Normen
EO §39 Abs1 Z1
EO §39 Abs2
EO §39 Abs1 Z1
EO §39 Abs2
Spruch:
Wurde der betreibenden Partei die Exekution nach § 355 EO rechtskräftig bewilligt, so bleibt ihr Vollstreckungsanspruch unabhängig vom weiteren Schicksal des Exekutionstitels auf Grund der materiellen Rechtskraft der Exekutionsbewilligung bis zur Beendigung oder Einstellung der Exekution aufrecht und berechtigt sie zum Strafvollzugsantrag
OGH 17. Dezember 1980, 3 Ob 156/80 (LG Innsbruck 3 R 538/80; BG Innsbruck 7 c E 1889/80)
Text
Wegen eines am 12. Feber 1980 erfolgten weiteren Zuwiderhandelns gegen die im Verfahren 12 Cg 63/79 des Landesgerichtes Innsbruck erwirkte einstweilige Verfügung vom 27. März 1979, auf Grund deren der betreibenden Partei mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 9. Oktober 1979 die gegenständliche Exekution nach § 355 EO rechtskräftig bewilligt worden war, verhängte das Erstgericht auf Antrag der betreibenden Partei über den Verpflichteten eine Geldstrafe von 10 000 S. Es erblickte darin, daß laut Antragsvorbringen das Titelverfahren mit rechtskräftigem Anerkenntnisurteil vom 22. November 1979 beendet worden war, kein Hindernis für die Erlassung des beantragten Strafvollzugsbeschlusses.
Das Rekursgericht wies über Rekurs des Verpflichteten den Vollzugsantrag der betreibenden Partei mit der Begründung ab, daß der Vollzug einer Exekution auf Grund eines auf die Dauer des Prozesses befristeten Exekutionstitels nur wegen solcher Verstöße erfolgen könne, die vor der rechtskräftigen Beendigung des Prozesses lägen. Da im vorliegenden Falle nicht behauptet worden sei, daß im Zeitpunkt des inkriminierten Verstoßes das Anerkenntnisurteil vom 22. November 1979 noch nicht rechtskräftig oder die einstweilige Verfügung noch nicht aufgehoben worden sei, sei der Vollzugsantrag als unschlüssig abzuweisen.
Der Oberste Gerichtshof stellte über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach überwiegender Lehre (Heller - Berger - Stix, 2842; Rintelen,
Die einstweilige Verfügung, 170, 175; Walker, System[4], 389; Ohmeyer, GZ 1926, 178 f.; anderer Meinung Pollak, System[2], 1050 ohne nähere Begründung) und nunmehr herrschender Rechtsprechung (SZ 25/43; EvBl. 1963/290; EvBl. 1968/180; MietSlg. 21 921, 30 887 u. a.) tritt eine einstweilige Verfügung mit Ablauf der in ihr genannten Frist nicht von selbst außer Kraft. Es muß vielmehr eine ausdrückliche Aufhebung der einstweiligen Verfügung erfolgen. Die Exekutionsordnung sieht ein automatisches Erlöschen der einstweiligen Verfügung nicht vor. Sie verlangt vielmehr bei der Sicherungsexekution (§ 377 Abs. 2 EO) die ausdrückliche Aufhebung auch bei Ablauf der Frist. Auch aus § 399 Z. 4 EO ergibt sich, daß der bloße Fristablauf nicht genügt. Ob der Vollstreckungsanspruch aus einer einstweiligen Verfügung in der Zeit zwischen Fristablauf und formeller Aufhebung des Titels noch zu einer Exekutionsbewilligung führen kann (vgl. hiezu EvBl. 1967/140), ist hier nicht zu prüfen, denn der betreibenden Partei wurde auf Grund der einstweiligen Verfügung die Exekution nach § 355 EO bereits rechtskräftig bewilligt und damit ihr Vollstreckungsanspruch bejaht. Dieser Anspruch bleibt unabhängig vom weiteren Schicksal des Exekutionstitels auf Grund der materiellen Rechtskraft der Exekutionsbewilligung bis zur Beendigung oder Einstellung der Exekution aufrecht (vgl. Heller - Berger - Stix, 159 ff., insbesondere 161 FN 12, 488; EvBl. 1972/176 u. a.). Die Einstellung der Exekution nach § 39 Abs. 1 Z. 1 EO setzt voraus, daß der Exekutionstitel durch rechtskräftige Entscheidung beseitigt wurde. Sie darf überdies kraft ausdrücklicher Anordnung des Gesetzes nur auf Antrag erfolgen (§ 39 Abs. 2 EO). Ein derartiger Einstellungsantrag liegt bisher nicht vor. Daher wurde dem Strafvollzugsantrag der betreibenden Partei vom Erstgericht mit Recht stattgegeben (vgl. EvBl. 1972/176).
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