OGH 3Ob128/66

OGH3Ob128/663.11.1966

SZ 39/185

Normen

EheG §70
EO §§378 ff
EheG §70
EO §§378 ff

 

Spruch:

Die Sicherung von Unterhaltsansprüchen kann mit Klage nach § 70 EheG. oder durch einstweilige Verfügung nach der Exekutionsordnung erfolgen

Die Klage nach § 70 EheG. enthält ein Leistungsbegehren; die Leistung muß nicht in Geld bestehen

Entscheidung vom 3. November 1966, 3 Ob 128/66

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien

Text

Anläßlich des Scheidungsprozesses schlossen die Streitteile einen Vergleich, worin sich der Ehemann verpflichtete, seiner Frau im Falle der Scheidung einen wertgesicherten Unterhalt von 2000 S monatlich und einen gleich hohen Unterhalt für das gemeinsame Kind Christian zu bezahlen und für die Krankenversicherung der beiden Sorge zu tragen. Die Ehe wurde darauf am 31. Juli 1964 geschieden.

Die geschiedene Gattin beantragt nunmehr die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit ihrem geschiedenen Gatten jede Verfügung über den Kaufpreis seiner Weingartengrundstücke, die er an das Stift K. verkauft habe, verboten werden soll, soweit der Kaufpreis den Betrag von 360.000 S nicht übersteigt. Ferner beantragt sie ein Verbot an das Stift K., vom Kaufpreis einen Betrag von 360.000 S dem Antragsgegner auszubezahlen. In der Tagsatzung am 5. August 1966 dehnte sie ihren Antrag dahin aus, daß ihrem geschiedenen Gatten für den Fall, als er den Kaufpreis schon erhalten hat, aufgetragen werde, einen Betrag von 360.000 S bei Gericht zu erlegen. Sie begrundet ihre Anträge damit, daß sie auf die Unterhaltsleistung ihres geschiedenen Gatten angewiesen sei, weil sie kein anderes Einkommen habe. Ihr geschiedener Gatte beziehe sein Einkommen nur aus seinen Weingärten und dem Verkauf des Weines in der Heurigenschenke S.-Mühle. Da er seinen ganzen Weingartenbesitz nunmehr verkauft habe, habe er seine Existenzgrundlage veräußert. Er habe eine um viele Jahre jüngere Jugoslawin als Lebensgefährtin und wolle mit dieser ins Ausland gehen. Dadurch werde der Unterhaltsanspruch der Antragstellerin gefährdet.

Das Erstgericht erließ auf Grund der Angaben der Antragstellerin als Auskunftsperson die beantragte einstweilige Verfügung.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluß unter Rechtskraftvorbehalt auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte aus, der Anspruch der gefährdeten Partei sei eine Geldforderung, für die nur die Sicherungsmittel nach § 379 EO. in Frage kämen. Der gefährdeten Partei stehe daneben aber auch noch eine Klage auf Sicherstellung nach § 70 (1) EheG. zu. Beabsichtige sie, eine solche Klage einzubringen, so müsse ihr eine Frist zur Einbringung im Sinne des § 391 (2) EO. gesetzt werden; die einstweilige Verfügung könne nur bis zur Exequierbarkeit des Klagsanspruchs bewilligt werden. Die Anspruchshöhe werde in diesem Fall durch den geforderten Betrag von 360.00 S nicht überschritten, weil aus einem solchen Kapital der monatliche Unterhalt nicht zu erhalten sei. Eine solche Klage sei keineswegs eine Feststellungsklage. Wolle die Antragstellerin aber nur eine Sicherung des Exekutionsobjektes nach den §§ 378 ff. EO., dann müsse sie sich hinsichtlich des Umfanges ihres Anspruches an die Vorschriften der §§ 57, 58 (1 JN) . halten; die einstweilige Verfügung dürfte dann höchstens auf die Dauer von drei Jahren erlassen werden, und sei damit auch die Höhe des Anspruches bestimmt. Der Antragstellerin müsse aufgetragen werden, eindeutig zu erklären, welche der beiden möglichen, aber einander ausschließenden Wege sie einschlagen wolle. Der Auftrag, einen Geldbetrag bei Gericht zu erlegen, sei durch § 379 (3) EO. nicht gedeckt, es könne nur die Hinterlegung des beim Antragsgegner vorgefundenen Bargeldes bei Gericht verfügt werden. Gemäß § 379 EO. sei eine subjektive Gefährdung des Anspruches zu bescheinigen. Die Tatsache einer ungünstigen Vermögenslage oder die Absicht, Liegenschaftsbesitz zu veräußern, genüge allein für die Annahme einer solchen Gefährdung nicht. Es müßte vielmehr noch eine begrundete Besorgnis dazukommen, daß der Unterhaltsanspruch in der Folge seiner Grundlage beraubt werde. Auch wenn der Antragsgegner den Kaufpreis für die Liegenschaften im Betrag von 1.6 Millionen Schilling nicht beiseiteschaffen wolle, biete diese Geldsumme zusammen mit seinem restlichen Liegenschaftsbesitz, der keine Erträgnisse abwerfe, kein genügendes Kapital, um daraus auf längere Zeit die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber der Antragstellerin, dem Kind und den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, falls der Antragsgegner über kein weiteres Einkommen verfüge. Die Antragstellerin habe eine Gefährdung nach § 379 (1) Z. 1 und 2 EO. behauptet und hiefür Bescheinigungsmittel angeboten, das Erstgericht habe es aber unterlassen festzustellen, ob tatsächlich eine über die bloße Veräußerung von Liegenschaften hinausgehende Absicht der Vermögensverbringung oder Vermögensverschleuderung bestehe. Die Vernehmung der Antragstellerin allein genüge nicht, auch wenn diese Vernehmung kein subsidiäres Bescheinigungsmittel sei.

