Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 416,06 EUR (darin 69,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Ehe der Streitteile wurde mit Wirkung vom 12. April 1989 geschieden. Der Kläger war schuldig, der Beklagten ab 20. Mai 1987 Unterhalt von 4.000 S monatlich zu leisten.
Der Kläger begehrte von der Beklagten mit der am 18. März 1991 zu AZ 1 C 9/91v des Bezirksgerichts Frohnleiten eingebrachten Klage die Zahlung von 97.993 S sA. Diesen Betrag habe er der Beklagten, seiner geschiedenen Ehegattin, auf Grund einstweiliger Verfügungen deshalb vom November 1987 bis Februar 1989 überhöht an Unterhalt bezahlt, weil sie in dieser Zeit eigenes Einkommen und aus ihrem Vermögen weitere Erträgnisse bezogen habe. Seit 21. April 1987 habe sie ua Arbeitsmarktförderungsbeihilfe bezogen. Dies habe sie aber dem Gericht verschwiegen. Sie wäre verpflichtet gewesen, die gegen den Kläger gerichtete Lohnpfändung einzustellen.
Die Klage wurde in Ansehung eines Betrags von 5.600 S mit Beschluss des Erstgerichts vom 9. Jänner 1992, bestätigt mit Beschluss des Rekursgerichts vom 9. Juli 1992, 1 R 167, 168/92-27, rechtskräftig zurückgewiesen, weil über die vor der Erlassung der einstweiligen Verfügung (EV) bereits fällig gewordenen Unterhaltsbeträge durch diese einstweilige Verfügung (EV) rechtskräftig entschieden worden sei und daher bezüglich des Unterhalts für die Zeit vom 20. Mai 1987 bis Juni 1987 eine rechtskräftig entschiedene Streitsache vorliege. Mit Urteil vom 30. August 1994 gab das Erstgericht dem Klagebegehren mit 5.680 S sA statt und wies ein Mehrbegehren von 92.313 S sA (rechnerisch wegen der teilweisen Zurückweisung des Klagebegehrens richtig 86.713 S sA) ab. Dieses Urteil erwuchs in seinem klagestattgebenden Teil und in seinem die Klage abweisenden Teil von 54.589,83 S in Rechtskraft. Im klageabweisenden Teil von 32.123,17 S sA wurden die Urteile der Vorinstanzen mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. März 1996, 3 Ob 2065/96i, aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Mit Urteil des Erstgerichts vom 3. Jänner 1997, GZ 1 C 9/91v-103, wurde sodann diesem Klagebegehren stattgegeben. Diese Entscheidung wurde mit Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom 12. Mai 1997, 1 R 144/97x-109, bestätigt.
Mit - anwaltlich nicht gefertigtem - Schreiben vom 1. August 2000, beim Erstgericht eingelangt am 7. August 2000, von diesem ohne Einjournalisierung zum Akt AZ 1 C 9/91v genommen, beantragte der Kläger die Wiederaufnahme dieses Verfahrens. Er brachte vor, das Einkommen der Beklagten im Zeitraum 21. April 1987 bis 30. November 1988 sei „wesentlich höher als im Verfahren ermittelt werden konnte". Nach ausführlichem Vorbringen, worauf er diese Behauptungen stütze, insb dass Nachforschungen ergeben hätten, das AMS Graz verfüge nach wie vor über bislang nicht verwendete Unterlagen, aus denen das Einkommen der Beklagten nun eindeutig nachvollzogen werden könne, beantragte der Kläger, das Erstgericht möge von mehreren näher bezeichneten Behörden bestimmte „Urkunden und Daten" beischaffen. Eine nähere Präzisierung des Vorbringens sowie ein Klagebegehren enthält dieser Schriftsatz nicht.
Das Erstgericht schaffte diverse Unterlagen bei, die es dem Kläger übermittelte.
