Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 23.233,32 (darin S 3.872,22 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin und ihr Ehegatte waren je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ *****, die im Zwangsversteigerungsverfahren am 14. Jänner 1992 den beiden Beklagten rechtskräftig zu dem Meistbot von S 4,480.000,- zugeschlagen wurde. Am 29.Juni 1992 bewilligte das Exekutionsgericht den Erstehern nach § 156 Abs 2 EO gegen die Klägerin die zwangsweise Übergabe und Räumung der Liegenschaft.
Gegen den Übergabeanspruch, zu dessen Gunsten diese Exekution bewilligt wurde, erhob die Klägerin ihre Einwendungen nach § 35 EO. Die beklagten Ersteher hätten mit dem mündlichen Kaufvertrag vom 2. Mai 1992 dem Sohn der Klägerin die Liegenschaft mit dem Vierkanthof und bestimmten Grundstücken samt Zubehör um S 1,260.000,- verkauft und übergeben, sich aber in der Folge geweigert, die Vertragsurkunde zu unterfertigen. Auf Grund dieses Kaufvertrages hätten die Beklagten durch die Klägerin und ihren Ehegatten dem Sohn die Besitzausübung und Verwaltung der ihm verkauften Grundstücke übertragen. Der Käufer übe den Besitz aus, benütze, bewirtschafte und bewohne die Liegenschaft mit dem Vierkanthof. Die Beklagten hätten mit dem Kaufvertrag alle durch den Zuschlag erworbenen Rechte dem Sohn der Klägerin übertragen, ihm Besitz und Verwaltung der Liegenschaft überlassen und sich ihrer für den Räumungsanspruch erforderlichen Sachbefugnis entkleidet. Die Beklagten könnten vom Sohn der Klägerin die Räumung nicht verlangen. Der Räumungsanspruch der Beklagten sei erloschen, weil es ihnen an der Sachbefugnis mangle. Im mit der Oppositionsklage verbundenen Aufschiebungsantrag deutete die Klägerin auch an, daß ihr Sohn ihr das Recht, auf der Liegenschaft wohnen zu bleiben, eingeräumt habe. Die Klägerin würde bei einer zwangsweisen Räumung der Obdachlosigkeit ausgesetzt.
Die Beklagten beantragten, das Klagebegehren abzuweisen. Ein Kaufvertrag mit dem Sohn der Klägerin sei nicht zustande gekommen. Er sei jedenfalls nicht bücherlicher Eigentümer. Die Beklagten seien durch den Zuschlag Eigentümer der Liegenschaft und dürften auf deren Räumung und die Übergabe dringen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Ein Übergang der Sachbefugnis von den Beklagten auf den Sohn der Klägerin habe nicht stattgefunden, weil dieser nicht Eigentümer geworden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-
übersteigt und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Eintragungsgrundsatz verhindere von den anerkannten Ausnahmen abgesehen jeden "außerbücherlichen" Eigentumsübergang. Mit der Erteilung des Zuschlages seien die Beklagten nach § 237 Abs 1 EO Eigentümer geworden. Da sie die Übergabe der Liegenschaft durch die Verpflichteten erst mittels der Räumungsexekution (§ 156 Abs 2 und § 349 EO) erzwingen wollen, könne der Sohn der Klägerin seinen Besitz nicht von den beklagten Erstehern sondern nur von seinen Eltern ableiten. Selbst wenn der von der Klägerin behauptete Verkauf von Teilen der versteigerten Liegenschaft an den Sohn erfolgt wäre, hätten die Ersteher den Besitz nicht auf den Sohn der Klägerin übertragen können, weil sie ihn noch gar nicht erlangt hatten. Habe sich der Sohn ohne Besitzübertragung durch die Beklagten in den Besitz der Liegenschaft gesetzt, könne die Klägerin für sich kein Recht ableiten, daß der Räumungsanspruch der Ersteher gehemmt oder erloschen ist.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig aber nicht berechtigt.
Die außerbücherliche Übertragung der Liegenschaft ist trotz der Vorschrift des § 431 ABGB rechtlich nicht bedeutungslos. Wer durch einen Vertrag die Liegenschaft außerbücherlich erworben hat, kann seine Rechte übertragen und sie auch gegenüber dem ursprünglichen Veräußerer geltend machen, ihm also das Recht zum Besitz entgegenhalten (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 12 zu § 431; MietSlg 34.050; SZ 43/119; JBl 1954, 68; RZ 1966, 88). Die Klägerin macht jedoch nicht geltend, daß ihr "außerbücherliches" Eigentum an der Liegenschaft zustehe. Sie beruft sich allein darauf, daß ihr Sohn von den Beklagten durch Kauf die Liegenschaft erworben habe und "außerbücherlicher" Eigentümer sei. Es könnte daher nur der Sohn gegenüber den Beklagten seine Rechte aus dem Vertrag geltend machen.
