Spruch:
Kauf eines Kraftfahrzeuges "unter Vorbehalt der Probefahrt" ist Kauf auf Probe.
Beim Kauf auf Probe ist der Käufer nicht gezwungen, die verkauften Sachen zu probieren; es genügt, daß er, soferne die Sache nicht übergeben wurde, innerhalb der Probezeit nicht genehmigt.
Entscheidung vom 17. März 1954, 3 Ob 163/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Deutschlandsberg; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Die Klägerin begehrt die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von 3000 S mit der Begründung, sie habe dem Beklagten einen Lastkraftwagen Marke GMC in fahrbereitem Zustande um den Betrag von 27.000 S verkauft, der Beklagte sei zur Übernahme des Wagens nicht erschienen und habe auf Mahnung mitgeteilt, es sei ein Kaufvertrag nicht zustandegekommen. Es sei daraufhin von der Klägerin dem Beklagten eine Nachfrist gesetzt worden und die Klägerin nach deren fruchtlosem Ablauf vom Kaufvertrag zurückgetreten und begehre nunmehr den Klagsbetrag als Verdienstentgang aus dem Titel des Schadenersatzes.
Das Prozeßgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe. Es stellte fest, daß auf Grund einer von der Klägerin veranlaßten Zeitungsankündigung der Beklagte am 18. März 1953 bei der Klägerin in Graz vorsprach, den zum Verkauf angekundigten Wagen besichtigte, den Kaufpreis von 27.000 S und die Zahlungsbedingungen zur Kenntnis nahm, erklärte, er wolle den Wagen kaufen, vorher aber noch eine Probefahrt unternehmen, und auch den Abschlußbrief unterfertigte, nachdem ihm zugesagt worden war, er könne den Kaufvertrag vorbehaltlich einer Probefahrt abschließen, welche Vereinbarung auch in den Kaufvertrag aufgenommen wurde. Überdies stellte das Prozeßgericht fest, daß der Beklagte bis 21. März 1953 zur Vornahme der Probefahrt in Graz erscheinen sollte, aber, da er das notwendige Geld nicht aufbringen konnte, nicht nach Graz fuhr und auch der schriftlichen Aufforderung der Klägerin, zur Probefahrt nach Graz zu kommen, nicht entsprach und auch dem am 28. März 1953 bei ihm erschienenen Angestellten der Klägerin T. erklärte, er habe kein Geld, um den Wagen zu bezahlen, worauf er von T. darauf aufmerksam gemacht wurde, daß die Klägerin diesen Umstand nicht anerkennen könne. Das Prozeßgericht beurteilte die zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarungen als Kaufvertrag, dessen Gültigkeit oder Ungültigkeit durch den Eintritt einer Suspensivbedingung bestimmt werden sollte. Der Beklagte habe den Eintritt der Bedingung dadurch vereitelt, daß er nicht zur Probefahrt erschien; es sei daher nach allgemeinen Grundsätzen die Bedingung als eingetreten anzusehen und der Kaufvertrag wirksam geworden. Ein Kauf auf Probe liege nicht vor, weil der Wagen dem Beklagten nicht übergeben worden sei.
Das Berufungsgericht erkannte zu Recht, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe und daß das Klagebegehren für den Fall der Rechtskraft des Zwischenurteiles abgewiesen werde. Es vertrat die Ansicht, daß es sich um einen Kauf auf Probe im Sinne des § 1080 ABGB. handle. Ein Kauf auf Probe sei ein fest abgeschlossener Kauf unter der aufschiebenden Bedingung, daß der Käufer späterhin das Beharren beim Kauf nochmals erkläre. Die Vornahme der Probe sei nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit der Erklärung des Käufers. Der Käufer übernehme beim Kauf auf Probe die Rechte und Pflichten aufschiebend bedingt. Als suspensiv bedingten Kauf, bedingt durch die Probefahrt, habe auch das Prozeßgericht den Vertrag beurteilt. Bei einem Kauf auf Probe, wie dem vorliegenden, sei die Bedingung der Genehmigung in das Belieben des Käufers gestellt und dieser gar nicht verpflichtet, bei Verweigerung der Genehmigung Gründe anzugeben. In der im Abschlußbrief enthaltenen Vereinbarung "unter Vorbehalt der Probefahrt" sei mit keinem Wort davon die Rede, daß die Probefahrt keinerlei Mängel des Fahrzeuges ergeben dürfe, daß also nicht das Belieben des Käufers, sondern die Mängelfreiheit entscheidend sein sollte. Es liege daher in dieser Vereinbarung die eines Kaufes auf Probe. Da weder eine Übergabe des Wagens an den Beklagten noch eine Genehmigung durch diesen erfolgt sei, die Klägerin den ihr obliegenden Beweis, daß ein unbedingter Kauf und kein solcher auf Probe vorliege, nicht erbracht habe, bestehe der Klagsanspruch nicht zu Recht.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach dem vorliegenden Abschlußbrief, Beilage ./A, hat die Klägerin dem Beklagten einen von diesem besichtigten alten Kraftwagen unter Ausschluß jeder Gewährleistung "unter Vorbehalt der Probefahrt" um 27.000 S unter den in der Beilage ./A näher angegebenen Bedingungen verkauft.
