Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht ging von folgendem Sachverhalt aus:
Der Kläger hat mit seinen Geschwistern, der Beklagten und Karl G*****, am 26. 11. 1951 eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes zum Betrieb eines Lebensmittelgeschäftes begründet. Punkt VI des Gesellschaftsvertrages lautet: "Die Aufkündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch einen der Gesellschafter kann nur mit vorhergegangener vierteljähriger Kündigung zum Schluss des Geschäftsjahres erfolgen. Für den Fall, dass einer der Gesellschafter austreten will, ist er verpflichtet, seinen Anteil den beiden anderen Gesellschaftern zum Kauf anzubieten. Dieselben sind berechtigt, diesen Geschäftsanteil einzeln oder in Gemeinschaft aufzunehmen. Sollte Frau Hertha M***** aus der Gesellschaft austreten, so ist sie verpflichtet, den Gewerbeschein zugunsten eines der beiden anderen Gesellschafter zurückzulegen." Im Winter 1956 oder Frühjahr 1957 wollte der Kläger seinen Geschäftsanteil seiner Tochter schenken. Damit war die Beklagte nicht einverstanden. Im September 1957 erhielten die beiden übrigen Gesellschafter vom Kläger ein Schreiben folgenden Inhaltes: "Gemäß der Kündigungsklausel kündige ich mit sofortiger Wirkung den bestehenden Gesellschaftsvertrag Frau Hertha M***** - Karl G***** - Anton G*****, betreffend Lebensmittelgeschäft ***** T*****straße 26, auf und ersuche wegen Neuformulierung des Vertragstextes um gegenseitiges Einvernehmen." Am 13. 2. 1958 schrieb der Vertreter der Beklagten an den Steuerberater des Klägers unter anderem: "Ich habe noch darauf hinzuweisen, dass Ihr Klient mit Schreiben vom 18. 9. 1957 den Gesellschaftsvertrag aufgekündigt hat. Daraus ergibt sich, dass dieser mit 31. 12. 1957 zu bestehen aufgehört hat." Dieses Schreiben wurde vom Vertreter des Klägers am 26. 1. 1959 dahin beantwortet, dass der Kläger den Vertrag niemals aufgekündigt habe, sondern in dem Schreiben lediglich seinen Willen habe zum Ausdruck bringen wollen, den Gesellschaftsvertrag zu ändern. Seit Ende 1957 weigert sich die Beklagte, dem Kläger die Jahresbilanz vorzulegen, ihm Einsicht in die Rechnungsbelege zu gewähren und einen Gewinnanteil auszuzahlen.
Der Kläger begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, 1.) ihm die Jahresbilanz 1958 vorzulegen und ihm oder seinem Bevollmächtigten Einsicht in sämtliche Rechnungsbelege zu gewähren, 2.) den Gewinnanteil, dessen ziffernmäßige Höhe erst nach Rechtskraft des ersten Teiles des Begehrens angegeben werden könne, zu bezahlen. Er behauptet, der Gesellschaftsvertrag sei nicht wirksam aufgekündigt worden, ihm stünden alle gesellschaftsrechtlichen Rechte zu. Die Beklagte wendet ein, der Kläger sei aus der Gesellschaft ausgetreten, es stünden ihm daher keine gesellschaftsrechtlichen Rechte mehr zu.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Austrittserklärung sei allen Gesellschaftern zugekommen. Der Kläger sei mit Jahresende 1957 aus der Gesellschaft ausgeschieden. Sein Gesellschaftsanteil sei auf die verbliebenen Gesellschafter übergegangen. Dem Kläger stehen seither keine Gesellschaftsrechte mehr zu.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, dass die Beklagte schuldig ist, dem Kläger die Jahresbilanz 1958 vorzulegen und ihm Einsicht in sämtliche Rechnungsbelege zu gewähren. Das Begehren, auch seinem Bevollmächtigten Einsicht zu gewähren, wurde abgewiesen. Im Punkt 2. wurde das Urteil mit Rechtskraftvorbehalt aufgehoben. Dem Schreiben des Klägers vom 18. 2. 1957 könne nicht entnommen werden, dass er aus der Gesellschaft habe austreten wollen. Dieses Schreiben des Klägers könne nur als Aufkündigung des Gesellschaftsvertrages und Anbot zum Abschluss eines neuen Vertrages aufgefasst werden. Die Aufkündigung sei jedoch vertragswidrig erfolgt, weil der Kläger mit sofortiger Wirkung aufkündigte, während nach dem Gesellschaftsvertrag er nur zum Ende des Geschäftsjahres aufkündigen konnte. Eine solche vertragswidrige Kündigung wäre nur dann wirksam gewesen, wenn ihr sämtliche Gesellschafter zugestimmt hätten. Dies wurde vom Gesellschafter Karl G***** nie behauptet. Aber auch die Beklagte habe die Aufkündigung nicht so gelten lassen wollen. Der Kläger sei daher noch Gesellschafter. Es stehen ihm alle Rechte zu. Dem Klagebegehren müsste aber auch dann stattgegeben werden, wenn wirksam aufgekündigt worden wäre, weil dann die Beklagte das Unternehmen als Geschäftsführerin ohne Auftrag weiterführte und aus diesem Grund rechnungspflichtig wäre. Die Einsicht in die Rechnungsbelege stehe dem Kläger allerdings nur persönlich zu, weshalb das Mehrbegehren abgewiesen werden musste.
