OGH 3Ob159/01f

OGH3Ob159/01f29.8.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Dr. Friedrich Fritsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Biljana J*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Rechtswirksamkeit eines Übergabeauftrags infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 7. März 2001, GZ 39 R 418/00k-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 27. September 2000, GZ 3 C 998/98i-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Hauptmieterin einer Wohnung in Wien Favoriten, die sie mit Vertrag vom 8. 1. 1996 an die Beklagte untervermietete. In § 2 des Untermietvertrags wurde vereinbart:

"Der Abschluss des Mietvertrages erfolgt auf drei Jahre. Das Untermietverhältnis beginnt mit dem 9. 1. 1996 und endet am 9. 1. 1999 ...".

Ein Antrag der Beklagten gemäß § 2 Abs 3 MRG, als Hauptmieterin anerkannt zu werden, wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Geschäftsführerin der klagenden Partei erklärte gegenüber dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich das Bestandobjekt befindet, "er solle die Wohnung übernehmen". Eine "darüber hinausgehende 'Ermächtigung'" des Eigentümers ist nicht feststellbar.

Die klagende Partei begehrte als Hauptmieterin, der Beklagten als Untermieterin aufzutragen, das Bestandobjekt nach Ablauf des befristeten Untermietverhältnisses am 9. 1. 1999, somit am 10. 1. 1999, dem Liegenschaftseigentümer (offenkundig geräumt) zu übergeben. Sie - die klagende Partei - habe letzteren ausdrücklich ermächtigt, das Bestandobjekt zu übernehmen.

Die Beklagte wendete unter anderem ein, das Begehren auf Übergabe des Bestandobjekts an den Liegenschaftseigentümer sei verfehlt.

Das Erstgericht hob seinen Übergabeauftrag vom 29. 9. 1998 als rechtsunwirksam auf, weil das auf Übergabe des Bestandobjekts an den Liegenschaftseigentümer lautende Begehren als gewillkürte Prozessstandschaft anzusehen sei; eine solche sei nach der österreichischen Rechtslage "ausgeschlossen".

Das Berufungsgericht erklärte den Übergabeauftrag für rechtswirksam und erkannte die Beklagte schuldig, das Bestandobjekt dem Liegenschaftseigentümer geräumt zu übergeben. Es sprach aus, dass die (ordentliche) Revision zulässig sei, und erwog in rechtlicher Hinsicht: Zur Einbringung eines Übergabeauftrags in Ansehung eines befristeten Mietverhältnisses sei jeweils nur der Bestandgeber - hier also der Hauptmieter - berechtigt. Die Erlassung des Übergabeauftrags habe aber ohnehin der Untervermieter begehrt. Der Antrag sei gemäß § 567 ZPO rechtzeitig innerhalb der letzten sechs Monate vor Ablauf des mit 9. 1. 1999 befristeten Untermietverhältnisses eingebracht worden. Dass die klagende Partei den Eigentümer ausdrücklich zur Übernahme des Bestandobjekts ermächtigt habe, sei von der Beklagten nicht bestritten worden und habe daher keines Beweises bedurft. Das Begehren auf Übergabe an einen zur Übernahme ermächtigten Dritten beruhe auf Grundsätzen des Vollmachtsrechts. Werde ein Dritter ausdrücklich bevollmächtigt, das Bestandobjekt zu übernehmen, so werde die gegenüber dem Gläubiger bestehende Übergabeverpflichtung durch die Leistung an den Bevollmächtigten erfüllt. Es sei somit bei Übergabeaufträgen, Aufkündigungen oder Räumungsklagen zulässig, die Übergabe des Bestandobjekts an den zur Übernahme ausdrücklich bevollmächtigten Dritten zu verlangen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle, ob dem Gegner in einem Übergabeauftrag "wirksam der Auftrag zur Übergabe des Bestandobjektes an einen im Übergabsauftrag (bzw einer Aufkündigung) ausdrücklich, also im Außenverhältnis zur Übernahme ermächtigten (und somit bevollmächtigten) Dritten erteilt werden" könne.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Die von der Beklagten gerügte Aktenwidrigkeit und die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegen nicht vor, was gemäß § 510 Abs 3 ZPO keiner weiteren Begründung bedarf.

