Normen
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §15
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §108
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §15
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §108
Spruch:
Der Geschäftsführer einer inländischen GesmbH. muß seinen Wohnsitz nicht im Inland haben.
Entscheidung vom 2. März 1955, 3 Ob 111/55.
I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.
Text
Das Erstgericht hat die begehrte Eintragung des Max T. als Geschäftsführer der Gesellschaft mit der Begründung abgelehnt, daß dessen Bestellung zum Geschäftsführer mit Rücksicht auf seinen Wohnsitz im Ausland nicht zulässig sei. Es hat sich hiebei auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ. VIII 15 gestützt, die allerdings auf den vorliegenden Fall nicht unmittelbar anwendbar ist, weil sie die Bestellung von Geschäftsführern für die inländische Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft m. b. H. betraf, in welchem Falle das Gesetz für die Mitglieder einer zur gültigen Zeichnung der Firma der inländischen Niederlassung berechtigten Vertretung den Wohnsitz im Inland ausdrücklich vorschreibe (§ 108 Z. 2 GesmbHG.).
Das Rekursgericht hat diesen Beschluß bestätigt. Der Gesetzgeber habe in § 15 des Gesetzes über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, in dem die Geschäftsführer inländischer Gesellschaften behandelt seien, über die Qualifikation der Geschäftsführer in diesem Fall nur bestimmt, daß es physische, handlungsfähige Personen sein müssen. Daraus sei jedoch nicht zu schließen, daß für die Geschäftsführer inländischer Gesellschaften nicht zu fordern sei, daß sie im Inland ihren Wohnsitz haben. Es liege vielmehr - argumento a minori ad maius - der Schluß auf der Hand, daß, was für ausländische Gesellschaften mit beschränkter Haftung gelte, doch auch für inländische Gesellschaften in gleicher Weise zu gelten habe. Dazu komme, daß der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als deren verantwortlicher Leiter und, wie schon der Name sagt, als den Betrieb lenkendes Organ der Gesellschaft fungiere und daher jederzeit im Inland erreichbar sein müsse, wobei gerade auch die Anwendung der inländischen Zustellvorschriften bedeutsam sei. Diese Erwägung werde nicht dadurch beeinträchtigt, daß Mitglieder einer inländischen Gesellschaft m. b. H. auch Ausländer oder Personen sein können, die im Ausland ihren Wohnsitz haben, weil es für die Geschäftsführung der Gesellschaft lediglich darauf ankomme, daß deren verantwortliche Organe ihren Wohnsitz im Inland haben. Diese Voraussetzung müsse daher auch noch bei einem Gesellschafter gegeben sein, wenn er in der Gesellschaft die Funktion eines Geschäftsführers bekleide. Das müsse im gegebenen Falle um so eher verlangt werden, als alle Gesellschafter der mit dem Sitz in Bregenz errichteten Gesellschaft Ausländer seien und ihren Wohnsitz in der Schweiz haben.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Max T. Folge und ordnete dessen Eintragung als Geschäftsführer an.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Da in Angelegenheiten, die von den Gerichten nach dem siebenten Abschnitt des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG.) zu behandeln sind, gemäß Art. 9 Abs. 1 der Vierten Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Land Österreich vom 24. Dezember 1938, RGBl. I S. 1999, die Vorschriften der §§ 1 bis 19 des AußStrG. anzuwenden sind, ist der Revisionsrekurs, der sich gegen eine Konformatentscheidung richtet, nur unter den Voraussetzungen des § 16 AußStrG. zulässig. Es war daher, da die Anfechtung nur unter dem Gesichtspunkt der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erfolgte, zu prüfen, ob die angefochtene Entscheidung mit dem Gesetz offenbar im Widerspruch steht. Das ist nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes zu bejahen.
Es ist davon auszugehen, daß die in das Handelsregister eingetragene Gesellschaft ihren Sitz in Bregenz hat. Sie ist also eine inländische Gesellschaft. Der Umstand, daß sämtliche Gesellschafter Ausländer sind und ihren ordentlichen Wohnsitz im Ausland haben, macht die Gesellschaft nicht zu einer ausländischen. Für die Anwendung der Bestimmung des § 108 Z. 2 GesmbHG. ist daher kein Raum. Maßgebend ist allein die Vorschrift des § 15 des zitierten Gesetzes. Danach kann jede physische, handlungsfähige Person zum Geschäftsführer bestellt werden. Über weitere Qualifikationen der Geschäftsführer bestimmt das Gesetz nichts (vgl. Rspr. 1921 S. 118). Es schreibt - anders als z. B. die Schweiz, wo der Wohnsitz mindestens eines Geschäftsführers im Inland ausdrücklich verlangt wird (Art. 813 OR.) - insbesondere nicht vor, daß der Geschäftsführer Inländer sein und seinen Wohnsitz im Inland haben müsse. Das verlangt übrigens auch § 75 AktG. von den Mitgliedern des Vorstandes nicht. Die rechtliche Stellung der Geschäftsführer entspricht aber der des Vorstandes der Aktiengesellschaft.
Der angefochtene Beschluß steht nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes mit der Bestimmung des § 15 GesmbHG. offenbar im Widerspruch, weshalb dem Revisionsrekurs stattzugeben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die Eintragung des Max T. als Geschäftsführer der Gesellschaft zu bewilligen war.
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