Spruch:
Die Anträge der beklagten Partei, anstelle des zuständigen Landesgerichtes Klagenfurt das Landesgericht für ZRS Wien oder das Handelsgericht Wien zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache AZ 26 Cg 283/88 zu bestimmen, werden abgewiesen.
Text
Begründung
Die klagende Partei, die ihren Sitz in Kärnten hat, begehrt in ihrer beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Klage vom Beklagten die Bezahlung von 285.240 S s.A. als Entgelt für die Lieferung von Einrichtungsgegenständen für eine Tabaktrafik. Der Beklagte, dessen Tabaktrafik in Wien liegt, wendete nicht behobene Mängel der gelieferten Sachen ein. Er erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des Landesgerichtes Klagenfurt. Außerdem beantragte er in der Klagebeantwortung - offensichtlich für den Fall der Erfolglosigkeit seiner Unzuständigkeitseinrede - die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Wien, weil zur Entscheidung über die Klage ein Ortsaugenschein und die Beiziehung eines Sachverständigen notwendig und der Auftrag von der Zweigniederlassung der klagenden Partei, die ihren Sitz in Wien habe, ausgeführt worden sei. In einem weiteren Schriftsatz beantragte er die Delegierung an das Handelsgericht Wien, weil wegen der geltend gemachten Mängel ein Befund durch einen Sachverständigen in Wien aufzunehmen sei.
Das Erstgericht gab mit einem rechtskräftig gewordenen Beschluß der Einrede der örtlichen Unzuständigkeit mit der Begründung nicht Folge, daß der Gerichtsstand des Erfüllungsortes gemäß § 88 Abs. 1 JN gegeben sei. Es sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus. Sie hätte zur Folge, daß zwei Zeugen und der Geschäftsführer der klagenden Partei nach Wien reisen müßten. Für den Sachverständigenbeweis sei es gleichgültig, ob der Auftrag an den Sachverständigen von einem Wiener oder Kärntner Gericht erteilt werde.
Die klagende Partei sprach sich ebenfalls gegen die Delegierung aus. Der Geschäftsführer der klagenden Partei und die von ihr zu führenden Zeugen hätten ihren Wohnsitz in Kärnten und müßten nach Wien reisen. Die Zweigniederlassung in Wien sei "de facto" bereits aufgelassen.
Rechtliche Beurteilung
Nach der ständigen, mit der Lehre im Einklang stehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs würde die Übertragung der Rechtssache vom Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 88 Abs. 1 JN an ein anderes Gericht dem Sinn der Schaffung dieses Gerichtsstands widersprechen (Fasching, Kommentar I 232; Fasching, ZPR Rz 209; 8 Nd 505/83; 1 Nd 506/86; 3 Nd 503/88 uva.). Eine Delegierung aus bloßer Zweckmäßigkeit ist in der Regel unstatthaft, wenn die Parteien ausdrücklich oder schlüssig eine Gerichtsstandvereinbarung getroffen haben, es sei denn, daß nachträglich wesentliche, für die Zweckmäßigkeit der Delegierung sprechende Umstände eintreten, auf welche die Parteien bei ihrer Übereinkunft nicht Bedacht nehmen konnten (SZ 33/7; EvBl. 1987/31; 3 Nd 514/86; 3 Nd 503/88 ua.). Sonst käme eine Delegierung nur in Betracht, wenn ein allseitiger, auf gewichtige Zweckmäßigkeitsgründe gestützter Antrag vorläge (6 Nd 513/87; 3 Nd 503/88 ua.). Die Voraussetzungen für eine Delegierung sind hier daher nicht erfüllt, zumal die klagende Partei ihr widersprochen hat und es schon bei Abschluß des den Gegenstand der Klage bildenden Rechtsgeschäftes vorhersehbar war, daß im Streitfall unter Umständen Beweise außerhalb des Sprengels des nach § 88 Abs. 1 JN zuständigen Landesgerichtes Klagenfurt aufgenommen werden müssen oder eine weite Anreise zu diesem Gericht erforderlich ist.
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