OGH 3Ob114/87

OGH3Ob114/872.12.1987

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Christa E***, Friseurmeisterin, Wiener Neustadt, Hauptplatz 10, vertreten durch Dr. Eva Wagner, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei G*** N***/L***, vertreten durch Dr. Josef Bock, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einwendungen nach § 35 EO, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt als Berufungsgerichtes vom 2. Juli 1987, GZ R 204/87-20, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Eisenstadt vom 31. März 1987, GZ C 262/86 -15, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 2.719,20 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 247,20 Umsatzsteuer) zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil vom 4. Juli 1985 wurde die klagende Partei schuldig erkannt, ein von der beklagten Partei gemietetes Grundstück binnen 14 Tagen zu räumen und der beklagten Partei geräumt zu übergeben. Mit Beschluß vom 7. Juli 1986 wurde der beklagten Partei die zwangsweise Räumung bewilligt.

Gegen diese Räumungsexekution erhob die klagende Partei mit einer am 3. September 1986 eingebrachten Klage folgende Einwendungen: Auf dem zu räumenden Grundstück habe die Rechtsvorgängerin der klagenden Partei ein Bauwerk im Wert von mindestens S 500.000,-- errichtet, dessen Wert bei einer Entfernung verlorengehe, weshalb eine der Unmöglichkeit gleichkommende wirtschaftliche Unerschwinglichkeit vorliege. Wegen ihrer hohen Aufwendungen stehe der klagenden Partei aber zumindest eine Gegenforderung zu. Die Entfernung sei auch deshalb unmöglich, weil bisher keine dazu erforderliche Abbruchgenehmigung erteilt worden sei. Die klagende Partei begehrte das Urteil, der Anspruch der beklagten Partei aus dem Urteil vom 4. Juli 1985 sei erloschen. Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Sie wies einerseits auf den Inhalt des Mietvertrages hin, wonach sie der klagenden Partei für den zu entfernenden Bau keine Entschädigung zu leisten habe und machte andererseits geltend, daß die Räumungsexekution am 18. September 1986 durchgeführt worden sei. Wegen einer Ablöse des der beklagten Partei übergebenen Bauwerks sei zwecks Erreichung einer Kulanzlösung die Vornahme einer Schätzung zugesagt worden; weil aber die klagende Partei inzwischen die Klage eingebracht habe, sei die Schätzung unterblieben.

In der Tagsatzung vom 23. Februar 1987 bestritt die klagende Partei, daß schon eine Übergabe stattgefunden habe. Im Zuge von Ablöseverhandlungen habe die beklagte Partei eine Ablöse zugesagt; nur über deren Höhe sei es bisher zu keiner Einigung gekommen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.

Das Erstgericht nahm als erwiesen an, daß die beklagte Partei bei der am 8. September 1986 durchgeführten Räumung der klagenden Partei Verhandlungen über eine Ablöse der getätigten Investitionen zugesagt habe, ohne daß es zu einer fixen Zusage einer Abgeltung der Investitionen gekommen wäre. Auf ihren Räumungsanspruch habe die beklagte Partei nie verzichtet. Die Schlüssel des auf dem zu räumenden Grundstück errichteten Hauses seien der beklagten Partei übergeben worden. Feststellungen zum Wert der Investitionen traf das Erstgericht nicht.

Es war der Auffassung, daß die klagende Partei nach Beendigung des Grundbenützungsverhältnisses das Superädifikat zu entfernen habe. Ein Zurückbehaltungsrecht wegen des Wertes des Überbaus bestehe nicht. Billigkeitserwägungen könnten an der Räumungsverpflichtung nichts ändern.

Das Berufungsgericht ergänzte die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen durch den Inhalt des Protokolls über den Räumungstermin vom 18. September 1986. Danach wurde die Räumung nur teilweise (hinsichtlich der Fahrnisse) vollzogen. Im übrigen seien alle Türen des Hauses mit Schlössern versehen und die Schlüssel der beklagten Partei ausgefolgt worden. Die Fortsetzung der teilweise vollzogenen Räumung erfolge nur über schriftliche Anmeldung. Im übrigen billigte das Berufungsgericht die Rechtsansicht des Erstgerichtes und verwies auch noch darauf, daß mit der vorliegenden Klage keine Tatsachen geltend gemacht würden, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten seien. Auch ein von der klagenden Partei im übrigen gar nicht geltend gemachter Exekutionsverzicht im Sinne des § 36 EO liege nach den getroffenen Feststellungen nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Revisionsgericht an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über den Wert des Streitgegenstandes gebunden ist, da keine Verletzung von Bewertungsrichtlinien vorliegt und auch kein Ermessensmißbrauch erkennbar ist.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Ob Feststellungen über den Wert des Superädifikats oder die Kosten der Errichtung des Überbaus erforderlich sind, ist erst bei Behandlung der Rechtsrüge zu erörtern.

