Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 4.243,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 385,80 S Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Text
Begründung
Anläßlich eines Scheidungsverfahrens nach § 55 a EheG schlossen die Streitteile am 17.Juni 1980 den gerichtlichen Vergleich, wonach sich der Kläger verpflichtete, der Beklagten bis auf weiteres einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.300 S zu zahlen, wobei als Berechnungsgrundlage von einem monatlichen Durchschnittseinkommen des Klägers von 14.500 S ausgegangen wurde, während die Beklagte über keinerlei Einkünfte verfügte.
Zur Hereinbringung des rückständigen Unterhalts für Mai 1986 von 2.300 S und des seit 1.Juni 1986 fällig werdenden laufenden Unterhalts von 2.300 S monatlich führt die Beklagte gegen den Kläger Gehaltspfändungsexekution.
Der Kläger bekämpft den betriebenen Unterhaltsanspruch mit Oppositionsklage und macht geltend, es hätten sich seit Vergleichsabschluß die Verhältnisse insofern geändert, als die früher einkommenslose Beklagte jetzt monatlich mindestens 6.000 S verdiene. - Erst während des Rechtsstreites brachte der Kläger weiter vor, die Anwendung der Umstandsklausel sei auch wegen seiner zusätzlichen Sorgepflichten für die zweite Ehefrau und drei eheliche Kinder aus zweiter Ehe gerechtfertigt.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, wobei sie vor allem auf das gestiegene Einkommen des Klägers hinwies und geltend machte, es müsse die im Vergleich festgelegte Relation zwischen dem Einkommen des Klägers und dem Unterhaltsbetrag aufrechterhalten werden, und einwendete, der Kläger habe schon bei Vergleichsabschluß wissen müssen, daß sie mit 2.300 S ihren Unterhalt nicht bestreiten könne, also auf ein Zusatzeinkommen angewiesen sei. Dem Vergleichsabschluß sei überdies eine Vereinbarung vorausgegangen, nach der nur die Begründung einer Ehe oder Lebensgemeinschaft zum Erlöschen des Unterhaltsanspruches führen sollte. Der Kläger wisse im übrigen seit vielen Jahren von dem Einkommen der Beklagten. - Zum nachträglichen Vorbringen des Klägers erwiderte die Beklagte, daß dem Kläger bei Vergleichsabschluß die Sorgepflicht für ein Kind und die unmittelbar bevorstehende Sorgepflicht für ein weiteres Kind von der späteren zweiten Ehefrau bekannt gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren für die Zeit vom 1. Mai 1986 bis 31.März 1987 und seit 1.Juni 1987 Folge. Die Abweisung des Klagebegehrens für die Zeit vom 1.April 1987 bis 31. Mai 1987 erwuchs in Rechtskraft.
Es ging von der Geltung der Umstandsklausel aus und gelangte in einer Prozentrechnung zum Ergebnis, daß der Beklagten, ausgenommen die Monate April und Mai 1987, infolge des Einkommens des Klägers und seiner Sorgepflichten einerseits und ihres eigenen Einkommens andererseits kein Unterhaltsanspruch mehr zustehe.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß das gesamte Klagebegehren abgewiesen wurde, und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und die Revision zulässig sei.
Das Berufungsgericht führte im Sinne des § 281 a ZPO eine Beweiswiederholung durch Verlesung aller Aktenstücke über die in erster Instanz aufgenommenen Beweise durch und nahm im wesentlichen insgesamt folgende, zum Teil von den Feststellungen des Erstgerichtes etwas abweichende und zum Teil ergänzte Tatsachen als erwiesen an:
Der Ehe der Streitteile entstammten die Kinder Andrea, geboren 1966, Birgit, geboren 1968 und Helmut, geboren 1969, welche nach der Scheidung bei der Beklagten blieben und von ihr betreut wurden. Andrea und Birgit, letztere seit 16.Dezember 1987, sind mittlerweile selbsterhaltungsfähig.