Der Oberste Gerichtshof gab den Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Ansicht des Antragsgegners, für den gleichen Anspruch, nämlich die Sicherung künftig fällig werdender Unterhaltsansprüche, könnten nicht zwei rechtliche Möglichkeiten eingeräumt werden, es könne daher nur eine Klage nach § 70 (1) dritter Satz EheG. zulässig sein, kann nicht beigestimmt werden. Wie Schwind (Klang[2] I 885 ff. und Eherecht S. 235) zutreffend ausführt, sind die der Sicherheitsleistung gewidmeten Bestimmungen des § 70 EheG. in der Form, wie sie in das Gesetz aufgenommen wurden, auf das deutsche Recht, nicht aber auf das österreichische Recht abgestimmt. Sie sind neben den im österreichischen Recht vorgesehenen anderen Sicherungsmitteln für Unterhaltsansprüche nur von sehr eingeschränkter Bedeutung. Wenn der Unterhaltspflichtige Empfänger von Arbeitseinkommen ist, besteht die Möglichkeit, auch hinsichtlich der künftig fällig werdenden Ansprüche Exekution auf Befriedigung zu führen. Wenn diese Möglichkeit aber nicht besteht (bei Gewerbetreibenden und freien Berufen), wird besser als durch eine Klage nach § 70 EheG. durch eine einstweilige Verfügung nach der Exekutionsordnung geholfen werden können. Dadurch wird der erstrebte Zweck auch viel rascher und sicherer erreicht als mit der umständlichen Klage auf Sicherheitsleistung. Diese Klage spielt daher in der österreichischen Rechtsprechung nicht die geringste Rolle. Da die Bestimmungen des § 70 EheG. aber vorhanden sind, sind sie theoretisch anwendbar. Eine Derogierung der betreffenden Bestimmungen der Exekutionsordnung durch das Ehegesetz ist nach der Absicht des Gesetzgebers nicht anzunehmen, sondern die Schaffung einer zusätzlichen Sicherungsmöglichkeit, die eben nur deshalb erfolgte, weil die betreffenden Bestimmungen des Ehegesetzes ohne Bedachtnahme auf das österreichische Recht übernommen wurden. In der Rechtsprechung wurde daher immer die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO. für rechtskräftig zuerkannte Unterhaltsansprüche für die Zukunft bejaht (SZ. XXV 42, SZ. XXVIII 239, EvBl. 1961 Nr. 102, JBl. 1956 S. 237).