Gegen dieses Urteil erhebt die Beklagte Revision, macht als Revisionsgründe Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt, das erstgerichtliche Urteil wieder herzustellen.
Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird darin erblickt, dass das Berufungsgericht nicht den tatsächlichen Parteiwillen hinsichtlich des Punktes VI des Gesellschaftsvertrages festgestellt habe. Mit diesen Ausführungen werden Feststellungsmängel gerügt, welche unter den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung fallen. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung liege deshalb vor, weil das bürgerliche Recht nur eine Austrittskündigung kenne und keine Auflösungkündigung, wenn sie nicht besonders vereinbart sei. Dem Gesellschaftsvertrag könne aber eindeutig entnommen werden, dass nur eine Austrittskündigung vorgesehen gewesen sei. Der Kläger sei daher aus der Gesellschaft ausgeschieden. Die Austrittskündigung sei wirksam gewesen, denn die sofortige Kündigung könne im Sinne des Vertrages nur auf das Ende des Geschäftsjahres bezogen werden. Sie sei daher mit diesem Zeitpunkt wirksam geworden. Man könne nicht zwischen der Kündigung eines Arbeitsvertrages und jener eines Gesellschaftsvertrages unterscheiden. Unrichtig sei auch, dass die Beklagte rechnungspflichtig wäre, wenn eine wirksame Aufkündigung vorläge, denn der Kläger habe nur einen Drittelanteil am Geschäftslokal in die Gesellschaft eingebracht. Er habe nur Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist unbegründet.
Im Punkt VI des Gesellschaftsvertrages wurde die Aufkündigung des Gesellschaftsverhältnisses einerseits und der Austritt aus der Gesellschaft andererseits auseinandergehalten. Dass beide Rechtsfiguren in einem Absatz behandelt werden, ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Es ist daher dem Berufungsgericht beizupflichten, dass der Gesellschaftsvertrag selbst eine Auflösungskündigung vorsieht. Ist aber eine solche ausdrücklich vereinbart, braucht auf die von Wahle in Klang V aufgeworfene Frage, ob § 1212 ABGB lediglich eine Austrittskündigung oder eine Auflösungskündigung vorsieht, nicht eingegangen zu werden. Es bedarf aber auch keiner weiteren Erhebungen über den Parteiwillen. Aus der Beilage 4 ergibt sich nämlich eindeutig, dass die Beklagte selbst der Meinung war, es sei eine Auflösungskündigung im Vertrag vorgesehen, und der Kläger von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht habe. Schreibt doch ihr Vertreter, der Kläger habe den Gesellschaftsvertrag aufgekündigt, woraus sich ergebe, dass dieser am 31. 12. 1957 zu bestehen aufgehört habe. Die Beklagte hat also das Schreiben des Klägers in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftsvertrag, auf den sich das Schreiben ja beruft, als Auflösungskündigung gewertet und den Vertrag mit 31. 12. 1957 für erloschen angesehen. Bei dieser Sachlage bedarf es keiner weiteren Erörterung des Parteiwillens. Es konnte vielmehr davon ausgegangen werden, dass tatsächlich der Vertrag aufgekündigt wurde. Gleichzeitig hat der Kläger das Anbot zum Abschluss eines neuen geänderten Gesellschaftsvertrages gestellt, das offenbar von der Beklagten bisher nicht angenommen wurde. Die Frage, ob der Gesellschaftsvertrag mit dem Schreiben vom 18. 4. 1957 wirksam aufgekündigt wird oder nicht, kann hier auf sich beruhen, weil auch für den Fall, als der Vertrag wirksam zum 31. 12. 1957 aufgekündigt worden wäre, dem Klagebegehren stattgegeben werden müsste. Die Auflösungskündigung bewirkte, wie die Beklagte selbst richtig ausführt, den Zerfall, die Vollbeendigung der Gesellschaft. Die Beklagte hat aber das Unternehmen am gleichen Standort mit den gleichen Betriebsmitteln und im gleichen Umfang weitergeführt. Die Aufkündigung des Gesellschaftsverhältnisses hat nicht zur Beendigung der Gesellschaft, sondern nur zu einer faktischen Ausschaltung des Klägers geführt. In einem solchen Fall ist aber die Beklagte nach ständiger und wohlbegründeter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ XXIII/48 u.a.) als Geschäftsführerin ohne Auftrag des Klägers anzusehen, woraus bereits gemäß § 1039 ABGB ihre Pflicht zur Rechnungslegung folgt. Dass der Kläger angeblich nur einen Drittelanteil am Geschäftslokal in die Gesellschaft eingebracht hätte, ist neu, dem Gesellschaftsvertrag nicht zu entnehmen und für die Entscheidung bedeutungslos.
Das Verfahren des Berufungsgerichtes ist daher frei von Mängeln. Auch ein Rechtsirrtum liegt nicht vor.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)