Mit Beschluss vom 18. April 2002 bewilligte das Erstgericht dem Kläger die Verfahrenshilfe mit Beigebung eines Rechtsanwalts. Der mit Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 25. April 2002 zum Vertreter des Klägers bestellte Rechtsanwalt brachte einen am 27. August 2002 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz ein, den das Erstgericht zum Akt 1 C 9/91v nahm, nun aber
- anders als die früheren Aktenteile, die nie einjournalisiert wurden
- auch mit einer Ordnungsnummer, uzw ON 111, versah. In diesem Schriftsatz verwies der Klagevertreter eingangs darauf, dass der Wiederaufnahmskläger mit dem am 7. August 2000 beim Erstgericht eingelangtem Schreiben die Wiederaufnahmsklage gemäß § 530 ZPO eingebracht habe. Zur Konkretisierung dieses vom Kläger selbst eingebrachten Antrags werde dieser vorbereitende Schriftsatz erstattet. Mit Urteil vom 3. Jänner 1997 habe das Erstgericht dem Wiederaufnahmskläger den im Zuge des Verfahrens eingeschränkten restlichen Unterhaltsbetrag von (richtig) 32.123,17 S im vollen Umfang zugesprochen. Die neu bekannt gewordenen Beweismittel seien jedenfalls geeignet, eine günstigere Entscheidung über den Gegenstand des Vorprozesses für den Wiederaufnahmskläger herbeizuführen. Wäre schon im Vorprozess bekannt gewesen, dass die Wiederaufnahmsbeklagte höhere Leistungen des AMS Graz bezogen hat bzw wäre beweisbar gewesen, dass sie schon vor Dezember 1988 voll berufstätig war, wäre das Klagebegehren im Laufe des Vorprozesses nicht eingeschränkt worden. So könne der Wiederaufnahmskläger damit rechnen, dass im neu durchzuführenden Verfahren ihm ein weit höherer Unterhaltsrückzahlungsbetrag zugesprochen werde. Nach hiezu erstatteten eingehendem Vorbringen, Beweisanträgen und Urteilsbegehren beantragte der Kläger, „die vom Wiederaufnahmskläger am 7. August 2000 eingebrachte Wiederaufnahmsklage samt den weiteren eingebrachten Schriftsätzen sowie diesen vorbereitenden Schriftsatz der Wiederaufnahmsbeklagten zuzustellen" und „das Wiederaufnahmsverfahren fortzuführen".
Hierauf beraumte das Erstgericht eine Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung an. In der Tagsatzung vom 10. Jänner 2003 brachte der Kläger weiters vor, er habe auch kostenmäßig einen Nachteil erlitten; unter Zugrundelegung der tatsächlichen seinerzeitigen Einkommensverhältnisse der Beklagten hätte er auch mit einem betraglich höheren Zuspruch im Oppositionsverfahren obsiegt. Weiters hätte er das Urteil des Berufungsgerichts vom 12. Juni 1995 nicht nur so weit bekämpft, als letztlich 32.123,17 S zugesprochen worden seien, sondern hätte auch den in weiterer Folge unbekämpften Teil von 54.589,83 S erfolgreich bekämpfen können. Die Wiederaufnahmsklage beziehe sich daher ausdrücklich auf diesen Teil von 54.589,83 S = 3.967,20 EUR, deren Rückerstattung im Erneuerungsverfahren beantragt werde. Der Kläger beantragte die Aufhebung aller im Verfahren AZ 1 C 9/91v ergangenen Urteile.
Die Beklagte sprach sich gegen die Klagsänderung aus, weil sie insb infolge Fristenablaufs unzulässig sei.
Hiezu brachte der Kläger vor, es handle sich um keine Klagsänderung, sondern nur um eine Präzisierung des bereits gestellten Klagebegehrens. Es sei daher davon auszugehen, dass die nun weiters angeführten und aufzuhebenden Klagebegehren ohnehin bereits unter dem ursprünglich genannten Klagebegehren mitumfasst gewesen seien. Das Erstgericht entschied nach Durchführung eines Verfahrens mit Urteil vom 25. August 2003, dass das - näher bezeichnete - Klagebegehren auf Wiederaufnahme „zurückgewiesen" werde. Diese Entscheidung begründete das Erstgericht damit, die nunmehr vorliegenden Beweismittel (Urkunden und Zeugen) könnten keine günstigere Entscheidung als jene vom 3. Jänner 1997 herbeiführen. Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Berufung. Das Gericht zweiter Instanz ging davon aus, dass es sich bei der Entscheidung erster Instanz um einen Beschluss und daher bei diesem Rechtsmittel tatsächlich um einen Rekurs handle; diesem gab es nicht Folge und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei (mangels der in § 528 Abs 1 ZPO normierten Kriterien) nicht zulässig. In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, dem Kläger sei am 20. August 2001 die AMS-Bestätigung vom 2. August 2001 zugestellt worden, sodass er ab diesem Zeitpunkt hinreichende Kenntnis vom Inhalt dieser Urkunde gehabt habe und daher die Frist des § 534 Abs 1 ZPO ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Die am 27. August 2002 (ON 111) eingebrachte Wiederaufnahmsklage sei daher mehrfach verspätet, weil einerseits der Kläger beginnend ab 20. August 2001 nicht in der vierwöchigen Frist einen Antrag auf Verfahrenshilfe und Beigebung eines Rechtsanwalts zur Erhebung einer Wiederaufnahmsklage gestellt habe, sondern dieser Antrag erst am 18. April 2002 bei Gericht eingelangt sei, andererseits dem Verfahrenshelfer das Bestellungsdekret am 15. Mai 2002 zugestellt worden sei, sodass die am 27. August 2002 beim Erstgericht eingelangte Klage ebenfalls nicht in der Frist von vier Wochen erhoben worden sei. Die Wiederaufnahmsklage sei daher verspätet und deshalb nach § 538 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Wiederaufnahmsklage sei bei Annahme der Fristversäumung auch nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Beschluss zurückzuweisen. Wenn der Erstrichter dennoch die Klage mit Urteil zurückgewiesen habe, so habe er sich dabei in der Entscheidungsform vergriffen. Dieser Umstand sei jedoch nicht geeignet, dem Kläger ein Berufungsrecht zu verschaffen. Seine Berufung sei daher als Rekurs zu behandeln, die an sich zulässige Berufungsbeantwortung als Rekursbeantwortung.