Der Streit der Parteien geht um die Auslegung dieser Klausel. Der Beklagte sieht in dieser Vereinbarung einen Kauf auf Probe, Klägerin einen sogenannten Prüfungskauf. Dieser unterscheidet sich vom Probekauf dadurch, daß der Käufer nicht nach subjektivem Belieben, sondern nur bei Vorhandensein eines objektiven Gewährleistungsmangels vom Kauf abstehen kann. Ein Prüfungskauf ist nicht zu vermuten, vielmehr muß der Verkäufer nachweisen, daß die freie Entschließung über die Genehmigung im Vertrag ausgeschlossen worden ist.
Solche Umstände sind von den Unterinstanzen nicht festgestellt worden. Der Erstrichter hat nur als erwiesen angenommen, daß der Beklagte erklärt hat, daß er den Wagen schon kaufen, daß er aber vorher noch eine Probefahrt unternehmen wolle, daß er aber Bedenken habe, zu unterschreiben, weil er nicht wisse, wie der Wagen motorisch sei, worauf ihm der Vertreter der Verkäuferin T. belehrte daß er den Kaufvertrag vorbehaltlich einer Probefahrt abschließen könne. Daß T. und Irma W. bei dieser Gelegenheit den Beklagten auf die Verbindlichkeit des Vertrages aufmerksam gemacht haben, reicht nicht zur Annahme hin, daß das freie Rücktrittsrecht des Beklagten ausgeschlossen wurde und daß es nur auf den Fall eingeschränkt worden sei, daß objektiv ein Mangel feststellbar ist. Diese Auslegung des Vertrages wird schon durch die erstrichterliche Feststellung ausgeschlossen, daß Beklagter nicht ohne weiteres unterschreiben wollte, weil er Bedenken hatte, ob der alte Wagen motorisch einwandfrei sei, und daß er erst über Vorbehalt, er könne den Wagen vorbehaltlich einer Probefahrt kaufen, unterschrieben hat. Das läßt nur den Schluß zu, daß er sich nur vorbehaltlich einer Probefahrt binden wollte, d. h. im Falle er den Wagen nach durchgeführter Probefahrt für entsprechend erachten sollte. Dies kann aber nicht gegen den Wortlaut dahin ausgelegt werden, daß er sich schon dann binden wollte, wenn der Wagen den zugesagten Bedingungen objektiv entspreche. Hätte die Klägerin dies beabsichtigt, so hätte sie sich deutlicher ausdrücken müssen, z. B. in dem Sinne, daß der Vertrag vorbehaltlich der Feststellung eines Sachverständigen, daß er vertragsentsprechend sei, übernommen werden müsse. Bei Verwendung der Worte "vorbehaltlich der Probefahrt" mußte Beklagter die Erklärung des T., der Vertrag sei perfekt, dahin verstehen, man sei sich über die Bedingungen einig und der Verkäufer sei sofort gebunden.
Es ist daher dem Berufungsgericht, das die erstrichterliche Feststellungen übernommen hat, zuzustimmen, daß vorliegend ein Kauf auf Probe anzunehmen ist. Bei einem Kauf auf Probe ist aber der Käufer nicht gehalten, die verkaufte Sache zu probieren. Es genügt, daß er, wofern die Sache nicht übergeben wurde, innerhalb der Probezeit - die bis 21. März 1953 vereinbart wurde - nicht genehmigt hat (§ 1080 in eine ABGB.). Das hat Beklagter aber nicht getan, da er nicht zur vereinbarten Probefahrt erschienen ist und noch überdies über Mahnung der Klägerin erklärt hat, daß er den Wagen nicht kaufe, weil er kein Geld habe, also auch ausdrücklich vom Vertrag zurückgetreten ist.
Das Berufungsgericht hat daher mit Recht die Klage abgewiesen.
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