OGH 3Ob162/00w

OGH3Ob162/00w30.10.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei 1. J***** und 2. Josef H*****, beide vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer und Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, gegen die beklagten Parteien

1. A*****, 2. Georg H***** und 3. O*****, alle vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unzulässigkeit einer Exekution, über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 8. Mai 2000, GZ 3 R 66/00x-22, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 27. Jänner 2000, GZ 5 Cg 27/99s-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit S 27.270,-- (darin enthalten S 4.545,-- Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung je zur Hälfte binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Den klagenden Parteien wurde auf Antrag der beklagten Parteien mit einstweiliger Verfügung des Erstgerichtes vom 8. 3. 1999, 5 Cg 11/99p-10, verboten, verschiedene - näher bezeichnete - Gebäudeteile eines Einkaufszentrums, für die keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, Dritten zur Weiterbenützung zu überlassen.

Die beklagten Parteien brachten in dem am 16. 3. 1999 beim Erstgericht eingebrachten Antrag auf Bewilligung der Unterlassungsexekution vor, die klagenden Parteien hätten dadurch gegen dieses Verbot zuwidergehandelt, dass sie sämtliche Gastronomiebetriebe in den nicht bewilligten Gebäudeteilen am 13. 3. 1999, einen hievon bis in die frühen Morgenstunden des 14. 3. 1999, offengehalten hätten.

Das Erstgericht bewilligte die Unterlassungsexekution (§ 355 EO) und überwies den Antrag auf Verhängung einer Geldstrafe gemäß § 44 JN dem Bezirksgericht Wels.

Die klagenden Parteien begehren mit der vorliegenden Klage das Urteil, diese mit Beschluss des Erstgerichtes vom 17. 3. 1999 bewilligte Exekution gemäß § 355 EO sei unzulässig. Sie brachten vor, "diese Exekutionsbewilligung und damit diese Exekution, die nunmehr beim Bezirksgericht Wels zu 10 E 1468/99 geführt wird", sei unzulässig, weil sie die im Exekutionsantrag behauptete Überlassungshandlung nicht gesetzt hätten. Schon im Jahr 1998 seien die Gebäudeteile an Dritte in Bestand gegeben worden. Abgesehen davon, dass die einstweilige Verfügung nicht auf Beseitigung dieses bestehenden Zustandes laute, könnten sie nicht in die Rechte der einzelnen Bestandnehmer eingreifen und diese nicht dazu veranlassen, die Bestandobjekte nicht zu benützen. Überdies liege eine rechtskräftige Baubewilligung vor.

Die beklagten Parteien wendeten ein, die klagenden Parteien hätten die Bestandverträge vorzeitig aus wichtigem Grund oder durch Kündigung lösen können. Sie hätten nicht die geringsten Anstrengungen unternommen, den wettbewerbswidrigen Zustand zu beseitigen.

Das Erstgericht gab der Klage statt; es stellte ua fest:

Der Bürgermeister als Baubehörde erster Instanz erteilte der erstklagenden Partei mit Bescheid vom 25. 6. 1999 die Baubewilligung. Die Berufung eines Nachbarn blieb erfolglos. Einer Vorstellung gab die OÖ Landesregierung mit Bescheid vom 11. 11. 1999, zugestellt am 12. 11. 1999, nicht Folge.

Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, die Exekution sei zwar zu Recht bewilligt worden; sie sei jedoch durch die bei Schluss der Verhandlung am 15. 12. 1999 vorhandene Baubewilligung unzulässig geworden. Da die beklagten Parteien darauf nicht, etwa durch Einstellung des Exekutionsverfahrens mit Wirkung vom 12. 11. 1999, reagiert hätten, sei der Klage stattzugeben.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung der beklagten Parteien im klagsabweisenden Sinn ab; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil es nur die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes auf den Einzelfall angewendet habe. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, das Begehren der Berufungswerber sei ausschließlich darauf gerichtet, die Exekutionsbewilligung des Erstgerichtes vom 17. 3. 1999, nicht auch die nachfolgenden Strafbeschlüsse des Exekutionsgerichtes als unzulässig zu erklären. Für solche Klagen wäre auch nicht das Erstgericht, sondern das Bezirksgericht Wels als Exekutionsgericht zuständig. Gegenstand dieses Verfahrens sei daher ausschließlich die Frage, ob die klagenden Parteien vor Bewilligung der Exekution durch das Erstgericht gegen die einstweilige Verfügung zuwidergehandelt haben.

Die einstweilige Verfügung enthalte auch das Gebot, den titelwidrigen Zustand zu beseitigen. Das Vorbringen der klagenden Parteien, sie könnten in die Benützung der Bestandobjekte nicht eingreifen, ignoriere die Rechtskraft des Exekutionstitels und sei daher unbeachtlich.

Im Impugnationsprozess treffe zwar den Beklagten die Beweislast für die behauptete Zuwiderhandlung des Klägers gegen ein Unterlassungsgebot, nicht jedoch die Beweislast dafür, dass der Verpflichtete nichts zur Beseitigung des dem Unterlassungsgebot widerstreitenden Zustands unternommen habe. Die klagenden Parteien hätten daher beweisen müssen, dass sie den verbotenen Zustand mangels Möglichkeit der Einflussnahme nicht beseitigen konnten, dass sie also unverzüglich alle ihnen möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätten, um die Weiterbenützung der nicht bewilligten Gebäudeteile durch die Bestandnehmer zu verhindern. Diesen Beweis hätten sie nicht einmal ansatzweise erbracht.