Nach der Scheidung schloß der Kläger eine zweite Ehe. Aus der Verbindung mit seiner zweiten Frau stammen die Kinder Robert, geboren 1972, Cornelia, geboren 12.August 1980, und Christa, geboren 1986. Die zweite Ehefrau bezog bis 18.Februar 1987 Karenzgeld von 4.200 S und verdient seither monatlich 13.400 S. Die Beklagte war zur Zeit des Vergleichsabschlusses nicht berufstätig, ist aber seit Feber 1982 als Handelsarbeiterin tätig und verdiente 1986 monatlich etwa 7.900 S, 1987 monatlich etwa
8.500 S.
Der Kläger verdiente im Jahre 1986 monatlich 23.200 S und im Jahr 1987 monatlich 23.600 S.
Zum Vergleichsabschluß vom 17.Juni 1980 hatten die Parteien eine schon von beiden Streitteilen unterfertigte Vereinbarung vom 10. Juni 1980 zur Verfügung. Nach Punkt 6 dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Kläger zur Zahlung eines Unterhalts von
2.300 S, solange die Beklagte keine zweite Ehe oder Lebensgemeinschaft eingehe. In den gerichtlichen Vergleich wurde diese Klausel nicht aufgenommen, weil der Verhandlungsrichter sie für irrelevant erklärte.
Der Kläger war bei Vergleichsabschluß der Ansicht, die Beklagte könne wegen der drei zu betreuenden ehelichen Kinder keiner Berufstätigkeit nachgehen. Es wurde zwischen den Streitteilen nicht besprochen, daß die Aufnahme einer Berufstätigkeit durch die Beklagte oder Änderungen in den Einkommensverhältnissen oder Sorgepflichten des Klägers einen Einfluß auf die Höhe des Unterhaltsbetrages haben sollten. Vor Protokollierung des gerichtlichen Vergleiches befragte der Verhandlungsrichter aber die Parteien über ihre Einkommensverhältnisse. Die Beklagte erklärte, daß sie mit dem Unterhaltsbetrag von 2.300 S auskommen werde, zumal ihr auch noch der Unterhaltsbetrag und die Familienbeihilfen für die drei ehelichen Kinder in Höhe von zusammen 8.500 S monatlich zukämen. Eine allfällige Absicht, den Vergleich nur unabhängig von Änderungen in der Zukunft schließen zu wollen, hat die Beklagte nicht geäußert. Ungeachtet dieser Erörterungen war aber weiterhin Vertragswille der Parteien (im Sinne des Punktes 6 der Vereinbarung vom 10.Juni 1980), daß der Kläger der Beklagten den monatlichen Unterhaltsbetrag von 2.300 S zu leisten habe, solange diese keine zweite Ehe oder eine Lebensgemeinschaft eingehe. Hingegen bestand kein einvernehmlicher Parteiwille in der Richtung, daß die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber der Beklagten in Höhe von monatlich 2.300 S unabhängig von Veränderungen in den Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Streitteile, sowie unabhängig von allfälligen weiteren Sorgepflichten des Klägers gelten oder umgekehrt von solchen Veränderungen abhängig sein sollte. Die Änderung der Verhältnisse war also in keiner Richtung besprochen worden. Die Streitteile gingen bei Vergleichsabschluß nicht davon aus, daß die Beklagte in Hinkunft einer Berufstätigkeit nachgehen würde. Allfällige weitere Sorgepflichten des Klägers kamen nicht zur Sprache.