Die Klage nach § 70 EheG. auf Sicherheitsleistung ist keine Rechtsgestaltungsklage, sondern enthält ein Leistungsbegehren. Die Leistung muß allerdings nicht in Geld bestehen, sondern bestimmt sich gemäß § 70 (1) EheG. nach den Umständen. Die Sicherheitsleistung kann also auch durch Bestellung von Hypotheken, Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren erfolgen. Das Gericht setzt Höhe und Art der Sicherheit nach freiem Ermessen fest, wobei das Sicherungsbedürfnis des Berechtigten und die schutzwürdigen Interessen des Verpflichteten gegeneinander abzuwägen sind. Da das Gericht die Umstände zu prüfen hat, sind Höhe und Art der Sicherheitsleistung im Urteil anzugeben (Hoffmann - Stephan zu § 62 des geltenden Deutschen Ehegesetzes, der dem § 70 EheG. 1938 wörtlich entspricht). Wenn auch auf Geldleistung lautende Unterhaltsforderungen nach ständiger Rechtsprechung (vgl. EvBl. 1961 Nr. 102, JBl. 1957 S. 218) Geldforderungen sind und nicht andere Ansprüche im Sinne des § 381 EO., so gilt dies nicht immer für Ansprüche auf Sicherheitsleistung nach § 70 EheG. Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, beantragt die Antragstellerin sowohl die Sicherung ihres Unterhaltsanspruches im Sinn einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO. als auch die Sicherung ihres Anspruches auf Sicherstellung nach § 70 EheG., also eines anderen Anspruches. Da zur Sicherung beider Ansprüche eine einstweilige Verfügung erlassen werden kann, braucht die Antragstellerin nicht gefragt zu werden, welche der beiden möglichen Sicherungen sie will, sondern es ist ihr Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung der Unterhaltsforderung nach den Bestimmungen des § 379 EO., der zur Sicherung des mittels Klage geltend zu machenden Anspruches auf Sicherheitsleistung nach den Bestimmungen der §§ 381 ff. EO. zu beurteilen. Allerdings ist die Erlassung zweier einstweiliger Verfügungen dann nicht zulässig, wenn schon durch eine die Antragstellerin genügend gesichert wird. Welche von beiden beantragten Arten der einstweiligen Verfügungen zu erlassen sein wird, hängt von der Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichtes ab.

Die Antragstellerin hat ihren Anspruch zu bescheinigen (das hat sie durch Vorlage des Unterhaltsvergleiches getan) und eine Gefährdung dieses Anspruches, sei es, daß durch Verfügungen des Gegners die Hereinbringung der Forderung vereitelt oder erheblich erschwert wird, oder daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte. Der letzte Fall kommt bei einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO. hier nicht in Betracht, weil der Exekutionstitel kein "Urteil" ist.

Als Sicherungsmittel kommen die Verwahrung und Verwaltung körperlicher Sachen des Gegners einschließlich der Hinterlegung von Geld, das Veräußerungs- und Verpfändungsverbot und das Drittverbot in Betracht. Das von der gefährdeten Partei beantragte Verfügungsverbot über den Kaufpreis der veräußerten Weingärten und das Drittverbot an den Verkäufer entspricht diesen Bestimmungen. Es ist nur die Frage zu erörtern, ob auch der Auftrag an den Gegner, einen Geldbetrag bei Gericht zu erlegen, zulässig ist. Zutreffend führte das Rekursgericht aus, daß, wie aus dem Hinweis auf § 259 ff. EO. hervorgeht, nur die exekutive Abnahme von Bargeld und dessen Hinterlegung bei Gericht im Falle einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO. zulässig ist. Der Hinweis der Antragstellerin auf die Ausführungen im Kommentar Neumann - Lichtblau[3] S. 1188 zu § 382 EO. geht hier fehl, weil diese Ausführungen die einstweilige Verfügung zur Sicherung anderer Ansprüche als Geldforderungen betreffen, im Fall einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO., soweit es sich um die Sicherung des Unterhalts handelt, daher nicht anwendbar sind, weil auf Geld lautende Unterhaltsforderungen nicht andere Ansprüche im Sinn des § 381 EO. sind (EvBl. 1961 Nr. 102).

Anders ist der Sachverhalt bei einer einstweiligen Verfügung nach den §§ 381 ff. EO. Hier sind die Sicherungsmittel im Gesetz nur beispielsweise aufgezählt. Außer dem von der Antragstellerin beantragten Verfügungs- und Drittverbot ist hier auch die gerichtliche Hinterlegung in der Form zulässig, daß zunächst dem Gegner der gefährdeten Partei der Auftrag zum Erlag bei Gericht erteilt wird. Bei dieser einstweiligen Verfügung ist der Hinweis auf Neumann - Lichtblau zutreffend. Da die Antragstellerin erst 54 Jahre alt ist und ihr der monatliche Unterhalt von 2000 S wertgesichert zusteht, erscheint, wenn die Klage auf Sicherheitsleistung auf den Erlag eines Geldbetrages gerichtet wird, zur Sicherung eines solchen Anspruches der Erlag von 360.000 S angemessen. In diesem Fall ist aber gemäß § 391 EO. eine Frist zur Einbringung der Klage zu bestimmen und hinsichtlich der Hinterlegung eine Frist zu bestimmen, innerhalb der die Hinterlegung zu erfolgen hat, wie bereits das Rekursgericht ausgeführt hat.