Für die Entscheidung im Impugnationsstreit sei die Sach- und Rechtslage zur Zeit der Exekutionsbewilligung maßgeblich. Die Tatsache, dass die klagenden Parteien mittlerweile über eine Baubewilligung verfügen, könne daher nur für danach erlassene Strafbeschlüsse bedeutsam sein, mache aber die bekämpfte Exekutionsbewilligung nicht rückwirkend unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Parteien ist zulässig, weil zur Frage der Wirkung der Erteilung der Baubewilligung bei einer Unterlassungsexekution zur Durchsetzung des Verbotes, Gebäudeteile, für die keine rechtskräftige Baubewilligung vorliegt, Dritten zur Weiterbenützung zu überlassen, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehlt; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass der hier vom Erstgericht als Titelgericht antragsgemäß gefasste Beschluss auf Bewilligung der Exekution von einem hiefür sachlich unzuständigen Gericht stammt, weil gemäß § 4 EO zur Bewilligung der Exekution nicht das Titelgericht, sondern das in den §§ 18 und 19 EO bezeichnete Exekutionsgericht zuständig ist. Hierauf kann jedoch für die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über die vorliegende Klage schon deshalb nicht Bedacht genommen werden, weil die Exekutionsbewilligung in Rechtskraft erwachsen ist.

Die Kläger haben bei dem hiefür nach § 36 Abs 2 Satz 1 EO zuständigen Erstgericht Impugnationsklage erhoben. Bei der Unterlassungsexekution kann der Verpflichtete mit Impugnationsklage nach § 36 Abs 1 Z 1 EO geltend machen, dass er das ihm im Exekutionsantrag vorgeworfene Verhalten nicht gesetzt habe. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung SZ 57/137 grundlegend ausgeführt hat, trifft dann im Impugnationsstreit den betreibenden Gläubiger als Beklagten die Beweislast für die von ihm im Exekutionsantrag behauptete Zuwiderhandlung des Klägers gegen das Unterlassungsgebot.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass auch die Aufrechterhaltung des verbotenen Zustandes einen Verstoß gegen den Unterlassungstitel darstellt. Darauf wurden die klagenden Parteien auch bereits vom erkennenden Senat in der im Rekursverfahren gegen Exekutionsbewilligung und Strafbeschlüsse ergangenen Entscheidung 3 Ob 168/99y, 169/99w, 170/99t, 241/99h hingewiesen (s auch Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 28 zu § 355 mit Hinweisen auf die Rsp).

Auch der Rechtsmissbraucheinwand ist unbegründet, wie auch schon der

4. Senat in seiner Entscheidung 4 Ob 193/00m im Titelverfahren ausgeführt hat.

Da die klagenden Parteien den ihnen obliegenden Beweis mangelnden Verschuldens, weil sie den verbotenen Zustand mangels Möglichkeit der Einflussnahme nicht beseitigen konnten (vgl ÖBl 1991, 115), nicht erbracht haben, ist ihre Impugnationsklage gegen die Bewilligung der Unterlassungsexekution unbegründet.

Die Revisionswerber machen in diesem Zusammenhang eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, weil zur Prüfung des Rechtsmissbrauchs und auch des Verzichtes der beklagten Parteien auf die Exekutionsausführung keine Beweisaufnahmen erfolgt seien. Hier verkennen sie, dass schon ihr Tatsachenvorbringen nicht ausreicht, um derartige - nach der Erlassung der einstweiligen Verfügung eingetretene - Umstände anzunehmen. Da sie keine konkreten Tatsachen behauptet haben, aus denen Rechtsmissbrauch durch die Exekutionsführung bzw Verzicht auf die Exekutionsführung abzuleiten wären, war auch kein Beweisverfahren abzuführen.

Aus der nach dem Exekutionsbewilligungsbeschluss erster Instanz erteilten Baubewilligung kann sich mangels Rückwirkung nicht ergeben, dass die Exekution zu Unrecht bewilligt wurde. Selbst bei Vorliegen einer solchen, im Sinne der obigen Ausführungen bereits wirksamen Baubewilligung könnte daher der darauf gestützten Klage kein Erfolg beschieden sein, soweit sie gegen die Exekutionsbewilligung gerichtet ist. Über spätere Strafanträge ergangene Strafbeschlüsse müssten jeweils gesondert mit Impugnationsklage bekämpft werden; Gegenstand der Impugnationsklage gegen die Exekutionsbewilligung ist nicht die Unzulässigkeit folgender Strafbeschlüsse, deren Bestand auch nicht vom Bestand der Exekutionsbewilligung abhängt (s hiezu Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO Rz 40 zu § 355 mit Hinweisen auf die Rsp).

Soweit in dem auf die Erteilung der Baubewilligung gestützten Vorbringen die Geltendmachung eines Oppositionsgrundes zu sehen ist (vgl JBl 1994, 419), genügt es, darauf hinzuweisen, dass der Unterlassungsanspruch, dessen materiellrechtliche Voraussetzung das Vorliegen der Wiederholungsgefahr ist, weiterhin besteht, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 4 Ob 193/00m über die Revision gegen das die einstweilige Verfügung rechtfertigende Urteil im Titelverfahren ausgesprochen hat. Die dort beklagten und hier klagenden Parteien haben den ihnen obliegenden Beweis des Wegfalls der Wiederholungsgefahr nicht erbracht. Zwar verfügen sie derzeit über eine rechtskräftige Baubewilligung, deren Aufhebung ist jedoch keineswegs ausgeschlossen, wenn die Frist für eine Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts noch offen ist und wenn eine solche Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos ist. Diese Überlegungen in der Entscheidung 4 Ob 193/00m haben auch hier zu gelten.

Schon aus diesem Grund liegt der Oppositionsgrund des Wegfalls des Unterlassungsanspruchs nicht vor. Die Klage ist daher sowohl, soweit sie auf einen Impugnationsgrund gestützt wird, als auch bezüglich der geltend gemachten Oppositionsgrunde nicht berechtigt.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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