Die Entscheidung des Erstgerichts sei daher mit der Maßgabe der beschlussmäßigen Erledigung zu bestätigen.
Im Übrigen seien die geltend gemachten Beweismittel auch nicht geeignet, für den Kläger eine günstigere Entscheidung herbeizuführen, weil er im Verfahren erster Instanz mit dem unbekämpft gebliebenen Klagebegehren voll durchgedrungen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Klägers ist analog § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zulässig (RIS-Justiz RS0043836; Jelinek in Fasching/Konecny2 § 543 ZPO Rz 8), somit ungeachtet des Wertes des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz und des Vorliegens erheblicher Rechtsfragen (Zechner in Fasching/Konecny2 § 519 ZPO Rz 12 mwN), jedoch nicht berechtigt. Gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.
Das am 7. August 2000 beim Erstgericht eingelangte, anwaltlich nicht gefertigte Schreiben des Klägers vom 1. August 2000 enthält an sich das Vorbringen derartiger Umstände, ohne dass hier eine nähere Präzisierung erfolgte. Mit dem - vom Berufungsgericht, nicht aber vom Erstgericht als Wiederaufnahmsklage beurteilten - vorbereitenden Schriftsatz vom 27. August 2002 (ON 111) präzisierte der nun durch den ihm im Rahmen der Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt vertretene Kläger, er habe die Wiederaufnahmsklage bereits (nicht anwaltlich gefertigt) am 7. August 2000 eingebracht. Weiters brachte er ausdrücklich vor, es werde die Wiederaufnahme des mit Urteil des Erstgerichts vom 3. Jänner 1997, bestätigt mit Urteil des Berufungsgerichts vom 12. Mai 1977, abgeschlossenen Verfahrens begehrt. Mit diesen Urteilen wurde dem damals noch nicht erledigten Klagebegehren stattgegeben. Der Wiederaufnahmskläger kann jedoch keinesfalls begehren, dass ein seinem ursprünglichen Klagebegehren ohnehin stattgebendes Urteil dahin abgeändert werde, das zusätzlich zu dieser Klagsstattgebung weitere - überhaupt nicht (mehr) eingeklagte - Beträge zugesprochen werden.
Dass der Anführung dieser (ohnehin) klagsstattgebenden Entscheidung im Schriftsatz ON 111 nicht ein (offensichtlicher) Irrtum des Wiederaufnahmsklägers zugrundeliegt, ergibt sich klar aus seinem weiteren Vorbringen in diesem Schriftsatz, wonach er bei Kenntnis des weiteren Einkommens der Beklagten das Klagebegehren nicht „eingeschränkt" hätte. Der Wiederaufnahmskläger ist mit seinem Klagebegehren im Verfahren, dessen Wiederaufnahme er nun beantragt, durchgedrungen. Mit einer Wiederaufnahmsklage kann der Kläger nicht eine unterlassene Ausdehnung des Klagebegehrens nachholen. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 10. Jänner 2003 brachte der Wiederaufnahmskläger erstmals vor (AS 181), die Wiederaufnahmsklage beziehe sich auch auf das Urteil vom 30. August 1994, mit dem sein Klagebegehren (zum Teil) abgewiesen wurde. Dieses als Klagsänderung zu beurteilende Vorbringen ist jedoch jedenfalls nach Ablauf der vierwöchigen Notfrist des § 534 Abs 1 ZPO erstattet, die hier von dem Tag läuft, an welchem die Partei imstande war, die ihr bekannt gewordenen Tatsachen und Beweismittel bei Gericht vorzubringen (§ 534 Abs 2 Z 4 ZPO). Auch wenn der Kläger den ersten Schriftsatz bereits vor Vorliegen der entsprechenden Beweismittel eingebracht hat, so begann diese Frist doch jedenfalls mit Vorliegen der vom Erstgericht beigeschafften AMS-Bestätigung vom 20. August 2001 und war somit am 10. Jänner 2003 längst abgelaufen. Da somit die zweite Instanz im Ergebnis richtig die Wiederaufnahmsklage zurückgewiesen hat, war dem Rekurs des Wiederaufnahmsklägers ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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