European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129607
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 2. Soweit der Beklagte als weiteren Verfahrensmangel die Unterlassung von Beweisaufnahmen zum Aufenthaltsrecht der Klägerin in Österreich rügt, behauptet er in Wahrheit einen rechtlichen Feststellungsmangel, der der Rechtsrüge zuzuordnen ist. Der ersichtlich begehrten Feststellung, wonach der Antrag der Klägerin auf einen Aufenthaltstitel bereits im Jänner 2019 rechtskräftig abgelehnt worden sei, steht allerdings die bindende erstgerichtliche Feststellung entgegen, wonach das vor dem Landesverwaltungsgericht Wien anhängige Verfahren mit Beschluss vom 27. März 2017 bis zur rechtskräftigen Beendigung des zwischen den Parteien anhängigen Scheidungsverfahrens unterbrochen wurde; bei Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz war die Ehe der Streitteile noch nicht rechtskräftig geschieden.
[3] 3. Dass die Vorinstanzen der aus Kambodscha stammenden Klägerin Unterhalt nicht nur auf Basis der dortigen (deutlich niedrigeren) Lebenshaltungskosten zusprachen, begründet schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage, weil sich die Klägerin nach wie vor in Österreich aufhält und gerade nicht feststeht, dass sie schon vor geraumer Zeit rechtskräftig mit einem Aufenthaltsverbot belegt und zur Ausreise verpflichtet worden wäre.
[4] 4.1. Sowohl nach § 94 Abs 2 ABGB wie auch nach § 68a Abs 3 EheG soll der Zuspruch von Unterhalt verhindert werden, wenn der Berechtigte eklatant gegen eheliche Gebote verstößt, und ein solcher Verstoß nach dem objektiven Gerechtigkeitsempfinden aller vernünftig denkenden Menschen mit dem Zuspruch von Unterhalt unvereinbar ist (RS0117457). Es wäre nämlich sittenwidrig, jenem Ehegatten, der schuldhaft die gebotene Ehegesinnung vermissen lässt, den finanziellen Vorteil aus der Ehe zu belassen, obwohl er selbst nicht zur Erfüllung der ihn treffenden ehelichen Verpflichtung bereit ist (RS0117457 [T1]). Selbst wenn die dem Unterhaltsberechtigten vorzuwerfenden Eheverfehlungen isoliert betrachtet eine Unterhaltsverwirkung begründen, darf es allerdings nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sich der Unterhaltspflichtige selbst ebenfalls in einer Weise verhalten hat, die eine fast vollkommene Aufgabe eines Ehewillens dokumentierte (RS0117457 [T2]).
[5] 4.2. Ob dem Unterhaltsberechtigten ein so gravierendes Fehlverhalten anzulasten ist, dass es die Unterhaltsverwirkung zur Folge hat, hängt stets von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0009759 [T13]). Dass die Vorinstanzen die vom Beklagten in der Veröffentlichung zweier vom Klagevertreter lancierten und von der Klägerin auf seine Frage hin vorab genehmigten Zeitungsartikel im August 2018 erblickte Unterhaltsverwirkung – die sich im Übrigen erst auf die Unterhaltsansprüche der Klägerin ab September 2018 und nicht auf die gleichfalls eingeklagten, damals bereits rückständigen Unterhaltsbeiträge ab Juli 2016 auswirken könnte (3 Ob 217/14d = RS0078153 [T7]) – verneinten, stellt angesichts des vorangegangenen Verhaltens des Beklagten gegenüber der Klägerin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.
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