OGH 3Ob1140/93

OGH3Ob1140/9315.12.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger, Dr.Angst, Dr.Graf und Dr.Gerstenecker als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Paul W*****, vertreten durch Dr.Anton Bauer, Rechtsanwalt in Klosterneuburg, wider die beklagte Partei Dr.Wilhelm L*****, vertreten durch Dr.Karl Zingher und Dr.Madeleine Zingher, Rechtsanwälte in Wien, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 17.März 1993, GZ 41 R 47/93-27, in der Fassung des Beschlusses vom 3.August 1993, AZ 41 R 47/93, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Klosterneuburg vom 18.November 1992, GZ 2 C 1572/91a-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 Z 2 OGHG vor; zur Entscheidung über die Revision ist deshalb ein verstärkter Senat berufen.

Text

Begründung

Der Kläger ist aufgrund eines Urteils des Erstgerichtes verpflichtet, in einer dem Beklagten vermieteten Wohnung den früheren Zustand durch Wiederanbringung der Decke in ursprünglicher Höhe und Entfernung der aufgestellten Trennwände wiederherzustellen.

Der Kläger begehrte, durch Urteil auszusprechen, daß der Anspruch des Beklagten erloschen ist. Die zuständige Baubehörde habe den Antrag auf Bewilligung der Wiederherstellung des früheren Zustands abgewiesen und zugleich die Räumung und den Abbruch des Gebäudes angeordnet. Dieser Bescheid habe den Untergang des Bestandobjekts und damit das Erlöschen des Bestandverhältnisses im Sinn des § 1112 ABGB herbeigeführt.

Rechtliche Beurteilung

Die demnach hier zu lösende Rechtsfrage, ob ein Abbruchauftrag der Baubehörde gemäß § 1112 ABGB die Auflösung eines Bestandvertrages bewirkt, wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht einheitlich beantwortet. Während sie in einer größeren Anzahl von Entscheidungen ohne Einschränkung bejaht wurde (aus älterer Zeit etwa MietSlg 7077 bis 7079 mwN; aus jüngerer Zeit MietSlg Bd 37/32, Bd 34/31, 27.196/7), hat der Oberste Gerichtshof vor allem in den Entscheidungen MietSlg 39.405 und SZ 63/137 einen abweichenden Standpunkt vertreten, weil er die Auflösung des Bestandvertrages nur für den Fall annahm, daß die behördliche Maßnahme, die als Entzug der Benützungsbewilligung gewertet wird, endgültig ist. Der Schluß auf eine nicht bloß vorübergehende Aussetzung der Benützungsbewilligung durch den Räumungsauftrag sei solange nicht gerechtfertigt, wie rechtliche Möglichkeiten offenstehen, die Aufhebung oder den Widerruf des Räumungsauftrags zu erwirken, vor allem durch Behebung der zum Anlaß der baubehördlichen Sicherungsmaßnahme genommenen Baugebrechen.

Da die angeführte, nicht einheitlich beantwortete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist, liegen die Voraussetzungen des § 8 Abs 1 Z 2 OGHG dafür vor, daß die Entscheidung durch einen verstärkten Senat zu treffen ist. Dies war daher gemäß der angeführten Gesetzesstelle auszusprechen.

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