European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0030OB00144.23G.0906.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Vorinstanzen gingen vom alleinigen Verschulden des Beklagten an der Zerrüttung der Ehe aus.
Rechtliche Beurteilung
[2] Mit seiner dagegen erhobenen außerordentlichen Revision zeigt der Beklagte keine erhebliche Rechtsfrage auf.
[3] 1. Die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.
[4] Ein vermeintlicher vom Berufungsgericht bereits verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz kann vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden (RS0042963). Dies gilt auch für einen behaupteten Verstoß gegen die Belehrungs- und Anleitungspflicht nach §§ 182, 182a ZPO. Außerdem muss im Rahmen einer Mängelrüge die Erheblichkeit des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden. In einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten der §§ 182, 182a ZPO muss der Rechtsmittelwerber konkret anführen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er aufgrund der von ihm nicht beachteten rechtlichen Gesichtspunkte erstattet oder welche Anträge er gestellt hätte (vgl RS0037095 [T5 und T6]; 6 Ob 231/20v).
[5] Diesen Anforderungen genügt die außerordentliche Revision nicht.
[6] 2. Nach welchem anzuwendenden Recht über die Ehescheidung zu entscheiden ist, regelt die Rom III‑VO 1259/2010/EU . Nach Art 8 leg cit kommt es grundsätzlich auf den gewöhnlichen Aufenthalt der Ehegatten an. Art 5 leg cit räumt den Ehegatten unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit einer Rechtswahl ein.
[7] Die zu einer Rechtswahl für die Ehescheidung in der außerordentlichen Revision erhobene Mängelrüge ist, wie bereits beurteilt wurde, nicht berechtigt. Die Außerstreitstellung im erstinstanzlichen Verfahren, dass kein Ehepakt (mit Rechtswahl) vorhanden ist, wurde nicht widerrufen. Auf den Hinweis des Berufungsgerichts, dass in der vom Vertreter des Beklagten eingebrachten Berufung der Einwand betreffend das anzuwendende Recht nicht aufrechterhalten worden und mit dieser auch der (angeblich eine Rechtswahl enthaltende) Ehevertrag nicht vorgelegt worden sei, geht die außerordentliche Revision nicht ein. Es fehlen darin auch jegliche Argumente dazu, warum die Voraussetzungen für eine wirksame Rechtswahl vorliegen sollen.
[8] Unter diesen Voraussetzungen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass von keiner Rechtswahl der Parteien auszugehen und gemäß Art 8 lit a der Rom III‑VO österreichisches Recht anzuwenden sei, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Entscheidung des Erstgerichts auch unter dem Gesichtspunkt der Anwendung rumänischen Sachrechts geprüft.
[9] 3. Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und welchen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, sind Fragen des Einzelfalls, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage begründen (RS0118125).
[10] Ausgehend von den Feststellungen ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass den Beklagten das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe, keine Verkennung der Rechtslage. Dem „Nichtabwarten des Ergebnisses“ des gegen den Beklagten geführten Strafverfahrens wegen § 206 Abs 1 und § 212 Abs 1 StGB kommt aufgrund des unabhängig davon festgestellten Eheverhaltens des Beklagten für die Verschuldensfrage keine entscheidende Bedeutung mehr zu.
[11] 4. Insgesamt gelingt es dem Beklagten mit seinen Ausführungen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)