Auf Grund des vorliegenden Exekutionstitels könnte die Antragstellerin jeden Monat Exekution führen, wenn ihr geschiedener Gatte den Unterhalt nicht bezahlt. Eine derartige Befristung der einstweiligen Verfügung auf einen Monat erscheint aber zwecklos, weil von der Antragstellerin nicht verlangt werden kann, monatlich eine einstweilige Verfügung zu beantragen und auch die Entscheidung über einen solchen Antrag nicht so rasch erfolgen könnte. Es soll auch nicht der einzelne monatliche Unterhaltsbetrag allein gesichert werden, sondern der Unterhaltsanspruch an sich, der der Antragstellerin allenfalls auf Lebensdauer zusteht. Eine derart lange Aufrechterhaltung einer einstweiligen Verfügung oder auch nur auf 15 Jahre, wie sie das Erstgericht aussprach, erscheint aber ebenfalls nicht zweckmäßig. Es ist dem Rekursgericht beizustimmen, daß eine Dauer von drei Jahren angemessen ist und sich daher die Höhe des zu sichernden Anspruches danach bestimmt. Sollte nach Ablauf dieser Zeit die Gefährdung weiterbestehen, kann die Antragstellerin eine Verlängerung der einstweiligen Verfügung beantragen.

Im Falle einer einstweiligen Verfügung nach § 379 EO. ist eine subjektive Gefährdung glaubhaft zu machen, im Fall einer einstweiligen Verfügung zugunsten anderer Forderungen genügt eine objektive Gefahr. Wie das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, genügt die Tatsache einer ungünstigen Vermögenslage und die Absicht, eine Liegenschaft zu veräußern, allein nicht. Es müßten vielmehr noch Umstände hinzukommen, aus denen hervorgeht, daß der Antragsgegner sich der Grundlagen entäußert, die ihm allein die Unterhaltszahlung ermöglichen (subjektive Gefahr), bzw. daß durch objektive Umstände ein solcher Verlust droht. In dieser Richtung hat die allein als Auskunftsperson vernommene Antragstellerin, deren Vernehmung im Bescheinigungsverfahren keineswegs nur subsidiär zulässig ist, nur die Angaben im Antrag bestätigt, nämlich, daß ihr geschiedener Gatte seine Weingartengrundstücke verkauft habe und ihm nur noch die Hälfte der Grundstücke gehöre, auf denen sich die Wirtschaftsgebäude der S.-Mühle befinden. Sie hat aber nicht bekundet, daß er die Absicht habe, den erzielten erheblichen Kaufpreis zu verwirtschaften und sich damit nicht eine neue Existenzgrundlage zu schaffen, die ihm die Zahlung des Unterhalts an die Antragstellerin ermöglicht. Was die Absicht des Antragsgegners anlangt, mit seiner Lebensgefährtin ins Ausland zu gehen, handelt es sich nach dem Vorbringen im Antrag nur um eine angebliche Äußerung in diesem Sinne. Die Antragstellerin hat bei ihrer Vernehmung hierüber nichts Näheres ausgesagt; es ist daher nicht feststellbar, ob es sich um ein bloßes Gerede der Leute handelt oder eine ernst erklärte Absicht. Es ist dem Rekursgericht aber auch beizustimmen, daß noch zu klären ist, ob das dem Antragsgegner verbliebene Vermögen hinreicht, den Unterhaltsanspruch der Antragstellerin zu gewährleisten. Es ist also weder eine subjektive noch eine objektive Gefahr hinreichend bescheinigt, weshalb auch die weiteren von der Antragstellerin namhaft gemachten Auskünfte, Personen zu vernehmen sein werden.

Die Aufhebung des Beschlusses des Erstgerichtes erfolgte daher zu Recht, und war den Rekursen der beiden Parteien nicht Folge zu geben.

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