OGH 3Ob166/21i

OGH3Ob166/21i21.10.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R*****, vertreten durch Mag. Dr. Josef Fromhold, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L***** AG, *****, vertreten durch Reif & Partner Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 7.539,29 EUR sA, über den „Rekurs“ der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 8. Juni 2021, GZ 1 R 116/21m‑21, womit das Urteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 18. März 2021, GZ 12 C 281/20s‑16, samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00166.21I.1021.000

 

Spruch:

Die Akten werden dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung durch einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Rechtsmittels an den Obersten Gerichtshof zu ergänzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Der Kläger begehrt von der in der Schweiz ansässigen Beklagten die Rückzahlung eines Betrags von insgesamt 7.539,29 EUR, den er aufgrund einer zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarung (L*****-Vereinbarung) für Rabattgutscheine und Clouds an die Beklagte geleistet hat. Die internationale und örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts stützte er auf Art 16 Abs 1 sowie Art 5 Nr 1 und 3 LGVÜ 2007.

[2] Das Erstgericht verwarf mit in das Urteil aufgenommenem Beschluss die Einrede der internationalen und örtlichen Unzuständigkeit und gab dem Klagebegehren zur Gänze statt.

[3] Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil und das der Urteilsfällung vorangegangene Verfahren wegen internationaler Unzuständigkeit des Erstgerichts als nichtig auf und wies die Klage zurück.

[4] Dagegen richtet sich der „Rekurs“ des Klägers, den das Erstgericht im Wege des Berufungsgerichts dem Obersten Gerichtshof vorlegte. Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

[5] 1. Nach nunmehr ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kommt der „Vollrekurs“ gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (Zurückweisung der Klage durch das Berufungsgericht) dann nicht in Betracht, wenn die Frage des Vorliegens eines bestimmten Prozesshindernisses bereits Gegenstand des erstgerichtlichen Verfahrens und der erstgerichtlichen Entscheidung war. In diesen Fällen wurde das Gericht zweiter Instanz, das sich ebenfalls mit dem Prozesshindernis befasst hat, funktionell als Rekursgericht tätig. Ein Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof unterliegt dann den Beschränkungen des § 528 Abs 2 ZPO (vgl RS0116348; RS0043861 [T2]; jüngst 8 Ob 71/21f). § 519 Abs 1 ZPO ist nur dann analog anzuwenden, wenn ein Rekursgericht erstmals einen Nichtigkeitsgrund aufgreift und eine Klage unter Nichtigerklärung des Verfahrens zurückweist (RS0043861 [T4]). Das ist hier nicht der Fall.

[6] 2. Das Berufungsgericht wird daher seine Entscheidung durch einen Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses (§ 526 Abs 3, § 500 Abs 2 Z 3 ZPO) zu ergänzen haben. Für den Fall, dass das Berufungsgericht ausspricht, dass der Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist, ist entweder über die im „Rekurs“ bereits als enthalten anzusehende Zulassungsbeschwerde zu entscheiden oder aber dem Kläger die Möglichkeit zu geben, sein Rechtsmittel durch Ergänzung der an das Gericht zweiter Instanz zu richtenden Zulassungsbeschwerde zu verbessern (§ 528 Abs 2a ZPO).

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