Von der Berufstätigkeit der Beklagten erlangte der Kläger noch im Jahr 1982 Kenntnis. Über Anraten seines Rechtsfreundes unterließ er - aus Sorge, dies könne zur Erhöhung der sehr niedrigen Unterhaltsbeträge für die Kinder führen, - die Geltendmachung des gänzlichen oder teilweisen Erlöschens des Unterhaltsanspruches der Beklagten. Erst als die Beklagte für ein Kind einen Unterhaltserhöhungsantrag stellte, stellte er die Unterhaltsleistungen an die Beklagte ein, was dann zur Exekutionsführung und zum vorliegenden Oppositionsprozeß führte. Auf Grund dieser Tatsachenfeststellungen vertrat das Berufungsgericht die Rechtsansicht, daß die Berufstätigkeit der Beklagten bei der Beurteilung der Unterhaltsverpflichtung nicht zu berücksichtigen sei. Der Unterhalt nach § 55 a Abs 2 EheG sei trotz der Bestimmung des § 69 a EheG ein vertraglicher Unterhalt. Eine Änderung in den Verhältnissen, wie sie in der Judikatur nach Vergleichen über einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch berücksichtigt werde, sei daher nicht entscheidend, sondern es komme in erster Linie auf den Inhalt der Parteienvereinbarung an. Hier gelte als Auslegung der getroffenen Vereinbarung, daß der Kläger der Beklagten den Unterhaltsanspruch von 2.300 S auch im Falle eines Eigeneinkommens der Beklagten zugesagt habe, solange sie sich nicht wiedervereheliche oder eine Lebensgemeinschaft eingehe. Die Umstandsklausel sei insofern auszuschließen, zumindest sei sie so unwahrscheinlich, daß der Kläger das Gegenteil erweisen hätte müssen. Wegen des gestiegenen Einkommens des Klägers stehe der Beklagten der Unterhalt daher auch für die Zeit zu, für die der Kläger diesen Anspruch bestreitet.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision begründete das Berufungsgericht damit, daß es primär um die Auslegung einer Unterhaltsvereinbarung nach § 55 a Abs 2 EheG gehe, weshalb im Hinblick auf die allfällige Anwendbarkeit der Umstandsklausel eventuelle Rechtsfragen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO vorlägen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen diesem Ausspruch nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht gegeben sind.
Mit dem Revisionsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO rügt die klagende Partei, daß das Berufungsgericht die Feststellungsbasis teilweise ohne unmittelbare Beweisaufnahme geändert habe. Die Anwendbarkeit der Bestimmung des § 281 a im Berufungsverfahren wurde vom Obersten Gerichtshof jedoch wiederholt bejaht (JBl 1985, 173; SZ 58/8). Gegen die Verlesung der Protokolle haben die Parteien keinen Widerspruch erhoben. In diesem Fall gehört aber die Beurteilung der Frage, ob eine verläßliche Überprüfung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes einen unmittelbaren Eindruck der Zeugen oder Parteien erfordert oder auf Grund einer Beweisaufnahme nach § 281 a ZPO möglich ist, grundsätzlich dem Bereich der durch den Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung an (SZ 58/8). Eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes wird im vorliegenden Fall von der klagenden Partei nicht aufgezeigt. In welchem Punkt eine Aktenwidrigkeit nach § 503 Abs 1 Z 3 ZPO gegeben sein könnte, wird in der Revision nur mit der allgemeinen Behauptung, daß die Aussagen nicht alle Feststellungen expressis verbis decken, nicht dargestellt.
Aber auch die Rechtsrüge berührt keine erheblichen Fragen. Ob bei einem Unterhaltsvergleich, der im Zusammenhang mit einer Scheidung nach § 55 a EheG abgeschlossen wird, die sogenannte Umstandsklausel, welche in der Regel für jede Unterhaltsverpflichtung gilt (EFSlg 43.108, 43.109) einer eigenständigen Anwendung unterliegt, ist im vorliegenden Fall nicht entscheidend, weil die Parteien nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen in den dem Vergleichsabschluß vorangegangenen Besprechungen und Belehrungen zu gewissen Änderungsvarianten ausdrücklich Stellung genommen haben. Es wurde vor allem besprochen, daß die Beklagte keinen Unterhalt mehr erhalten solle, wenn sie eine Lebensgemeinschaft oder neue Ehe eingehe, mag diese Klausel dann auch als entbehrlich nicht in den Vergleichstext selbst aufgenommen worden sein. Die Einkommensverhältnisse beider Teile wurden besprochen, und die Beklagte erklärte, sie könne mit dem verglichenen Unterhaltsbetrag von 2.300 S nur deshalb das Auslangen finden, weil ihr im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses auch noch die Familienbeihilfe für damals drei Kinder zukam, was praktisch in sich schließt, daß sie nach Wegfall dieses "Betreuungseinkommens" etwas dazuverdienen müsse. Dem Einfluß der Umstandsklausel auf diese besonders gestaltete Vereinbarung kommt aber keine über den vorliegenden Einzelfall hinausgehende erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zu.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
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