Entscheidend ist, ob die von der Klägerin zur Begründung ihrer Einwendungen gegen den betriebenen (Übergabe- und) Räumungsanspruch vorgebrachten Tatsachen einen Oppositionsgrund bilden. Sie stützt sich darauf, daß durch die Veräußerung an den Sohn der Anspruch der Beklagten als Ersteher der Liegenschaft nach § 156 Abs 2 EO erloschen sei, und die Beklagten daher nicht mehr die Räumung der Liegenschaft durch die Klägerin begehren können.
Die Klägerin meint, die Beklagten seien zur Durchsetzung ihres Räumungsanspruches nach § 156 Abs 2 und § 349 EO nicht mehr berechtigt, weil sie dem außerbücherlichen Erwerber der Liegenschaft den Besitz übertragen hätten.
Die Übergabe unbeweglicher, in einem öffentlichen Buche eingetragener Sachen kann nach § 431 ABGB nur mittels der Eintragung des Eigentumsrechtes in das Grundbuch (Einverleibung) erfolgen. Solange das Eigentum des Erwerbers nicht bücherlich einverleibt ist, ist, wenn nicht eine Ausnahme gilt (Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 2 zu § 431), derjenige als Eigentümer anzusehen und zu behandeln, dessen Eigentumsrecht im Grundbuch eingetragen ist. Er gilt ohne Rücksicht auf einen zugunsten eines anderen geschehenen Verkaufs und auf eine an diesen erfolgte Besitzübertragung als Eigentümer (JB 186 = GlUNF 4359; SZ 59/145 ua). Erst mit der Einverleibung des Eigentumsrechtes im Grundbuch gehen die aus dem Eigentum entspringenden Rechte (zB Räumungsansprüche) auf den Erwerber über. Daß in der Rechtsprechung dem außerbücherlichen Erwerber unter bestimmten Voraussetzungen schon vor der Eintragung seines Eigentumsrechtes das Recht zur Kündigung von Bestandverträgen zugestanden wird (dazu Würth in Rummel, ABGB2, Rz 7 zu § 1121; EvBl 1972/282 = MietSlg 24.180; MietSlg 30.327; SZ 59/127 ua), spielt hier keine Rolle, weil nicht das Recht des angeblichen Erwerbers der Liegenschaft zu beurteilen ist, sondern die Befugnis der Beklagten, die durch Zuschlag Eigentümer wurden, zur Durchsetzung des Anspruches auf Überlassung und Räumung der Liegenschaft. Zur Geltendmachung des Räumungsanspruches ist der Eigentümer der Liegenschaft aber auch dann noch legitimiert, wenn er sie schon an einen Dritten verkauft und faktisch übergeben hat (MietSlg 17.023, 7783; 7 Ob 32/62). Diese Rechtsansicht steht mit dem Grundsatz in Einklang, daß sich der außerbücherliche Übernehmer einer Liegenschaft weder in der Exekution noch in der Insolvenz den Gläubigern des Eigentümers gegenüber durchsetzen kann (Spielbüchler in Rummel, ABGB2 Rz 11 zu § 431; Haslmayr in RZ 1967, 154; Schwimann, ABGB, Rz 13 zu § 431; SZ 20/167; SZ 59/145 ua).
Die Beklagten bleiben Eigentümer der Liegenschaft, solange nicht durch bücherliche Eintragung das Eigentum auf einen Erwerber übergegangen ist. Ein zwischen ihnen und dem Sohn der Klägerin allenfalls zustande gekommener Kaufvertrag könnte daher nur obligatorische Verpflichtungen der Beklagten gegenüber ihrem Vertragspartner begründen, die Verfügungsmacht über ihr Eigentum aber nicht völlig aufheben. Sie sind noch Eigentümer, mag auch ihr Vollrecht durch obligatorische Verpflichtungen ihrem Kaufvertragspartner gegenüber beschränkt sein (vgl SZ 51/155). Sollte der von den Beklagten bestrittene Kauf zustande gekommen sein, so stünde es dem Käufer zu, ihnen die Einrede aus dem Recht zum Besitz entgegenzuhalten (SZ 41/112). Die Klägerin, die ihr Eigentum mit dem Zuschlag an die Ersteher verloren hat und die auch nicht außerbücherliche Erwerberin ist, kann daraus für sich nichts gewinnen. Ihr gegenüber können die Ersteher den ihnen nach § 349 iVm § 156 Abs 2 EO zustehenden Anspruch auf Übergabe und Räumung der Liegenschaft verfolgen, weil sie Eigentümer sind.
Zutreffend wurde daher den schon aus rechtlichen Gründen unberechtigten Einwendungen der Klägerin gegen den betriebenen Anspruch nicht stattgegeben, ohne daß es darauf ankäme, ob ihr Sohn Besitz an der Liegenschaft erlangte und ihr das Weiterwohnen gestattete.
Die Kostenersatzpflicht der auch im Revisionsverfahren unterlegenen Klägerin ergibt sich aus § 41 und § 50 Abs 1 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)