OGH 3Ob110/00y

OGH3Ob110/00y24.5.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Kammerlander, Piaty & Partner in Graz, gegen die verpflichteten Parteien 1. M***** GmbH & Co KG, 2. M***** GmbH, ***** beide vertreten durch Ebert & Huber, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwirkung von Unterlassungen (Streitwert 460.000 S), über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Februar 2000, GZ 47 R 79/00s-12, mit dem der Exekutionsbewilligungsbeschluß des Bezirksgerichts Döbling vom 19. Oktober 1999, GZ 24 E 1587/99f-7 (= nach Aktenneubildung 24 E 6211/99f-2), abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben; der angefochtene Beschluss wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Exekutionsantrag vom 18. 10. 1999 ab- (statt zurück-)gewiesen wird.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die verpflichteten Parteien sind auf Grund des vollstreckbaren Urteils des Handelsgerichts Wien vom 27. 10. 1998 schuldig, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Vertrieb bestimmter periodischer Druckschriften das Ankündigen und/oder Gewähren von Zugaben zu unterlassen.

Das Erstgericht bewilligte der betreibenden Partei auf Grund eines am 16. 3. 1999 bei ihm eingelangten Exekutionsantrages wegen eines von ihr behaupteten Titelverstoßes (in einer der periodischen Druckschriften) gegen die verpflichteten Parteien mit Beschluss vom 27. 3. 1999 zu 24 E 1587/99f die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte über sie Geldstrafen von je 60.000 S. Das Rekursgericht gab mit Beschluss vom 21. 6. 1999 (ON 5) dem Rekurs der verpflichteten Parteien nur teilweise dahin Folge, dass es die Geldstrafen auf je 40.000 S herabsetzte. Dieser Beschluss erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

Am 18. 10. 1999 langte beim Erstgericht ein Schriftsatz der betreibenden Partei ein, in welchem diese unter Punkt I die Einstellung des Exekutionsverfahrens gemäß § 39 EO beantragte und unter Punkt II "infolge der Einstellung der Exekution sowie auf Grund eines weiteren Titelverstoßes (vom 17. 5. 1999)" einen (neuen) Exekutionsantrag mit folgendem wesentlichen Vorbringen stellte:

"Die verpflichteten Parteien haben gegen den (bereits oben dargestellten) vollstreckbaren Exekutionstitel verstoßen, indem sie

in der von ihnen herausgegebenen periodischen Druckschrift .... vom 17. 5. 1999 ... potentiellen Neuabonnenten .... ein

wettbewerbswidriges (Vorspann-)Angebot zum Abschluss eines Jahresabonnements gewährten. Im Zuge dieses Angebotes erhält der potentielle Abonnent ein Handy ***** sowie eine Freisprechanlage zuzüglich der Befreiung von der Freischaltgebühr um insgesamt 99 S. Der handelsübliche Preis für diese Leistungen beträgt 290 S (für das Handy), 444 S (für die Freischaltgebühr) und 990 S (für die Freisprechanlage), insgesamt somit 1.724 S. Der von den Verpflichteten verlangte Preis ist weder ordnungsgemäß kalkuliert noch ein echtes Entgelt, sondern ein "Scheinpreis", der nur zur Verschleierung der Unentgeltlichkeit der Zugabe dient."

Diese Werbeaktion der verpflichteten Parteien stelle einen krassen Zugabenverstoß dar.

Das Erstgericht bewilligte am 19. 10. 1999 den Antrag auf Exekutionseinstellung (ohne Kosten in Form eines Bewilligungsvermerkes gemäß § 112 Abs 1 Geo und dem Beisatz "zu Punkt I") und den Exekutionsantrag (mit Kosten von 11.169,84 S) ebenfalls in Form eines solchen Bewilligungsvermerkes und dem Beisatz: "zu Punkt II", verhängte je eine Geldstrafe von 40.000 S und wies das Mehrbegehren ab. Zur "Exekutionsbewilligung zu Punkt II" verfügte es die Anlegung eines neuen Exekutionsaktes (mit dem AZ 24 E 6211/99f) und die Zustellung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses an die Parteien. Den (verpflichteten) Parteien wurden nun sowohl der Einstellungsbeschluss GZ 24 E 1587/99f-7 als auch der (ursprünglich auf der Urschrift dieses Antrags im eben genannten Akt gesetzte) Exekutionsbewilligungsbeschluss unter der Geschäftszahl 24 E 6211/99f-2 je vom 19. 10. 1999 am 9. 11. 1999 zugestellt. Sie erhoben (nur) gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss, allerdings "vorsichtshal- ber" in beiden erstinstanzlichen Exekutionsakten, fristgerecht Rekurs(e) mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung in die Abweisung des Exekutionsantrags abzuändern. Im Rekurs trugen sie im Wesentlichen vor, die (unbekämpfte) Einstellung des Exekutionsverfahrens wirke ex nunc, eine neuerliche Bewilligung einer Exekution nach deren Einstellung komme nur für einen Sachverhalt in Betracht, der sich - anders als hier der Verstoß vom 17. 5. 1999 - nach der Einstellung ereignet habe. Das Erstgericht hätte darüber hinaus den Exekutionsbewilligungsantrag bei richtiger Würdigung des Antragsvorbringens abweisen müssen, weil auf Grund gerichtsnotorischer Tatsachen - auf dem völlig einzigartigen Markt für Mobiltelefone seien die Geräte praktisch durchgehend kostenlos erhältlich, weil es den Netzbetreibern nur um die Bindung des neuen Kunden gehe - kein Scheinpreis vorliege und damit ein Titelverstoß nicht schlüssig behauptet worden sei.

