haben, wie dies nunmehr auch Lecher (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 222 Rz 32) vertritt, kann sich eine allfällige Verpflichtung zur Beiziehung dieser Buchberechtigten und zur Zustellung der Entscheidung an sie keinesfalls auf solche Berechtigte beziehen, deren Rechte erst nach der Entscheidung über den Ersatzanspruch im Meistbotsverteilungsverfahren entstehen. Dies hätte nämlich die nicht akzeptable Konsequenz, dass ein derartiger Beschluss niemals in Rechtskraft erwachsen könnte, weil jedwede Einverleibung eines bücherlich Berechtigten auf den mit einer Simultanhypothek belasteten, nicht versteigerten Liegenschaft die Rechtskraft des Meistbotsverteilungsbeschlusses in diesem Umfang als bloße Scheinrechtskraft entlarven würde und diesen Berechtigten die Möglichkeit zur Anfechtung des Meistbotsverteilungsbeschlusses geben würde. Diese Rechtsfolge ist nicht nur aus praktischen Erwägungen, sondern auch deshalb unhaltbar, weil die Beteiligtenstellung eine aktuelle Berechtigung spätestens im Entscheidungszeitpunkt voraussetzt. Da im vorliegenden Fall der Meistbotsverteilungsbeschluss noch im Jahr 2000 gefasst wurde und die Höchstbetragshypothek der 1. Rekurswerberin auf der nicht versteigerten Liegenschaft erst 2001 entstand, gelangte das Rekursgericht zu Unrecht zur Auffassung, der Meistbotsverteilungsbeschluss wäre mangels Zustellung an sie noch nicht rechtskräftig. Eine (inzwischen vom Erstgericht entgegen der Anordnung des Rekursgerichts schon verfügte) Zustellung des Meistbotsverteilungsbeschlusses an die 1. Rekurswerberin ist daher überflüssig und vermag insbesondere keine nachträgliche Beteiligtenstellung der 1. Rekurswerberin zu begründen.

Wie nun das Rekursgericht im Verhältnis zum 2. Rekurswerber richtig ausführte, kann nun im Rekurs gegen den bloßen Verbücherungsbeschluss nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden, dass eine Ersatzhypothek überhaupt nicht oder in geringerem Umfang zustehe. Darüber wurde hier eben bereits rechtskräftig im Meistbotsverteilungsbeschluss abgesprochen. Mit Erfolg könnten allenfalls sich aus dem Grundbuchsstand ergebende Einwände erhoben werden. Solches war hier nicht der Fall. Vielmehr wird im Rekurs des 2. Rekurswerbers allein geltend gemacht, die Simultanpfandgläubigerin habe in Wahrheit gar nicht unverhältnismäßige Befriedigung begehrt und die Ersatzhypothek hätte nur in einer wesentlich geringeren Höhe zuerkannt werden dürfen.

Soweit in der Rekursentscheidung die Frage der vom Erstgericht nicht angeordneten Löschung der Simultanhypothek (im Ausmaß der Ersatzhypothek) angesprochen wird (was zwingend gewesen wäre: EvBl 1962/98; Angst in Angst, EO, § 222 Rz 9; Lecher aaO Rz 24 und 34), handelt es sich um eine im Rahmen des Verbücherungsverfahrens angesichts der Rechtskraft des Meistbotsverteilungsbeschlusses nicht mehr relevierbare Frage; im Übrigen ist die insoweit allenfalls bestehende Beschwer der beiden Rekurswerber (Hälfteeigentümer und Pfandgläubigerin der "Ersatzliegenschaft") dadurch weggefallen, dass im Grundbuch mittlerweile zur Folge eines Beschlusses des Erstgerichts vom 10. Juni 2001 (TZ 273/01) dieses Pfandrecht gelöscht wurde (ON 138).

Somit hat das Rekursgericht zu Unrecht dem Rekurs der 1. Rekurswerberin als Pfandgläubigerin Folge gegeben. Seine Entscheidung ist daher dahin abzuändern, dass der Beschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Anordnung der Einverleibung des Ersatzpfandrechts ist eine Entscheidung im Exekutionsverfahren ist (SZ 70/205). Daher ist die Revisionsrekursbeantwortung des 2. Rekurswerbers zurückzuweisen, weil keiner der in der EO angeordneten Ausnahmefälle von der Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens hier vorliegt.

Da durch den Rekurs der 1. Rekurswerberin mit der Ersatzhypothekarin (und betreibenden Partei) ein Zwischenstreit entstand, hat letztere gemäß § 78 EO iVm §§ 50, 41 ZPO Anspruch auf Ersatz der Kosten ihres Revisionsrekurses. Wegen der Erfolglosigkeit des Rekurses des 2. Rekurswerbers stand der betreibenden Partei im Revisionsrekursverfahren nur eine Gegnerin gegenüber, weshalb ihr ein Streitgenossenzuschlag nicht zuerkannt werden kann. Da infolge der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses der Rekurs der 1. Rekurswerberin erfolglos blieb, war gemäß § 78 EO iVm §§ 50, 40 ZPO auszusprechen, dass sie die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen hat.

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