2. Neben der klagenden Partei erwirkte zunächst auch der Liegenschaftseigentümer einen Übergabeauftrag, der jedoch rechtskräftig als rechtsunwirksam aufgehoben wurde. Die Beklagte meint nun, die klagende Partei habe die Erlassung eines Übergabeauftrags nicht beantragt. Soweit ist bloß auf folgenden Wortlaut des Antrags zu verweisen:

"Aus Gründen der Vorsicht wird der vorliegende Antrag auf Erlassung

eines Übergabeauftrages sowohl von ... (der klagenden Partei) ... als

auch von ... als Hauseigentümer gestellt".

Deutlicher kann die von der klagenden Partei in Anspruch genommene Rolle als Antragsteller nicht erklärt werden. Daher wurde - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht versucht, eine "nachträgliche Abänderung" des Antragstellers zu bewirken.

3. Im Übrigen vertritt die Beklagte den Standpunkt, "dem Übergabeauftrag" sei "keine wie immer geartete Ermächtigung der Erstklägerin an den Zweitkläger zu entnehmen"; eine solche sei "im formellen Begehren auch nicht bekannt gegeben" worden. Dementgegen wurde im Übergabeauftrag ausdrücklich vorgebracht, der Liegenschaftseigentümer sei "seitens der ... (klagenden Partei) ... ausdrücklich ermächtigt, den Bestandgegenstand zu übernehmen". Insofern verwies schon das Berufungsgericht zutreffend darauf, dass diese Tatsache nicht beweisbedürftig war, weil die Beklagte kein Vorbringen erstattete, aus dem deren Bestreitung ableitbar wäre. Damit ist aber klargestellt, dass der im Übergabeauftrag genannte Liegenschaftseigentümer das Bestandobjekt als Bevollmächtigter der klagenden Partei übernehmen soll und die Beklagte ihre titelmäßige Verpflichtung durch Übergabe des Bestandobjekts an den Bevollmächtigten der klagenden Partei erfüllen kann.

4. Der Oberste Gerichtshof judiziert in ständiger Rechtsprechung, dass in einer zulässigen Revision zumindest eine präjudizielle Rechtsfrage geltend gemacht werden muss. Nur unter dieser Voraussetzung hat der Oberste Gerichtshof die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts in jeder Richtung zu überprüfen. Selbst wenn daher das Berufungsgericht die Zulässigkeit der ordentlichen Revision zu Recht aussprach, im Rechtsmittel dann aber nur solche Gründe geltend gemacht werden, deren Erledigung die Lösung erheblicher Rechtsfragen nicht voraussetzt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Berufungsgericht zurückzuweisen (8 Ob 37/00z; 6 Ob 28/99g; 1 Ob 127/98b; RdW 1998, 454; 6 Ob 2341/96z; 1 Ob 610/95; 8 Ob 2/95; so auch Kodek in Rechberger, ZPO2 Vor § 502 Rz 3).

Ein solcher Fall liegt hier vor. Mit den unter 2. und 3. erörterten Ausführungen zeigte die Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO auf, von deren Lösung die Entscheidung abhinge. Die Beklagte bekämpfte aber auch nicht jene Rechtsansicht, derentwegen das Berufungsgericht den Übernahmeauftrag im Verhältnis zur klagenden Partei für rechtswirksam erklärte und die ordentliche Revision zuließ. Sie machte somit keine einzige präjudizielle erhebliche Rechtsfrage geltend, die durch den Obersten Gerichtshof zu klären wäre. Damit erweist sich die Revision als unzulässig, ist doch der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO bei der Prüfung deren Zulässigkeit an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Das führt zur Zurückweisung der Revision.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 40, 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei unterließ einen Hinweis auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund. Ihre Revisionsbeantwortung diente daher nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung, weshalb sie deren Kosten selbst zu tragen hat.

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