Während das Rekursgericht den Rekurs der verpflichteten Parteien (im erstinstanzlichen Verfahren 24 E 6211/99f) mit Beschluss vom 29. 2. 2000, GZ 47 R 80/00p bis 47 R 84/00a-10, unter Hinweis auf die - hier vorliegende - Erledigung zu 47 R 79/00s wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels (seitens der verpflichteten Parteien unangefochten) zurückwies, änderte es mit dem hier angefochtenen Beschluss (vom selben Tag und in gleicher Senatsbesetzung) "im erstinstanzlichen Verfahren 24 E 1587/99f" die erstinstanzliche Entscheidung (Exekutionsbewilligung) dahin ab, dass es den Exekutionsantrag zurückwies, wobei es überdies aussprach, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 260.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Durch den Antrag auf Einstellung der Exekution habe die betreibende Partei auf die Verfolgung (wie hier) früherer Titelverstöße der verpflichteten Parteien verzichtet. Eine neuerliche Bewilligung einer Exekution nach deren Einstellung komme nur für einen Sachverhalt in Betracht, der sich nach der Einstellung ereignet habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen die zweitinstanzliche Entscheidung erhobene Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt.

Ist - wie nach der dargestellten Aktenlage des vorliegenden Falles - dem Einstellungsantrag ein Grund für die "Einstellung der Exekution nach § 355 ff EO gemäß § 39 EO" nicht zu entnehmen und der Antrag, wie hier wegen der Einbringung durch die betreibende Partei wohl der Z 6 des Abs 1 leg cit zuzuordnen und daher nicht weiter zu überprüfen (EvBl 1969/311 ua), so kann zwar die so beendete Exekution nicht mehr fortgesetzt werden; dies bedeutet aber - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht, dass die betreibende Partei damit auf die weitere Geltendmachung ihres titulierten Anspruchs in Fällen verzichtet, die vom Grund der Einstellung der früheren Exekution nicht mitumfasst sind (vgl EvBl 1969/311).

Hier ist aber die "Vollzugsstufenjudikatur" des erkennenden Senats zu beachten, wonach in einem Strafantrag alle Titelverstöße seit dem letzten Strafantrag (bzw seit dem Antrag auf Exekutionsbewilligung) geltend zu machen sind und ein Strafantrag, in dem ein Zuwiderhandeln in einem früheren Zeitabschnitt behauptet wird, abzuweisen ist (EvBl 1994/3 = JUS Z 1416 ua).

Hat aber der Gläubiger das Recht verloren, Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel geltend zu machen, die vor Einbringung des Exekutions- oder eines Strafantrages liegen und damit nicht geltend gemacht wurden, so muss analog dasselbe gelten, wenn er die Einstellung der Exekution beantragt hat. Dies ist denknotwendig der Unterlassung der Geltendmachung in einem Exekutions- oder Strafantrag

gleichzuhalten. Der betreibende Gläubiger kann daher

Zuwiderhandlungen gegen den Exekutionstitel, die sich bis dem der Einbringung des Einstellungsantrages vorangehenden Tag ereignet haben (vgl EvBl 1994/3 = JUS Z 1416), nicht mehr geltend machen. Geschieht dies dennoch, so ist der Exekutions- oder Strafantrag zwar nicht, wie dies das Rekursgericht ausgesprochen hat, zurückzuweisen, weil es nicht an einer verfahrensrechtlichen, sondern an einer inhaltlichen Vorausetzung für die Bewilligung der Exekution oder die Verhängung einer Strafe, nämlich an einem zu beachtenden Verstoß gegen den Exekutionstitel fehlt; dies hat aber die Abweisung des Strafantrages zur Folge. Die Entscheidung des Rekursgerichtes war daher mit der dem Spruch zu entnehmenden Maßgabe (Abweisung statt Zurückweisung des Exekutionsantrages) zu bestätigen.

Die - möglicherweise eine andere Beurteilung zulassende und/oder den Intentionen der betreibenden Partei entsprechende - Vorgangsweise, zunächst einen weiteren Strafantrag zu stellen und erst danach die Unterlassungsexekution hinsichtlich eines vor dem nunmehr betriebenen Titelverstoß liegenden (allenfalls der Exekutionsbewilligung zugrunde gelegten) Titelverstoßes teilweise einzustellen, hat die betreibende Partei hier ausdrücklich nicht gewählt. Es ist daher hierauf nicht weiter einzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 78 EO, 40 und 50 ZPO.

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