Die geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor. Aus dem Protokoll über den Räumungstermin hätte zwar noch festgestellt werden können, daß laut Aussage des seinerzeitigen Bürgermeisters der beklagten Partei über die Ablöse des Superädifikats noch verhandelt werde; daß aber die Zahlung einer Ablöse dem Grunde nach anerkannt worden sei, läßt sich dem Protokoll nicht entnehmen. Nach den sonst getroffenen Feststellungen wurde aber gerade keine Einigung über eine solche Ablöseverpflichtung erzielt. Auch die Rechtsrüge dringt nicht durch.

Vorweg ist festzuhalten, daß bisher nur ein Exekutionstitel auf Räumung der Liegenschaft und auf geräumte Übergabe derselben an die beklagte Partei vorliegt und gemäß diesem Exekutionstitel bisher nur eine Exekution nach § 349 Abs 1 EO anhängig ist. Diese Exekution ist nach dem Inhalt des Protokolls über die Durchführung der zwangsweisen Räumung vom 18. September 1986 beendet, auch wenn dort in unrichtiger rechtlicher Beurteilung nur von einer teilweise vollzogenen Räumung die Rede ist. Es wurden alle Fahrnisse entfernt oder ins Eigentum der beklagten Partei übertragen, und der beklagten Partei wurden die Schlüssel auch zum strittigen Überbau ausgefolgt. Lediglich der Überbau selbst wurde nicht entfernt. Die Entfernung eines Überbaus kann aber nicht mit einer Exekution nach § 349 Abs 1 EO erzwungen werden. Wenn auch ein Überbau teilweise rechtlich wie eine bewegliche Sache zu behandeln ist, eine "wegschaffbare" bewegliche Sache im Sinne des § 349 Abs 1 EO ist er nicht. Die Entfernung eines Überbaus kann vielmehr nur nach Erwirkung eines entsprechenden Exekutionstitels mit einer Exekution nach § 353 EO durchgesetzt werden (Heller-Berger-Stix 2486, 2558; SZ 25/117; EvBl 1969/105; MietSlg. 35.872 ua). Die vorliegende Oppositionsklage ist also schon deshalb unberechtigt, weil im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz keine Räumungsexekution mehr "im Zuge" war. Die vorliegende Klage wendet sich auch nicht gegen den schon betriebenen Räumunganspruch iSd § 349 Abs 1 EO.

Weiters kann eine Oppositionsklage nur auf Tatsachen gestützt werden, die nach dem im § 35 Abs 1 EO angeführten Zeitpunkt eingetreten sind (JBl 1969, 400 ua). Die mit der Räumung der Liegenschaft verbundenen Nachteile und vor allem die Tatsache, daß die klagende Partei bei einer Entfernung des Überbaus einen erheblichen Schaden erleiden kann, sind aber in diesem Sinne keine nach der Entstehung des Exekutionstitels eingetretenen Tatsachen. Die geltend gemachte Unmöglichkeit der Entfernung des Überbaus wegen Fehlens einer Abbruchgenehmigung könnte erst bei der erwähnten Exekutionsführung nach § 353 EO eine Rolle spielen (vgl. dazu die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Wien, MietSlg. 36.887). Aber auch die vielleicht mit dem Vorbringen in der Tagsatzung vom 23. Februar 1987 geltend gemachte Vereinbarung, es müßten vorerst Verhandlungen über die Höhe der Ablöse für den Überbau stattfinden, ehe weiter die Exekution betrieben werden könne, kann sich nur auf die derzeit noch nicht anhängige Exekution nach § 353 EO beziehen. Daß die beklagte Partei mit der allfälligen Zusage, zuerst werde verhandelt, nicht auf ihren Räumungs- oder Entfernungsanspruch verzichtet hat, liegt auf der Hand, spielt aber wie gesagt in diesem Verfahren keine Rolle, so daß auch nicht zu erörtern ist, ob mit dem strittigen Vorbringen eine Stundung der Räumungsverpflichtung oder eine sogenannte Exekutionsstundung behauptet werden sollte. Bei der gegebenen Sachlage erübrigen sich in diesem Verfahren Feststellungen über den Wert des Überbaus.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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