European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00102.13S.0619.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters wird zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der ***** geborene M***** lebt bei seinem Vater, dem die Obsorge für ihn zukommt (siehe Amtsbestätigung Band III, ON 200).
Am 11. März 2009 (Band II, ON 97) stellte der Vater den Antrag, die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs durch M***** gegen das Land Wien als Jugendwohlfahrtsträger pflegschaftsgerichtlich zu genehmigen. Durch die Verweigerung der Krankenhilfe (Psychotherapie) für M***** durch die Organe der Jugendwohlfahrt sei diesem ein Schaden entstanden.
Das Erstgericht wies den Antrag ab. Da ein rechtswidriges Verhalten des Jugendwohlfahrtsträgers nicht erkennbar sei, sei eine Klageführung aussichtslos und daher nicht zu genehmigen. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zu. Der Jugendwohlfahrtsträger habe den ihm zukommenden Ermessensspielraum bei einer Betrachtung ex ante nicht überschritten. Abgesehen davon, dass nur ein Klageentwurf genehmigungsfähig wäre, verbleibe auch bei inhaltlicher Prüfung kein ausreichendes Tatsachensubstrat, das die Einbringung einer Schadenersatzklage ‑ im Hinblick auf das damit verbundene Kostenrisiko ‑ rechtfertigen könnte.
In seinem außerordentlichen Revisionsrekurs macht der Vater keine erhebliche Rechtsfrage geltend.
1. Ob die Voraussetzungen für die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung einer Rechtshandlung vorliegen, kann immer nur an Hand des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0048176 [T2]). Eine Einzelfallentscheidung ist für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS‑Justiz RS0044088).
2. Laut dem Antrag soll erreicht werden, dass Schadenersatzansprüche des Pflegebefohlenen gegen den Jugendwohlfahrtsträger durchgesetzt werden. Zweifellos hat dann, wenn der Klageanspruch als Amtshaftungsanspruch zu qualifizieren ist, der Klage ein Aufforderungsverfahren voranzugehen (§ 8 Abs 1 AHG). Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dem Jugendwohlfahrtsträger sei in Bezug auf die einzuleitende Therapie ein Ermessensspielraum zugekommen, der bei einer Betrachtung ex ante nicht überschritten worden sei, weshalb eine Haftung mangels Rechtswidrigkeit voraussichtlich nicht zu begründen sein werde, ist durchaus vertretbar. Aus diesem Grund besteht kein Anlass, die angefochtene Einzelfallentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit zu korrigieren.
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