Spruch:
Zur Führung des Exekutionsverfahrens ist das Bezirksgericht St. Pölten zuständig.
Dessen Beschluss vom 29. Jänner 2012, GZ 3 E 315/12k-3, wird aufgehoben.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Betreibende beantragte am 13. Jänner 2012 beim Bezirksgericht Perg aufgrund eines vor dem Bezirksgericht Steyr am 26. September 2011 zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs die Bewilligung der Exekution gemäß § 355 EO gegenüber dem Verpflichteten.
Im Exekutionsantrag ist eine Wohnadresse des Verpflichteten im Sprengel des Bezirksgerichts Perg und eine Postzustelladresse („Briefkasten“) bei einem namentlich bezeichneten Unternehmen im Sprengel des Bezirksgerichts St. Pölten angeführt.
Mit Beschluss vom 16. Jänner 2012 erklärte sich das Bezirksgericht Perg zur Entscheidung über den Exekutionsbewilligungsantrag örtlich unzuständig und überwies die Exekutionssache gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht St. Pölten mit der Begründung, der Betreibende habe im Exekutionsantrag explizit als Postzustelladresse ein im Sprengel des Bezirksgerichts St. Pölten liegendes Unternehmen bezeichnet.
Das Bezirksgericht St. Pölten erklärte sich mit Beschluss vom 29. Jänner 2012 ebenfalls für örtlich unzuständig und überwies die Exekutionssache gemäß § 44 Abs 1 JN an das Bezirksgericht Perg zurück.
Beide Beschlüsse, somit auch die Überweisungsentscheidung des Bezirksgerichts Perg, sind in Rechtskraft erwachsen: Sie wurden sowohl dem Betreibenden als auch dem Verpflichteten persönlich beim Bezirksgericht Perg übergeben.
Das Bezirksgericht Perg legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung nach § 47 JN vor.
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Kompetenzkonflikts durch den Obersten Gerichtshof sind im Hinblick auf die Rechtskraft beider Unzuständigkeitsentscheidungen gegeben.
Die Entscheidung des Bezirksgerichts St. Pölten missachtet, dass der Überweisungsbeschluss des Bezirksgerichts Perg unabhängig von seiner Zustellung an die Parteien für das Adressatgericht solange maßgebend bleibt, als dieser nicht in höherer Instanz rechtskräftig abgeändert wird, sodass es seine Unzuständigkeit nicht mit der Begründung aussprechen kann, das überweisende Gericht sei zuständig (RIS-Justiz RS0002439). Die gegenteilige Ansicht in der Lehre (Ballon in Fasching 2 I § 44 JN Rz 12; Mayr in Rechberger 3 § 44 JN Rz 4 je mwN) wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mehrfach mit eingehender Begründung abgelehnt (zuletzt 6 Nc 19/08h; 5 Nc 9/10h).
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